BT-Drucksache 15/3978

Schutz der privaten Altervorsorge Selbständiger in der Insolvenz verbessern

Vom 20. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3978
15. Wahlperiode 20. 10. 2004

Antrag
der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer
Funke, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt,
Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-
Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Schutz der privaten Altersvorsorge Selbständiger in der Insolvenz verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Selbständige tragen ein erhebliches Risiko bei ihrer privaten Altersvorsorge,
weil Kapital, das aufgrund privatrechtlicher Versicherungsverträge für die
Alterssicherung angesammelt wurde, und die daraus resultierenden Forderun-
gen im Fall der Insolvenz keinen besonderen Schutz genießen, sondern der
Zwangsvollstreckung unterliegen. Bei Selbständigen besitzen auch Rentenzah-
lungen aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen keinen Schutz in der
Zwangsvollstreckung. Damit wird die private Altersvorsorge Selbständiger ge-
genüber Arbeitnehmern dadurch benachteiligt, dass Arbeitnehmer beim Aufbau
privater Altersrücklagen zumindest teilweise einen Pfändungsschutz des Kapi-
talstocks – etwa bei der zusätzlichen und geförderten Altersvorsorge („Riester-
Rente“) – genießen, Selbständige aber nicht, da sie keine solche staatlich geför-
derte und gesicherten Versicherungsverträge abschließen können. Zudem wer-
den Selbständige gegenüber der gesetzlichen Rente dadurch benachteiligt, dass
Rentenzahlungen aus privatrechtlichen Verträgen bei Selbständigen keinen
Pfändungsschutz nach § 850c ZPO genießen, Rentenzahlungen aus der gesetz-
lichen Rentenversicherung aber nur wie Arbeitseinkommen, das heißt bis zur
Pfändungsfreigrenze nach § 850c Abs. 1 ZPO, gepfändet werden können.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
einen Gesetzentwurf vorzulegen, der bei Selbständigen,
1. das aufgrund privatrechtlichen Vertrags zur Alterssicherung eingezahlte

Kapital und die daraus resultierenden Forderungen von der Zwangsvollstre-
ckung ausnimmt, soweit die aus dem eingezahlten Kapital resultierende
Rente erst ab dem 65. Lebensjahr ausgezahlt werden soll und die gesetzliche
Pfändungsfreigrenze aus § 850c Abs. 1 ZPO nicht überschreitet,

2. laufende Rentenzahlungen aus privaten Versicherungsverträgen ab dem
65. Lebensjahr vor der Zwangsvollstreckung schützt, indem Rentenzahlun-

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gen aus privaten Versicherungsverträgen bis zur Höhe der gesetzlichen Pfän-
dungsfreigrenze aus § 850c Abs. 1 ZPO der Zwangsvollstreckung nicht un-
terworfen werden,

3. eine ausreichende Hinterbliebenenabsicherung dadurch gewährleistet, dass
unterhaltsberechtigten Angehörigen im Todesfall des Versicherten dessen zur
Alterssicherung erworbene Forderungen übertragen werden und in Form
einer Rente ab dem ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt bis zur gesetzlichen
Pfändungsfreigrenze aus § 850c Abs. 1 ZPO ausbezahlt und nicht der
Zwangsvollstreckung unterworfen werden.

Berlin, den 20. Oktober 2004
Dr. Heinrich L. Kolb
Daniel Bahr (Münster)
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Jochachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion

Begründung
Gegenwärtig wird die private, kapitalgedeckte Altersvorsorge von Selbständi-
gen in der Insolvenz nicht geschützt. Dies gilt sowohl für den aufgebauten
Kapitalstock zur Alterssicherung als auch für den Schutz von Rentenzahlungen
aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen.
In der Insolvenz unterliegen Rentenzahlungen aus privatrechtlichen Versiche-
rungsverträgen nur bei Arbeitnehmern dem allgemeinen Pfändungsschutz
(Pfändungsgrenzen für Einkommen gemäß den §§ 35, 36 InsO, § 850 Abs. 3
Buchstabe b, § 850c ZPO). Die Renten Selbständiger dagegen fallen nicht unter

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das Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 3 Buchstabe b ZPO, das bis zur Pfän-
dungsfreigrenze nach § 850c ZPO vor der Zwangsvollstreckung gesichert ist.
Insofern müssen die Vorschriften der ZPO dahin gehend geändert werden, dass
auch die Renten Selbständiger aus privatrechtlichen Versicherungsverträgen bis
zur Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO der Zwangsvollstreckung entzogen
werden.
Der Kapitalstock zum Aufbau einer privaten Alterssicherung wird bei Selbstän-
digen nicht geschützt, sondern unterliegt in vollem Maße der Zwangsvollstre-
ckung. Dagegen wird der Kapitalaufbau zur Altersvorsorge bei Arbeitnehmern
bei der zusätzlichen Altersvorsorge („Riester-Rente“) über § 97 EStG, § 851
Abs. 1 ZPO vor der Zwangsvollstreckung gesichert. Diesen Pfändungsschutz
können Selbständige nicht in Anspruch nehmen, weil sie nicht unter die Berech-
tigten der zusätzlichen Altersvorsorge fallen. Grundsätzlich sind Angestellte,
die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, vor einer Zwangsvollstre-
ckung in ihre Altervorsorge geschützt, da ihre Ansprüche gegen die gesetzliche
Rentenkasse nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Selbständige, die nicht
in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, genießen diesen Schutz
nicht.
Wenn der Aufbau privater Altersvorsorge in Zukunft breiter gefördert werden
soll, dann muss auch bei Selbständigen für den Fall der Insolvenz ein gewisser
Schutz des angesammelten Kapitals gewährleistet werden. Ansonsten ist der
Aufbau einer privaten Alterssicherung für Selbständige unattraktiv. Die Höhe
der Freigrenze für das angesammelte Kapital sollte so bemessen sein, dass da-
von ab dem 65. Lebensjahr Rentenzahlungen in Höhe der Pfändungsfreigrenze
des § 850c ZPO, also von derzeit bis zu 930 Euro monatlich möglich werden.
Damit entspräche der Schutz der privaten Altersvorsorge Selbständiger dem
Pfändungsschutz des Einkommens von Arbeitnehmern aus der gesetzlichen
Rente. Mit der Angleichung des Pfändungsschutzes der Alterssicherung Selb-
ständiger an denjenigen von Arbeitnehmern wird auch dem Gläubigerschutz an-
gemessen Rechnung getragen. Schließlich steht eine solche Pfändungsgrenze
im fiskalischen Interesse des Staates, da die betroffenen Selbständigen im Ren-
tenalter nicht der staatlichen Grundsicherung anheim fallen.

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