BT-Drucksache 15/5076

Sicherstellung der Veräußerung von Mauergrundstücken zu gerechtem Verkehrswert

Vom 8. März 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5076
15. Wahlperiode 08. 03. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Steffen Kampeter, Dietrich Austermann, Ilse Aigner, Norbert
Barthle, Jochen Borchert, Manfred Carstens (Emstek), Albrecht Feibel, Herbert
Frankenhauser, Jochen-Konrad Fromme, Hans-Joachim Fuchtel, Susanne Jaffke,
Bartholomäus Kalb, Bernhard Kaster, Norbert Königshofen, Dr. Michael Luther,
Kurt J. Rossmanith, Georg Schirmbeck, Antje Tillmann, Klaus-Peter Willsch
und der Fraktion der CDU/CSU

SicherstellungderVeräußerungvonMauergrundstückenzugerechtemVerkehrswert

Das Gesetz über den Verkauf von Mauer- und Grenzgrundstücken an die frühe-
ren Eigentümer (Mauergrundstücksgesetz) vom 15. Juli 1996 begründet die
Anspruchsgrundlage der Alteigentümer von Mauer- und Grenzgrundstücken
für deren Rückgewinnung. Die Mauer- und Grenzgrundstücke werden laut Ge-
setz gegen Zahlung von 25 v. H. des Verkehrswertes vom Bund an berechtigte
Anspruchsteller zurückübertragen. Ausnahmen können zugelassen werden,
wenn der Bund ein Grundstück für dringende eigene öffentliche Zwecke ver-
wenden oder im öffentlichen Interesse an Dritte veräußern will. In diesem Fall
hat der Berechtigte einen Anspruch auf Zahlung von 75 v. H. des Verkehrswer-
tes des Grundstücks, 25 v. H. erhält der Bund. Die Erlöse des Bundes aus der
Veräußerung von Mauer- und Grenzgrundstücken fließen in den gemäß § 5 des
Mauergrundstücksgesetzes eingerichteten Fonds zur Förderung von wirtschaft-
lichen, sozialen und kulturellen Zwecken (Mauergrundstücksfonds), der mit
seinen Mitteln Projekte in den neuen Ländern unterstützt.
Bei der Verwertung von Mauer- und Grenzgrundstücken in Potsdam scheint
sich der Bund über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) ohne
nachvollziehbaren Grund und gegen die Interessen der Steuerzahler – aber
dafür im Interesse öffentlicher Kaufinteressenten (Stadt Potsdam) – für eine
Verringerung des ursprünglich, in Abstimmung mit der zuständigen Ober-
finanzdirektion festgesetzten Verkehrswertes einzusetzen.
Ein solches Verhalten würde dem finanziellen Interesse des Bundes sowie dem
der neuen Länder erheblich schaden. Zudem entspräche es nicht dem erklärten
Auftrag des Gesetzgebers, es würde die Glaubwürdigkeit des Bundes als Treu-
händer dieser Grundstücke untergraben und wäre in höchstem Maße unwirt-
schaftlich, weil Einnahmeausfälle in Millionenhöhe zu befürchten wären.
Vor dem Hintergrund der derzeitigen angespannten Lage der öffentlichen Haus-
halte wäre ein solches Handeln des Bundes, das einer Verschwendung von
öffentlichen Mitteln gleichkommt, nicht akzeptabel. Deshalb ist eine umfas-
sende Aufklärung über die geplante Verwertung von Mauergrundstücken in
Potsdam geboten.

Drucksache 15/5076 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Mauer- und Grenzgrundstücke mit wie vielen Quadratmetern sind

bisher im Rahmen des Mauergrundstücksgesetzes insgesamt, an Alteigen-
tümer und an Dritte im öffentlichen Interesse veräußert worden?

2. Welcher durchschnittliche Quadratmeterpreis wurde bei der Veräußerung
der Mauer- und Grenzgrundstücksflächen jeweils erzielt?

3. In welcher Höhe sind bisher Erlöse des Bundes in den Mauergrundstücks-
fonds geflossen?

4. Wie viele Quadratmeter an Mauer- und Grenzgrundstücksflächen stehen
noch mittelbar oder unmittelbar im Eigentum des Bundes?

5. Wie viele Mauer- und Grenzgrundstücksflächen werden davon für welche
dringenden eigenen öffentlichen Zwecke des Bundes verwendet?

