BT-Drucksache 15/3831

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/2519 Nr 2.2- Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren KOM (2003) 688 endg.; Ratsdok 15221/03

Vom 29. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3831
15. Wahlperiode 29. 09. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/2519 Nr. 2.2 –
Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische
Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur
Verwendung in Strafverfahren
KOM (2003) 688 endg.; Ratsdok. 15221/03

A. Problem
Das Europarat-Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen aus dem
Jahr 1959 enthält die grundlegenden Rahmenvorschriften für die Zusammenar-
beit bei der Erlangung von Beweismitteln. Dieses Übereinkommen sieht die Er-
ledigung von Rechtshilfeersuchen in Übereinstimmung mit dem Recht des er-
suchten Staates vor und enthält mehrere Gründe für die Versagung der gegen-
seitigen Rechtshilfe. Das Übereinkommen aus dem Jahr 1959 ist mittlerweile
durch seine Zusatzprotokolle aus den Jahren 1978 und 2001 ergänzt worden,
um die Zusammenarbeit zu verbessern. Im Rahmen der EU wurde das Überein-
kommen von 1959 durch das Schengen-Übereinkommen von 1990, das EU-
Übereinkommen vom Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen sowie des-
sen Protokoll von 2001 ergänzt. Das EU Übereinkommen aus dem Jahr 2000
und dessen Protokoll von 2001 sind noch nicht in Kraft getreten.
Trotz der durch diese Rechtsakte bewirkten Verbesserungen erfolgt die Zusam-
menarbeit im Bereich der Beweiserhebung nichtsdestoweniger noch immer un-
ter Anwendung herkömmlicher Rechtshilfeverfahren. Diese können langsam
und ineffizient sein. Zudem wird die Zusammenarbeit durch die Unterschiede
zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften behindert.

B. Lösung
Kenntnisnahme der Vorlage und Annahme einer Entschließung. Der Vorschlag
für einen Rahmenbeschluss des Rates über eine Europäische Beweisanordnung
zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Straf-
verfahren, der auf den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gestützt ist,
soll eine zügigere und effizientere justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
ermöglichen. Die in diesem Bereich bestehenden Rechtshilferegelungen wer-
den entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tam-
pere durch diesen Rahmenbeschluss ersetzt. Darüber hinaus werden Mindest-
schutzgarantien für diese Art der justiziellen Zusammenarbeit eingeführt.

Drucksache 15/3831 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Im Mittelpunkt des Vorschlags stehen Sachen, Schriftstücke oder Daten, die auf
der Grundlage verfahrensrechtlicher Maßnahmen wie Vorlageanordnungen
oder Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen erlangt werden. Hier-
unter fallen auch Ersuchen um Auszüge aus dem Strafregister. Vernehmungen
(in welcher Form auch immer) von Verdächtigen, Angeklagten, Zeugen oder
Opfern sind hiervon ausgenommen. Gleiches gilt für prozessuale Ermittlungs-
handlungen, die auf die Erlangung von Beweismitteln in Echtzeit gerichtet
sind, wie die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs und von Konto-
bewegungen. Dieser Vorschlag erstreckt sich zwar nicht auf die Erlangung von
Beweismitteln dieser Art, doch betrachtet die Kommission ihn gleichwohl als
einen ersten Schritt zur Ersetzung der bestehenden Rechtshilferegelungen in
der Europäischen Union durch eine einheitliche EU-Regelung, die auf dem
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruht und Mindestschutzgarantien
unterliegt.
Kenntnisnahme der Unterrichtung und Annahme einer Entschließung mit
den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3831

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 15/2519 Nr. 2.2 – folgende Ent-
schließung anzunehmen:
„Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Abs. 3 Satz 1 des
Grundgesetzes zu dem Vorschlag eines Rahmenbeschlusses des Rates über die
Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken oder
Daten zur Verwendung in Strafverfahren

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Deutsche Bundestag unterstützt alle Anstrengungen für die Verbesserung
der strafrechtlichen Zusammenarbeit in Europa auf rechtsstaatlicher Grundlage.
Der Deutsche Bundestag begrüßt den Ausbau eines gemeinsamen Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union. Er unterstützt
den Ausbau dieses europäischen Rechtsraumes entsprechend den Ergebnissen des
Europäischen Rates von Tampere einschließlich des Prinzips der gegenseitigen
Anerkennung von Entscheidungen. In den Schlussfolgerungen zu Tampere hat der
Europäische Rat den hohen Rang der Grund- und Bürgerrechte und der Rechts-
staatlichkeit bei der Schaffung eines europäischen Rechtsraumes betont. Auch der
Deutsche Bundestag tritt für eine effektivere grenzüberschreitende Strafverfol-
gung ein und betont die herausragende Bedeutung der Grund- und Bürgerrechte
sowie die Bedeutung wirksamer justizieller Kontrolle und gemeinsamer Mindest-
standards in Strafverfahren und der behutsamen Angleichung des materiellen Straf-
rechts.
Das Straf- und Strafprozessrecht hat auf europäischer Ebene eine rasante Entwick-
lung genommen. Zahlreiche bisherige Rechtsakte zielen auf die Verbesserung der
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit. Daneben stehen Vorschläge zur ver-
stärkten Sicherung der Rechte der Beschuldigten und der Verteidigung, die die Ga-
rantien der Europäischen Menschenrechtskonvention und künftig der Grundrechts-
charta ausfüllen und ergänzen sollen. Die bisherigen Bemühungen der Europäi-
schen Union um die Sicherung der Beschuldigtenrechte sind nur ein Schritt auf dem
Weg zu einem im gesamten Rechtsraum verbindlichen Kodex von Rechten der Be-
schuldigten und der Verteidigung. Der am 28. April 2004 vorgelegte Vorschlag für
einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren inner-
halb der Europäischen Union greift nur einige Aspekte heraus. Weitere Bereiche
wie Garantien in Bezug auf eine faire Beweisaufnahme, -bearbeitung und -ver-
wertung und Rechte in Bezug auf die Unschuldsvermutung müssen folgen. Der
Deutsche Bundestag weist darauf hin, dass die Verwirklichung des Grundsatzes
der gegenseitigen Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen durch die Mit-
gliedstaaten nur dann gelingt, wenn der Schutz der Rechte des Einzelnen durch die
Justiz gleichzeitig gewährleistet ist und dort, wo Harmonisierungsbedarf besteht,
effektive gemeinsame Standards erarbeitet werden.
Zu den zentralen Zielen des Europäischen Rechtsraums gehört das Prinzip der
gegenseitigen Anerkennung. Im herkömmlichen Rechtshilfeverkehr gilt der
elementare Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit, dessen Erfüllung im Ein-
zelfall geprüft werden muss. In einem sich angleichenden Rechtsraum verliert
diese Prüfung an Bedeutung. Solange aber im Bereich des Strafrechts noch er-
hebliche Unterschiede bestehen, kann der Grundsatz der gegenseitigen Aner-
kennung nicht automatisch und ohne Einschränkungen in jeden Rechtsakt auf-
genommen werden. Bei den einzelnen Legislativvorhaben, besonders bei Ein-

Drucksache 15/3831 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

griffen in Beschuldigtenrechte, ist jeweils gesondert festzustellen, ob und in-
wieweit die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Prüfung der
beiderseitigen Strafbarkeit bereits bestehen.
Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die in Artikel 16 des Vor-
schlags vorgesehenen Deliktsgruppen (Verzicht auf die Prüfung der beiderseiti-
gen Strafbarkeit) teilweise präziser gefasst werden sollten; ggf. sind ergänzende
Definitionen erforderlich.
Mit der Europäischen Beweisanordnung soll es Ermittlungsbehörden der EU-
Mitgliedstaaten ermöglicht werden, auf vereinfachtem Rechtshilfewege und mit-
tels eines Standardformblattes Sachen, Schriftstücke und Daten in anderen Mit-
gliedstaaten beschlagnahmen lassen zu können und die anschließende Übermitt-
lung zu verlangen. Das Konzept der vereinfachten Rechtshilfe, verbunden mit
dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung als Grundprinzip der justiziellen Zu-
sammenarbeit in Strafsachen, bedeutet, dass Entscheidungen eines Mitgliedstaa-
tes von einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden, ohne dass die Zulässig-
keit und Rechtmäßigkeit der Anordnung nach dem inländischen Recht des Vollstre-
ckungsstaates gerichtlich geprüft werden könnte. Rechtsschutz in der Sache kann
nur imAnordnungsstaat gesucht werden. Dabei knüpft der Vorschlag der Kommis-
sion die Zulässigkeit der Anordnung nur an wenige Mindestvoraussetzungen, die
noch die erforderliche Klarheit vermissen lassen.
Anders als die früheren Rahmenbeschlüsse und Entwürfe, die auf die gegensei-
tige Anerkennung gerichtet sind, enthält der vorliegende Vorschlag der Kom-
mission keinen Verweigerungsgrund, der es dem ersuchten Staat erlaubt, die
Erledigung des Ersuchens abzulehnen, wenn sie den in Artikel 6 des Vertrags
über die Europäische Union niedergelegten Grundrechten und allgemeinen
Rechtsgrundsätzen zuwiderliefe. Ein solcher Verweigerungsgrund ist im Fall
strafprozessualer Beweiserhebungsmaßnahmen, die mit Grundrechtseingriffen
verbunden sind, von besonderer Bedeutung. Der Deutsche Bundestag sieht des-
halb die Notwendigkeit, der Gefahr zu begegnen, dass in einem Mitgliedstaat
geltende strenge Beweisanordnungs- und -verwertungsschranken im Wege der
Anerkennung und Verwertung von Anordnungen aus einem anderen Mitglied-
staat unterlaufen und ausgehöhlt werden können. Stattdessen muss es klare Re-
geln zum Rechtsschutz, zu den Verfahrensrechten und zum Datenschutz geben.
Aus der Sicht des Deutschen Bundestages begegnet der Rahmenbeschluss über
die Europäische Beweisanordnung unabhängig von den vorgenannten Erwägungen
dem rechtssystematischen Einwand, dass er durch Regelung lediglich von Teilbe-
reichen der Rechtshilfe zu einer weiteren Zersplitterung der strafrechtlichen Zusam-
menarbeit führt. Der Rahmenbeschluss soll ausdrücklich nur einen ersten Schritt
zur Schaffung eines einheitlichen, auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerken-
nung beruhenden Rechtshilfeinstrumentes darstellen. Der Zustand der Zersplitte-
rung wird solange andauern, bis sämtliche getrennte Rahmenbeschlüsse eines
Tages wieder zusammengefasst werden. Wenn ein umfassender Ansatz jetzt
noch nicht zu realisieren ist, muss jedenfalls Sorge dafür getragen werden, dass
dieser und künftige Rahmenbeschlüsse mit den bisherigen Rechtsakten auf die-
sem Gebiet kompatibel sind.
II. Der Deutsche Bundestag, der die Verbesserung der Zusammenarbeit zwi-

schen den Mitgliedstaaten nachdrücklich unterstützt, fordert die Bundes-
regierung daher auf, sich für folgende Verhandlungsziele einzusetzen:

1. Da nur ein Ausschnitt aus dem Bereich der justiziellen Rechtshilfe umfasst
wird, ist eine rechtssystematische Zersplitterung zu erwarten. Deshalb muss
jedenfalls Sorge dafür getragen werden, dass dieser Rahmenbeschluss und
künftige Rahmenbeschlüsse mit den bisherigen Rechtsakten auf diesem Ge-
biet (insbesondere dem EU-Rechtshilfeübereinkommen) kompatibel sind.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3831

2. Die in Artikel 16 des Vorschlags vorgesehenen Deliktsgruppen (Verzicht auf
die Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit) sollten teilweise präziser gefasst
werden; ggf. sind ergänzend Definitionen erforderlich.

3. Die bisher erarbeiteten Rahmenbeschlüsse belassen der Justiz im ersuchten
Staat in begrenztem Umfang die Möglichkeit, die begehrte Maßnahme zu
verweigern. Die Möglichkeit besteht insbesondere, wenn die Maßnahme ge-
gen die gemeinsamen Grundsätze und Grundrechte verstieße, insbesondere
die Mindestgarantien der Europäischen Menschenrechtskonvention. Auch
im Falle der Beweisanordnung müssen solche Verweigerungsgründe beste-
hen. Dabei sind die vom Europäischen Parlament in seiner Legislativen Ent-
schließung vom 31. März 2004 zu Artikel 15 Abs. 1 des Vorschlags für den
Rahmenbeschluss geltend gemachten Gründe zu berücksichtigen.
Ebenso müssen effektive Rechtsschutzmöglichkeiten der Betroffenen (ein-
schließlich gutgläubiger Dritter) gegeben sein.

4. Der Rahmenbeschluss sollte dahin gehend ergänzt werden, dass
– die spätere Verwendung der gemäß dem Rahmenbeschluss erlangten

Beweismittel das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren nicht
beeinträchtigt,

– auch grundlegende Verfahrensprinzipien des Vollstreckungsstaates be-
achtet werden,

– Belange des Datenschutzes Berücksichtigung finden.
5. Gleichzeitig mit den Verhandlungen ist festzustellen, inwieweit in den Mit-

gliedstaaten im Hinblick auf die Erhebung und Verwertung von Beweisen
gemeinsame Mindestanforderungen fehlen. In einem weiteren Rahmenbe-
schluss sind zeitnah solche Standards festzulegen.“

Berlin, den 29. September 2004

Der Rechtsausschuss
Andreas Schmidt (Mülheim)
Vorsitzender

Axel Schäfer (Bochum)
Berichterstatter

Michael Grosse-Brömer
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Sibylle Laurischk
Berichterstatterin

Drucksache 15/3831 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Axel Schäfer (Bochum), Michael Grosse-Brömer,
Jerzy Montag und Sibylle Laurischk

I. Überweisung
Der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über
die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen,
Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren
– KOM (2003) 688 endg.; Ratsdok. 15221/03 (Anlage) –
wurde mit Bundestagsdrucksache 15/2519 Nr. 2.2 vom
13. Februar 2004 gemäß § 93 Abs. 1 GO dem Rechtsaus-
schuss zur federführenden Beratung sowie dem Innenaus-
schuss zur Mitberatung überwiesen. Der Ausschuss für die
Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Mitbera-
tung beantragt.

II. Stellungnahmen der mitberatendenAusschüsse
Der Innenausschuss hat die Vorlage in seiner 33. Sitzung
vom 24. März 2004 beraten und Kenntnisnahme empfohlen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat die Vorlage in seiner 52. Sitzung vom
29. September 2004 beraten und Kenntnisnahme empfohlen.

III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Unterausschuss Europarecht des Rechtsausschusses hat
die Vorlage in seiner 12. und 13. Sitzung behandelt und in
seiner 14. Sitzung vom 18. Juni 2004 zur weiteren Beratung
an den Rechtsausschuss überwiesen. In seiner 56. Sitzung
vom 29. September 2004 hat der Rechtsausschuss das
Dokument – KOM (2003) 688 endg.; Ratsdok. 15221/03
(Anlage) – abschließend beraten.
Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP legten folgenden
Entschließungsantrag vor:

Der Bundestag wolle beschließen:
Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23
Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes zu dem Vorschlag eines
Rahmenbeschlusses des Rates über die Europäische Beweis-
anordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken oder
Daten zur Verwendung in Strafverfahren
Der Bundestag stellt fest:
I. Der Deutsche Bundestag unterstützt alle Anstrengungen

für die Verbesserung der strafrechtlichen Zusammenar-
beit in Europa auf rechtsstaatlicher Ebene.
Soweit beim Aufbau des Europäischen Rechtsraums das
Prinzip der gegenseitigen Anerkennung im Bereich des
Straf- und Strafprozessrechts umgesetzt wird, muss aber
mit besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit vorgegan-
gen werden.
Der Deutsche Bundestag hält deshalb eine Stellung-
nahme nach Artikel 23 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes
zu dem Vorschlag eines Rahmenbeschlusses des Rates
über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung

von Sachen, Schriftstücken oder Daten zur Verwendung
in Strafverfahren für sinnvoll und notwendig.
Der Vorschlag eines Rahmenbeschlusses über die Euro-
päische Beweisanordnung führt zu einer gegenseitigen
Anerkennung justizieller Entscheidungen innerhalb der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Er hat das un-
terstützenswerte Ziel, die strafrechtliche Beweisauf-
nahme innerhalb der Europäischen Union grenzüber-
schreitend zu erleichtern.
Der Vorschlag begegnet auf dem Weg dorthin allerdings
erheblichen Bedenken aus mehreren Gründen:
1. Es besteht die Gefahr der Rechtszersplitterung. Ähn-

lich wie beim Europäischen Haftbefehl werden beim
Vorschlag eines Rahmenbeschlusses des Rates über
die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung
von Sachen, Schriftstücken oder Daten zur Verwen-
dung in Strafverfahren punktuell auf europäischer
Ebene Maßnahmen zur Regelung von Teilbereichen
vorgeschlagen ohne erkennbares Gesamtsystem.
Eine fehlende einheitliche Grundlage in der Europäi-
schen Union zum straf- und Strafprozessrecht – spe-
ziell bei den Rechten der Beschuldigten – kann ein
unüberschaubares Konfliktpotential und Benachteili-
gungen hervorrufen.
Dies gilt auch deshalb, weil gemeinsame europäische
Mindeststandards in Strafverfahren fehlen. Solche
Standards sind aber Voraussetzung für ein geordne-
tes, rechtsstaatliches Beweisverfahren.
Der Rahmenbeschlusses über die Europäische Be-
weisanordnung sollte deshalb unter zeitlicher Zusam-
menführung aller anhängigen Rahmenbeschlüsse im
Bereich des Straf- und Strafprozessrechts umgesetzt
werden, zumindest aber sollte vor Ablauf seiner Um-
setzungsfrist ein Rahmenbeschluß über die Verfah-
rensrechte in Strafverfahren verabschiedet werden,
damit eine Kompatibilität erreicht werden kann. Es
ist bedauerlich, dass ein umfassender Ansatz zur
Schaffung von gemeinsamen Standards in Strafver-
fahren in der Europäischen Union noch nicht entwi-
ckelt worden ist. Deshalb sollte dieser Rahmenbe-
schluß Standards setzen, die der Wahrung der Rechte
der Beschuldigten und der justiziellen Kontrolle
Rechnung tragen.

