BT-Drucksache 15/3864

Brennstoffdifferenzierung bei der Nutzung von Biomasse im Rahmen der Förderung Erneuerbarer Energien

Vom 29. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3864
15. Wahlperiode 29. 09. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Angelika Brunkhorst, Birgit Homburger, Michael Kauch,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
JoachimGünther (Plauen), Dr. KarlheinzGuttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan,
Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Dr. Werner Hoyer, Hellmut
Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto
(Godern), Cornelia Pieper, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Brennstoffdifferenzierung bei der Nutzung von Biomasse im Rahmen
der Förderung Erneuerbarer Energien

Im Rahmen des Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien im Strom-
bereich (EEG) regelt § 8 die Vergütung für Strom aus Biomasse. Absatz 2 legt
dabei als Bonusregelung für bestimmte Biomasseanlagen eine Zusatzvergütung
für den Fall fest, dass ausschließlich bestimmte Biomassearten zum Einsatz
kommen. Voraussetzung für die Privilegierung ist, dass „diese Stoffe in land-
wirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieben oder im
Rahmen der Landschaftspflege anfallen und nur im Zuge der Ernte, im Rahmen
ihrer Konservierung oder zur Nutzung in der Biomasseanlage aufbereitet oder
verändert wurden. Jede sonstige Änderung oder Vermischung führt dazu, dass
eine Erhöhung ausgeschlossen ist. Deshalb fallen zumBeispiel Industrierestholz
oder Sägewerkholzabfälle auch dann nicht in den Anwendungsbereich des
Absatzes 2, wenn sie nicht mit anderen Stoffen vermischt oder verunreinigt
sind“ (Begründung zumGesetzentwurf gemäß Bericht des Ausschusses für Um-
welt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 1. April 2004, Bundestagsdruck-
sache 15/2864).
Zusätzlich zur allgemeinen EEG-Förderung von Biomasse werden also be-
stimmte „nachwachsende Rohstoffe“ ein zweites Mal allein deshalb selektiv
bevorzugt, weil sie einem bestimmten Produktions- bzw. Produktweg entstam-
men, ohne dass die energetische Verwertung unterschiedliche Umweltauswir-
kungen hätte. Zur Begründung der unterschiedlichen Behandlung wird seitens
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angeführt, dass die Kos-
ten für Rest- und Abfallprodukte deutlich geringer seien als für andere Stoffe,
die ausschließlich zur Energieumwandlung geerntet oder anderweitig beschafft
würden.
In der Konsequenz werden die Betreiber technisch gleichwertiger Anlagen
ungleich behandelt. Ökologisch ist eine solche Ungleichbehandlung nicht be-
gründet, da beispielsweise ein Holzkraftwerk nach dem derzeitigen Stand der

Drucksache 15/3864 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Technik unter Einsatz moderner Abgasreinigungsanlagen die Grenzwerte der
17. Bundesimmissionsschutzverordnung – die strengsten weltweit – unabhän-
gig vom verwendeten Brennmaterial erfüllt bzw. unterschreitet.
Die beschriebene Differenzierung bedingt zum einen zusätzliche ökologisch be-
lastende Materialtransporte. Zum anderen wird der Einsatz ausgerechnet jener
Materialien benachteiligt, die ohnehin verfügbar sind und für eine Stromgewin-
nung deshalb vergleichsweise kostengünstig zur Verfügung stehen. Eine kom-
plizierte, ökologisch unbegründete und widersprüchliche Sonderregelung reizt
insoweit die Produktion und den Einsatz insbesondere jener Materialien an,
deren Gewinnung und Verarbeitung vergleichsweise teuer ist.
Ressourcenverschwendung als Folge eines Gesetzes verleiht der Förderung
Erneuerbarer Energien eine überraschende Dimension, zumal wenn diese Ziel-
vorstellung potentiell mit ökologischen Nachteilen und mit der Ungleich-
behandlung betroffener Anlagenbetreiber verbunden ist und vor dem Hinter-
grund des Nachhaltigkeitspostulats bewertet werden soll.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Biomasseanlagen sind von den eingangs genannten Regelungen

betroffen und wie viele Beschäftigte sind diesen Anlagen mittelbar und un-
mittelbar zuzuordnen?

2. Welche ökologischen Auswirkungen haben die durch die eingangs genannten
Regelungen bewirkten zusätzlichen Transporte?

3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass in Deutschland für den
Betrieb beispielsweise von Holzkraftwerken besonders strenge technische
Vorgaben gelten und dass der dadurch bewirkte Standard sowohl in techni-
scher als auch in ökologischer Hinsicht als weltweit führend bezeichnet
werden kann?

4. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die eingangs genannten
Regelungen zumNachteil des Einsatzes bestimmter Brennstoffe dazu führen,
dass technisch gleichwertige Anlagen (bzw. deren Betreiber) im Rahmen der
Förderung Erneuerbarer Energien ungleich behandelt und gegenüber anderen
benachteiligt werden, ohne dass dafür z. B. eine ökologische Rechtfertigung
angeführt würde bzw. angeführt werden könnte?

5. Wenn ja, welche Überlegungen haben die Bundesregierung dazu bewogen,
die betreffenden Regelungen dennoch einzuführen und weshalb hält die
Bundesregierung dies für gerechtfertigt, und wenn nein, welche Schlussfol-
gerungen leitet die Bundesregierung daraus ab?

6. Welche zusätzlich kostensteigernde Wirkung haben die eingangs genannten
Regelungen und in welchem Umfang werden hierdurch die Stromverbrau-
cher zusätzlich belastet?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Förderung Erneuerbarer
Energien vor dem Hintergrund einer dem Konzept der Nachhaltigkeit ver-
pflichteten Energiepolitik auch bestrebt sein sollte, Kosten zu minimieren?

8. Wenn nein, weshalb nicht und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung
den eingangs beschriebenen Zusammenhang?

9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Förderung Erneuerbarer
Energien vor dem Hintergrund einer dem Konzept der Nachhaltigkeit ver-
pflichteten Energiepolitik auch bestrebt sein sollte, Ungleichbehandlungen
und daraus entstehende Ungerechtigkeiten zu vermeiden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3864

10. Wenn nein, weshalb nicht und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung
den eingangs beschriebenen Zusammenhang?

Berlin, den 21. September 2004
Angelika Brunkhorst
Birgit Homburger
Michael Kauch
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Dr. Werner Hoyer
Hellmut Königshaus
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Cornelia Pieper
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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