BT-Drucksache 15/4762

Pfanderhebungspflicht für Einwegetränkeverpackungen ausländischer Getränkeanbieter

Vom 26. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4762
15. Wahlperiode 26. 01. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch,
Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Ulrike Flach,Otto Fricke, Rainer Funke,Hans-MichaelGoldmann, JoachimGünther
(Plauen), Dr. KarlheinzGuttmacher, KlausHaupt, UlrichHeinrich, Dr.WernerHoyer,
Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Pfanderhebungspflicht für Einweggetränkeverpackungen ausländischer
Getränkeanbieter

Über eineinhalb Jahre haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat über
die verschiedenen Entwürfe der dritten Verordnung zur Änderung der Ver-
packungsverordnung (VerpackV-Novelle) beraten. Dabei wird nicht über eine
umfassende Novellierung der Verpackungsverordnung („große Novelle“) debat-
tiert, sondern lediglich über den Teilbereich der Getränkeverpackungen.
Mit dem Antrag „Ökologisch sinnvolle und effiziente Alternativen zum
Zwangspfand auf Getränkeverpackungen“ (Bundestagsdrucksache 15/315) hat-
te die Fraktion der FDP auch in dieser Legislaturperiode frühzeitig auf die Pro-
bleme infolge des Vollzugs der geltenden Verpackungsverordnung hingewiesen
und als Alternative zum Zwangspfand ein Abfülllizenzmodell für ökologisch
nicht vorteilhafte Getränkeverpackungen vorgeschlagen.
Am 14. Dezember 2004 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden,
dass die geltende Verpackungsverordnung gegen europäisches Recht verstößt.
Drei Tage später hat der Bundesrat auf Antrag Bayerns dem Verordnungsent-
wurf der Bundesregierung vom 3. November 2004 mit der Maßgabe eines teil-
weise späteren Inkrafttretens der dritten Novelle der Verpackungsverordnung
zugestimmt.
Wenige Tage nach den EuGH-Urteilen und dem Beschluss des Bundesrates be-
richtete u. a. die Nachrichtenagentur dpa (dpa vom 20. und 22. Dezember 2004)
über von verschiedenen Handelsunternehmen geplante Importe von unbepfan-
deten Einweggetränkeverpackungen mit dem Ziel, diese in Deutschland bis zum
Inkrafttreten der VerpackV-Novelle zu verkaufen, ohne darauf Pfand zu erhe-
ben.
Es ist strittig, welche Folgen die EuGH-Urteile haben. Es wird argumentiert,
dass die Verpackungsverordnung europarechtswidrig sei und deutsche Behör-
den und Gerichte sie daher auf entsprechende Importeinweggetränke nicht mehr
anwenden dürfen. Infolge des Anwendungsvorrangs von Europarecht müssten

Drucksache 15/4762 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

deutsche Behörden den pfandfreien Vertrieb von Importeinweggetränken (bei-
spielsweise von Mineralwässern aus anderen EU-Mitgliedstaaten) bis zum
Ablauf der Übergangsfrist dulden, auch wenn darauf nach dem Wortlaut der
Verpackungsverordnung Pfand zu erheben wäre.
Die Bundesregierung hat die Maßgabe des Bundesrates übernommen und der
Deutsche Bundestag hat dem entsprechenden Verordnungsentwurf mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP bei Enthaltung der Fraktion der CDU/CSU zu-
gestimmt. Danach wird die VerpackV-Novelle für die neu unter die Pfandpflicht
fallenden Getränkearten und die nunmehr vollständig abgeschafften so genann-
ten Insellösungen nach einer Übergangsfrist von 12 Monaten nach der Verkün-
dung der Verordnung in Kraft treten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sind der Bundesregierung Planungen von Einzelhandelsunternehmen be-

kannt, unbepfandete Getränke in Einweggetränkeverpackungen aus dem
EU-Ausland zu importieren und diese in Deutschland bis zum Ablauf der
Übergangsfrist in Deutschland pfandfrei zu verkaufen?

2. Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung dies?
3. Wie bewertet die Bundesregierung die Rechtmäßigkeit eines solchen Han-

delns, insbesondere wie bewertet die Bundesregierung die Aussage ver-
schiedener Anwaltskanzleien, aus den EuGH-Urteilen könne man schlie-
ßen, dass der Vertrieb von Importgetränken bis zur Erfüllung der durch den
EuGH vorgegebenen Anforderungen an ein Pfandsystem, das nicht zuWett-
bewerbsverzerrungen führe, pfandfrei zulässig sei?

4. An welchem Termin wird nach Einschätzung der Bundesregierung die
Übergangsfrist absehbar tatsächlich ablaufen?

5. Welchen Anteil haben die verschiedenen Handelsbereiche (klassischer Le-
bensmitteleinzelhandel/Discounter/Getränkefachhandel/Tankstellen/Kioske
etc.) am deutschen Einweggetränkemarkt?

6. Welche Auswirkungen hätte der pfandfreie Verkauf der importierten Ein-
weggetränkeverpackungen auf die Marktanteile im deutschen Getränke-
markts insgesamt (klassischer Lebensmitteleinzelhandel/Discounter/Ge-
tränkefachhandel/Tankstellen/Kioske etc.)?

7. Mit welchen Auswirkungen auf in Deutschland hergestellte Getränke rech-
net die Bundesregierung während der Übergangsfrist?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit, dass deutsche Geträn-
keabfüller während der Übergangsfrist in benachbarten EU-Mitgliedstaaten
abfüllen lassen könnten, um ggf. die Pfandpflicht umgehen zu können?

9. Plant die Bundesregierung gegebenenfalls gegen den pfandfreien Verkauf
der importierten Einweggetränkeverpackungen Maßnahmen zu ergreifen,
und wenn ja, welche werden dies sein?

10. Wenn die Bundesregierung den entsprechenden pfandfreien Verkauf der im-
portierten Einweggetränkeverpackungen für rechtswidrig hält, wie sollten
die zuständigen Vollzugsbehörden nach Vorstellung der Bundesregierung
gegebenenfalls dagegen vorgehen?

11. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Händler bereits ausländi-
sche Einweggetränke in Deutschland pfandfrei verkauft haben, und wenn ja,
welche Fälle sind dies (klassischer Lebensmitteleinzelhandel/Discounter/
Getränkefachhandel/Tankstellen/Kioske etc.)?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4762

12. Wenn ja, wie haben nach Kenntnis der Bundesregierung die zuständigen
Vollzugsbehörden hierauf reagiert?

13. Welche Maßnahmen sollten nach Auffassung der Bundesregierung dagegen
unternommen werden, insbesondere wird die Bundesregierung selbst tätig
werden, und wenn ja, welche Maßnahmen wird sie ergreifen?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, ob, und wenn ja, in welchem Ausmaß
Privatpersonen unbepfandetes Einweg nach Deutschland importieren, ins-
besondere in grenznahen Gebieten?

15. Wie bewertet die Bundesregierung das Risiko, dass versucht werden kann,
diese Getränkeverpackungen in Deutschland gegen „Pfanderstattung“ zu-
rückzugeben, und wie können sich betroffene Betriebe dagegen nach Vor-
stellung der Bundesregierung wirksam wehren?

Berlin, den 26. Januar 2005
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Michael Kauch
Dr. Karl Addicks
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Hellmut Königshaus
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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