BT-Drucksache 15/4064

Zu der Empfehlung der EU-Kommission über Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei

Vom 27. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4064
15. Wahlperiode 27. 10. 2004

Antrag
der Abgeordneten Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. GuidoWesterwelle, Dr. Werner
Hoyer, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Christoph Hartmann (Homburg), Birgit
Homburger, Michael Kauch, GudrunKopp, JürgenKoppelin, Harald Leibrecht, Dirk
Niebel, Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Dieter
Thomae, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing und der Fraktion der FDP

Zu der Empfehlung der EU-Kommission über Beitrittsverhandlungen
der Europäischen Union mit der Türkei

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die EU-Kommission hat für Beitrittsverhandlungen mit der Türkei plädiert und
sie im Charakter als ergebnisoffen beschrieben. Diesem Vorschlag schließt sich
der Deutsche Bundestag an. Er nimmt die Kommission beim Wort.
Es geht gegenwärtig um eine Entscheidung über Beitrittsverhandlungen, nicht
um einen Beitritt selbst. Erst am Schluss von Verhandlungen kann die Entschei-
dung über die Aufnahme, die Ablehnung oder auch eine differenzierte Position
stehen.
Die Europäische Union wäre in ihrer gegenwärtigen Verfassung nicht in der
Lage, die Türkei aufzunehmen, und umgekehrt wäre die Türkei in ihrer gegen-
wärtigen Verfassung nicht beitrittsfähig. Die Europäische Union würde sich
nach den Beitritten der mittel- und osteuropäischen Staaten jetzt mit einem Bei-
tritt der Türkei überfordern. Obwohl in der letzten Zeit deutliche Fortschritte in
der Gesetzgebung gemacht wurden, hat die Türkei ausweislich des Kommis-
sionsberichts noch genügend in der gesellschaftlichen Durchsetzung und wirk-
lichen Realisierung der bisher eingeleiteten Reformen zu tun. Das betrifft vor
allem den Schutz von Minderheiten, die Religionsfreiheit, den Vorrang des
Zivilen vor dem Militärischen, die endgültige Einstellung jeglicher Form von
Folter.
Wenn der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei beschließt, wird ein langjähriger Verhandlungsprozess beginnen. In die-
sem Prozess muss sich auch die Europäische Union reformieren, um ihre Inte-
grationsdynamik beizubehalten, ohne selbst zu einer „Freihandelszone de luxe“
zu werden.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. die Kommission beim Wort zu nehmen und dafür zu sorgen, dass die Bei-

trittsverhandlungen mit der Türkei ergebnisoffen geführt werden;

Drucksache 15/4064 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
2. dafür zu sorgen, dass der auch im Kommissionsbericht geforderte Monito-
ring-Prozess über die Umsetzung und nachhaltige Erfüllung der politischen
Beitrittskriterien mit der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen wirklich ein-
geleitet wird;

3. in diesenMonitoring-Prozess neben Kommission und Rat unbedingt auch die
nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsländer und das Europäische Parla-
ment einzubeziehen und damit zu gewährleisten, dass auch die europäischen
Gesellschaften aktiv in den Verhandlungsprozess über einen Beitritt der Tür-
kei eingebunden werden.

Berlin, den 27. Oktober 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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