2. Bedenken bestehen auch wegen der in Artikel 16 des
Vorschlags vorgesehenen Deliktsgruppen. Es han-
delt sich teilweise um strafrechtstypische Deliktsbe-
zeichnungen, bei denen die Mitgliedstaaten von einer
Strafrechtsangleichung noch weit entfernt sind, teils
werden darüber hinaus kriminologische Bezeichnun-
gen verwendet, ohne konkret abgrenzbare Straftatbe-
stände zu nennen. Darüber hinaus enthält der Vor-
schlag des Rates keinen Verweigerungsgrund, der es
dem ersuchten Staat erlaubt, die Erledigung des Er-
suchens abzulehnen, wenn sie den in Artikel 6 des

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3831

Vertrags über die Europäische Union niedergelegten
Grundrechten und allgemeinen Rechtsgrundsätzen
zuwiderliefe.

II. Getragen von Erfahrungen, die der Deutsche Bundestag
bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den
Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union
gemacht hat, ist es dringend geboten, daß der Deutsche
Bundestag seine verfassungsmäßigen Rechte aus Arti-
kel 23 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes frühzeitig und
umfassend geltend macht. Dies ist schon deshalb unab-
dingbar, um das Demokratiedefizit auszugleichen, das
mit Rahmenbeschlüssen des Europäischen Rates grund-
sätzlich verbunden ist. Das Europäische Parlament wird
lediglich angehört und die nationalen Parlamente kön-
nen sich nur mit den Gesetzen zur Umsetzung befassen,
nicht jedoch mit der Grundsatzentscheidung. Mit der An-
wendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerken-
nung justizieller Entscheidungen werden die Bürgerin-
nen und Bürger eines Mitgliedstaates den verschiedenen
strafrechtlichen und strafverfahrensrechtlichen Normen
anderer Mitgliedstaaten unterworfen, an deren Zustan-
dekommen sie nicht beteiligt waren. Gemäß Artikel 23
Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes berücksichtigt die Bun-
desregierung die Stellungnahmen des Bundestages bei
den Verhandlungen. Dies betrifft den gesamten Prozess
der Willensbildung auf europäischer Ebene. Der Deut-
sche Bundestag muß seine Bedenken und Anregungen
klar und eindeutig vortragen und damit den Handlungs-
spielraum der Bundesregierung definieren. Dazu gehört
auch, dass der Deutsche Bundestag aufzeigt, wo seiner
Ansicht nach die Grenzen der Zustimmungsfähigkeit
liegen.

III. Der Deutsche Bundestag, der die Verbesserung der Zu-
sammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten nachdrück-
lich unterstützt, fordert die Bundesregierung daher auf,
in die Verhandlungen die nachfolgenden Forderungen
einzubringen und ihre Zustimmung von einer angemes-
senen Durchsetzung abhängig zu machen:
1. Da nur ein Ausschnitt aus dem Bereich der justiziel-

len Rechtshilfe umfasst wird, ist eine rechtssystema-
tische Zersplitterung zu erwarten. Der Rahmenbe-
schlusses über die Europäische Beweisanordnung
sollte unter zeitlicher Zusammenführung aller anhän-
gigen Rahmenbeschlüsse im Bereich des Straf- und
Strafprozessrechts umgesetzt werden, zumindest aber
sollte vor Ablauf seiner Umsetzungsfrist ein Rahmen-
beschluss über die Verfahrensrechte in Strafverfahren
verabschiedet werden, damit eine Kompatibilität er-
reicht werden kann.
In den Verhandlungen über den Rahmenbeschluss
über die Europäische Beweisanordnung sollte festge-
stellt werden, inwieweit in den Mitgliedstaaten hin-
sichtlich Mindeststandards in Strafverfahren und im
Hinblick auf die Erhebung und Verwertung von Be-
weisen gemeinsame Mindestanforderungen fehlen.

2. Die in Artikel 16 des Vorschlags vorgesehenen
Deliktsgruppen, bei denen auf die übliche Prüfung
der beiderseitigen Strafbarkeit verzichtet wird, soll-
ten präziser gefasst werden. Gegebenenfalls sind er-
gänzend Definitionen erforderlich, so zu den unbe-

stimmten Begriffen wie „Cyberkriminalität“,
„Terrorismus“, „Korruption“, „Rassismus und
Fremdenfeindlichkeit“ und „Sabotage“.

3. Die bisher erarbeiteten Rahmenbeschlüsse belassen
der Justiz im ersuchten Staat in begrenztem Umfang
die Möglichkeit, die begehrte Maßnahme zu verwei-
gern. Die Möglichkeit besteht insbesondere, wenn die
Maßnahme gegen die gemeinsamen Grundsätze und
Grundrechte verstieße, insbesondere die Mindestga-
rantien der Europäischen Menschenrechtskonven-
tion. Auch im Falle der Beweisanordnung müssen
solche Verweigerungsgründe bestehen. Dabei müssen
die vom Europäischen Parlament in seiner Legislati-
ven Entschließung vom 31. März 2004 zu Artikel 15
Abs. 1 des Vorschlages für den Rahmenbeschluss gel-
tend gemachten Gründe berücksichtigt werden.
Ebenso müssen effektive Rechtsschutzmöglichkeiten
der Betroffenen (einschließlich gutgläubiger Dritter)
geschaffen werden.

4. Der Rahmenbeschluss sollte dahingehend ergänzt
werden, dass
– die spätere Verwendung der gemäß dem Rahmen-

beschluss erlangten Beweismittel das Recht des
Angeklagten auf ein faires Verfahren nicht beein-
trächtigt,

– auch grundlegende Verfahrensprinzipien des Voll-
streckungsstaates beachtet werden,

– Belange des Datenschutzes Berücksichtigung fin-
den.

Der Ausschuss beschließt mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, den Entschlie-
ßungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP abzu-
lehnen.
Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN leg-
ten ebenfalls einen Entschließungsantrag vor (siehe Be-
schlussempfehlung).
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, in Kenntnis des Vorschlages für
einen Rahmenbeschluss des Rates – Drucksache 15/2519
Nr. 2.2 – die in der Beschlussempfehlung wiedergegebene
Entschließung anzunehmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedankte sich
für die gute Zusammenarbeit und führte aus, dass die Ent-
schließung, als eine Stellungnahme des Deutschen Bundes-
tages nach Artikel 23 des Grundgesetzes, gerade in dem
sensiblen Bereich, der Vereinheitlichung des europäischen
Strafprozessrechtes, eine Signalwirkung habe. Dies deshalb,
weil es wohl zum ersten Mal gelungen sei, noch während
der laufenden Beratungen auf europäischer Ebene, die Posi-
tion des Deutschen Bundestages in der Öffentlichkeit darzu-
stellen. Es sei bedauerlich, dass sich die Fraktionen zuvor
nicht auf einen einheitlichen Text geeinigt haben, da die An-
träge, stellt man sie einander gegenüber, zu 60 bis 70 Pro-
zent textidentisch seien und zu 100 Prozent die gleiche Ziel-
richtung hätten. Nur wer mit der Lupe die Unterschiede su-
che, würde in den Anträgen der Fraktionen der CDU/CSU

Drucksache 15/3831 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

und FDP erkennen, dass die Anträge in einigen Formulie-
rungen die Position der Bundesregierung bei den Verhand-
lungen in Brüssel derart binden würden, dass dies der Sache
nicht nützlich sei. Weil in der Zielsetzung überhaupt keine
Differenz bestünde, sei es nicht verständlich, warum nach
einem so weit fortgeschrittenen Prozess des einheitlichen
Vorgehens, die Oppositionsparteien den Entschluss gefasst
haben, einen eigenen Antrag zu stellen. Man werde den An-
trag der Regierung stellen und die Oppositionsparteien wer-
den gebeten – auch aufgrund der geleisteten Vorarbeit –,
noch einmal darüber nachzudenken, ob es Sinn mache, mit
diesen zwei Positionen ins Plenum des Deutschen Bundes-
tag zu gehen, obwohl diese praktisch identisch seien und le-
diglich in der Wortwahl Unterschiede aufwiesen. Das ein-
heitliche Anliegen über die Fraktionsgrenzen hinweg sei
wichtiger, als diese geringen Differenzen.
Die Fraktion der CDU/CSU unterstrich die gute Zusam-
menarbeit und bedankte sich für die Leitung der Gespräche
durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die
grundlegenden Bedenken seien in weiten Teilen innerhalb
der unterschiedlichen Fraktionen identisch. Der Grund für
einen eigenen Entschließungsantrag liege darin, dass mit
dem Antrag unterschiedliche Intentionen verbunden seien.
Man habe häufig unter Beweis gestellt, dass in Sachen der
Europäischen Union in vielfacher Hinsicht gemeinsame
Entschlussanträge erarbeitet werden konnten. Hier stelle
sich jedoch die Frage, ob die Oppositionsparteien einen in
weiten Teilen vom BMJ erarbeiteten Antrag so akzeptieren
müssen. Diese Frage müsse vor dem Hintergrund des Arti-
kels 23 Abs. 3 des Grundgesetzes gesehen werden, wenn
man sich parlamentarisch bei Rahmenbeschlüssen neben

der regelmäßig federführenden Exekutive einbringen wolle.
Übereinstimmend sei man der Auffassung, dass das Parla-
ment sich mehr beteiligen müsse bei der europäischen
Rechtspolitik. Hierbei müsse jedoch erlaubt sein, dass die
verschiedenen Parteien unterschiedliche Akzente setzen.
Die Fraktion der CDU/CSU wolle den Akzent setzen, dass
die Stellungnahme nach Artikel 23 Abs. 3 des Grundgeset-
zes nur dann Sinn mache, wenn man der Bundesregierung
konkret sage, dass die Einwände berücksichtigt werden
müssen und dass davon die Zustimmung abhängig gemacht
werden müsse. Beide Oppositionsfraktionen hätten sehr mo-
derate Änderungswünsche gehabt, die man jedoch nicht be-
rücksichtigt habe. Berücksichtige man, dass die Unter-
schiede in den Anträgen gering seien, hätte man die Ände-
rungswünsche einarbeiten können. Das Ergebnis wäre dann
ein gemeinsamer Antrag gewesen. Dies sei offenbar nicht
erwünscht gewesen.
Die Fraktion der SPD erläuterte, dass mit den Entschlie-
ßungen Neuland betreten werde. Der Deutsche Bundestag
sei dabei, seine Rechte und Positionen im Bereich der euro-
päischen Politik auszuweiten. Die Bundesregierung dürfe
jedoch nicht zu eng eingebunden werden. In diesem Zusam-
menhang sei der Vergleich zu Tarifverhandlungen
angezeigt. Hiernach nehme die große Tarifkommission be-
stimmte Festlegungen vor. Komme die Verhandlungskom-
mission jedoch zu anderen Ergebnissen, so werde die große
Tarifkommission dies in 99 Prozent aller Fälle akzeptieren.
Problematisch sei jedoch die Frage der Bindung, damit die
eigene Verhandlungskommission nicht desavouiert oder ge-
stürzt werde. Daher ergebe sich das Problem, dass die Bin-
dung der Bundesregierung nicht zu eng sein dürfe.

Berlin, den 29. September 2004
Axel Schäfer (Bochum)
Berichterstatter

Michael Grosse-Brömer
Berichterstatter

Jerzy Montag
Berichterstatter

Sibylle Laurischk
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/3831

15221/03 RSZ/mb 1
DG H III DE

RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION

Brüssel, den 25. November 2003 (28.11)
(OR. fr)

Interinstitutionelles Dossier:
2003/0270 (CNS)

15221/03

COPEN 119

VORSCHLAG

Absender: Frau Patricia BUGNOT, Direktorin, im Auftrag des Generalsekretärs der
Europäischen Kommission

vom 14. November 2003
Betr.: Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische

Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur
Verwendung in Strafverfahren

Die Delegationen erhalten in der Anlage den mit Schreiben vom 14. November 2003 an den
Generalsekretär/Hohen Vertreter, Herrn Javier SOLANA, übermittelten Vorschlag der
Kommission.

________________________

Anl. : KOM(2003) 688 endg.

Drucksache 15/3831 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 14.11.2003
KOM(2003) 688 endgültig

2003/0270 (CNS)

Vorschlag für einen

RAHMENBESCHLUSS DES RATES

über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und
Daten zur Verwendung in Strafverfahren

.

(von der Kommission vorgelegt)

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/3831

BEGRÜNDUNG

1. EINLEITUNG

1. Dieser Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über eine Europäische
Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur
Verwendung in Strafverfahren, der auf den Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung gestützt ist, wird eine zügigere und effizientere justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen ermöglichen. Die in diesem Bereich bestehenden
Rechtshilferegelungen werden entsprechend den Schlussfolgerungen des
Europäischen Rates von Tampere durch diesen Rahmenbeschluss ersetzt. Darüber
hinaus werden Mindestschutzgarantien für diese Art der justiziellen Zusammenarbeit
eingeführt.

2. Im Mittelpunkt des Vorschlags stehen Sachen, Schriftstücke oder Daten, die auf der
Grundlage verfahrensrechtlicher Maßnahmen wie Vorlageanordnungen oder
Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen erlangt werden. Hierunter fallen
auch Ersuchen um Auszüge aus dem Strafregister. Vernehmungen (in welcher Form
auch immer) von Verdächtigen, Angeklagten, Zeugen oder Opfern sind hiervon
ausgenommen. Gleiches gilt für prozessuale Ermittlungshandlungen, die auf die
Erlangung von Beweismitteln in Echtzeit gerichtet sind, wie die Überwachung des
Telekommunikationsverkehrs und von Kontobewegungen. Dieser Vorschlag
erstreckt sich zwar nicht auf die Erlangung von Beweismitteln dieser Art, doch
betrachtet die Kommission ihn gleichwohl als einen ersten Schritt zur Ersetzung der
bestehenden Rechtshilferegelungen in der Europäischen Union durch eine
einheitliche EU-Regelung, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung
beruht und Mindestschutzgarantien unterliegt.

3. Auf den Hintergrund dieses Vorschlags wird nachstehend eingegangen.

1.1. Einzelstaatliche Konzepte für die Erlangung von Beweismitteln

4. In den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten gelangen im Verlauf der
Beweismittelerhebung für Strafverfahren unterschiedliche prozessuale Maßnahmen
zur Anwendung. Dazu gehören:

1.1.1. Sicherungsbefugnisse

5. Auf internationaler Ebene wurde durch das Europarat-Übereinkommen zur
Cyberkriminalität (Council of Europe Convention on Cybercrime)1 von 2001 eine
Unterscheidung zwischen „Sicherungsanordnungen“ und
„Beschlagnahmeanordnungen“ eingeführt. Sicherungsanordnungen gelten nur für
Dritte und schreiben ihnen die Sicherung von Beweismitteln vor, ohne dass diese den
zuständigen Untersuchungsbehörden übergeben werden müssen. Für die
Offenlegung oder Vorlage des Beweismittels ist dann eine getrennte Anordnung
nötig.

1 Europarat, European Treaty Series Nr. 185 (siehe http://conventions.coe.int).

Drucksache 15/3831 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

1.1.2. Beschlagnahmebefugnisse

6. Die Beschlagnahme geht über die reine Sicherung des Beweismittels hinaus, da sie
(gegebenenfalls) die vorübergehende Inbesitznahme des Beweismittels durch die
zuständigen Untersuchungsbehörden umfasst. Sie gilt für Beweismittel, die sich
unter der Kontrolle von Verdächtigen oder Dritten befinden.

