BT-Drucksache 15/4203

Entwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung

Vom 10. November 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4203
15. Wahlperiode 10. 11. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniel Bahr (Münster), Gisela Piltz, Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst
Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Christel Happach-Kasan, Ulrich Heinrich,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto
(Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer
Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker
Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Entwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2003 brutto ins-
gesamt 10,9 Mrd. Euro für Leistungen zur Eingliederung behinderter Menschen
nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) aufgewendet. Damit ist die Einglie-
derungshilfe für Menschen mit Behinderung die umfangreichste Position unter
den Hilfearten der Sozialhilfe. Das Statistische Bundesamt hat berechnet, dass
nach Abzug der Einnahmen der Sozialhilfeträger – vornehmlich Rückflüsse von
anderen Sozialleistungsträgern – die Nettoausgaben im Jahr 2003 für diese
Hilfeart 9,6 Mrd. Euro betrugen. Dies sind 43 % der Sozialhilfeausgaben ins-
gesamt. Im Vergleich dazu machten die Ausgaben (netto) für die Hilfe zum Le-
bensunterhalt (sog. Sozialhilfe im engeren Sinne) mit insgesamt 8,7 Mrd. Euro
39 % der Sozialhilfeausgaben aus.
Leistungen der Eingliederungshilfe werden von der Sozialhilfe erbracht, wenn
kein anderer Rehabilitationsträger zur Leistung verpflichtet ist. Die Leistungen
können medizinische, pädagogisch-schulische, berufliche und soziale Rehabili-
tationsmaßnahmen für Behinderte und von Behinderung bedrohter Menschen
umfassen.
Die Ausgaben der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung stiegen
seit Einführung des BSHG im Jahre 1962 stetig. Betrugen im Jahr 1993 die Brut-
toausgaben im Rahmen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung
noch 5,7 Mrd. Euro, so haben sich diese Ausgaben in den vergangenen 10 Jahren
für diese Hilfeart nahezu verdoppelt.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung der Fallzahlen und der

Ausgaben der Eingliederungshilfe?
2. Worauf ist aus Sicht der Bundesregierung diese Entwicklung zurückzuführen?
3. Welche monetäre Entwicklung der Eingliederungshilfe prognostiziert die

Bundesregierung für die nächsten Jahre?

Drucksache 15/4203 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
4. Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die kommunalen Haus-
halte?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Präsidialmitgliedes des
Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg, dass die
Kommunen die Last der Eingliederungshilfe in den nächsten Jahren nicht
mehr schultern können (Deutscher Städte- und Gemeindebund, Pressemit-
teilung Nr. 1 vom 5. Januar 2004)?

6. Sind Länder, Kommunen, Landschaftsverbände etc. an die Bundesregie-
rung mit demWunsch nach Änderungen im Bereich der Eingliederungshilfe
herangetreten und welche Forderungen wurden gestellt?

7. Wie bewertet die Bundesregierung diese Forderungen?
8. Sieht die Bundesregierung angesichts der Entwicklung Handlungsbedarf,

die Kommunen finanziell bei der Eingliederungshilfe zu unterstützen?
9. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung andere Möglichkeiten der Entlastung

der Kommunen bei der Eingliederungshilfe?
10. Wie bewertet die Bundesregierung den vom Freistaat Bayern in den Bun-

desrat eingebrachten Gesetzentwurf „Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung
der Kommunen im sozialen Bereich (KEG)“?

11. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Eingliederungshilfe im
Sozialrecht mit seinem Nachrang- und Bedürftigkeitsgrundsatz richtig ver-
ankert ist?

12. Ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass es eine große und wach-
sende Zahl von behinderten Menschen gibt, die aufgrund der Art und
Schwere der Behinderung lebenslang auf kostenintensive Eingliederungs-
leistungen (überwiegend in Werkstätten für behinderte Menschen und
Wohnstätten) angewiesen sein werden, der Auffassung, dass es weiterhin
richtig ist, diese Leistungen der örtlichen Daseinsfürsorge zuzuordnen und
damit von den Kommunen finanzieren zu lassen?

13. Plant die Bundesregierung die Schaffung eines eigenen Leistungsgesetzes
für Menschen mit Behinderung?

Berlin, den 9. November 2004
Daniel Bahr (Münster)
Gisela Piltz
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin

Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr.Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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