BT-Drucksache 15/4865

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/4499- Verbraucherpolitischer Bericht 2004

Vom 16. Februar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4865
15. Wahlperiode 16. 02. 2005

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Manfred Helmut Zöllmer, Michael Müller (Düsseldorf), Waltraud
Wolff (Wolmirstedt), Sören Bartol, Dr. Herta Däubler-Gmelin, Martin Dörmann,
Elvira Drobinski-Weiß, Reinhold Hemker, Gustav Herzog, Gabriele Hiller-Ohm,
Ute Kumpf, Lothar Mark, Holger Ortel, Dr. Wilhelm Priesmeier, Wilhelm Schmidt
(Salzgitter), Reinhard Schultz (Everswinkel), Dr. Angelica Schwall-Düren, Jella
Teuchner, Franz Müntefering und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Ulrike Höfken, Dr. Reinhard Loske, Cornelia Behm,
Friedrich Ostendorff, Volker Beck (Köln), Franziska Eichstädt-Bohlig, Hans-Josef
Fell, Winfried Hermann, Peter Hettlich, Michaele Hustedt, Undine Kurth
(Quedlinburg), Albert Schmidt (Ingolstadt), Ursula Sowa, Dr. Antje Vogel-Sperl,
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/4499 –

Verbraucherpolitischer Bericht 2004

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag begrüßt den von der Bundesregierung vorgelegten
„Verbraucherpolitischen Bericht 2004“ und die im Bericht dargestellten Fort-
schritte im vorsorgenden Verbraucherschutz sowie den Umfang der in dieser
Legislaturperiode bereits durchgeführten verbraucherpolitischen Maßnahmen.
Insbesondere wird begrüßt:
l die Neuordnung des Lebens- und Futtermittelgesetzes und die darin deutlich

verbesserten Informationsrechte für Verbraucherinnen und Verbraucher,
l die Sicherstellung einer Koexistenz von konventionellem Anbau und Anbau

mit gentechnisch veränderten Organismen durch das Gentechnikgesetz
l die Verbesserung der Information der Verbraucherinnen und Verbraucher

über eine gesunde Ernährung,
l die Maßnahmen zum Schutz Jugendlicher vor den Gefahren des Alkohol-

und Tabakkonsums insbesondere im Hinblick auf die Alkopops,
l die Stärkung der Stellung der Verbraucherinnen und Verbraucher in der

Novelle des Gesetzes gegen den unlautern Wettbewerb,
l die Verbesserung der Verbraucherrechte in der Telekommunikation durch

das Gesetz gegen den Missbrauch von 0190er-/0900er-Mehrwertdienste-
nummern und durch die Novelle des Telekommunikationsgesetzes,

Drucksache 15/4865 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

l die Förderung von Verbraucherorganisationen und Verbraucheraufklärung
auf hohem Niveau,

l die Gründung und die geplanten Projekte im Rahmen der Plattform „Ernäh-
rung und Bewegung“. Wichtigste Aufgabe der Plattform ist es, ein breites
Bündnis zur Prävention von Übergewicht bereits bei Kindern und Jugend-
lichen zu initiieren,

l die Aktivitäten der Bundesregierung im Bereich des Verbraucherschutzes
bei Finanzdienstleistungen,

l die Erleichterung des Zugangs der Bürgerinnen und Bürger zu Umweltinfor-
mationen mit der Neufassung des Umweltinformationsgesetzes (UIG),

l die Initiativen der Bundesregierung zur Förderung von Umweltstandards auf
der Basis der EG-Umweltaudit-Verordnung sowie ökologischer und sozialer
Standards in Entwicklungsländern.

