BT-Drucksache 15/4150

Sicherheit an unbeschrankten Bahnübergängen sofort verbessern

Vom 10. November 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4150
15. Wahlperiode 10. 11. 2004

Antrag
der Abgeordneten Heidi Wright, Ludwig Stiegler, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer,
Klaus Brandner, Hans-Günter Bruckmann, Dr. Peter Danckert, Annette Faße,
Rainer Fornahl, Gabriele Groneberg, Lothar Ibrügger, Ernst Kranz, Ute Kumpf,
Dr. Christine Lucyga, Heinz Paula, Karin Rehbock-Zureich, Siegfried Scheffler,
Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Wolfgang Spanier, Petra Weis, Reinhard Weis
(Stendal), Dr. Margrit Wetzel, Franz Müntefering und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Albert Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln),
Franziska Eichstädt-Bohlig, Peter Hettlich, Rainder Steenblock, Katrin
Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sicherheit an unbeschrankten Bahnübergängen sofort verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Verbesserung der Sicherheit an Bahnübergängen ist vorrangige verkehrs-
politische Aufgabe. Kontinuierliche Anstrengungen haben erkennbar Wirkung
gezeigt: Trotz Zunahme des Kraftfahrzeugverkehrs ist die Entwicklung von
Unfällen an Bahnübergängen rückläufig. Die Unfalldatenbank des Eisenbahn-
Bundesamts (EBA) verzeichnete 2001 noch insgesamt 317 Unfälle mit 80 To-
ten, 2002 280 Unfälle mit 70 Toten und 2003 263 Unfälle mit 46 Toten sowie
56 Schwer- und 129 Leichtverletzten.
Trotz dieser Rückläufigkeit ist der Handlungsbedarf insbesondere an unbe-
schrankten Bahnübergängen groß. Diese sind entweder mit Lichtzeichen, Blink-
licht oder Andreaskreuz gesichert. Gemessen an der Unfallhäufigkeit stellen sie
einen Hauptgefahrenpunkt dar: Allein 23 der insgesamt 46 Toten in 2003 gab es
bei Unfällen an unbeschrankten Bahnübergängen zu beklagen; allein 38 der ins-
gesamt 56 Schwerverletzten und allein 88 der insgesamt 129 Leichtverletzten
erlitten ihre Verletzungen bei Unfällen an unbeschrankten Bahnübergängen.
Nach einer 2001 im Auftrag der DB AG (Deutsche Bahn AG) durchgeführten
Umfrage „sicher drüber“ – eine Gemeinschaftsaktion von DB AG, ADAC (All-
gemeiner Deutscher Automobil-Club) und Deutschem Verkehrssicherheitsrat
(DVR) ist zu vermuten, dass vielen Verkehrsteilnehmern die Bedeutung des
Andreaskreuzes als Wartepflichtgebot nicht mehr bekannt ist. Laut ADAC liegt
bei fast allen Unfällen an unbeschrankten Bahnübergängen mit Pkw-Beteiligung
die Schuld bei den Autofahrern, da sie häufig unaufmerksam seien und den
gefährlichen Bahnübergang viel zu schnell passierten. Der Vorrang der Bahn sei
bei vielen völlig in Vergessenheit geraten. Weitere Untersuchungen zeigten auf,
dass unbeschrankte Bahnübergänge oftmals nicht ernst genug genommen wer-
den und die Mehrzahl der Fahrer mit unvermindert hohem Tempo die Gleise
überquerten. Besonders gefährlich sind Bahnübergänge auf Nebenstraßen und in
ländlichen Gebieten.