6. Warum sind die restlichen bundeseigenen Mauer- und Grenzgrundstücks-
flächen noch nicht veräußert?

7. Wie viele Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am Griebnitzsee in Pots-
dam sind bisher im Rahmen des Mauergrundstücksgesetzes veräußert
worden?

8. Warum konnte die Verwertung der Mauer- und Grenzgrundstücksflächen
am Griebnitzsee in Potsdam nicht im Jahre 1996 beginnen, sondern hat sich
bis 2004/2005 verzögert?

9. Wie viele Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am Griebnitzsee in Pots-
dam stehen noch mittelbar oder unmittelbar im Eigentum des Bundes, und
wie viele sind davon anspruchsbehaftet?

10. Warum werden die restlichen bundeseigenen Mauer- und Grenzgrund-
stücksflächen am Griebnitzsee in Potsdam nicht veräußert?

11. Wie vielen Anspruchstellern hat die Oberfinanzdirektion Cottbus seit
November 2004 Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am Griebnitzsee in
Potsdam zugesprochen, und was war die Veranlassung für die Übersendung
der Kaufverträge zu diesem Zeitpunkt?

12. Trifft es zu, dass zu den Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am Grieb-
nitzsee in Potsdam ein Bodenwertermittlungsgutachten vorliegt?

13. Welchen Verkehrswert haben die zuständigen Bundesbehörden unter Be-
rücksichtigung des Wertgutachtens für die Mauer- und Grenzgrundstücks-
flächen am Griebnitzsee in Potsdam im August 2004 ermittelt?

14. Trifft es zu, dass dem Bund sowohl für die anspruchsbehafteten als auch für
die nicht anspruchsbehafteten Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am
Griebnitzsee in Potsdam einfachschriftliche und notariell beurkundete
Kaufangebote von Interessenten über 115 Euro/qm vorliegen?

15. Trifft es zu, dass das Bundesministerium der Finanzen (BMF) es abge-
lehnt hat, bereits beurkundete Kaufverträge für Mauer- und Grenzgrund-
stücksflächen am Griebnitzsee in Potsdam mit einem Quadratmeterpreis
von 115 Euro zu genehmigen, und wenn ja, mit welcher Begründung?

16. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Stadt Potsdam als Dritter nach
§ 3 Mauergrundstücksgesetz bereit und in der Lage, den für die Grundstü-
cke am Griebnitzsee in Potsdam ermittelten Verkehrswert zu zahlen, und
wenn nein, welchen Preis ist sie stattdessen bereit zu zahlen?

17. Trifft es zu, dass die BIMA inzwischen bereit ist, von dem ursprünglichen,
gutachtlich ermittelten Verkehrswert von 115 Euro/qm abzuweichen und

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5076

stattdessen ca. 5 Euro/qm zu akzeptieren, und wenn ja, mit welcher Begrün-
dung?

18. Wie bewertet die Bundesregierung den Verzicht auf ca. 110 Euro/qm bei
einer entsprechenden Veräußerung der Mauer- und Grenzgrundstücks-
flächen am Griebnitzsee in Potsdam?

19. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Bund grundsätzlich ver-
pflichtet ist bzw. versuchen sollte, die Mauer- und Grenzgrundstücksflächen
zum jeweiligen Verkehrswert zu veräußern, und wenn nein, warum nicht?

20. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass einer entsprechenden Veräu-
ßerung von Grundstücken, die nicht auf den vollen und erzielbaren Wert
abstellt, die §§ 63, 64 Bundeshaushaltsordnung entgegenstehen, und wenn
nein, warum nicht?

21. Mit welchen Mindereinnahmen für den Mauergrundstücksfonds rechnet die
Bundesregierung bei einer Veräußerung der Grundstücke zu ca. 5 Euro/qm
statt zu 115 Euro/qm?

22. Wer hat bei der BIMA ggf. entschieden, die Mauer- und Grenzgrundstücks-
flächen am Griebnitzsee in Potsdam nicht nach dem gutachtlich ermittelten
Verkehrswert zu veräußern, und mit welcher Begründung?

23. Trifft es zu, dass die BIMA entschieden hat, die Grundstücke am Griebnitz-
see in der Regel nicht mehr an die Anspruchsteller bzw. im Falle von nicht
anspruchsbehafteten Grundstücken nicht an Dritte zu veräußern, und wenn
ja, wer hat diese Entscheidung mit welcher Begründung getroffen?

24. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Bund im Rahmen seines
treuhänderischen Auftrags zur Veräußerung der Mauer- und Grenzgrund-
stücksflächen verpflichtet ist, soweit er sie nicht für dringende eigene
öffentliche Zwecke verwendet, und wenn nein, warum nicht?

25. Ist der Vorstand der BIMA über die Entscheidungen im Hinblick auf die
Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am Griebnitzsee in Potsdam infor-
miert oder eingebunden?

26. Welche zivil- und strafrechtlichen Aspekte könnten mit diesen Entscheidun-
gen verbunden sein?

27. Hat das BMF der BIMAVorgaben in Bezug auf die Veräußerung derMauer-
und Grenzgrundstücksflächen am Griebnitzsee in Potsdam gemacht, und
wenn ja, welche?

28. Welche Anträge von Alteigentümern auf Erwerb von Mauer- und Grenz-
grundstücksflächen nach § 2 Mauergrundstücksgesetz waren für welche
Flächen am Griebnitzsee in Potsdam zu welchem Zeitpunkt im Jahr 2004
bescheidungsreif?

29. Warum verzögerte sich die Bescheidung dieser Anträge?
30. Trifft es zu, dass die Oberfinanzdirektion Cottbus Anspruchsberechtigten

laut Frage 28 zugesagt hat, bis zum 29. September 2004 über die beschei-
dungsreifen Anträge zu bescheiden, und wenn ja, warum wurde mit Ablauf
dieser Frist nicht beschieden?

31. Lag zum Zeitpunkt der Bescheidungsreife des jeweiligen Grundstücks laut
Frage 28 auch ein bescheidungsreifer Antrag eines Dritten (z. B. der Stadt
Potsdam) vor?

32. Wann und durch wen wurde das BMF über den Sachverhalt im Hinblick auf
die Mauer- und Grenzgrundstücksflächen am Griebnitzsee in Potsdam und
über die Nichtbescheidung der Anträge nach Frage 28 unterrichtet?

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33. Trifft es zu, dass das BMF die zuständige Oberfinanzdirektion angewiesen
hat, die Grundstücke am Griebnitzsee in Potsdam zunächst nicht an die
anspruchsberechtigten Alteigentümer zu verkaufen, und wenn ja, mit wel-
cher Begründung?

34. Wie ist das BMF in dieser Angelegenheit darüber hinaus tätig geworden und
welche Weisungen an seinen nachgeordneten Bereich hat es in diesem
Zusammenhang erteilt?

35. Inwieweit ist die Oberfinanzdirektion Cottbus entsprechend den Richtlinien
des BMF zumMauergrundstücksgesetz zwischen den Anspruchstellern laut
Frage 28 und der Stadt Potsdam moderierend tätig geworden, und hat das
BMF sie dazu aufgefordert?

36. Hat das BMF die Oberfinanzdirektion Cottbus nach Scheitern der Mode-
rationsgespräche erneut angewiesen, die Grundstücke am Griebnitzsee in
Potsdam nicht an die Anspruchsteller zu veräußern?

37. Trifft es zu, dass in dem Prozess gegen die Stadt Potsdam vor dem Land-
gericht Cottbus Prozessvertreter des Bundes vorgetragen haben, dass die
Stadt Potsdam keinen zulässigen (da unbestimmten) und keinen begründe-
ten (da u. a. nicht durchführbaren und nicht zum Verkehrswert lautenden)
Antrag auf Erwerb von bundeseigenen Mauer- und Grenzgrundstücks-
flächen am Griebnitzsee in Potsdam gestellt hat?

38. Hat die Stadt Potsdam bis heute einen entsprechenden Antrag gestellt, und
wenn ja, mit welchem Quadratmeterpreis?

Berlin, den 8. März 2005
Steffen Kampeter
Dietrich Austermann
Ilse Aigner
Norbert Barthle
Jochen Borchert
Manfred Carstens (Emstek)
Albrecht Feibel
Herbert Frankenhauser
Jochen-Konrad Fromme
Hans-Joachim Fuchtel
Susanne Jaffke
Bartholomäus Kalb
Bernhard Kaster
Norbert Königshofen
Dr. Michael Luther
Kurt J. Rossmanith
Georg Schirmbeck
Antje Tillmann
Klaus-Peter Willsch
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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