Der Bericht belegt eindrucksvoll den hohen Stellenwert und die zentrale Be-
deutung, den die Verbraucherpolitik in der Regierungsarbeit der Bundesregie-
rung hat. Er beschreibt die Erfolge und unterstreicht das große Engagement der
Bundesregierung in diesem Bereich. Die Interessen der Verbraucherinnen und
Verbraucher werden in alle relevanten Politikbereiche einbezogen. Mit der Vor-
lage des Verbraucherpolitischen Berichts 2004 setzt die Bundesregierung ihre
Verbraucherpolitik, die sie im Januar 2001 mit der Bündelung der politischen
Verantwortung für den Verbraucherschutz in einem eigenen Ressort für Ver-
braucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft begonnen hat, konsequent fort.
Moderne Verbraucherpolitik ist eine Querschnittsaufgabe. Sie betrifft viele
Politikbereiche und muss mit einer Vielzahl von Maßnahmen in den einzelnen
Ressorts umgesetzt werden. Der verbraucherpolitische Bericht 2004 der Bun-
desregierung zeigt Problemfelder auf und beschreibt Ziele einer verantwort-
lichen und zukunftsorientierten Verbraucherpolitik. Der Deutsche Bundestag
unterstützt mit Nachdruck die weitere Umsetzung der im Bericht genannten
Ziele.
Die Verbraucherpolitik der Bundesregierung orientiert sich am Leitbild des
selbstbestimmten und informierten Verbrauchers. Diese moderne Verbraucher-
politik setzt sich für Rahmenbedingungen ein, die die gleichberechtigte Wahr-
nehmung von Verantwortung aller am Wirtschaftsleben Beteiligten ermöglicht.
Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass ein funktionierender Wettbewerb und
wirksame Verbraucherrechte untrennbar zusammen gehören und dass eine er-
folgreiche Wirtschaft ohne eine innovative und konsequente Verbraucherpolitik
undenkbar ist.
Sie zeigt zugleich, dass eine aktive Verbraucherpolitik keine Belastung für eine
moderne kundenorientierte Wirtschaft bedeutet, sondern vielmehr die Wirt-
schaftskraft unseres Landes und den Standort Deutschland stärkt und Ex-
portchancen und Entwicklungsmöglichkeiten der Wirtschaft verbessert.
Der Deutsche Bundestag unterstützt mit Nachdruck die weitere Umsetzung der
im Bericht genannten Ziele:
l den vorsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschutz weiterzuentwickeln,
l die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher zu

schützen und ihre Rechte zu stärken,
l die Selbstbestimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher zu unterstüt-

zen und
l den nachhaltigen Konsum zu fördern.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4865

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
l in ihren Anstrengungen fortzufahren, die Rechtsstellung der Verbraucher-

innen und Verbraucher zu verbessern, und damit ihre Stellung als aktive
Teilnehmer am Marktgeschehen zu stärken,

l die vom Deutschen Bundestag beschlossenen Verbraucherinformations-
rechte im Lebens- und Futtermittelrecht nach der Zustimmung des Bundes-
rates schnellstmöglich umzusetzen und die Durchsetzung der Informations-
rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewährleisten,

l den mit Inkrafttreten der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift „Rahmen-
Überwachung“ begonnenen Prozess der harmonisierten Anwendung lebens-
mittelrechtlicher Bestimmungen weiterzuentwickeln, den vom Bundesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erstellten Jahresbericht
zur Lebensmittelkontrolle zu übermitteln und die Plattform für eine breite
Koordinierung der amtlichen Lebensmittelüberwachung zu bieten,

l weiterhin den begonnenen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung des
Lebensmittelrechts fortzuführen und sich für eine europaweite Rechts-
harmonisierung hinsichtlich der Verwendung nährwert- und gesundheits-
bezogener Angaben bei Lebensmitteln einzusetzen, um eine Irreführung
und Täuschung zu vermeiden, sowie die Kennzeichnung loser Ware zu
verbessern,

l energisch die bisherige, erfolgreiche Minimierungsstrategie bei Belastungen
durch Dioxin, Acrylamid, Pestiziden und anderen Rückständen und Konta-
minanten bei Lebens- und Futtermitteln fortzusetzen um gesundheitliche
Schäden beim Verbraucher und wirtschaftliche Schäden bei Produzenten ab-
zuwenden,

l Maßnahmen zur Verbraucher- und Ernährungsaufklärung ständig weiter-
zuentwickeln und Modell- und Demonstrationsvorhaben zur Prävention von
Übergewicht bei Kindern durch gesunde Ernährung und Bewegung zu för-
dern. Dies soll Anstöße zur Änderung des individuellen Verhaltens wie auch
der jeweiligen Verhältnisse geben. Dabei sollen insbesondere auch Familien
aus einem sozial schwachen Umfeld sowie mit Migrationshintergrund er-
reicht werden,

l imRahmen von Präventionsmaßnahmen eine gesundheitsförderliche Lebens-
führung zu unterstützen und zur Vorbeugung von ernährungs- und verhaltens-
bedingten Erkrankungen beizutragen,

