BT-Drucksache 15/4763

Auswirkungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auf die Situation von Arbeitssuchenden

Vom 26. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4763
15. Wahlperiode 26. 01. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Volker Wissing, Dirk Niebel, Otto Fricke, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP

Auswirkung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auf die Situation
von Arbeitssuchenden

Seit dem 1. Januar 2001 ist das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in
Kraft. § 14 dieses Gesetzes sieht vor, dass ein Arbeitnehmer nicht sachgrundlos
befristet beschäftigt werden darf, wenn er zuvor bereits bei demselben Arbeit-
geber beschäftigt war.
Insbesondere bei öffentlichen Arbeitgebern entfalten sich die negativen Auswir-
kungen des § 14 Abs. 2 TzBfG, da hier infolge drastischer Sparmaßnahmen und
aufgrund von Haushaltssperren häufig Stellen auf der Grundlage befristeter Ver-
träge ohne sachlichen Grund besetzt werden. Dieses führt zu einer permanenten
Fluktuation in der Belegschaft. Erschwerend kommt hinzu, dass eine einmalige
Beschäftigung bei einem Arbeitgeber dazu führt, dass künftig kein befristetes
Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund mit diesem Arbeitgeber mehr möglich ist.
Wer z. B. als wissenschaftlicherMitarbeiter bereits an einer Universität beschäf-
tigt war, hat damit nicht mehr die Möglichkeit, ein sachgrundlos befristetes Be-
schäftigungsverhältnis in dem öffentlichen Dienst des betreffenden Landes ein-
zugehen.
Dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages liegen zahlreiche Eingaben
von Bürgerinnen und Bürgern zu dieser Problematik vor. Das Gesetz droht sich
als kontraproduktiv zu erweisen. Es schafft keine neuen Arbeitsplätze, erschwert
aber gleichzeitig die Arbeitssuche und Beschäftigung von Arbeitslosen. Eine
sorgfältige Evaluierung des Gesetzes ist deshalb unabdingbar.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass es aufgrund der Vorschriften des

§ 14 Abs. 2 TzBfG nicht zu negativen Auswirkungen für Arbeitssuchende
kommt, und welche diesbezüglichen Vorkehrungen hat die Bundesregierung
getroffen?

Drucksache 15/4763 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Wie viele ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverhältnisse haben die
einzelnen Bundesministerien und Bundesbehörden seit Inkrafttreten des
Teilzeit- und Befristungsgesetzes jedes Jahr abgeschlossen, und wie viele
Betroffene können damit keine weiteren befristeten Arbeitsverhältnisse mit
Bundesministerien bzw. -behörden mehr eingehen?

3. In wie vielen dieser Fälle wäre nach der Gesetzeslage vor Inkrafttreten des
Teilzeit- und Befristungsgesetzes eine Weiterbeschäftigung möglich gewe-
sen?

4. Ist die Bundesregierung mit Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsge-
setzes dazu übergegangen, ohne sachlichen Grund befristete Arbeitsverhält-
nisse generell nach Ablauf in unbefristete zu überführen, und wenn nein,
warum nicht?

5. Wie viele der ohne sachlichen Grund befristeten Arbeitsverhältnisse bei den
einzelnen Bundesministerien bzw. -behörden wurden anschließend in unbe-
fristete Arbeitsverhältnisse überführt, und wie stellt sich dieser Anteil im
Verhältnis zu der Gesamtzahl der ohne sachlichen Grund befristeten Ar-
beitsverhältnisse dar?

6. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen eine Arbeitnehmerin
bzw. ein Arbeitnehmer aufgrund einer, bei der Einstellung in ein sachgrund-
los befristetes Arbeitsverhältnis verschwiegenen früheren Beschäftigung
bei demselben Arbeitgeber, die Überführung einer befristeten Beschäfti-
gung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einklagen konnte, und wie be-
urteilt die Bundesregierung diesen Sachverhalt?

7. Sind nach Ansicht der Bundesregierung Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
mer verpflichtet, selbstständig und ohne explizite Nachfrage seitens des Ar-
beitgebers auf eine eventuelle, frühere, befristete oder unbefristete Beschäf-
tigung bei dem Unternehmen hinzuweisen, und wenn nein, ist es nach
Ansicht der Bundesregierung in einem solchen Fall bei einer Einstellung in
ein sachlich ohne Grund befristetes Arbeitsverhältnis für die entsprechende
Bewerberin bzw. den Bewerber möglich, die Einstufung in ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis einzuklagen?

8. Wie viele Evaluierungen bzw. Untersuchungen über die Auswirkungen des
Teilzeit- und Befristungsgesetzes hat die Bundesregierung bislang durchge-
führt, und welches waren die dabei angewendeten Methoden und ermittel-
ten Ergebnisse?

9. Haben befristete Arbeitsverträge seit Einführung des Teilzeit- und Befris-
tungsgesetzes zum einen im öffentlichen Dienst des Bundes und zum ande-
ren in der Privatwirtschaft in signifikantemMaß zu- bzw. abgenommen, und
woher bezieht die Bundesregierung ihre diesbezüglichen Erkenntnisse?

10. Haben seit Einführung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes unbefristete
Beschäftigungsverhältnisse zum einen im öffentlichen Dienst des Bundes
und zum anderen in der Privatwirtschaft in signifikantem Maß zu- bzw. ab-
genommen?

11. Wie viele Fälle einer so genannten Kettenbefristung von Arbeitsverträgen
hat es nach Kenntnis der Bundesregierung vor Einführung des Teilzeit- und
Befristungsgesetzes gegeben?

12. Wurden nach Ansicht der Bundesregierung die mit der Einführung des § 14
TzBfG verbundenen Erwartungen erreicht, und auf welchen Daten basieren
entsprechende Erkenntnisse?

13. Plant die Bundesregierung eine Überarbeitung des Teilzeit- und Befris-
tungsgesetzes, und wenn ja, wann werden nach Ansicht der Bundesregie-
rung entsprechende Vorschläge vorliegen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4763

14. Welche Alternativen gab es bei der Umsetzung der Richtlinie 1999/70/EG
des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenverein-
barung über befristete Arbeitsvertäge zu der Einführung des Teilzeit- und
Befristungsgesetzes?

Berlin, den 25. Januar 2005
Dr. Volker Wissing
Dirk Niebel
Otto Fricke
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Hellmut Königshaus
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.