7. Die Beschlagnahme ist ein im nationalen und internationalen Strafrecht allgemein
akzeptierter Begriff, obwohl möglicherweise Unterschiede hinsichtlich des
Anwendungsbereichs und der Modalitäten bestehen. Alle Mitgliedstaaten haben
ihren Polizei- und Justizbehörden Befugnisse hinsichtlich der Beschlagnahme von
Beweismitteln übertragen. Beschlagnahmebefugnisse können durch Justizbehörden
sowie unter bestimmten Umständen durch Strafverfolgungsbehörden im Rahmen
eigener Befugnisse ausgeübt werden.

1.1.3. Befugnisse in Bezug auf die Vorlage/Offenlegung von Beweismitteln

8. In einigen Mitgliedstaaten haben Justizbehörden allgemeine Befugnisse dahin
gehend, von Dritten die Offenlegung von Beweismitteln zu verlangen. Diese
Befugnisse sind auf die Kooperationsbereitschaft des Dritten angewiesen. Wenn
diese Kooperationsbereitschaft fehlt, kann die Justizbehörde das Beweismittel im
Wege einer Durchsuchungsanordnung beschlagnahmen.

9. In anderen Mitgliedstaaten gibt es eine spezielle Untersuchungsbefugnis, die als
„Vorlageanordnung“ bezeichnet wird und zur Erlangung von Beweismitteln
(insbesondere Schriftstücken) bei einem Dritten dient. Diese Befugnisse können sich
auf schwere Straftaten und auf bestimmte Kategorien von Beweismitteln
(beispielsweise vertrauliche Schriftstücke) beschränken, oder es kann sich um eine
allgemeinere Befugnis handeln. Bei „Vorlageanordnungen“ handelt es sich um
Zwangsmaßnahmen, da sie den Dritten zur Übergabe des Beweismittels verpflichten.
Sanktionen – einschließlich strafrechtlicher Sanktionen – dienen zur Gewährleistung
der Zusammenarbeit. Nichtsdestoweniger stellen Vorlageanordnungen weniger
einschneidende Eingriffe dar als Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefugnisse.

10. Vorlageanordnungen können sinnvoll sein, wenn ein Dritter zur Zusammenarbeit
bereit ist, aber es aus rechtlichen Gründen, beispielsweise aufgrund der aus einem
Verstoß gegen die Vertraulichkeitspflicht gegenüber seinen Kunden resultierenden
Haftungsfragen, vorzieht, zur Offenlegung des Beweismittels gezwungen zu werden,
statt freiwillig mit der zuständigen Untersuchungsbehörde zusammenzuarbeiten. In
anderen Fällen kann es jedoch notwendig sein, zur Erlangung von Beweismitteln die
Räumlichkeiten eines Dritten zu durchsuchen. Hierzu zählt auch die Situation, in der
eine echte Gefahr besteht, dass der Dritte die Beweismittel vernichtet.

11. Alle diese Befugnisse im Zusammenhang mit der Vorlage gelten nur für bereits
vorhandenes Material. Für die „Echtzeit“-Offenlegung von Informationen dienen
gesonderte Befugnisse, beispielsweise Anordnungen in Bezug auf die Überwachung
des Telekommunikationsverkehrs oder die Überwachung von Kontobewegungen.

1.1.4. Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen

12. Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf das Betreten und
Durchsuchen von Räumlichkeiten sind sehr verschieden. In einigen Mitgliedstaaten

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/3831

beschränkt sich die Befugnis ausschließlich auf schwere Straftaten. In anderen
Mitgliedstaaten gibt es eine viel umfassendere Befugnis, die für die Untersuchung
aller Straftaten gilt.

13. Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK) enthält Mindestnormen für Schutzgarantien bei der Durchsuchung und
Beschlagnahme. Innerhalb dieses Rahmens bestehen bei den Schutzgarantien
allerdings erhebliche Abweichungen. Dazu gehören: der Grad der Sicherheit, dass
sich Beweismittel in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten befinden; die Tageszeit,
zu der Durchsuchungsbefugnisse ausgeübt werden dürfen; die Benachrichtigung der
Person, deren Räumlichkeiten durchsucht wurden; die anwendbaren Regeln im Falle
der Abwesenheit des Besitze rs; und die Notwendigkeit der Anwesenheit
unabhängiger Dritter während der Durchsuchung.

1.2. Internationale Zusammenarbeit zur Erlangung von Beweismitteln

14. Das Europarat-Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen2 aus dem Jahr
1959 enthält die grundlegenden Rahmenvorschriften für die Zusammenarbeit bei der
Erlangung von Beweismitteln. Dieses Übereinkommen sieht die Erledigung von
Rechtshilfeersuchen in Übereinstimmung mit dem Recht des ersuchten Staates vor
und enthält mehrere Gründe für die Versagung der gegenseitigen Rechtshilfe. Das
Übereinkommen aus dem Jahr 1959 ist mittlerweile durch seine Zusatzprotokolle aus
den Jahren 19783 und 20014 ergänzt worden, um die Zusammenarbeit zu verbessern.
Im Rahmen der EU wurde das Übereinkommen von 1959 durch das Schengen-
Übereinkommen von 19905, das EU-Übereinkommen vom Mai 2000 über die
Rechtshilfe in Strafsachen6 sowie dessen Protokoll von 20017 ergänzt. Das EU-
Übereinkommen aus dem Jahr 2000 und dessen Protokoll von 2001 sind noch nicht
in Kraft getreten.

15. Trotz der durch diese Rechtsakte bewirkten Verbesserungen erfolgt die
Zusammenarbeit im Bereich der Beweiserhebung nichtsdestoweniger noch immer
unter Anwendung herkömmlicher Rechtshilfeverfahren. Diese können langsam und
ineffizient sein. Zudem wird die Zusammenarbeit durch die Unterschiede zwischen
den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften (wie in Abschnitt 1.1 beschrieben)
behindert.

16. Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften für
Durchsuchung und Beschlagnahme werden an dem unterschiedlichen Ausmaß
deutlich, in dem die Mitgliedstaaten zur Gewährung von Rechtshilfe in der Lage
sind. Nach Artikel 5 des Übereinkommens aus dem Jahr 1959 kann jede
Vertragspartei erklären, dass die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um

2 Europarat, European Treaty Series Nr. 30.
3 Europarat, European Treaty Series Nr. 99.
4 Europarat, European Treaty Series Nr. 182.
5 Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom

14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.
ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19.

6 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

7 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung – gemäß Artikel 34 des Vertrags über
die Europäische Union - des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Durchsuchung oder Beschlagnahme von Eigentum von einer oder mehreren der
folgenden Bedingungen abhängig gemacht wird: Vorliegen beiderseitiger
Strafbarkeit; Auslieferungsfähigkeit nach der Art der Tat im Staat der ersuchten Partei;
Vollstreckung muss dem Recht der ersuchten Partei entsprechen.

17. Artikel 51 des Schengen-Durchführungsübereinkommens von 1990 schränkt
allerdings die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten ein, von diesen Vorbehalten nach
dem Übereinkommen von 1959 Gebrauch zu machen: So dürfen die Mitgliedstaaten
nach Artikel51 die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung und
Beschlagnahme keinen weitergehenden Bedingungen unterwerfen als denen, dass
erstens die Straftat nach dem Recht beider Mitgliedstaaten mit einer Freiheitsstrafe
im Höchstmaß von mindestens sechs Monaten bedroht ist, oder nach dem Recht
eines der beiden Mitgliedstaaten mit einer Sanktion des gleichen Höchstmaßes
bedroht ist und nach dem Recht des anderen Mitgliedstaats als Zuwiderhandlung
gegen Ordnungsvorschriften durch Behörden geahndet wird, gegen deren
Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.
Die zweite Bedingung ist die, dass die Erledigung des Rechtshilfeersuchens mit dem
Recht des ersuchten Mitgliedstaats im Übrigen vereinbar ist.

18. Nach dem vorliegenden Vorschlag würden diese Rechtshilfeverfahren durch eine
Europäische Beweisanordnung ersetzt, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung beruht. Hieraus ergäben sich folgende Vorteile.

– Ein aufgrund einer justiziellen Entscheidung aus einem anderen Mitgliedstaat
ergangenes Ersuchen wird unmittelbar anerkannt, ohne dass dieses in eine
innerstaatliche Entscheidung (im Wege eines Exequaturverfahrens)
umgewandelt werden muss, bevor es vollstreckt werden kann.

– Die Ersuchen werden durch Verwendung eines einzigen Formblatts
vereinheitlicht.

– Für die Vollstreckung von Ersuchen werden Fristen gesetzt.

– Für die Abgabe wie für die Vollstreckung eines Ersuchens werden
Mindestschutzgarantien eingeführt.

– Die Gründe für eine Versagung der Vollstreckung von Ersuchen werden
begrenzt. Insbesondere stellt die beiderseitige Strafbarkeit keinen
Versagungsgrund dar, wovon für einen Übergangszeitraum lediglich diejenigen
Mitgliedstaaten ausgenommen sind, welche die Vollstreckung eines Ersuchens
um Durchsuchung und Beschlagnahme bereits von der Voraussetzung der
beiderseitigen Strafbarkeit abhängig gemacht haben.

1.3. Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung

19. Auf der Tagung des Europäischen Rates im Oktober 1999 in Tampere wurde
vereinbart, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zum Eckstein der
justiziellen Zusammenarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen werden soll;
dies soll auch für Anordnungen im Rahmen eines strafrechtlichen
Ermittlungsverfahrens gelten.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/3831

20. Der Europäische Rat forderte ferner den Rat und die Kommission auf, bis Dezember
2000 ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung in Strafsachen8 zu erlassen. Der erste Rechtsakt, der im Bereich der
gegenseitigen Anerkennung in Strafsachen verabschiedet wurde, war der
Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl
und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten9.

21. Das Maßnahmenprogramm hat folgender Maßnahme die höchste Priorität (Priorität
1) eingeräumt:

“2.1.1. Anordnungen für die Zwecke der Sicherstellung von Beweismaterial

Ziel: Ermöglichung der Vorlage von Beweismaterial, Verhütung des Verlusts von
Beweismaterial sowie Erleichterung der Erledigung von Durchsuchungs- und
Beschlagnahmeanordnungen, so dass die rasche Sicherung von Beweismaterial in
Strafsachen sichergestellt ist (Nummer 36 der Schlussfolgerungen des Europäischen
Rates von Tampere). Dabei sollten Artikel 26 des Europäischen Übereinkommens
über die Übertragung der Strafverfolgung vom 15. Mai 1972 und Artikel 8 des
Römischen Übereinkommens vom 6. November 1990 über die Übertragung der
Strafverfolgung beachtet werden.

Maßnahme Nr. 5: Suche nach realistischen Lösungen, die darauf abzielen,

- dass die Vorbehalte und Erklärungen gemäß Artikel 5 des Europäischen
Übereinkommens von 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen, ergänzt durch
die Artikel 51 und 52 des Durchführungsübereinkommens zum Schengener
Übereinkommen, was die Zwangsmaßnahmen betrifft, zwischen den
Mitgliedstaaten nicht geltend gemacht werden können, insbesondere im
Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität, des Waschens der
Erträge aus Straftaten und der Finanzkriminalität;

- dass die Gründe zur Verweigerung der Rechtshilfe gemäß Artikel 2 des
Übereinkommens von 1959, ergänzt durch Artikel 50 des
Durchführungsübereinkommens zum Schengener Übereinkommen, zwischen
den Mitgliedstaaten nicht geltend gemacht werden können.

Maßnahme Nr. 6: Ausarbeitung eines Instruments für die Anerkennung von
Entscheidungen über das Einfrieren von Beweismaterial, damit der Verlust von
Beweismaterial, das sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befindet,
verhindert wird.”

1.4. Rahmenbeschluss des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von
Entscheidungen zur Sicherstellung von Vermögensgegenständen und
Beweismitteln in der Europäischen Union

22. Maßnahme 6 des Maßnahmenprogramms wird durch den Rahmenbeschluss über die
Vollstreckung von Entscheidungen zur Sicherstellung von Vermögensgegenständen

8 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 10.
9 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

und Beweismitteln in der Europäischen Union umgesetzt10. Hierzu ist die
gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen erforderlich, die zum Zwecke der
Sicherstellung von Beweismitteln im Hinblick auf ihre letztendliche Übergabe an
den Entscheidungsstaat oder zum Zwecke der Sicherstellung von
Vermögensgegenständen im Hinblick auf ihre letztendliche Einziehung erlassen
wurden. Der Rahmenbeschluss gilt für von einer Justizbehörde – im Sinne des
einzelstaatlichen Rechts – erlassene Entscheidungen in Bezug auf jede Art von
Straftat.

1.5. Weiterer Handlungsbedarf im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von
Beweisanordnungen

23. Der Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen befasst sich nur mit
einem Teil des Spektrums der Zusammenarbeit bei der Beweiserhebung. In der Tat
ist der Zweck des Rahmenbeschlusses ausdrücklich auf vorläufige Maßnahmen
beschränkt, mit denen „die Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung
oder Veräußerung von Beweismitteln verhindert“ werden soll. In einigen Fällen sind
derartige vorläufige Maßnahmen vor der Übergabe der Beweismittel an einen
anderen Mitgliedstaat nicht notwendig.

24. Auch bei der Zusammenarbeit in Bezug auf Beweismittel, die in den
Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses über Sicherstellungsentscheidungen
fallen, sind noch beträchtliche Probleme zu lösen. Beispielsweise sieht der
Rahmenbeschluss ausdrücklich vor, dass eventuelle zusätzliche Zwangsmaßnahmen,
die durch die Sicherstellungsentscheidung notwendig werden, in Übereinstimmung
mit den anwendbaren Verfahrensvorschriften des Vollstreckungsstaats zu treffen
sind11. Dies lässt die Möglichkeit offen, dass eine Zusammenarbeit unwirksam
bleiben könnte, wenn die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften im Einzelfall keine
Durchsuchung zur Beschlagnahme von Beweismitteln gestatten.

25. Zudem ist der Sicherstellungsentscheidung laut Rahmenbeschluss ein Ersuchen um
Übergabe des Beweismittels an den Entscheidungsstaat (oder eine Erklärung, dass
ein solches Ersuchen folgen wird) beizufügen. Für diese Übergabe gelten die
normalen Regeln für die Rechtshilfe in Strafsachen. Dies bedeutet, dass mit
Ausnahme der beiderseitigen Strafbarkeit sonstige Gründe für die Versagung von
Rechtshilfe auch weiterhin gelten. Infolgedessen wird – zumindest in der Theorie –
ein beträchtlicher Unterschied zwischen den für die Sicherstellung von
Beweismitteln geltenden Regeln (Grundsätze für die gegenseitige Anerkennung) und
den für die nachfolgende Übergabe der Beweismittel geltenden Regeln (Grundsätze
für die Rechtshilfe) bestehen.

26. Der Schlussbericht über die erste Begutachtungsrunde – Rechtshilfe in Strafsachen12

sah die zusätzliche Stufe bei der Übermittlung von Material in Bezug auf die
Erledigung von Ersuchen als „unnützes Erfordernis, das wohl kaum zusätzliche
Garantien bietet und deshalb nur zu Verzögerungen führt”. Empfehlung 8 des
Schlussberichts forderte daher die Mitgliedstaaten auf, „das Verfahren für die

10 ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 45.
11 Artikel 5 Absatz 2.
12 ABl. C 216 vom 1.8.2001, S. 14.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/3831

Übermittlung von Material an den ersuchenden Mitgliedstaat zu vereinfachen und
dazu die mehrfachen Kontrollen aufzuheben.“

27. Während der Verhandlungen zum Rahmenbeschluss über
Sicherstellungsentscheidungen erkannte man, dass sich aus dem Rahmenbeschluss
über Sicherstellungsentscheidungen die Notwendigkeit zweier weiterer Initiativen
ergab:

(i) eine Initiative zur gegenseitigen Anerkennung von Einziehungs-
entscheidungen: Die dänische Präsidentschaft legte eine Initiative zu einem
Entwurf für einen Rahmenbeschluss über die Vollstreckung von
Einziehungsentscheidungen in der Europäischen Union13 vor. Diese ergänzt
den Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen, indem für die
umfassende gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die
Einziehung von Vermögensgegenständen gesorgt wird.

(ii) eine Initiative für die gegenseitige Anerkennung von Anordnungen zur
Beweiserhebung: Die Kommission gab während der Verhandlungen über den
Rahmenbeschluss über Sicherstellungsanordnungen bekannt, dass sie einen
Vorschlag zu diesem Thema vorlegen werde. Dieser Vorschlag wurde daher in
das Arbeitsprogramm der Kommission für 200314 aufgenommen.