l bei der Umsetzung des Präventionsgesetzes die besondere Bedeutung der
Themen Ernährung und Bewegung zu beachten und durch einen Sach-
verständigen in den Gremien der Stiftung für Prävention und Gesundheits-
förderung zu dokumentieren,

l das Vorsorgeprinzip im gesundheitlichen Verbraucherschutz weiter konse-
quent zu stärken,

l die Entscheidungs- und Handlungskompetenzen von Verbraucherinnen und
Verbrauchern mit umfassenden Aufklärungs- und Bildungsangeboten zu er-
weitern, vor allem in Kindergärten, Schulen und der Erwachsenenbildung.
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels kommt in diesem Zu-
sammenhang den Angeboten für Senioren besondere Bedeutung zu,

l in den weiteren Beratungen zum Vorschlag einer Richtlinie über Dienst-
leistungen im Binnenmarkt sicherzustellen, dass im Dienstleistungsbereich
der Verbraucherschutz umfassend sichergestellt ist und für Verbraucherin-
nen und Verbraucher grundsätzlich das jeweilige Heimatrecht gilt,

l zu prüfen, inwieweit die Rechte privater Bauherren beim Erwerb und Bau
von Wohneigentum zu stärken sind und dabei insbesondere das Bauvertrags-
recht durch mehr Verbraucherschutz zu verbessern ist,

Drucksache 15/4865 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
l die Verbraucherforschung zu fördern und dabei insbesondere auch theoreti-
sche Ansätze zur Fundierung der Bedeutung der Nachfrageseite im Wirt-
schaftsgeschehen zu berücksichtigen,

l zu prüfen, wie die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher insbeson-
dere durch neue Formen der Bündelung von Verbraucherinteressen und kol-
lektive Klagerechte besser durchgesetzt werden können,

l zu prüfen, wie Verbands- und Gruppenklagemöglichkeiten in der Informa-
tions- und Dienstleistungsgesellschaft weiterzuentwickeln sind, um damit
Lücken in der Rechtsdurchsetzung zu schließen,

l die Transparenz von Finanzdienstleistungsprodukten durch standardisierte
Informations- und Dokumentationspflichten zu erhöhen,

l bei der Novelle des Versicherungsvertragsgesetzes die bestehenden Nach-
teile für die Verbraucherinnen und Verbraucher insbesondere beim Rückkauf
von Lebensversicherungen und der Kostenbelastung beim Vertragsabschluss
auszugleichen und zeitgemäße Regelungen für eine verbraucherfreundliche
Vertragsgestaltung zu schaffen,

l die automatische Aufnahme von Beschäftigten in eine freiwillige betrieb-
liche Altersvorsorge bei Beschäftigungsbeginn zu prüfen,

l zu prüfen, ob Unisextarife in das Versicherungsvertragsgesetz aufgenom-
men werden können,

l den Anlegerschutz konsequent weiter auszubauen,
l auf die Banken einzuwirken, damit deren Selbstverpflichtung zum „Giro-

konto für Jedermann“ zügig umgesetzt wird. Die Kreditwirtschaft sollte im
Rahmen der Selbstverpflichtung unverzüglich bewertbare Daten, insbeson-
dere zur Struktur der betroffenen Kunden und den Gründen für die Ab-
lehnung und Kündigung von Konten vorgelegen,

l auf den liberalisierten Märkten wie Energie und Telekommunikation für
mehr Transparenz, Information und verbesserte Verbraucherrechte zu sor-
gen,

l im Telekommunikationsbereich und im Bereich der neuen Medien effektive
verbraucherschützende Instrumente und Regelungen durchzusetzen,

l zum Schutz gegen kommerzielle SPAM-Mails die Anerkennung des so
genannten opt-in-Prinzips in internationalen Vereinbarungen einzubringen
sowie der Anti-Spam-Initiative der Europäischen Union beizutreten und die
Möglichkeiten zum Schutz gegen SPAM-Mails weiter zu verbessern,

l den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern in Notsituationen ge-
genüber den Anbietern von Hilfen zur Lebensbewältigung zu verbessern,

l die Stärkung der Position der Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr
weiter zu verbessern,

l auf die Wirtschaft einzuwirken, dass freiwillig mehr zielgruppenbezogene
Maßnahmen für Verbraucherinnen und Verbraucher, etwa Handytarife für
Kinder, Seniorenprodukte, Heimverträge, behindertengerechte Medien-
angebote entwickelt werden.

Berlin, den 16. Februar 2005
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

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