BT-Drucksache 15/4341

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -15/4020, 15/4137, 15/4138, 15/4139- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2004 (Nachtragshaushaltsgesetz 2004)

Vom 23. November 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4341
15. Wahlperiode 23. 11. 2004

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Andreas Pinkwart, Jürgen Koppelin, Otto Fricke, Dr. Karl
Addicks, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke,
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Hellmut
Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Harald Leibrecht,
Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 15/4020, 15/4137, 15/4138, 15/4139 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan
für das Haushaltsjahr 2004
(Nachtragshaushaltsgesetz 2004)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundes-
haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2004 ist nicht geeignet, die Störung des ge-
samtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren. Der Haushalt 2004 bleibt
damit verfassungswidrig.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
bei erkennbarer Negativentwicklung in einem frühen Stadium des Haushalts-
vollzugs Maßnahmen zu ergreifen, die bestimmt und geeignet sind, eine Stö-
rung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren und eine Anpas-
sung der Wirtschaftsstruktur zur Folge haben.

Berlin, den 23. November 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Drucksache 15/4341 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Begründung
Die Bundesregierung legt in ihrer Begründung nicht dar, inwiefern die erhöhte
Kreditaufnahme mit einer Rekordverschuldung von 43,7 Mrd. Euro nach Um-
fang und Verwendung geeignet ist, die Störung des gesamtwirtschaftlichen
Gleichgewichts abzuwehren. Es reicht nicht aus, dass eine erhöhte Kreditauf-
nahme durch eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts veran-
lasst ist, sie muss darüber hinaus auch final auf die Abwehr dieser Störung be-
zogen sein.
Zudem ist die Begründung unter Bezugnahme auf eine Störung des gesamtwirt-
schaftlichen Gleichgewichts gemäß Artikel 115 Abs. 1 GG widersprüchlich
und nicht stichhaltig. Weder die intensiven außenwirtschaftlichen Verflechtun-
gen der deutschen Wirtschaft noch die Terroranschläge sowie die Spannungen
und Kriegsereignisse im mittleren Osten vermögen als Begründung für eine
wirtschaftliche Abschwächung in Deutschland – auch im Kontext zur wirt-
schaftlichen Entwicklung z. B. in den USA oder Großbritannien – zu überzeu-
gen. Da die Bundesregierung in ihrer Begründung selbst von einer wirtschaft-
lichen Erholung spricht und für das Jahr 2004 von einem Wirtschaftswachstum
in Höhe von 1,8 Prozent ausgeht, ist der Widerspruch evident.
Mit dem vorgelegten Nachtragshaushaltsgesetz 2004 räumt die Bundesregie-
rung für den Haushalt 2004 zum zweiten Mal die Verfassungswidrigkeit ein
und erklärt mit Verweis auf Artikel 115 Abs. 1 GG die Störung des gesamtwirt-
schaftlichen Gleichgewichts.
– Der Haushalt 2004 war bereits im Entwurf verfassungswidrig und verstieß

gegen Artikel 115 GG. Die Einnahmen aus Krediten betrugen im Entwurf
30,8 Mrd. Euro, die Summe der Investitionen lag bei 24,6 Mrd. Euro.

– Im Verlauf der weiteren Beratungen wurde der Haushalt 2004 mit der
3. Lesung im Deutschen Bundestag am 28. November 2003 verfassungswid-
rig verabschiedet. Die Nettokreditaufnahme betrug 29,3 Mrd. Euro und die
Summe der Investitionen 24,639 Mrd. Euro. Die FDP-Bundestagsfraktion
hat in einem Entschließungsantrag (Bundestagsdrucksache 15/2089) auf die
Verfassungswidrigkeit hingewiesen und den Haushalt 2004 für nicht be-
schlussfähig erklärt.

– Der sich aus dem Vermittlungsverfahren zum Haushaltsbegleitgesetz 2004
ergebende Veränderungsbedarf in Milliardenhöhe im Vermittlungsverfahren
zum Haushalt 2004 hat keinen Eingang in das Rechenwerk gefunden hat.
Die Bundesregierung hat also bewusst die Gelegenheit ausgelassen, die ver-
änderten haushaltsrelevanten – rechtlichen und wirtschaftlichen Eckdaten –
in den Haushalt 2004 „einzuarbeiten“.

Es lag somit nicht nur ein Verstoß gegen Artikel 115 GG, sondern ebenso gegen
Artikel 110 GG vor. So wurden weder die Haushaltsgrundsätze der Vorherig-
keit und Vollständigkeit noch der Wahrheit und Klarheit (Artikel 110, Abs. 1
und 2 GG) eingehalten. Vor allem der Grundsatz der Vorherigkeit ist im Hin-
blick auf die Funktion des Haushalts als Planungsinstrument von herausragen-
der Bedeutung.
Folgende Beispiele sollen den Verstoß gegen den Grundsatz der Vorherigkeit
aufzeigen:
– Der Bundesbankgewinn ist mit 3,5 Mrd. Euro etatisiert. Im Januar d. J. gab

die Bundesbank bekannt, dass der Bund wegen der Abwertung des US-Dol-
lars und niedriger Zinsen nur mit 248 Mio. Euro für den Haushalt 2004 rech-
nen könne.

– Arbeitsmarkt: Im Vermittlungsausschuss konnte kein endgültiges Ergebnis
über die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (HARTZ IV)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4341

erzielt werden. Daher bleibt es 2004 bei der bisherigen Praxis. Eine titel-
scharfe Anpassung ist unterblieben. Damit wurde dem Grundsatz der Brutto-
veranschlagung (§ 12 HGrG) nicht Rechnung getragen. Das Bruttoprinzip
dient der Klarheit und Nachvollziehbarkeit des Haushaltsplans. Zudem dif-
ferieren die Mehrausgaben/Mindereinnahmen im Saldo ausweislich des
Nachtrags um über 1 Mrd. Euro gegenüber dem Soll.

Sowohl der Haushalt 2002 als auch der Haushalt 2003 haben gezeigt, dass mit
einer Erhöhung der Nettokreditaufnahme nicht die Probleme beim Wachstum
und der Beschäftigung gelöst werden konnten. Dies wird auch für den Nach-
tragshaushalt 2004 mit der Rekordverschuldung in Höhe von 43,7 Mrd. Euro
zutreffen.

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