1.6. Zielsetzung und Anwendungsbereich des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses

28. Dieser Vorschlag für einen Rahmenbeschluss ergänzt den Rahmenbeschluss über
Sicherstellungsentscheidungen, indem er den Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung auf Anordnungen mit dem konkreten Ziel der Erlangung von Sachen,
Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren anwendet. Mit der
Europäischen Beweisanordnung wird es möglich sein, Beweismittel auf einheitliche,
schnelle und effektive Weise zu erlangen und dem ersuchenden Staat zu übergeben.
Der Erlass einer vorherigen Sicherstellungsentscheidung wird nicht nötig sein.

29. Der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss gilt für Sachen, Schriftstücke oder Daten,
die im Rahmen von verschiedenen prozessualen Befugnissen erlangt wurden,
darunter Beschlagnahme-, Vorlage- oder Durchsuchungsbefugnisse. Mit der
Europäischen Beweisanordnung wird jedoch nicht beabsichtigt, die Vernehmung von
Verdächtigen, die Aufnahme von Aussagen oder die Anhörung von Zeugen und
Opfern zu veranlassen. Hierfür sind gesonderte Überlegungen nötig. Insbesondere
verabschiedete die Kommission im Februar 2003 ein Grünbuch über
Verfahrensgarantien in Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union15 und wird
ihre Arbeit zu anderen Aspekten der Erlangung von Beweismitteln von
Verdächtigen, Angeklagten, Opfern und Zeugen im Jahr 2003 fortführen. Ebenfalls
vom Anwendungsbereich der Europäischen Beweisanordnung ausgenommen ist die
Entnahme von Beweismitteln aus dem Körper einer Person, insbesondere DNA-
Proben.

30. Die Europäische Beweisanordnung soll auch nicht der Veranlassung prozessualer
Ermittlungshandlungen dienen, die auf die Erlangung von Beweismitteln in Echtzeit

13 ABl. C 184 vom 2.8.2002, S. 8.
14 Einsehbar unter: http://europa.eu.int/comm/off/work_programme/index_de.htm
15 KOM(2003) 75 endg. vom 19.2.2003.

Drucksache 15/3831 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

gerichtet sind, wie die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs und von
Kontobewegungen. Diese speziellen Formen der Zusammenarbeit waren unlängst
Gegenstand eingehender Diskussionen im Rat. Zur Überwachung des
Telekommunikationsverkehrs sind spezielle Vorschriften im EU-Übereinkommen
aus dem Jahr 200016 enthalten, während die Zusammenarbeit in Bezug auf die
Überwachung von Kontobewegungen in Artikel3 des Protokolls aus dem Jahr 2001
zu dem Übereinkommen17 geregelt ist. Das Übereinkommen und dessen Protokoll
sind noch nicht in Kraft getreten. Zur Rechtshilfe im Zusammenhang mit Auskünften
über Bankkonten wird jedoch vorgeschlagen, dass die Europäische Beweisanordnung
für Auskunftsersuchen in Bezug auf Bewegungen verwendet wird, die während eines
festgelegten Zeitraums auf einem bestimmten Bankkonto stattgefunden haben. Eine
derartige Rechtshilfe ist im Übereinkommen von 1959 vorgesehen und wurde durch
Artikel 2 des Protokolls von 2001 klarer gefasst.

31. Die Europäische Beweisanordnung soll auch nicht der Erlangung von Beweismitteln
dienen, die sich erst aus weiteren Untersuchungen und Analysen ergeben können. Sie
könnte daher nicht dazu verwendet werden, die Anfertigung eines
Sachverständigengutachtens zu verlangen. Auch könnte sie beispielsweise nicht dazu
herangezogen werden, um von einer Vollstreckungsbehörde zu verlangen, einen
rechnergestützten Datenvergleich (Computerabgleich) zur Identifizierung einer
Person vorzunehmen. Umgekehrt ist die Europäische Beweisanordnung dann zu
verwenden, wenn die Beweismittel in dem Vollstreckungsstaat unmittelbar verfügbar
sind, beispielsweise durch Auszug der jeweiligen Angaben aus einem Register (z. B.
aus einem Strafregister). Ebenso ist die Europäische Beweisanordnung dann
heranzuziehen, wenn um Angaben zu Bankkonten ersucht wird (wie dies auch in
Artikel 1 des Protokolls von 2001 vorgesehen ist), sofern diese Daten in dem
ersuchten Staat zur Verfügung stehen.

32. Die Europäische Beweisanordnung kann zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken
oder Daten, die in die ausgeschlossenen Kategorien fallen, trotzdem unter der
Voraussetzung genutzt werden, dass diese Beweismittel bereits vor Erlass der
Anordnung erhoben worden sind. In derartigen Fällen wird es möglich sein,
bestehende Protokolle von überwachtem Telekommunikationsverkehr, von
Überwachungsmaßnahmen, von Vernehmungen Verdächtiger und von
Zeugenaussagen sowie die Ergebnisse von DNA-Tests zu erlangen.

33. Da der Vorschlag für einen Rahmenbeschluss die bestehenden Rechtshilferegelungen
ersetzen soll, soll sein Anwendungsbereich dem des EU-Übereinkommens aus dem
Jahr 2000 entsprechen. Dies bedeutet, dass die Europäische Beweisanordnung
anwendbar sein soll auf

(a) jede Art von Straftat und

(b) Taten, die nach dem innerstaatlichen Recht des Anordnungsstaats als
Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften geahndet werden, sofern gegen

16 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

17 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung – gemäß Artikel 34 des Vertrags über
die Europäische Union - des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/3831

die Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen
werden kann.

1.7. Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von
Beweisanordnungen

34. Der Vorschlag der Kommission zur Einführung einer Europäischen
Beweisanordnung verfolgt bei der gegenseitigen Anerkennung denselben Ansatz wie
der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl18. Dies hat gegenüber dem
Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen mehrere Vorteile.

35. Erstens ist er praxisbezogener. So dürfte eine Europäische Beweisanordnung zu einer
schnelleren und effektiveren Zusammenarbeit führen als ein System gegenseitiger
Anerkennung, das auf einer Kombination aus einzelstaatlicher Anordnung und
europäischer Bescheinigung beruht. Die Europäische Beweisanordnung ist ein
einziges Dokument, das von der Anordnungsbehörde in eine Amtssprache des
Vollstreckungsstaats übersetzt wurde. Darüber hinausgehende Übersetzungen sind
nicht erforderlich. Demgegenüber beruht der Rahmenbeschluss über
Sicherstellungsentscheidungen auf der gegenseitigen Anerkennung einzelstaatlicher
Anordnungen, die um eine einheitliche europäische Bescheinigung in Form eines
Anhangs zum Rahmenbeschluss ergänzt werden. Zwar ist der Anordnungsstaat
lediglich zu einer Übersetzung der Bescheinigung in eine Amtssprache des
Vollstreckungsstaats verpflichtet, in der Praxis dürften viele
Vollstreckungsmitgliedstaaten jedoch auch eine Übersetzung der ursprünglichen
einzelstaatlichen Anordnung für erforderlich halten. Diese zusätzliche Übersetzung
dürfte die Zusammenarbeit verzögern.

36. Zweitens hat der Begriff „Anordnung zur Erlangung von Beweismitteln“ – wie in
Abschnitt 1.1 ausgeführt – in den prozessualen Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen. Er kann von einem
staatsanwaltlichen Ersuchen um Offenlegung von Beweismitteln bis hin zu stärkeren
Zwangsmaßnahmen reichen, beispielsweise eine gerichtliche Verfügung, die zum
Zweck des Betretens und der Durchsuchung privater Räumlichkeiten erlassen wurde.
Die gegenseitige Anerkennung spezieller Arten einzelstaatlicher Anordnungen zur
Erlangung von Beweismitteln könnte daher dazu führen, dass der
Vollstreckungsstaat verpflichtet wäre, eine Durchsuchung und Beschlagnahme in
Fällen vorzunehmen, in denen er normalerweise weniger einschneidende
Maßnahmen anwenden würde, beispielsweise allgemeine staatsanwaltschaftliche
Befugnisse oder eine Vorlageanordnung.

37. Aus diesem Grund wird nach dem Vorschlag für eine Europäische Beweisanordnung
dem Anordnungsstaat nur die Festlegung des zu erreichenden Ziels gestattet (d. h.
die Erlangung eines bestimmten Beweismittels), und dem Vollstreckungsstaat bleibt
es überlassen, sich das Beweismittel in Übereinstimmung mit seinem
einzelstaatlichen Prozessrecht zu verschaffen. Auch wenn die Erlangung des
Beweismittels nach der Europäischen Beweisanordnung verbindlich vorgeschrieben
ist, bleibt es dem Vollstreckungsstaat überlassen, anhand der vom Anordnungsstaat
mitgeteilten Informationen die angemessenste Vorgehensweise für die Erlangung des

18 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beweismittels in Übereinstimmung mit seinem einzelstaatlichen Prozessrecht
festzulegen.

1.8. Ersetzung der Rechtshilfe durch die gegenseitige Anerkennung

38. Ungeachtet der Vorteile der vorgeschlagenen Europäischen Beweisanordnung ist
man in der Praxis nach wie vor auf vielfältige Instrumente der Zusammenarbeit
angewiesen, um Beweismittel aus anderen Mitgliedstaaten zu erlangen. In der Tat ist
mit der vorgeschlagenen Europäischen Beweisanordnung die Gefahr verbunden, dass
man in der Praxis für unterschiedliche Aspekte desselben Falles auf
verschiedenartige Instrumente zurückgreifen muss (z. B. bei Sachen und
Schriftstücken auf eine Europäische Beweisanordnung, bei der Aufnahme von
Zeugenaussagen jedoch auf ein Rechtshilfeersuchen).

39. Daher ist klarzustellen, dass die Europäische Beweisanordnung nach Auffassung der
Kommission den ersten Schritt auf dem Weg zu einer einzigen Regelung auf der
Grundlage der gegenseitigen Anerkennung darstellt, die zu gegebener Zeit alle
bestehenden Rechtshilferegelungen ersetzen würde. Der Weg dahin könnte
folgendermaßen aussehen:

– Der erste Schritt wäre die vorgeschlagene Europäische Beweisanordnung,
welche die Erhebung von Beweismitteln vorsieht, die bereits vorhanden und
unmittelbar verfügbar sind.

– Der nächste Schritt wäre, die gegenseitige Anerkennung von Anordnungen zur
Erlangung anderer Arten von Beweisen vorzusehen. Diese lassen sich in zwei
Kategorien unterteilen:

– Erstens gibt es Beweismittel, die noch nicht vorliegen, aber ohne
Weiteres erhoben werden können. Hierzu zählen die Beweisaufnahme in
Form von Vernehmungen von Verdächtigen, Zeugen oder
Sachverständigen und die Beweisaufnahme durch eine Überwachung von
Telefongesprächen oder Kontobewegungen.

– Zweitens gibt es Beweismittel, die zwar bereits vorhanden sind, jedoch
ohne weitere Untersuchungen und Analysen nicht unmittelbar erhoben
werden können. Hierzu zählt die Beweisaufnahme aus dem Körper einer
Person (z. B. DNA-Proben). Diese Kategorie umfasst auch Fälle, in
denen weitere Ermittlungen erforderlich sind, insbesondere durch das
Sammeln oder Untersuchen vorhandener Sachen, Schriftstücke oder
Daten. Ein Beispiel hierfür ist die Anforderung eines
Sachverständigengutachtens.

– Als letzter Schritt könnten diese separaten Instrumente zu einem einzigen
gemeinsamen Instrument zusammengeführt werden, das einen allgemeinen
Teil aufweist, in dem die für alle Arten der Zusammenarbeit geltenden
Bestimmungen aufgeführt sind.

40. Ein derartiges einziges gemeinsames Instrument würde innerhalb der EU die
Rechtshilfe in derselben Weise ersetzen wie der Europäische Haftbefehl die
Auslieferung ersetzen wird. Das derzeit vorhandene Mosaik internationaler und EU-
weiter Übereinkommen, in denen die grenzübergreifende Beweismittelerhebung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/3831

innerhalb der EU geregelt ist, würde damit durch eine einzige EU-Regelung ersetzt.
Die unmittelbare Erreichung dieses Endziels mit Hilfe eines einzigen Rechtsakts
wäre jedoch unverhältnismäßig komplex. Der vorliegende Vorschlag beschränkt sich
daher auf einen ersten Schritt.

1.9. Mindestschutzgarantien

41. Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union sieht vor, dass die Union die
Grundrechte achtet, wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben. Ferner nahmen die
Europäische Kommission, der Rat und das Parlament im Dezember 2000 die
gemeinsame Unterzeichnung und feierliche Proklamation der EU-Charta der
Grundrechte vor. Die Charta umfasst das gesamte Spektrum der bürgerlichen,
politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte der EU-Bürger, indem die den
Mitgliedstaaten gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen und internationalen
Verpflichtungen zusammengefasst werden. Sie stellt sicher, dass die Achtung der
Grundrechte das Fundament aller europäischen Rechtsvorschriften bildet.

42. Der Europäische Gerichtshof hat die Bedeutung des gegenseitigen Vertrauens, das
die Grundlage für den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bildet, unlängst in
einer Entscheidung anerkannt, in der er ausgeführt hat, das in Artikel 54 des
Schengen-Durchführungsübereinkommens von 1990 aufgestellte Verbot der
Doppelbestrafung impliziere, dass „ein gegenseitiges Vertrauen der Mitgliedstaaten
in ihre jeweiligen Strafjustizsysteme besteht und dass jeder Mitgliedstaat die
Anwendung des in den anderen Mitgliedstaaten geltenden Strafrechts akzeptiert,
auch wenn die Anwendung seines eigenen nationalen Rechts zu einem anderen
Ergebnis führen würde.“19 Das Verbot der Doppelbestrafung stellt eine
Schutzgarantie dar, wobei Artikel 54 deren Anwendung nicht von der Voraussetzung
abhängig macht, dass die strafrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten einander
angenähert wurden. Im anders gelagerten Bereich der justiziellen Zusammenarbeit –
insbesondere in Fällen, in denen Zwangsmaßnahmen ins Auge gefasst werden –
vertritt die Kommission allerdings die Auffassung, dass gegenseitiges Vertrauen
durch gezielte Maßnahmen auf EU-Ebene gefördert werden sollte, um auf diese
Weise ein gemeinsames Mindestniveau an Schutzgarantien zu erreichen.

43. In der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom
26. Juli 2000 über die gegenseitige Anerkennung von Endentscheidungen in
Strafsachen20 wird die Position vertreten, es müsse „sichergestellt werden, dass die
Behandlung verdächtiger Personen und die Wahrung der Verteidigungsrechte durch
die Anwendung dieses Grundsatzes [der gegenseitigen Anerkennung] nicht nur nicht
beeinträchtigt, sondern sogar verbessert würden“.

44. Dies wird in dem vom Rat und von der Kommission verabschiedeten
Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen21 bestätigt, worin erklärt
wird, dass „die gegenseitige Anerkennung eng verknüpft ist mit bestimmten

19 EuGH 11. Februar 2003, Strafverfahren gegen Gözütok und Brügge, verbundene Rechtssachen
C-187/01 und C-385/01, Randnummer 33.

20 KOM(2000) 495 endg. vom 26.7.2000.
21 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 10.

Drucksache 15/3831 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Parametern, die für die Effizienz des Verfahrens ausschlaggebend sind“, darunter die
„Festlegung der gemeinsamen Mindestnormen, deren es zur Erleichterung der
Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung bedarf“.

45. Zur Fortführung dieser Verpflichtungen verabschiedete die Kommission im Februar
2003 ein Grünbuch über Verfahrensgarantien in Strafverfahren22. In dem Grünbuch
wird unterstrichen, die Mitgliedstaaten der EU ebenso wie alle Beitritts- und
Bewerberländer hätten die in diesem Bereich wichtigste Übereinkunft, nämlich die
Europäische Menschenrechtskonvention, unterzeichnet, so dass die Grundlage für
vertrauensbildende Maßnahmen bereits gegeben sei. Dessen ungeachtet wird in dem
Grünbuch ausgeführt, unterschiedliche Praktiken könnten das gegenseitige Vertrauen
gefährden. Dies rechtfertige ein Tätigwerden der EU nach Artikel 31 EUV.

46. Das Grünbuch befasst sich nicht mit der Frage prozessualer Schutzgarantien bei der
Erlangung von Beweismitteln mit Hilfe der unter den vorliegenden Rahmenbeschluss
fallenden Zwangsbefugnisse. Allerdings enthält der vorliegende Vorschlag im
Einklang mit dem allgemeinen Ansatz, der in dem Grünbuch beschrieben ist,
konkrete Schutzgarantien für den Anordnungsstaat wie für den Vollstreckungsstaat,
um die Wirksamkeit, die einheitliche Anwendung und den Bekanntheitsgrad von
einigen der für die Erlangung von Beweismitteln auf EU-Ebene relevanten Normen
zu verbessern.