Drucksache 15/4150 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Trotz kontinuierlicher Nachbesserungen sind noch immer rund 12 000 Bahn-
übergänge im Netz der DB AG technisch nicht gesichert; nur ca. 17 Prozent der
Bahnübergänge sind mit Vollschranken ausgerüstet (DB AG, 2001).
An oberster Stelle des Maßnahmenkataloges müssten technische Verbesserun-
gen wie die Nachrüstung mit (Voll-)Schranken stehen. Sie bieten nachweislich
den besten Schutz. Sie sind zugleich aber auch die teuersten Nachrüstungen. Vor
dem Hintergrund der prekären Haushaltslage sollte deshalb bei allen Verant-
wortlichen auf der Agenda die Frage nach kostengünstigen Alternativen stehen.
Eine davon ist die Kombination von Andreaskreuz und Stopp-Schild an dafür
geeigneten unbeschrankten Bahnübergängen. Sie ist technisch einfach zu ver-
wirklichen, schnell umsetzbar und gezielt angeordnet eine deutliche Verbesse-
rung der Wahrnehmung von Bahnübergängen.
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) lässt die Kombination der Zeichen 201
(Andreaskreuz) und 206 (Stopp-Schild) noch nicht zu. In anderen Ländern gibt
es diese Schilderkombination jedoch bereits – wie zum Beispiel in Österreich,
Spanien, Kroatien, Tschechien, Polen, Namibia. Berichte über die dortige
Unfallentwicklung geben Anlass zur Vermutung, dass die Kombination auch
hierzulande an dafür geeigneten unbeschrankten Bahnübergängen Menschen-
leben retten könnte.
Nach Meinung des ADAC wird durch die Kombination Andreaskreuz und
Stopp-Schild die Sicherheit an solchen Bahnübergängen erhöht, für die auf-
grund des Verkehrsaufkommens wie auch der finanziellen Belastung eine
weitergehende Signalisierung oder gar Installierung von Schrankenanlagen
nicht in Betracht kommen. Daher muss zur Verdeutlichung der Wartepflicht das
Stopp-Zeichen in die Sicherheitsmaßnahmen einbezogen werden. Dessen Wir-
kung ist bekannt.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,
l dass unabhängig von der rückläufigen Entwicklung der Unfallzahlen die An-

strengungen der Bundesregierung zur Verbesserung der Sicherheit an Bahn-
übergängen fortgesetzt werden;

l dass der im Unterausschuss „Verkehrssicherheit an Bahnübergängen“ des
Bund-Länder-Fachausschusses Straßenverkehrsordnung erarbeitete „Leitfa-
den zur Durchführung von Bahnübergangsschauen“ vorgelegt wurde;

l dass der Leitfaden die Realisierung notwendiger Verbesserungen im jeweili-
gen Einzelfall gewährleisten will;

l dass der Leitfaden als eines der Ziele der Bahnübergangsschauen definiert,
Bahnübergänge so zu gestalten, dass sie „(…) rechtzeitig und eindeutig er-
kennbar, übersichtlich, begreifbar sowie sicher befahrbar und begehbar sind“
(Leitfaden, S. 5) und „der Vorrang des Schienenverkehrs vor dem Straßen-
verkehr jederzeit deutlich zu erkennen ist“;

l dass der Leitfaden einräumt, dass Bahnübergänge „nach Maßgabe der Ver-
einbarung der Beteiligten“ zu ändern seien, „(…) wenn und soweit es die
Sicherheit oder die Abwicklung des Verkehrs unter Berücksichtigung der
übersehbaren Verkehrsentwicklung erfordert“;

l dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen den Er-
lass einer befristeten Ausnahmeverordnung in Aussicht gestellt hat, durch die
bestimmte unbeschrankte Bahnübergänge in Nordrhein-Westfalen versuchs-
weise zusätzlich mit Stopp-Schildern gesichert werden können.

All das reicht aber noch nicht aus.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4150

III. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,
im Zusammenwirken mit den Bundesländern die Möglichkeit der Doppel-
beschilderung von Andreaskreuz und Stopp-Schild an dafür geeigneten unbe-
schrankten Bahnübergängen in der Straßenverkehrsordnung zu verankern.

Berlin, den 10. November 2004
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

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