BT-Drucksache 15/4785

Vereinbarkeit des Emissionshandels mit anderen Klimaschutzinstrumenten

Vom 26. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4785
15. Wahlperiode 26. 01. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch, Rainer
Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich Leonhard Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto
(Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Vereinbarkeit des Emissionshandels mit anderen Klimaschutzinstrumenten

Mit Blick auf die bevorstehende Einführung des Emissionshandels wird kriti-
siert, dass dieses Instrument in Deutschland konzeptionell nur unzureichend mit
anderen Klimaschutzinstrumenten verknüpft sei. Daher hat die Fraktion der
FDP in den parlamentarischen Beratungen gefordert, die weiteren klimapoliti-
schen Instrumente, unter anderem die so genannte Ökosteuer, auf den Prüfstand
zu stellen, sobald der Emissionshandel funktioniert. Die Fraktion der FDP hat
die Bundesregierung in diesem Zusammenhang auch aufgefordert darzulegen,
wie die klimapolitischen Instrumente im Rahmen des nationalen Klimaschutz-
programms sinnvoll verknüpft werden sollen (siehe beispielsweise den Antrag
der Fraktion der FDP „Kyotomechanismen für die nationale Klimapolitik
Deutschlands nutzen“, Bundestagsdrucksache 14/7156 vom 16. Oktober 2001).
Mittlerweile haben auch wissenschaftliche Forschungsinstitute – gemeinsam
mit der betroffenen Wirtschaft – die Forderung erhoben, in „… dem Maße, wie
der Emissionshandel Fuß fasst, andere energie- und klimapolitische Steuerungs-
instrumente zurückzufahren. Dies betreffe insbesondere die ökologische Steuer-
reform und das… (Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien) EEG. Eine Ko-
existenz verschiedener Maßnahmen mit vergleichbarer Zielsetzung wäre wenig
rational.“ („Wirtschaft läuft gegen Windkraft Sturm“, in: „Handelsblatt“ vom
18. Januar 2005 unter Bezugnahme auf eine aktuelle Studie des Prognos-
Instituts). Auch der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirt-
schaft und Arbeit hat jüngst gutachterlich geprüft, in welchem Verhältnis die
Förderung der erneuerbaren Energieträger im Rahmen des EEG zu dem künf-
tigen System der CO2-Emissionszertifikate steht. Der Wissenschaftliche Beiratkommt zu dem Ergebnis: Sobald der Markt für CO2-Emissionszertifikate„… etabliert ist, wird das EEG ein höchst ineffizienter und letztlich wirkungs-
loser Versuch, das Weltklima zu schützen. Es sollte dann im Interesse von öko-
nomischer Rationalität und ökologischer Vernunft abgeschafft werden.“ (Wis-
senschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Zur
Förderung erneuerbarer Energien, in: „Zeitschrift für Umweltrecht“ – Sonderheft

Drucksache 15/4785 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2004: Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Energiewirtschaft, S. 400 ff.,
hier: S. 400, 402).
Im Zusammenhang dieser Befunde hat der stellvertretendeVorsitzende der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Dr. Reinhard Loske, Zeitungsberichten zu-
folge ein Konzept für eine Überarbeitung der so genannten ökologischen Finanz-
reform vorgestellt. Zitiert wird daraus unter anderem der Satz: „Anlagen, die
unter den Emissionshandel fallen, sollen auf lange Sicht von der Ökosteuer be-
freit werden.“ (Meldung: „Grüne wollen Industrie von der Ökosteuer befreien“,
in: „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 11. Januar 2005). Die finanzpoli-
tische Sprecherin derselben Fraktion und Vorsitzende des Finanzausschusses des
Deutschen Bundestages, Dr. Christine Scheel, wird unterdessen mit der gleich-
lautenden Aussage zitiert, es „mache wenig Sinn, dass Mineralölsteuer,
Ökosteuer, Kfz-Steuer und der Emissionshandel nebeneinander existierten.“
(Meldung: „Grüne streben eine große Ökosteuerreform an“, in: „Handelsblatt“
vom 11. Januar 2005).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung die gutachterliche Stellungnahme des

Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und
Arbeit?

2. Leitet die Bundesregierung aus den eingangs zitierten Stellungnahmen poli-
tische Schlussfolgerungen ab?

3. Wenn nein, weshalb nicht, und wenn ja, um genau welche Schlussfolgerun-
gen handelt es sich dabei?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die ökologische Wirksamkeit und ökono-
mische Sinnhaftigkeit des Zusammenwirkens von EEG, so genannter Öko-
steuer und dem Emissionshandel mit Blick auf die eingangs zitierte Aussage,
wonach eine Koexistenz verschiedener Maßnahmen mit vergleichbarer Ziel-
setzung „wenig rational“ sei?

5. Erwägt die Bundesregierung im Zusammenhangmit der in der Koalitionsver-
einbarung zwischen den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
vereinbarten „Überprüfung der Ökosteuer“ eine vollständige oder teilweise
Befreiung von Anlagen, die unter den Emissionshandel fallen, von Steuer-
pflichten, die der so genannten Ökosteuer zugeordnet werden?

6. Welche konkreten haushälterischen und finanzpolitischen Auswirkungen
hätte die vom stellvertretenden Vorsitzenden und der finanzpolitischen Spre-
cherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagene teilweise
Abschaffung der so genannten Ökosteuer auf die Gebietskörperschaften und
die gesetzliche Rentenversicherung?

7. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag einer vollständigen oder
teilweisen Befreiung von Anlagen, die unter den Emissionshandel fallen, von
Steuerpflichten, die der so genannten Ökosteuer zugeordnet werden, und
welche Rolle spielen dabei haushälterische und finanzpolitische Auswirkun-
gen einer solchen Steuerbefreiung auf die Gebietskörperschaften und die ge-
setzliche Rentenversicherung?

8. Welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung insbesondere
hinsichtlich der so genannten Ökosteuer und des EEG innerhalb welches zeit-
lichen Horizonts zu ergreifen, um die davon betroffenen Anlagen bzw. Per-
sonen und Branchen von den betreffenden mehrfachen Zahlungspflichten zu
entlasten bzw. zu befreien?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4785

9. Hält die Bundesregierung im Eindruck der eingangs zitierten wissenschaft-
lichen Befunde ihre Darstellung aufrecht, dass die so genannte Ökosteuer
umweltpolitisch motiviert ist?

Berlin, den 25.Januar 2005
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Michael Kauch
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Hellmut Königshaus
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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