47. Im Anordnungsstaat sind als anordnende Justizbehörden ausschließlich Richter,
Ermittlungsrichter und Staatsanwälte zulässig. Zudem ist beim Umgang mit
Beweismitteln, die in einem anderen Mitgliedstaat erlangt wurden, die
Gleichwertigkeit mit dem inländischen Strafprozessrecht des Anordnungsstaats
sicherzustellen. Aus diesem Grund muss sich die Justizbehörde, die eine Europäische
Beweisanordnung erlässt, davon überzeugt haben, dass sie die Sachen, Schriftstücke
oder Daten unter ähnlichen Umständen auch erlangen könnte, wenn sie sich im
Hoheitsgebiet ihres eigenen Mitgliedstaats befinden würden. Dies verhindert, dass
die Europäische Beweisanordnung zur Umgehung innerstaatlicher Schutzgarantien
für die Erlangung von Beweismitteln verwendet wird. Damit wird beispielsweise
ausgeschlossen, dass die Europäische Beweisanordnung dazu herangezogen wird,
um vom Vollstreckungsstaat Sachen, Schriftstücke oder Daten zu erlangen, die im
Anordnungsstaat unmöglich zu erlangen wären, weil sie durch anwaltliche, ärztliche
oder journalistische Vorrechte geschützt sind.

48. Im Vollstreckungsstaat ist dafür zu sorgen, dass das Grundrecht, sich nicht selbst
belasten zu müssen, geschützt wird; zudem sind zusätzliche Schutzgarantien in
Bezug auf Durchsuchung und Beschlagnahme vorzusehen. Werden zur Erlangung
der Beweismittel Zwangsmaßnahmen angewandt, so ist es von wesentlicher
Bedeutung, dass sowohl im Anordnungsstaat als auch im Vollstreckungsstaat
wirksame Rechtsmittel vorhanden sind. Weitere Schutzgarantien sind in den
Gründen für eine Versagung der Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung
verankert.

22 KOM(2003) 75 endg. vom 19.2.2003.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/3831

1.10. Erlangung amtlicher Unterlagen zu strafrechtlichen Verurteilungen

49. In ihrer Mitteilung über die gegenseitige Anerkennung23 nannte Kommission die
Notwendigkeit, von Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten in Kenntnis gesetzt
zu werden. Als ersten Schritt schlug die Kommission vor, dass „europaweit
einheitliche mehrsprachige Formblätter erarbeitet werden, mit denen Informationen
über bestehende strafrechtliche Verurteilungen eingeholt werden könnten. Mit Hilfe
dieser Formblätter könnten Praktiker ein Informationsersuchen an die zuständigen
(wenn möglich zentralen) Behörden aller anderen EU-Mitgliedstaaten senden, um
herauszufinden, ob die Person, mit der sie es zu tun haben, dort bereits verurteilt
worden ist.“

50. Dies spiegelte sich später auch in Maßnahme 3 des Maßnahmenprogramms zur
gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen wider24:

„Maßnahme Nr. 3: Zur Erleichterung des Informationsaustausches sollte ein
Standardformular für Auskunftsersuchen über Vorstrafen in den Amtssprachen der
Union erstellt werden“.

51. Das Übereinkommen von 195925 sorgt für einen grundsätzlichen Rahmen für den
Austausch von Angaben zu Vorstrafen zwischen Justizbehörden. Es sieht zwei Arten
des Austauschs vor: auf ein Ersuchen hin bereitzustellende Auskünfte (Artikel 13)
sowie die automatische Mitteilung strafrechtlicher Verurteilungen von
Staatsangehörigen anderer Vertragsparteien (Artikel 22). Durch Artikel 4 des
Zusatzprotokolls von 197826 zu dem Übereinkommen von 1959 wurde Artikel 22 um
einen zweiten Absatz ergänzt, der vorsieht, dass nach einer automatischen Mitteilung
nach dem ersten Absatz von Artikel 22 – wiederum auf Ersuchen – Auskünfte
bereitzustellen sind.

52. In Artikel 13 Absatz 1 des Übereinkommens von 1959 heißt es, der „ersuchte Staat
übermittelt von den Justizbehörden einer Vertragspartei für eine Strafsache erbetene
Auszüge aus dem Strafregister und auf dieses bezügliche Auskünfte in dem Umfang,
in dem seine Justizbehörden sie in ähnlichen Fällen selbst erhalten könnten“. Unter
dem Ausdruck „Strafregister“ sind Register strafrechtlicher Verurteilungen zu
verstehen.

53. Nachdem die Kommission die Möglichkeit einer separaten Initiative zugunsten eines
Standardformulars für Strafregisteranfragen in Erwägung gezogen hatte, ist sie zu
dem Schluss gelangt, dass es am zweckmäßigsten ist, wenn das Standardformular für
Strafregisteranfragen mit diesem Rahmenbeschluss zur Erlangung von Sachen,
Schriftstücken und sonstigen Daten zusammengefasst wird. Daher wird
vorgeschlagen, diesen Rahmenbeschluss zur Umsetzung von Maßnahme 3 des
Maßnahmenprogramms zur gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher
Entscheidungen in Strafsachen zu verwenden.

54. Dies bedeutet, dass die bestehenden Rechtshilferegelungen für Strafregisterauszüge
durch ein System ersetzt werden sollen, demzufolge der Vollstreckungsstaat zur

23 KOM(2000) 495 endg. vom 26.7.2000.
24 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 10.
25 Europarat, European Treaty Series Nr. 30.
26 Europarat, European Treaty Series Nr. 99.

Drucksache 15/3831 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Vorlage von Auszügen aus derartigen Registern verpflichtet ist. Das Verfahren zur
Erlangung dieser Register wird dabei dasselbe sein wie für allgemeinere
Schriftstücke auf der Grundlage der Europäischen Beweisanordnung. Nach diesem
Vorschlag soll daher vorgeschrieben werden, dass die in einem bestimmten
Mitgliedstaat geführten Strafregister für Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaats
in Bezug auf jede verfahrenserhebliche Person zur Verfügung stehen, und zwar in
jeder Phase des betreffenden Verfahrens (Ermittlungsverfahren, Verurteilung und
nachfolgende Vollstreckung der Strafe).

55. Es wird vorgeschlagen, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, eine „zentrale
Strafregisterbehörde“ einzurichten, die für die Bearbeitung von europäischen
Anordnungen zur Vorlage von Strafregisterauszügen zuständig ist. In Fällen, in
denen sich das Auskunftsersuchen ausschließlich auf ein Strafregister bezieht,
übersendet die Anordnungsbehörde das diesem Rahmenbeschluss als Anhang
beigefügte Formblatt unmittelbar an die zentrale Strafregisterbehörde. Allerdings
kann es in Situationen, in denen sich die Anordnungsbehörde um eine Vielzahl von
Sachen, Schriftstücken oder Daten einschließlich eines Strafregisterauszugs bemüht,
zweckmäßiger sein, wenn eine Justizbehörde des Vollstreckungsstaats die Erhebung
dieser Beweismittel koordiniert und somit auch die Erlangung des
Strafregisterauszugs von der Zentralbehörde übernimmt. Somit ist Flexibilität
gefragt, damit die Anordnungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde in derartigen
Fällen die geeignetste Möglichkeit zur Zusammenarbeit bestimmen können.

1.11. Gegenseitige Zulassung der Beweise

56. Der Europäische Rat von 1999 in Tampere kam zu folgendem Schluss: „Von den
Behörden eines Mitgliedstaats rechtmäßig erhobene Beweise sollten vor den
Gerichten anderer Mitgliedstaaten zugelassen sein, wobei den dort geltenden
Normen Rechnung zu tragen ist“.

57. Im Grünbuch der Kommission über die Europäische Staatsanwaltschaft 27 wurde die
Frage der gegenseitigen Zulassung von Beweismitteln behandelt. Zusammenfassend
kam das Grünbuch zu folgendem Schluss: „Die gegenseitige Zulassung der Beweise
setzt voraus, dass diese in dem Mitgliedstaat, in dem sie sich befinden, rechtmäßig
erhoben wurden. Sollen Beweise zulässig sein, muss vor allem das nationale Recht
des Ortes eingehalten werden, in dem sich die Beweise befinden.“ Zu der in dem
Grünbuch gestellten Frage der gegenseitigen Zulassung von Beweismitteln gingen
mehrere Stellungnahmen ein28. Diese Frage wurde auch bei der öffentlichen
Anhörung zur Europäischen Staatsanwaltschaft am 16. und 17. September 2002 und
in späteren Veranstaltungen erörtert.

58. Der vorliegende Vorschlag für einen Rahmenbeschluss befasst sich nicht unmittelbar
mit der Frage der gegenseitigen Zulassung von Beweismitteln. Dies ist darauf
zurückzuführen, dass sich aus den Beratungen mit Sachverständigen Bedarf nach
weiteren Vorbereitungsarbeiten ergeben hat. Dessen ungeachtet soll jedoch mit dem
Vorschlag die Zulassung von Beweismitteln aus dem Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats erleichtert werden.

27 KOM(2001) 715 endg. vom 11.12.2001.
28 Folgebericht zum Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen

Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, KOM(2003) 128 endg.,
19.3.2003, S. 18.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/3831

59. Dies soll erstens dadurch geschehen, dass zum Schutz von Grundrechten gewisse
Verfahrensgarantien berücksichtigt werden.

60. Zweitens soll die Zulassung dadurch erleichtert werden, dass das Konzept von
Artikel 4 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr 200029 beibehalten und präzisiert
wird. Darin ist ein neuer Grundsatz geregelt, wonach der ersuchte Mitgliedstaat die
Rechtshilfe so weit wie möglich in Übereinstimmung mit den vom ersuchenden
Mitgliedstaat ausdrücklich angegebenen Formvorschriften und Verfahren leisten
muss. Der ersuchte Staat kann die Erfüllung dieser Anforderungen nur in Fällen
versagen, in denen dies den Grundprinzipien seines Rechts zuwiderlaufen würde
oder wenn in dem Übereinkommen ausdrücklich festgestellt wird, dass die
Vollstreckung durch das Recht des ersuchten Staates geregelt wird. Dies entspricht
auch dem Konzept der Verordnung des Rates über die Beweisaufnahme in Zivil-
oder Handelssachen30. In Bezug auf vier konkrete Formalitäten (Buchstaben a) bis d)
von Artikel 13), die von der Anordnungsbehörde verlangt werden können, geht
dieser Rahmenbeschluss insofern weiter als das EU-Übereinkommen aus dem Jahr
2000, als die Möglichkeit aufgehoben wird, die Erfüllung dieser Formalitäten zu
versagen.

61. Drittens wird – wie oben ausgeführt – vorgeschlagen, dass eine Europäische
Beweisanordnung nur erlassen werden soll, wenn sich die Justizbehörde davon
überzeugt hat, dass die Sachen, Schriftstücke oder Daten unter ähnlichen Umständen
auch erlangt werden könnten, wenn sie sich auf dem Hoheitsgebiet ihres eigenen
Mitgliedstaats befinden würden. Dies dürfte auch die spätere Zulassung der Sachen,
Schriftstücke oder Daten als Beweismittel in Verfahren in dem Anordnungsstaat
erleichtern.

62. Viertens besteht die Verpflichtung, die Anordnungsbehörde sofort zu unterrichten,
wenn die Anordnung nach Ansicht der Vollstreckungsbehörde in einer Weise
vollstreckt wurde, die ihrem innerstaatlichen Recht zuwiderläuft. Dies dürfte
zusätzlich dafür sorgen, dass die Beweismittel rechtmäßig erlangt wurden, und ihre
Zulassung bei den Gerichten des Anordnungsstaats ebenfalls erleichtern.

1.12. Fragen der Zuständigkeit im Zusammenhang mit Computerdaten

63. Die Europäische Beweisanordnung wird für Schriftstücke und Daten verwendet
werden können, die in elektronisch gespeicherter Form vorliegen. De facto kann
durchaus davon ausgegangen werden, dass sich eine erhebliche Anzahl der Fälle, in
denen die Beweisanordnung verwendet wird, auf Computerdaten beziehen wird.

64. Grundsätzlich sollte zwischen einem in elektronischer Form gespeicherten
Dokument und einem in physischer Form aufbewahrten Schriftstück kein
Unterschied bestehen. Es gibt jedoch einen Unterschied hinsichtlich der
Zuständigkeit. Beispielsweise dürften manche multinationale Unternehmen die
Computerdaten ihrer Kunden auf einem Server speichern, der sich in einem anderen
Mitgliedstaat befindet. Der Anordnungsstaat wird die Europäische Beweisanordnung

29 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

30 Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den
Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Ziv il- oder Handelssachen,
ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

vermutlich an den Mitgliedstaat richten, in dem sich der Kunde befindet, und nicht
an den Mitgliedstaat, in dem sich der Server befindet. In derartigen Fällen muss
Rechtsklarheit darüber bestehen, dass die Beweismittel erlangt werden können, ohne
dass das Einverständnis des Mitgliedstaats eingeholt werden muss, in dem sich der
Server befindet. Dadurch wird die Effizienz grenzübergreifender Ermittlungen
sichergestellt und Rechtssicherheit für die Wirtschaft geschaffen.

65. Diese Fragen wurden im Kontext des Europarat-Übereinkommens zur
Cyberkriminalität erörtert (und in gewissem Maße wurden dabei auch Lösungen
gefunden) 31. Insbesondere Artikel 18 des Übereinkommens sieht eine Anordnung
vor, mit der die Vorlage bestimmter Computerdaten verlangt werden kann, die sich
„im Besitz oder unter der Kontrolle“ einer Person befinden, oder mit der von einem
Dienstleister, der seine Dienste im Hoheitsgebiet eine r Partei anbietet, verlangt
werden kann, Teilnehmerinformationen im Zusammenhang mit derartigen Diensten,
die sich „im Besitz oder unter der Kontrolle“ dieses Dienstleisters befinden,
vorzulegen. In der Begründung zu dem Übereinkommen heißt es, dies solle Fälle
abdecken, in denen sich die vorzulegenden Daten nicht im physischen Besitz der
Person befinden, die Person jedoch über die Vorlage der Daten vom Hoheitsgebiet
des Staates aus frei bestimmen kann.

66. Mit diesem Rahmenbeschluss soll über das Übereinkommen zur Cyberkriminalität
insoweit hinausgegangen werden, als eine Reihe von Zuständigkeitsfragen im
Zusammenhang mit der Erlangung von Computerdaten geklärt werden, die auf
Servern innerhalb der Europäischen Union abgelegt sind. Er stellt klar, dass es
rechtmäßig ist, wenn der Vollstreckungsstaat Computerdaten erlangt, die von seinem
Hoheitsgebiet aus rechtmäßig zugänglich sind und sich auf Leistungen beziehen, die
für sein Hoheitsgebiet bereitgestellt werden, auch wenn sie im Hoheitsgebiet eines
anderen Mitgliedstaats gespeichert werden. Der Rahmenbeschluss gilt unbeschadet
anderer Zuständigkeitsfragen in Bezug auf Computerdaten, insbesondere wenn
Drittländer betroffen sind.

2. RECHTSGRUNDLAGE

67. Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist Artikel31 des Vertrags über die Europäische
Union in der Fassung des Vertrags von Nizza, worin das gemeinsame Vorgehen im
Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen behandelt wird. Er bezweckt
„die Erleichterung und Beschleunigung der Zusammenarbeit zwischen den
zuständigen Ministerien und den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der
Mitgliedstaaten, auch unter Einschaltung von Eurojust, wenn sich dies als
zweckmäßig erweist, bei Gerichtsverfahren und der Vollstreckung von
Entscheidungen“ (Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe a)). Zudem sieht er „die
Gewährleistung der Vereinbarkeit der jeweils geltenden Vorschriften der
Mitgliedstaaten untereinander, soweit dies zur Verbesserung dieser Zusammenarbeit
erforderlich ist“, vor (Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe c, insbesondere durch die
Angleichung eines Mindestmaßes an Verfahrensvorschriften in den Mitgliedstaaten,
um das gegenseitige Vertrauen zu stärken. Mit dem Rahmenbeschluss soll auch die
Zusammenarbeit im Rahmen von Eurojust und des Europäischen Justiziellen Netzes
im Einklang mit Artikel 31 Absatz2 EU-Vertrag gefördert werden.

31 Europarat, European Treaty Series Nr. 185.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/3831

68. Nach Auffassung der Kommission stellt dieser Vorschlag eine Weiterentwicklung
des Besitzstands von Schengen dar32. Er baut insofern auf Artikel 51 des Schengen-
Durchführungsübereinkommens 33 auf, als er die Zusammenarbeit in Bezug auf
Durchsuchung und Beschlagnahme verbessert. Darüber hinaus enthält er
Bestimmungen, die auf den Artikeln 3, 6 und 23 des EU-Übereinkommens aus dem
Jahr 2000 beruhen34, die laut Ratsbeschluss ausnahmslos Weiterentwicklungen des
Schengen-Besitzstands darstellen.

