BT-Drucksache 15/4908

GEZ und Datenschutz

Vom 16. Februar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4908
15. Wahlperiode 16. 02. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Karl Addicks,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer
Funke, Dr. Karlheinz Guttmacher, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner
Hoyer, Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel,
Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

GEZ und Datenschutz

Die Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in
der Bundesrepublik Deutschland (GEZ) ist eine Gemeinschaftseinrichtung der
ARD-Landesrundfunkanstalten, des Deutschlandradios und des Zweiten Deut-
schen Fernsehens. Die GEZ nimmt als Rechen- und Servicezentrum für die
Rundfunkanstalten alle mit der Gebührenzahlung zusammenhängenden Auf-
gaben wahr. Sie speichert und verarbeitet die Daten der Rundfunk- und Fernseh-
teilnehmer.
Die für ihre Aufgaben notwendigen Daten erhält sie zum einen von den Rund-
funkteilnehmern selbst. Zum anderen teilen die Meldebehörden der GEZ mit,
wenn eine volljährige Person zuzieht, wegzieht oder verstirbt. Darüber hinaus
beschafft sich die GEZ Daten beim kommerziellen Adresshandel.
Diese bisher nur tolerierte Praxis soll nunmehr durch eine Änderung des Rund-
funkgebührenstaatsvertrages legalisiert werden. § 8 Rundfunkgebührenstaats-
vertrag soll um einen Absatz 4 ergänzt werden. Danach sollen die Rundfunkan-
stalten und die GEZ „zur Feststellung, ob ein Rundfunkteilnehmerverhältnis
vorliegt, oder im Rahmen des Einzugs der Rundfunkgebühren entsprechend
§ 28 des Bundesdatenschutzgesetzes personenbezogene Daten erheben, verar-
beiten oder nutzen“ dürfen. Die Datenverarbeitung der Rundfunkanstalten und
der GEZ wird damit den gleichen Bedingungen des Bundesdatenschutzrechts
unterstellt wie die privatwirtschaftlicher Unternehmen.
Gegen diese Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages, die am 1. April
2005 in Kraft treten soll, bestehen erhebliche Bedenken der Datenschutzbeauf-
tragten zahlreicher Bundesländer. Sie sind der Ansicht, die vorgesehene Befug-
nis sei mit datenschutzrechtlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren. Während
öffentlich-rechtliche Institutionen personenbezogene Daten nur verarbeiten
dürften, wenn dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich sei,
sei die Datenverarbeitung der im Wettbewerb stehenden Privatwirtschaft vom
Prinzip der Vertragsfreiheit geprägt. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstal-
ten stünden hinsichtlich des Gebühreneinzugs in keinemWettbewerbsverhältnis

Drucksache 15/4908 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zu anderen Rundfunkveranstaltern. Die vorgesehene Änderung führe zu einer
weiteren Verschlechterung des Datenschutzes.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die bisherige Praxis der Beschaf-

fung von Daten beim kommerziellen Adresshandel mit dem Bundesdaten-
schutzgesetz und sonstigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen vereinbar
ist, und wie begründet sie ihre diesbezügliche Auffassung?

2. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die vorgesehenen Neuregelungen
im Rundfunkgebührenstaatsvertrag mit datenschutzrechtlichen Grundsätzen,
insbesondere dem Prinzip der Datenvermeidung, vereinbar sind, und wie be-
gründet sie ihre diesbezügliche Auffassung?

3. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die privatwirtschaftliche Beschaf-
fung von Adressen durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten mit dem
datenschutzrechtlichen Grundsatz vereinbar ist, dass öffentlich-rechtliche In-
stitutionen personenbezogene Daten nur verarbeiten dürfen, wenn dies zur
Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist, und wie begründet sie
ihre diesbezügliche Auffassung?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang den öffentlich-recht-
lichen Rundfunkanstalten und der GEZ nach der vorgesehenen Neuregelung
in § 8 Abs. 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages die privatwirtschaftliche
Beschaffung von Adressen erlaubt werden soll, und wie bewertet sie dies un-
ter datenschutzrechtlichen Aspekten?

5. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass eine privatwirtschaftliche Beschaf-
fung von Adressen zusätzlich zur regelmäßigen Übermittlung von Melde-
daten an die Rundfunkanstalten verhältnismäßig, insbesondere erforderlich
ist?

6. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt, dass die Rundfunk-
anstalten und die GEZ die gekauften Daten ihrerseits nicht weiter zu kom-
merziellen Zwecken verwenden, insbesondere Handel damit treiben?

7. Wie lange werden nach Kenntnis der Bundesregierung die beim kommer-
ziellen Adresshandel beschafften Daten bei der GEZ gespeichert, zu welchen
genauen Zwecken werden sie verwendet, und wann sind sie spätestens zu
löschen?

8. Sind die zuständigen Datenschutzbeauftragten der Länder und des Bundes im
Zusammenhang mit der Erarbeitung des Entwurfs eines Achten Rundfunk-
änderungsstaatsvertrages beteiligt worden, wenn ja, wie, und wenn nein,
warum nicht?

Berlin, den 15. Februar 2005
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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