BT-Drucksache 15/4796

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/2998- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23) zur Einführung eines Volksentscheids über eine europäische Verfassung

Vom 1. Februar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4796
15. Wahlperiode 01. 02. 2005

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/2998 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 23)
zur Einführung eines Volksentscheids über eine europäische Verfassung

A. Problem
Mit der Erklärung des Europäischen Rates von Laeken am 15. Dezember 2001
wurde der Konvent für die Zukunft Europas eingesetzt und damit beauftragt,
Antworten auf die wesentlichen Fragen zu entwickeln, welche die zukünftige
Entwicklung der Europäischen Union (EU) aufwirft. Neben einer besseren Ver-
teilung und Abgrenzung der Zuständigkeiten in der Europäischen Union, einer
Vereinfachung der Instrumente sowie einer Verbesserung von Demokratie,
Transparenz und Effizienz innerhalb der EU beinhaltet der Auftrag vor allem
auch die Entwicklung des Weges zu einer Verfassung für die europäischen Bür-
ger.
Der Konvent hat seine Arbeit weitgehend abgeschlossen und wird der Regie-
rungskonferenz im Sommer dieses Jahres den Entwurf eines Verfassungstextes
vorlegen. Nach Annahme dieses Verfassungstextes durch die europäischen
Staats- und Regierungschefs wird der Entwurf im Sommer nächsten Jahres zur
Ratifizierung anstehen.
Der Vorschlag des Konvents bereitet einen bedeutenden Reformschritt vor und
stellt entscheidende Weichen für die Zukunft der Europäischen Union. Eine so
grundlegende Weiterentwicklung der Begründung der Europäischen Union und
ihrer Grundlagen bedarf neben der Ratifikation durch die Mitgliedstaaten der
Zustimmung der Bürger. Den Bürgern muss die Möglichkeit gegeben werden,
sich im Wege des Volksentscheids durch ihr Votum zu dem Verfassungsentwurf
zu bekennen.

B. Lösung
Mit der Ergänzung des Artikels 23 des Grundgesetzes wird ein Volksentscheid
zur Annahme des Verfassungstextes in das Grundgesetz eingeführt.
Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP

Drucksache 15/4796 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Alternativen
Beibehaltung der geltenden Rechtslage.

D. Kosten
Volksentscheide führen zu Durchführungskosten beim Bund, vor allem aber bei
den Ländern und Gemeinden, die der Bund zu erstatten hat. Hierzu gehören
u. a. Kosten der Prüfung der Stimmberechtigung, von öffentlichen Bekannt-
machungen, Druckkosten, Kosten für die Versendung von Abstimmungs-
benachrichtigungen, Kosten der Feststellung von Abstimmungsergebnissen.
Die bisherigen in- und ausländischen Erfahrungen bei Volksentscheiden zeigen
aber, dass sich die daraus entstehenden Kosten in einem überschaubaren Rah-
men halten.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4796

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/2998 abzulehnen.

Berlin, den 26. Januar 2005

Der Innenausschuss
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast
Vorsitzende

Rüdiger Veit
Berichterstatter

Kristina Köhler (Wiesbaden)
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

Drucksache 15/4796 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Rüdiger Veit, Kristina Köhler (Wiesbaden),
Josef Philip Winkler und Ernst Burgbacher

I. Zum Verfahren
1. Überweisung
Der Gesetzentwurf wurde in der 112. Sitzung des Deutschen
Bundestages am 28. Mai 2004 an den Innenausschuss feder-
führend sowie an den Rechtsausschuss und den Ausschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur Mitbe-
ratung überwiesen.
2. Voten der mitberatenden Ausschüsse
Der Rechtsausschuss hat in seiner 69. Sitzung am
26. Januar 2005 mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den Gesetzent-
wurf abzulehnen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat in seiner 61. Sitzung am 26. Januar 2005
mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP die Ablehnung des Gesetzentwurfs emp-
fohlen.
3. Beratungen im federführenden Ausschuss
Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
53. Sitzung am 26. Januar 2005 abschließend beraten und
ihn mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der
Fraktion der FDP abgelehnt.

II. Zur Begründung
Die Fraktion der FDP erklärt, dass sie zwar eine umfas-
sende Regelung zu Plebisziten für wünschenswert halte,
doch habe die Regierungskoalition dem Parlament hierzu
keinen Vorschlag unterbreitet. Da aber in allen Parteien
Sympathie für eine Volksabstimmung über die EU-Verfas-

sung geäußert worden sei, wolle man nun diesen Punkt ge-
sondert zur Abstimmung stellen. Ebenso wie in anderen
wichtigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union solle
auch in Deutschland eine Volksabstimmung über die euro-
päische Verfassung durchgeführt werden.
Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
lehnen den Gesetzentwurf ab. Zwar habe man große Sym-
pathie für das Anliegen. Zugleich sei man aber der Auffas-
sung, dass man nicht nur isoliert bezogen auf die EU-Ver-
fassung, sondern auch bezogen auf andere wichtige Themen
die Möglichkeit der Einführung plebiszitärer Elemente er-
öffnen solle. Das Angebot an die Fraktion der CDU/CSU,
eine fraktionsübergreifende Einigung zu erzielen, werde un-
verändert aufrechterhalten. Die für die Einführung plebiszi-
tärer Elemente erforderliche Zweidrittelmehrheit sei aber
wegen der Haltung der Fraktion der CDU/CSU nicht er-
sichtlich. Zugleich sei aus wichtigen europapolitischen
Gründen Ziel der Bundesregierung, die EU-Verfassung sehr
vorbildhaft und zügig zu verabschieden. Dies könne nur ge-
lingen, wenn die Überlegungen nicht verschränkt würden
mit Überlegungen zu plebiszitärer Beteiligung, deren ge-
setzgeberisches Ende derzeit nicht absehbar sei.
Die Fraktion der CDU/CSU lehnt den Gesetzentwurf
ebenfalls ab. Auch wenn man Sympathie für die Idee eines
Volksentscheides über die EU-Verfassung zeige, überwögen
doch die Nachteile. So sei die grundsätzliche Entscheidung
für Europa bereits in den 50er Jahren getroffen worden;
auch die primäre Delegation der Macht sei bereits erfolgt.
Das starke europapolitische Gewicht Deutschlands erfor-
dere zudem Berechenbarkeit, Handlungsfähigkeit sowie
klare Verantwortlichkeit, die bei Plebisziten nicht gegeben
seien. Darüber hinaus sehe sie die Gefahr, dass eine Volks-
abstimmung über die EU-Verfassung zu einer Abstimmung
für oder gegen Europa oder einer Abrechnung mit dem Re-
gierungshandeln missbraucht würde.

Berlin, den 26. Januar 2005
Rüdiger Veit
Berichterstatter

Kristina Köhler (Wiesbaden)
Berichterstatterin

Josef Philip Winkler
Berichterstatter

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

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