3. MITTELAUSSTATTUNG

69. Die Umsetzung des vorgeschlagenen Rahmenbeschlusses würde die Haushalte der
Mitgliedstaaten oder den Haushalt der Europäischen Gemeinschaften nicht mit
zusätzlichen operativen Aufwendungen belasten.

4. BEGRÜNDUNG DER ARTIKEL

Titel I – Die Europäische Beweisanordnung

Artikel 1 – Definition der Europäischen Beweisanordnung und
Vollstreckungsverpflichtung

70. In diesem Artikel wird derselbe Ansatz verfolgt wie in Artikel 1 des
Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl35. Darin ist festgelegt, dass es
sich bei der Europäischen Beweisanordnung um eine justizielle Entscheidung
handelt, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und die Erlangung von Sachen,
Schriftstücken und Daten von einem anderen Mitgliedstaat für die in Artikel4
genannten Verfahren bezweckt. Er enthält eine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten,
auf der Basis des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung die Europäische
Beweisanordnung zu vollstrecken.

Artikel 2 – Begriffsbestimmungen

71. Dieser Artikel enthält Begriffsbestimmungen der Ausdrücke „Anordnungsstaat“,
„Vollstreckungsstaat“, „Anordnungsbehörde“ und „Vollstreckungsbehörde“. Es ist
zu beachten, dass es sich bei der Anordnungsbehörde um einen Richter,
Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt handeln muss. Anderen zuständigen Behörden
(darunter Polizei-, Zoll- und Verwaltungsbehörden) ist der Erlass einer Europäischen

32 Mit der Folge, dass Island und Norwegen assoziiert werden müssen: Übereinkommen zwischen dem
Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die
Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des
Schengen-Besitzstands, ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36; Beschluss des Rates vom 17. Mai 1999 zum
Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der
Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung
dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen- Besitzstands,
ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

33 Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom
14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.
ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19.

34 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

35 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beweisanordnung nicht gestattet. Derartige Behörden müssen für eine Europäische
Beweisanordnung einen richterlichen, ermittlungsrichterlichen oder
staatsanwaltschaftlichen Beschluss erwirken.

72. Zur Hilfestellung bei der Auslegung von Titel IV über die Zuständigkeit bei der
Erlangung von Daten über elektronische Kommunikationsnetze enthält dieser Artikel
auch Begriffsbestimmungen für „Informationssystem“ und „Computerdaten“, die
dem Entwurf des Rahmenbeschlusses über Angriffe auf Informationssysteme36

entnommen wurden. Er enthält zudem eine Begriffsbestimmung für „elektronisches
Kommunikationsnetz“, die derjenigen in der EG-Richtlinie von 2002 über einen
gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste37

entspricht.

73. Schließlich definiert dieser Artikel „Straftat“ als strafrechtliches Delikt oder
Handlung, die nach dem einzelstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaats als
Zuwiderhandlung gegen die Rechtsvorschriften geahndet wird, sofern gegen die
Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.
Dies bedeutet, dass Zuwiderhandlungen, die unter die bestehenden Regelungen zur
beiderseitigen Strafbarkeit nach Artikel51 des Schengen-
Durchführungsübereinkommens von 199038 fallen, auch den im vorliegenden
Vorschlag enthaltenen Regelungen zur beiderseitigen Strafbarkeit (Artikel 16 und
24) unterliegen.

Artikel 3 – Art der Sachen, Schriftstücke und Daten

74. Dieser Artikel regelt die Arten von Sachen, Schriftstücken oder Daten, für die eine
Europäische Beweisanordnung erlassen werden kann. Hierunter fallen alle Sachen,
Schriftstücke oder Daten, die in den in Artikel 4 genannten Verfahren verwendet
werden können. Dem Artikel liegt die Beweismitteldefinition zugrunde, die im
Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen enthalten ist.

75. Die Europäische Beweisanordnung darf jedoch nicht zur Veranlassung folgender
Maßnahmen verwendet werden:

(a) die Beweisaufnahme in Form von Vernehmungen, Aussagen oder Anhörungen
(einschließlich Telefonkonferenzen und Videokonferenzen) von Verdächtigen,
Zeugen, Sachverständigen oder Dritten;

(b) die Entnahme von Beweismitteln aus dem Körper einer Person, insbesondere
DNA-Proben (sei aus den Haaren, dem Mund oder dem Blut der Person);

(c) Erhebung von Beweismitteln in Echtzeit wie die Überwachung des
Telekommunikationsverkehrs, verdeckte Überwachungsmaßnahmen oder die
Überwachung von Kontobewegungen, sowie

36 Zu diesem Rahmenbeschluss (einschließlich seiner Begriffsbestimmungen) wurde auf der Ratstagung
Justiz und Inneres am 27. und 28. Februar 2003 Konsens erzielt.

37 Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen
gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie ),
ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33.

38 Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom
14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.
ABl. L 239 vom 22.09.2000, S. 19.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 29 – Drucksache 15/3831

(d) Fälle, in denen weitere Ermittlungen erforderlich sind, insbesondere durch das
Sammeln oder Untersuchen vorhandener Sachen, Schriftstücke oder Daten.

76. Die Zusammenarbeit bei der Erhebung derartiger Beweismittel ist durch bestehende
Rechtshilfeabkommen geregelt, insbesondere das EU-Übereinkommen aus dem Jahr
200039 und dessen Protokoll von 200140. Zu gegebener Zeit werden diese Formen der
Zusammenarbeit durch eine Regelung ersetzt werden müssen, die auf dem Grundsatz
der gegenseitigen Anerkennung beruht. Dies ist jedoch nicht Zweck dieses
Rahmenbeschlusses.

77. Dessen ungeachtet gestattet dieser Artikel durchaus, dass die Europäische
Beweisanordnung zur Erlangung von unter diese Kategorien fallenden Beweismitteln
verwendet wird, die vor Erlass der Beweisanordnung erhoben worden sind. Hierunter
kann beispielsweise die Erlangung einer früheren Aussage fallen, die von einem
Verdächtigen gegenüber einer Ermittlungsbehörde im Vollstreckungsstaat in Bezug
auf ein früheres Ermittlungsverfahren in diesem Staat gemacht wurde. Dies gilt auch
für frühere Protokolle aus der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs,
Aufzeichnungen von Überwachungsgeräten oder Belege aus der Überwachung von
Kontobewegungen.

Artikel 4 – Verfahrensarten

78. Dieser Artikel regelt die Verfahrensarten, für die eine Europäische Beweisanordnung
erlassen werden kann. Verwendbar ist sie für Strafverfahren sowie für
Verwaltungsverfahren bei Zuwiderhandlungen, bei denen ein Recht auf Einlegung
von Rechtsmitteln bei einem für Strafsachen zuständigen Gericht besteht. Zudem
kann sie bei Verfahren verwendet werden, die sich auf Straftaten oder
Zuwiderhandlungen beziehen, für die im Anordnungsstaat eine juristische Person
haftbar gemacht werden kann.

79. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Vorschlag denselben Anwendungsbereich
hat wie bestehende Regelungen über die Rechtshilfe in Strafsachen innerhalb der
Europäischen Union, insbesondere auf der Grundlage des EU-Übereinkommens von
200041.

Artikel 5 – Inhalt und Form der Europäischen Beweisanordnung

80. Dieser Artikel gewährleistet, dass die Europäische Beweisanordnung in
Übereinstimmung mit dem Formblatt A im Anhang zum Rahmenbeschluss erlassen
wird. Die Anordnungsbehörde (d. h. ein Richter, Ermittlungsrichter oder
Staatsanwalt) muss die Beweisanordnung unterzeichnen und ihre inha ltliche
Richtigkeit bestätigen.

39 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

40 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung – gemäß Artikel 34 des Vertrags über
die Europäische Union - des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

41 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 30 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

81. Die Europäische Beweisanordnung muss von dem Anordnungsstaat in die bzw. eine
der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats übersetzt werden. Der
Vollstreckungsstaat kann sein Einverständnis mit Übersetzungen in andere EU-
Amtssprachen durch Hinterlegung einer entsprechenden Erklärung beim
Generalsekretariat des Rates erklären. Dies entspricht der Vorgehensweise anderer
Rechtsakte zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung,
beispielsweise beim Europäischen Haftbefehl.

Titel II – Verfahren und Schutzgarantien für den Anordnungsstaat

Artikel 6 – Voraussetzungen für den Erlass der Europäischen Beweisanordnung

82. Dieser Artikel leistet einen Beitrag zum Schutz der Grundrechte, da er einige
wichtige Mindestschutzgarantien vorsieht.

83. Er stellt sicher, dass die Europäische Beweisanordnung nur erlassen wird, wenn sich
die Anordnungsbehörde vom Vorliegen der folgenden Voraussetzungen vergewissert
hat:

(a) Die angeforderten Sachen, Schriftstücke oder Daten sind für den Zweck des
Verfahrens, für das die Anordnung erlassen wird, notwendig und diesem
Zweck angemessen. Damit sollen unnötige Eingriffe in die Privatsphäre sowie
Situationen vermieden werden, in denen beispielsweise eine
unverhältnismäßige Menge von Schriftstücken für Ermittlungen bei
vergleichsweise geringfügigen Straftaten angefordert wird. Formblatt A im
Anhang schreibt vor, dass die Anordnungsbehörde die Straftaten beschreiben
muss, in deren Zusammenhang ermittelt wird, sowie die Gründe für den Erlass
der Beweisanordnung angeben und eine Zusammenfassung der ihr bekannten
Tatsachen vorlegen muss.

(b) Es wäre möglich, die Sachen, Schriftstücke oder Daten nach dem Recht des
Anordnungsstaates unter ähnlichen Umständen zu erlangen, wenn sie im
Hoheitsgebiet des Anordnungsstaates verfügbar wären. Damit wird verhindert,
dass die Europäische Beweisanordnung zur Umgehung von
Schutzmechanismen im einzelstaatlichen Recht des Anordnungsstaats
verwendet wird, um bestimmte Sachen, Schriftstücke und Daten zu erlangen,
beispielsweise rechtlich besonders geschütztes Material. Aus diesem Grund
enthält Formblatt A einen speziellen Abschnitt zur Frage, ob die Sachen,
Schriftstücke und Daten möglicherweise unter irgendwelche Vorrechte oder
Immunitäten fallen. Dieser Unterabsatz bedeutet jedoch nicht, dass dem
Anordnungsstaat und dem Vollstreckungsstaat dieselben
Verfahrensmaßnahmen zur Verfügung stehen müssen. Beispielsweise könnte
der Anordnungsstaat eine spezielle Anordnung zur Durchsuchung der
Räumlichkeiten Dritter benötigen, um die Beweismittel zu beschlagnahmen,
wohingegen dem Vollstreckungsstaat möglicherweise ein weniger
einschneidendes Verfahren zur Verfügung steht, bei dem er von dem Dritten
die Vorlage der Beweismittel verlangen kann, ohne dass eine Durchsuchung
erforderlich ist.

(c) Die Sachen, Schriftstücke und Daten können für das betreffende Verfahren
zugelassen werden. Damit wird verhindert, dass die Europäische
Beweisanordnung zur Umgehung von Schutzmechanismen über die

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31 – Drucksache 15/3831

Zulässigkeit von Beweismitteln im einzelstaatlichen Recht des
Anordnungsstaates verwendet wird, insbesondere wenn künftig weitere
Maßnahmen zur beiderseitigen Zulässigkeit von Beweismitteln ergriffen
werden, die nach der Europäischen Beweisanordnung erlangt wurden.

84. Formblatt A im Anhang schreibt der Anordnungsbehörde auch vor, die Identität der
natürlichen oder juristischen Personen – soweit bekannt – anzugeben, zu denen die
Sachen, Schriftstücke oder Daten angefordert werden, sowie der Personen, die sich
mutmaßlich im Besitz der Sachen, Schriftstücke oder Daten befinden.

Artikel 7 – Übermittlung der Europäischen Beweisanordnung

85. Dieser Artikel sieht eine unmittelbare Übermittlung der Europäischen
Beweisanordnung zwischen den zuständigen Justizbehörden vor. Dieser Grundsatz
wurde in Artikel 6 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr 2000 festgelegt 42.

86. In Fällen, in denen die zuständige Vollstreckungsbehörde nicht bekannt ist, kann das
Europäische Justizielle Netz in Anspruch genommen werden. Ist die für die
Entgegennahme der Europäischen Beweisanordnung zuständige Behörde zu deren
Anerkennung und Vollstreckung nicht befugt, so ist sie verpflichtet, die
Beweisanordnung an die für die Vollstreckung zuständige Behörde zu übermitteln
und die Anordnungsbehörde entsprechend zu unterrichten.

Artikel 8 – Zentrale Strafregisterbehörde

87. Dieser Artikel schreibt jedem Mitgliedstaat die Einrichtung einer zentralen Behörde
zum Zweck der Erlangung einer Abschrift von jedem amtlichen Vermerk einer
strafrechtlichen Verurteilung und nachfolgender Maßnahmen in diesem Mitgliedstaat
in Bezug auf eine natürliche oder juristische Person vor. Damit soll sichergestellt
werden, dass eine auf die Erlangung der Abschrift eines Strafregistereintrags
beschränkte Europäische Beweisanordnung unmittelbar an eine Behörde übersandt
werden kann, welche amtliche Register strafrechtlicher Verurteilungen führt oder
hierauf zumindest Zugriff hat.

Artikel 9 – Ergänzende Beweisanordnung

88. Dieser Artikel ist für Fälle vorgesehen, in denen im Rahmen desselben
Ermittlungsverfahrens mehrfach um Sachen, Schriftstücke oder Daten ersucht wird.
Eine ähnliche Bestimmung ist in Artikel 6 des Protokolls von 200143 zum EU-
Übereinkommen aus dem Jahr 2000 enthalten.

89. Zur Vermeidung von Doppelarbeit kann die Anordnungsbehörde das Formblatt B im
Anhang zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken oder Daten verwenden, die zu
einer früheren, im Rahmen desselben Verfahrens erlassenen Europäische
Beweisanordnung hinzukommen. Dabei besteht keine Notwendigkeit, eine neue
Europäische Beweisanordnung zu erlassen, sofern der Inhalt der ursprünglichen

42 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

43 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung – gemäß Artikel 34 des Vertrags über
die Europäische Union - des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 32 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Beweisanordnung (insbesondere die der Anordnungsbehörde bekannten Tatsachen
und die Identität der Personen, zu denen die Sachen, Schriftstücke oder Daten
angefordert werden) unverändert zutrifft.

90. Der Vollstreckungsstaat ist verpflichtet, einer derartigen zusätzlichen
Beweisanordnung Beweise in derselben Weise nachzukommen wie der
ursprünglichen Europäischen Beweisanordnung.

91. Ist die zuständige Anordnungsbehörde an der Vollstreckung der Europäischen
Beweisanordnung im Vollstreckungsstaat beteiligt, so kann sie eine ergänzende
Beweisanordnung während ihres Aufenthalts in diesem Land unmittelbar an die
Vollstreckungsbehörde richten.

Artikel 10 – Voraussetzungen für die Verwendung personenbezogener Daten

92. Dieser Artikel beruht auf Artikel 23 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr 200044.
Er ergänzt den vom Europarat-Übereinkommen über die automatische Verarbeitung
personenbezogener Daten aus dem Jahr 198145 gewährten Schutz. Das
Übereinkommen von 1981, das von allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde, sieht vor,
dass personenbezogene Daten, die automatisch verarbeitet werden, u. a. nur für
genau bezeichnete und legitime Zwecke gespeichert und verwendet werden dürfen,
es sei denn, dies ist in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse des Schutzes
der Staatssicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder der Unterdrückung
strafrechtlicher Delikte notwendig. Die EG-Datenschutzrichtlinie von 199546 gilt
nicht für die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen.

93. Mit der zweckbestimmten Einschränkung in diesem Artikel wird derselbe Ansatz
verfolgt wie in Artikel 23 Absatz 1 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr 2000.

94. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann der Vollstreckungsstaat von dem
Mitgliedstaat, an den die personenbezogenen Daten übermittelt wurden, Auskunft
über die Verwendung der Daten verlangen. Die Verpflichtung zur Bereitstellung von
Informationen über die Verwendung dieser Daten steht im Einklang mit Artikel 23
Absatz 3 des EU-Übereinkommens von 2000.

95. Absatz 4 schließt im Einklang mit Artikel 23 Absatz 6 des EU-Übereinkommens von
2000 personenbezogene Daten, die von einem Mitgliedstaat nach Maßgabe des
Rahmenbeschlusses erlangt wurden und aus diesem Mitgliedstaat stammen, vom
Anwendungsbereich des Artikels 10 aus.

