BT-Drucksache 15/4455

Freifahrten für Menschen mit Behinderung

Vom 1. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4455
15. Wahlperiode 01. 12. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Dr. Karl Addicks, Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Michael Kauch,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Freifahrten für Menschen mit Behinderung

Der Plan der Bundesregierung, die Freifahrtmöglichkeiten für Menschen mit
Behinderung erheblich einzuschränken, sorgte im Frühsommer 2004 für er-
hebliches Aufsehen und verständlichen Unmut seitens der Betroffenen. Die
anschließende Diskussion zeigte nochmals deutlich, welchen Schwierigkeiten
Menschen mit Behinderung allein beim Erwerb eines Fahrausweises ausgesetzt
sein können. Häufig ist es Menschen mit Behinderung schlicht unmöglich, die
immer größere Zahl der Fahrkartenautomaten selbständig zu bedienen. Ein
Erwerb an herkömmlichen Verkaufstellen ist meist nicht durchführbar, da diese
in nur noch geringer Zahl vorhanden sind.
Ende Juli 2004 verkündete die Bundesministerin für Gesundheit und Soziale
Sicherung, Ulla Schmidt, dass die bisherige Regelung der Freifahrten unein-
geschränkt bestehen blieben und die Bundesregierung ihre Pläne nicht weiter
verfolge, Freifahrten auf den Bereich des Wohnortes einzuschränken (Presse-
mitteilung vom 26. Juni 2004).
Gleichzeitig gab die Bundesministerin Ulla Schmidt allerdings bekannt, dass
„die anderen Änderungsvorschläge, die die Abrechnungsmodalitäten mit den
Verkehrsbetrieben betreffen, bestehen bleiben“ (Pressemitteilung vom 26. Juni
2004). Dies bedeutet, dass die Verkehrsbetriebe bei gleicher Leistungserbrin-
gung mit spürbaren finanziellen Einbußen zu rechnen haben.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Initiativen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um der schwin-

denden Zahl der Verkaufsstellen für Bahnfahrkarten zu begegnen, die vor
allem für Menschen mit Behinderung ein Problem darstellen können?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung, Lösungsansätze, die bestehende Regelung
für Blinde, die zuschlagsfrei im Zug nachlösen können, auf alle Menschen
mit Behinderung auszudehnen, die z. B. im Besitz einer gültigen Wertmarke
sind?

Drucksache 15/4455 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
3. Hat die Bundesregierung derartige Lösungsansätze mit der Deutschen
Bahn AG (DB AG) diskutiert, und falls ja, zu welchem Ergebnis führte
dies?

4. Wie hat sich der finanzielle Ausgleich an die Verkehrsbetriebe nach § 148
Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in den letzten 10 Jahren jährlich
entwickelt?

5. Wie wird sich diese Zahlung in 2005 und 2006 entwickeln, sollten die
neuen Regelungen, die das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vorsieht,
umgesetzt werden?

6. Warum hält die Bundesregierung eine weitere Senkung der Ausgleichszah-
lung für angemessen, obwohl bereits die bisherige Formel für den Aus-
gleichsbetrag nicht zur Deckung der tatsächlichen Beförderungskosten
ausreicht?

7. Bleibt der angekündigte 3-Stufenplan (Subventionsabbau gemäß Koch-
Steinbrück), nach dem 4 Prozent dieser Zahlung im Jahre 2004, 8 Prozent
im Jahre 2005 und 12 Prozent im Jahre 2006 eingespart werden sollen,
bestehen?

8. Stuft die Bundesregierung den Nachteilsausgleich für Menschen mit Be-
hinderung als Subvention ein, obwohl die Ausgleichszahlung steuerlich bei
den Verkehrsunternehmen als „Entgelt von dritter Seite“ behandelt wird?

9. Aus welchem Grund sollen auch bei Verkehrsunternehmen, die einen
betriebsindividuellen Nachweis über die Beförderung von Menschen mit
Behinderung führen, Kürzungen der Ausgleichszahlung vorgenommen
werden?

10. Welche Maßnahmen der Verkehrsbetriebe erwartet die Bundesregierung,
um einen Einnahmeverlust auszugleichen, vor dem Hintergrund, dass
zusätzlich bereits Kürzungen des Ausgleichs nach § 45a Personenbeförde-
rungsgesetz zu Lasten der Verkehrsbetriebe in Kraft getreten sind?

11. Welche Auswirkungen hat die Regelung auf die Kommunen?
12. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der notwendige Nachteils-

ausgleich für Menschen mit Behinderung, die gemäß § 145 SGB IX
Anspruch auf unentgeltliche Beförderung haben, zu Lasten der Verkehrs-
betriebe geht, und wie begründet sie dies?

13. Welche Auswirkungen wird diese Maßnahme nach Ansicht der Bundes-
regierung auf die Motivation der Verkehrsbetriebe haben, den dringend
notwendigen barrierefreien Ausbau von Bahnhöfen und Haltestellen zu
forcieren?

Berlin, den 1. Dezember 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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