Titel III – Verfahren und Schutzgarantien für den Vollstreckungsstaat

Artikel 11 – Anerkennung und Vollstreckung

96. Dieser Artikel schreibt vor, dass die zuständigen Behörden des Vollstreckungsstaats
eine Europäische Beweisanordnung ohne weitere Formalitäten anerkennen und die

44 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

45 Europarat, European Treaty Series Nr. 108.
46 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz

natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr,
ABl. L 281 vom 25.11.95, S. 31.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33 – Drucksache 15/3831

notwendigen Maßnahmen zu deren Vollstreckung unverzüglich ergreifen. Die
Vollstreckung der Anordnung ist in derselben Weise durchzuführen, in der die
Sachen, Schriftstücke oder Daten von einer Behörde des Vollstreckungsstaats erlangt
würden.

Artikel 12 – Schutzgarantien für die Vollstreckung

97. Dieser Artikel stellt sicher, dass die Europäische Beweisanordnung nach Maßgabe
der folgenden Mindestvoraussetzungen vollstreckt wird:

(a) Zur Erlangung der Sachen, Schriftstücke oder Daten sind die am wenigsten
einschneidenden Mittel zu verwenden.

(b) Von einer natürlichen Person darf die Vorlage von Sachen, Schriftstücken oder
Daten nicht verlangt werden, mit denen sie sich selbst belasten könnte.

(c) Die Anordnungsbehörde ist umgehend von der Feststellung der
Vollstreckungsbehörde zu unterrichten, dass die Beweisanordnung in einer
Weise vollstreckt wurde, die dem Recht des Vollstreckungsstaats zuwiderläuft.

98. In Bezug auf Durchsuchung und Beschlagnahme sind folgende zusätzlichen
Schutzgarantien vorgesehen:

(a) Eine Durchsuchung privater Räumlichkeiten darf nicht nachts beginnen, es sei
denn, dies ist wegen der besonderen Umstände im Einzelfall ausnahmsweise
notwendig.

(b) Eine Person, deren Räumlichkeiten durchsucht worden sind, soll Anspruch auf
Erhalt einer schriftlichen Mitteilung über die Durchsuchung haben. Darin
sollen zumindest der Grund für die Durchsuchung, die beschlagnahmten
Sachen, Schriftstücke oder Daten sowie die verfügbaren Rechtsmittel genannt
sein.

(c) Bei Abwesenheit der Person, deren Räumlichkeiten durchsucht werden, soll
die Mitteilung über die Durchsuchung entweder dadurch, dass die Mitteilung in
den Räumlichkeiten zurückgelassen wird, oder durch andere geeignete Mittel
dieser Person zur Kenntnis gebracht werden.

Artikel 13 – Im Vollstreckungsstaat einzuhaltende Formalitäten

99. Aufgrund dieses Artikels kann die Anordnungsbehörde verlangen, dass die
Vollstreckungsbehörde bei der Vollstreckung der Beweisanordnung bestimmte
Formalitäten einhält. Vier Formalitäten werden konkret genannt:

(a) Besteht nach Auffassung der Anordnungsbehörde eine erhebliche Gefahr, dass
die angeforderten Sachen, Schriftstücke oder Daten verändert, verbracht oder
vernichtet werden könnten, so kann sie verlangen, dass die
Vollstreckungsbehörde zur Vollstreckung der Beweisanordnung
Zwangsmaßnahmen anwendet. Damit soll sichergestellt werden, dass die
Vollstreckungsbehörde die Sachen, Schriftstücke oder Daten in einer Weise
erlangt, bei der sichergestellt ist, dass sie nicht verändert oder vernichtet
werden, beispielsweise indem vermieden wird, dass man nicht auf die
freiwillige Zusammenarbeit der Person angewiesen ist, in deren Besitz sie sich

Drucksache 15/3831 – 34 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

befinden. Ein derartiges Verlangen ist in Formblatt A im Anhang zu
begründen.

(b) Die Tatsache, dass Ermittlungen durchgeführt werden, sowie deren Gegenstand
werden vertraulich behandelt, soweit zur Vollstreckung der Europäischen
Beweisanordnung nichts anderes erforderlich ist. Ähnliche
Vertraulichkeitsverpflichtungen sind in Artikel 4 des Protokolls von 200147

zum EU-Übereinkommen von 2000 in Bezug auf die Überwachung und
Unterrichtung von Kontobewegungen und in Artikel 33 des Europäischen
Übereinkommens über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und
Einziehung von Erträgen aus Straftaten48 von 1990 zu finden.

(c) Der Vollstreckungsstaat sollte einer zuständigen Behörde des
Anordnungsstaats oder einem von der Anordnungsbehörde benannten
Betroffenen gestatten, während der Vollstreckung der Beweisanordnung
anwesend zu sein. Vorbild ist Artikel 4 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr
195949. Allerdings wird abweichend von dem Übereinkommen von 1959
vorgeschlagen, dass der Vollstreckungsstaat eine derartige Anwesenheit nicht
verweigern kann. Darüber hinaus soll der Vollstreckungsstaat der anwesenden
Behörde aus dem Anordnungsstaat denselben Zugang zu allen infolge der
Vollstreckung der Beweisanordnung erlangten Sachen, Schriftstücken oder
Daten einräumen wie der Vollstreckungsbehörde. Damit soll sichergestellt
werden, dass die Anwesenheit der Anordnungsbehörde von praktischem Wert
insbesondere im Hinblick auf den Erlass einer zusätzlichen Beweisanordnung
nach Artikel 9 Absatz 3 ist.

(d) Die Anordnungsbehörde sollte von der Vollstreckungsbehörde
Aufzeichnungen verlangen können, aus denen hervorgeht, wer die
Beweismittel zwischen der Vollstreckung der Beweisanordnung bis zur
Übermittlung der Beweismittel an den Anordnungsstaat in Händen hatte.
Damit soll die Unversehrtheit der „Beweiskette“ nachgewiesen werden
können.

100. Buchstabe e) orientiert sich an Artikel 4 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr
200050. Auf dessen Grundlage kann die Anordnungsbehörde verlangen, dass die
Vollstreckungsbehörde andere konkret angegebene Formalitäten und von ihr
ausdrücklich genannte Verfahren einhält, es sei denn, derartige Formalitäten und
Verfahren stünden grundlegenden Rechtsprinzipien im Vollstreckungsstaat entgegen.
Beispielsweise wird eine Anordnungsbehörde, die sich um die Beschlagnahme und
Übermittlung von Computerdaten bemüht, die Angabe von Formalitäten und
Verfahren in Erwägung ziehen müssen, mit denen die Sicherheit und Unversehrtheit
der Computerdaten sichergestellt wird.

Artikel 14 – Informationspflicht

47 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung – gemäß Artikel 34 des Vertrags über
die Europäische Union - des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

48 Europarat, European Treaty Series Nr. 141.
49 Europarat, European Treaty Series Nr. 30.
50 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten

der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35 – Drucksache 15/3831

101. Dieser Artikel beruht auf Artikel 5 des Protokolls von 200151 zum EU-
Übereinkommen aus dem Jahr 2000. Danach ist die Vollstreckungsbehörde
verpflichtet, bei der Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung die
Anordnungsbehörde umgehend davon in Kenntnis zu setzen, wenn sie zu der
Auffassung gelangt, dass es notwendig sein könnte, Ermittlungen durchzuführen, die
anfänglich nicht vorgesehen waren.

Artikel 15 – Versagungsgründe

102. Dieser Artikel regelt die Gründe für eine Versagung der Anerkennung und
Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung. Als Versagungsgründe sind
ausschließlich die in diesem Artikel genannten Gründe sowie für einen
Übergangszeitraum die beiderseitige Strafbarkeit nach Artikel 16 und Artikel 24
zulässig. Eine Entscheidung über die Nichtanerkennung oder Nichtvollstreckung
bleibt ausdrücklich einem Richter, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt im
Vollstreckungsstaat vorbehalten. Dadurch wird eine Situation vermieden, in der eine
Polizei- oder Verwaltungsbehörde den Beschluss einer Justizbehörde aufheben
könnte. Auch in Fällen, in denen eine Polizei- oder Verwaltungsbehörde für die
Vollstreckung der Beweisanordnung zuständig ist, muss diese Behörde für die
Versagung der Anerkennung und Vollstreckung der Beweisanordnung trotzdem den
Beschluss eines Richters, Ermittlungsrichters oder Staatsanwalts erwirken.

103. In Bezug auf das Verbot der Doppelbestrafung wird zwischen Situationen
unterschieden, in denen ein Verbot der Doppelbestrafung in einem anderen
Mitgliedstaat besteht, und Situationen, in denen das Verbot der Doppelbestrafung
infolge eines Verfahrens in einem Drittstaat entstehen könnte. Das Verbot der
Doppelbestrafung in Bezug auf einen anderen Mitgliedstaat wird je nach dem
Ergebnis der Gespräche über die Initiative Griechenlands für einen Rahmenbeschluss
des Rates zur Anwendung des Verbots der Doppelbestrafung52 geregelt. In derartigen
Fällen soll eine Versagung der Anerkennung und Vollstreckung der Europäischen
Beweisanordnung verbindlich vorgeschrieben werden. Das Verbot der
Doppelbestrafung infolge eines Verfahrens in einem Drittstaat stellt einen
fakultativen Versagungsgrund dar. Diese Unterscheidung entspricht der
Vorgehensweise im Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl53.

104. Eine Versagung ist auch zulässig, wenn es aufgrund einer Immunität oder eines
Vorrechts nach dem Recht des Vollstreckungsstaats nicht möglich ist, die
Europäische Beweisanordnung zu vollstrecken. Dies entspricht der Regelung im
Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen.

Artikel 16 – Beiderseitige Strafbarkeit

105. Eine Versagung der Vollstreckung einer Europäischen Beweisanordnung mit der
Begründung, die ihr zugrunde liegende Handlung stelle nach dem innerstaatlichen
Recht des Vollstreckungsstaats keine Straftat dar (beiderseitige Strafbarkeit), ist mit
dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung eines justiziellen Beschlusses nicht

51 Rechtsakt des Rates vom 16. Oktober 2001 über die Erstellung – gemäß Artikel 34 des Vertrags über
die Europäische Union - des Protokolls zu dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

52 ABl. C 100 vom 26.4.2003, S. 24.
53 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 36 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

vereinbar. Demnach soll es nicht möglich sein, die Vollstreckung mit dieser
Begründung zu versagen. Um jedoch die Umstellung von den bestehenden Regeln
auf das in der Europäischen Beweisanordnung verfolgte Konzept der gegenseitigen
Anerkennung zu erleichtern, wird ein zweistufiges Vorgehen vorgeschlagen. Zum
einen verengt dieser Artikel die Bedingungen, unter denen die Vollstreckung von der
beiderseitigen Strafbarkeit abhängig gemacht werden kann, und zum anderen sieht
Artikel 24 vor, dass die beiderseitige Strafbarkeit in ihrer engeren Definition nach
Artikel 16 nur für einen Übergangszeitraum geltend gemacht werden kann.

106. Nach dem Übereinkommen von 195954 kann die Zusammenarbeit nur bei
Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefugnissen von der beiderseitigen Strafbarkeit
abhängig gemacht werden. Dies wurde durch Artikel 51 des Schengen-
Durchführungsübereinkommens von 199055, der die Frage von
Verwaltungsverfahren in Strafsachen betrifft, weiter beschränkt. Die Vollstreckung
kann nicht von der beiderseitigen Strafbarkeit abhängig gemacht werden, wenn sich
die Sachen, Schriftstücke oder Daten bereits unter der Kontrolle der
Vollstreckungsbehörde befinden.

107. Dieser Artikel folgt bestehenden Rechtsakten, wonach der Grundsatz der
beiderseitigen Strafbarkeit aufgehoben wird, mit Ausnahme der Fälle, in denen der
Vollstreckungsstaat die Durchführung einer Beschlagnahme oder eine Durchsuchung
von Räumlichkeiten für notwendig erachtet. Er geht allerdings insofern darüber
hinaus, als er die Möglichkeit zur Versagung der Zusammenarbeit mit der
Begründung der beiderseitigen Strafbarkeit in Fällen aufhebt, in denen entweder

(a) eine Durchsuchung privater Räumlichkeiten zur Vollstreckung der
Beweisanordnung nicht notwendig ist, worin sich die höhere Sensibilität bei
der Durchsuchung privater Räumlichkeiten widerspiegelt, oder

(b) die Straftat in der Aufzählung der in diesem Artikel näher bezeichneten
Straftatbestände verzeichnet ist.

108. Die Aufzählung der Straftaten in diesem Artikel ist der Aufzählung der Straftaten in
Artikel 2 des Entwurfs des Rahmenbeschlusses über die Anwendung des
Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen
entnommen. Deren Grundlage ist die Aufzählung der Straftaten in Artikel 2 des
Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl56, die auch in Artikel 3 des
Rahmenbeschlusses über Sicherstellungsentscheidungen enthalten ist.

109. Im Einklang mit dem Konzept des Entwurfs des Rahmenbeschlusses über die
Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und
Geldbußen enthält die Aufzählung keinen Schwellenwert für Haftstrafen oder
sonstige Strafen im Anordnungsstaat.

110. Absatz 3 sieht vor, dass selbst dann, wenn die Durchsuchung privater
Räumlichkeiten notwendig ist und die Straftat in der Aufzählung nicht verzeichnet

54 Europarat, European Treaty Series Nr. 30.
55 Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom

14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen.
ABl. L 239 vom 22.09.2000, S. 19.

56 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 37 – Drucksache 15/3831

ist, die beiderseitige Strafbarkeit nur im Rahmen der Übergangsregelungen nach
Artikel 24 als Versagungsgrund geltend gemacht werden kann.

Artikel 17 – Fristen und Verfahren für die Anerkennung, Vollstreckung und
Übermittlung

111. Dieser Artikel regelt die Fristen für die Anerkennung und Vollstreckung der
Europäischen Beweisanordnung. Fristen sind notwendig, um eine schnelle, wirksame
und konsequente Zusammenarbeit bei der Erlangung von Sachen, Schriftstücken
oder Daten zur Verwendung in Strafverfahren in der gesamten Europäischen Union
sicherzustellen.

112. Die Anordnungsbehörde kann in Formblatt A im Anhang angeben, dass wegen
Verfahrensfristen oder sonstiger besonders dringlicher Umstände eine kürzere als
ansonsten in diesem Artikel geregelte Frist notwendig ist. In derartigen Fällen ist die
Vollstreckungsbehörde verpflichtet, die kürzere Frist möglichst zu beachten. Dieser
Ansatz findet sich bereits in Artikel 4 des EU-Übereinkommens aus dem Jahr 200057.

113. Der vorliegende Vorschlag geht noch weiter, da die Versagung der Anerkennung
oder Vollstreckung so bald wie möglich zu beschließen und mitzuteilen ist,
spätestens jedoch – sofern praktikabel – 10 Tage nach Erha lt der Europäischen
Beweisanordnung. Dies ist dieselbe Frist, die auch in Artikel 17 Absatz 2 des
Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl in Bezug auf Personen
genannt wird, die ihrer Übergabe zugestimmt haben.

114. Die Vollstreckung des Haftbefehls kann aus einem der in Artikel 18 genannten
Gründe aufgeschoben werden. Ansonsten ist er sofort zu vollstrecken, wenn sich die
von der Anordnungsbehörde angeforderten Sachen, Schriftstücke oder Daten bereits
unter der Kontrolle der Vollstreckungsbehörde befinden oder eine Abschrift des
amtlichen Eintrags einer strafrechtlichen Verurteilung bei einer zentralen
Strafregisterbehörde angefordert wird. In anderen Fällen, beispielsweise bei
erforderlichen Zwangsmaßnahmen, ist die Beweisanordnung möglichst innerhalb
von 60 Tagen nach Eingang zu vollstrecken.

115. Die Übermittlung der im Rahmen der Europäischen Beweisanordnung erlangten
Sachen, Schriftstücke oder Daten an den Anordnungsstaat hat umgehend zu erfolgen,
wenn sich die Sachen, Schriftstücke oder Daten bereits unter der Kontrolle der
Vollstreckungsbehörde befinden oder eine Abschrift des amtlichen Eintrags einer
strafrechtlichen Verurteilung bei einer zentralen Strafregisterbehörde angefordert
wird. In anderen Fällen hat die Übermittlung unverzüglich stattzufinden, spätestens
jedoch – soweit möglich – 30 Tage nach Vollstreckung der Beweisanordnung. Die
einzige Ausnahme von dieser Regel sind Fälle, in denen im Vollstreckungsstaat
Rechtsmittel eingelegt wurden; in diesem Fall gelten die Verfahren und Fristen von
Artikel 19.

116. Nach Artikel 6 Absatz 2 des Übereinkommens von 195958 kann die
Vollstreckungsbehörde verlangen, dass die Sachen, Schriftstücke oder Daten an den
Vollstreckungsstaat zurückzusenden sind, sobald sie der Anordnungsstaat nicht mehr

57 Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten
der Europäischen Union, ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

58 Europarat, European Treaty Series Nr. 30.

Drucksache 15/3831 – 38 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

benötigt. Weitere Bedingungen dürfen an die Übermittlung der Sachen, Schriftstücke
oder Daten an den Anordnungsstaat nicht geknüpft werden.

117. Jede Versagung oder Unterlassung der Vollstreckung einer Europäischen
Beweisanordnung ist zu begründen. Kann ein Mitgliedstaat unter außergewöhnlichen
Umständen die in diesem Artikel vorgesehenen Fristen nicht einhalten, so ist er
verpflichtet, Eurojust unter Angabe der Gründe für die Verzögerung hiervon zu
unterrichten. Diese Unterrichtung soll Eurojust bei seinen Bemühungen um eine
Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen unterstützen. Dieser
Vorschrift liegt Artikel17 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen
Haftbefehl59 zugrunde.

Artikel 18 – Gründe für den Aufschub der Vollstreckung

118. Dieser Artikel regelt die Gründe, aus denen ein Aufschub der Vollstreckung
gerechtfertigt ist.

119. Ein Aufschub der Vollstreckung ist zulässig, wenn das Formblatt nicht vollständig
ausgefüllt wurde, die Vollstreckung eine laufende strafrechtliche Ermittlung
beeinträchtigen könnte oder die betreffenden Sachen, Schriftstücke oder Daten
bereits in anderen Verfahren verwendet werden, die in den Anwendungsbereich
dieses Rahmenbeschlusses fallen. Die im Anordnungsstaat zuständige Behörde ist
von den Gründen für den Aufschub und von dessen mutmaßlicher Dauer zu
unterrichten.

120. Sobald der Grund für den Aufschub nicht mehr besteht, muss die
Vollstreckungsbehörde unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zur
Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung ergreifen und die im
Anordnungsstaat zuständige Behörde unterrichten.

Artikel 19 – Rechtsmittel bei Zwangsmaßnahmen

121. Die Mitgliedstaaten müssen Rechtsmittel für Betroffene einschließlich gutgläubiger
Dritter vorsehen, damit deren legitime Interessen in Fällen gewahrt bleiben, in denen
die Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung Zwangsmaßnahmen erfordert.
Somit sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Rechtsmittel in Fällen vorzusehen,
in denen sich die Sachen, Schriftstücke und Daten bereits unter der Kontrolle einer
Justizbehörde im Vollstreckungsstaat befinden und der Anordnungsbehörde lediglich
übermittelt werden. In derartigen Fällen bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, die
Rechte der von den Verfahren betroffenen Personen nach Maßgabe des
einzelstaatlichen Rechts und im Einklang mit der Europäischen
Menschenrechtskonvention zu schützen.

122. Dieser Artikel folgt dem Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen. Die
Rechtsmittel können allerdings dem vorliegenden Vorschlag zufolge einen Aufschub
der Übermittlung der Sachen, Schriftstücke und Daten an den Anordnungsstaat –
vorbehaltlich der nachstehend genannten Fristen – bewirken.

123. Generell ist das Rechtsmittel bei einem Gericht im Anordnungsstaat oder im
Vollstreckungsstaat nach dem jeweiligen einzelstaatlichen Recht einzulegen. Es ist

59 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 39 – Drucksache 15/3831

allerdings nicht möglich, die sachlichen Gründe für den Erlass der Europäischen
Beweisanordnung im Vollstreckungsstaat anzufechten. Dies ist nur vor einem
Gericht im Anordnungsstaat möglich.

124. Der Anordnungsstaat hat dafür zu sorgen, dass Rechtsmittelfristen so angewandt
werden, dass den Betroffenen ein wirksamer Rechtsschutz ermöglicht wird. Der
Anordnungsstaat und der Vollstreckungsstaat haben die notwendigen Maßnahmen zu
ergreifen, um die Wahrnehmung des Rechtsschutzanspruchs zu erleichtern,
insbesondere durch Bereitstellung sachdienlicher und angemessener Informationen
für Betroffene.

125. Wie oben erwähnt, kann der Vollstreckungsstaat die Übermittlung der Sachen,
Schriftstücke oder Daten bis zum Ausgang des Rechtsmittelverfahrens aussetzen.
Allerdings kann die Anordnungsbehörde trotz eines im Vollstreckungsstaat
anhängigen Rechtsmittelverfahrens vom Vollstreckungsstaat verlangen, die Sachen,
Schriftstücke oder Daten 60 Tage nach Vollstreckung der Europäischen
Beweisanordnung zu übermitteln. Damit soll für ein angemessenes Gleichgewicht
gesorgt werden zwischen dem Erfordernis, dass eine Lähmung der justiziellen
Zusammenarbeit infolge einer rechtlichen Anfechtung der Übermittlung von Sachen,
Schriftstücken oder Daten vermieden wird, und dem Erfordernis, dass vor der
Übermittlung den Betroffenen im Vollstreckungsstaat angemessene Rechtsmittel zur
Verfügung stehen. In Fällen jedoch, in denen wegen des Ausgangs des
Rechtsmittelverfahrens die Übermittlung nicht hätte stattfinden dürfen, sind die
Sachen, Schriftstücke oder Daten umgehend an den Vollstreckungsstaat
zurückzusenden.

Artikel 20 – Erstattung von Schadenersatzzahlungen

126. Dieser Artikel betrifft die durch den Anordnungsstaat an den Vollstreckungsstaat zu
leistende Erstattung von Beträgen, die wegen der Haftungsverpflichtung des
Anordnungsstaats als Schadenersatz gezahlt wurden, falls und insoweit die
Rechtsverletzung nicht ganz oder teilweise ausschließlich auf das Verhalten des
Vollstreckungsstaats zurückzuführen ist. Dies ist dasselbe Konzept wie im
Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen.

Titel IV – Zuständigkeit bei elektronischen Kommunikationsnetzen

Artikel 21 – Zuständigkeit für Computerdaten in einem Informationssystem im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats

127. Wie in Abschnitt 1.12 ausgeführt, stellt dieser Artikel klar, dass es rechtmäßig ist,
wenn der Vollstreckungsstaat Beweismittel in Form von Computerdaten erlangt, die
von seinem Hoheitsgebiet aus mit Hilfe eines elektronischen Kommunikationsnetzes
rechtmäßig zugänglich sind, vorausgesetzt, sie beziehen sich auf Leistungen, die für
sein Hoheitsgebiet bereitgestellt werden, auch wenn sie im Hoheitsgebiet eines
anderen Mitgliedstaats gespeichert werden. Jeder Mitgliedstaat muss zudem dafür
sorgen, dass sein innerstaatliches Recht in Bezug auf in seinem Hoheitsgebiet
gespeicherte Daten einen anderen Mitgliedstaat nicht daran hindert, in gleicher
Weise tätig zu werden.

Drucksache 15/3831 – 40 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Titel V – Schlussbestimmungen

Artikel 22 – Kontrolle der Wirksamkeit des Rahmenbeschlusses

128. Es muss der Kommission möglich sein, die Wirksamkeit dieses Rahmenbeschlusses
zu kontrollieren, insbesondere um zur künftigen Weiterentwicklung der Politik auf
EU-Ebene in Bezug auf die Frage beizutragen, wie die Effizienz der justiziellen
Zusammenarbeit in Strafsachen verbessert werden kann. Im Hinblick darauf wird im
Rahmenbeschluss vorgeschrieben, dass die Kommission zu unterrichten ist, wenn es
bei der Vollstreckung Europäischer Beweisanordnungen wiederholt zu Problemen
kommt. Diese Vorschrift beruht auf Artikel 17 des Rahmenbeschlusses über den
Europäischen Haftbefehl60; allerdings ist es nicht der Rat, sondern die Kommission,
die von wiederholten Problemen unterrichtet wird, da sie dem Europäischen
Parlament und dem Rat über die Umsetzung des Rahmenbeschlusses zu berichten
hat.

129. Der Artikel schreibt zudem vor, dass jeder Mitgliedstaat bis zum 31. März jeden
Jahres folgende Angaben zum vorangegangenen Kalenderjahr bereitzustellen hat:

(a) Anzahl der den einzelnen Mitgliedstaaten von seinen eigenen Behörden
zugestellten Europäischen Beweisanordnungen;

(b) durchschnittliche Anzahl der Tage, die bis zum Eingang der in der
Beweisanordnung genannten Sachen, Schriftstücke oder Daten aus den
einzelnen Mitgliedstaaten verstrichen sind, und

(c) Anzahl der den einzelnen Mitgliedstaaten von seinen eigenen Behörden
zugestellten Europäischen Beweisanordnungen, bei denen die Anerkennung
versagt wurde oder eine Vollstreckung nicht möglich war, sowie eine
Zusammenfassung der Gründe hierfür.

130. Die Daten werden zentral vom Anordnungsstaat erfasst. Es ist davon auszugehen,
dass dem Anordnungsstaat erheblich daran gelegen sein wird, dafür sorgen, dass
seine Ermittlungen von anderen Mitgliedstaaten wirksam und rasch unterstützt
werden. Selbstverständlich wird kein Mitgliedstaat daran gehindert, auch über die
Effektivität seiner eigenen Justizbehörden bei der Vollstreckung Europäischer
Beweisanordnungen aus anderen Mitgliedstaaten zentrale Daten vorzuhalten.

131. Auch die zentralen Strafregisterbehörden müssen jedes Jahr ähnliche Daten in Bezug
auf die von ihnen vollstreckten Beweisanordnungen vorlegen.

Artikel 23 – Verhältnis zu anderen Rechtsakten

132. Dieser Artikel stellt sicher, dass bestehende Rechtshilfebestimmungen in
einschlägigen Übereinkommen des Europarats und der Europäischen Union durch
diesen Rahmenbeschluss ersetzt werden, soweit hiervon Sachen, Schriftstücke oder
Daten betroffen sind, die in den Anwendungsbereich des vorliegenden
Rahmenbeschlusses fallen. Für eine ähnliche Vorgehensweise hatte man sich auch

60 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 41 – Drucksache 15/3831

beim Europäischen Haftbefehl entschieden, der bestehende Auslieferungsregelungen
mit Wirkung vom 1. Januar 2004 ersetzt wird.

133. Der Artikel sieht zudem die Aufhebung von Artikel 51 des Schengen-
Durchführungsübereinkommens und von Artikel 2 des Protokolls von 2001 zum EU-
Übereinkommen von 2000 vor.

134. Der Rahmenbeschluss gilt unbeschadet der Kooperationsvereinbarungen, die die
Mitgliedstaaten untereinander im Hinblick auf die Erlangung von Sachen,
Schriftstücken und Daten geschlossen haben, soweit durch derartige Vereinbarungen
oder Absprachen eine effektivere und effizientere Zusammenarbeit in Strafsachen
erzielt wird. Die Vereinbarungen können sich auch auf die Zusammenarbeit
zwischen Polizeibehörden in Bezug auf Sachen, Schriftstücke und Daten erstrecken,
die sich bereits in deren Besitz befinden, sowie auf die Zusammenarbeit in Bezug auf
öffentliche Unterlagen, die ohne Weiteres verfügbar sind und die Ausübung von
Zwangsmaßnahmen nicht erfordern. Dieser Rahmenbeschluss soll keine neuen
Schranken gegenüber einer derartigen Zusammenarbeit errichten. Es wird allerdings
vorgeschlagen, dass die Kommission und der Rat von neuen Regelungen oder
Vereinbarungen unterrichtet werden.

Artikel 24 – Übergangsregelungen

135. In Absatz 1 dieses Artikels wird klargestellt, dass vor dem 1. Januar 2005
eingegangene Rechtshilfeersuchen auch weiterhin den bestehenden Regelungen über
die Rechtshilfe in Strafsachen unterliegen. Danach regelt der vorliegende
Rahmenbeschluss die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in Bezug auf
Sachen, Schriftstücke oder Daten, die in seinen Anwendungsbereich fallen.

136. Die Absätze 2 und 3 dieses Artikels sehen eine fünfjährige Übergangszeit vor, in der
der Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit, soweit er nicht durch Artikel 16
aufgehoben wird, auch weiterhin als Versagungsgrund von denjenigen
Mitgliedstaaten herangezogen werden kann, die bereits im Rahmen bestehender
Regelungen die Vollstreckung eines Ersuchens um Durchsuchung und
Beschlagnahme vom Vorliegen der Voraussetzung der beiderseitigen Strafbarkeit
abhängig gemacht haben. Während dieses Übergangszeitraums können diese
Mitgliedstaaten einer Justizbehörde gestatten, die Anerkennung oder Vollstreckung
unter Berufung auf den Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit gemäß Artikel 16
zu versagen. Wie bei den in Artikel 15 vorgesehenen Versagungsgründen bleibt eine
Entscheidung über die Nichtanerkennung oder Nichtvollstreckung ausdrücklich
einem Richter, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt im Vollstreckungsstaat
vorbehalten. Der Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit kann als Begründung für
die Nichtanerkennung oder Nichtvollstreckung der Europäischen Beweisanordnung
nur herangezogen werden, soweit dies in diesem Artikel vorgesehen ist.

Drucksache 15/3831 – 42 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Artikel 25 – Umsetzung

137. Dieser Artikel schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss vor dem
1. Januar 2005 umzusetzen und den Wortlaut der Umsetzungsvorschriften zu
übermitteln haben. Sechs Monate nach der Umsetzung muss die Kommission dem
Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vorlegen, in dem sie bewertet,
inwieweit die Mitgliedstaaten die zur Einhaltung dieses Rahmenbeschlusses
notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, und gegebenenfalls Legislativvorschläge
unterbreitet.

Artikel 26 – Inkrafttreten

138. Dieser Artikel sieht vor, dass der Rahmenbeschluss am zwanzigsten Tag nach seiner
Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft tritt.

Anhang

Formblatt A – Die Europäische Beweisanordnung

139. Dies ist das Formblatt für die Europäische Beweisanordnung. Es wurde eigens für
die Zwecke dieses Rahmenbeschlusses erstellt. Als Vorbild dienten die Anhänge
zum Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl61 und zum
Rahmenbeschluss über Sicherstellungsentscheidungen.

140. Formblatt A ist wie folgt gegliedert: a) Justizbehörde, die die Beweisanordnung
erlassen hat; b) Gründe für den Erlass der Beweisanordnung; c) Angaben zu der
Person, zu der Sachen, Schriftstücke oder Daten angefordert werden; d) mit der
Beweisanordnung angeforderte Sachen, Schriftstücke oder Daten; e) bei der
Vollstreckung der Beweisanordnung einzuhaltende Formalitäten; f) im
Anordnungsstaat verfügbare Rechtsmittel gegen die Beweisanordnung; sowie g)
Schlussbestimmungen und Unterschrift.

Formblatt B – Die zusätzliche Beweisanordnung

141. Dies ist das Formblatt zur Anforderung zusätzlicher Sachen, Schriftstücke oder
Daten, die von der Anordnungsbehörde im Zusammenhang mit einer früheren
Europäischen Beweisanordnung verlangt werden. Diesem Formblatt ist die
ursprüngliche Europäische Beweisanordnung beizufügen.

142. Formblatt B ist wie folgt gegliedert: a) Angaben zur ursprünglichen Europäischen
Beweisanordnung; b) mit der zusätzlichen Beweisanordnung angeforderte Sachen,
Schriftstücke oder Daten; c) bei der Vollstreckung der zusätzlichen
Beweisanordnung einzuhaltende Formalitäten sowie d) Schlussbestimmungen und
Unterschrift.

61 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 43 – Drucksache 15/3831

2003/0270 (CNS)

Vorschlag für einen

RAHMENBESCHLUSS DES RATES

über die Europäische Beweisanordnung zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und
Daten zur Verwendung in Strafverfahren

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel31 und
Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe b),

gestützt auf den Vorschlag der Kommission62,

gestützt auf die Stellungnahme des Europäischen Parlaments63,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Europäische Union hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln. Nach den
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom 15./16. Oktober 1999,
insbesondere nach Randnummer 33, soll der Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung innerhalb der Europäischen Union zum Eckstein der justiziellen
Zusammenarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen werden.

(2) Am 29. November 2000 verabschiedete der Rat gemäß den Schlussfolgerungen von
Tampere ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen
Anerkennung in Strafsachen64. Dieser Rahmenbeschluss ist zur Erfüllung der
Maßnahmen 5 und 6 des Maßnahmenprogramms, welche die gegenseitige
Anerkennung von Beweisanordnungen betreffen, sowie von Maßnahme 3 des
Maßnahmenprogramms notwendig, worin vorgeschlagen wird, ein Standardformular
für Auskunftsersuchen über Vorstrafen in den Amtssprachen der Union zu erstellen,
wozu das im Rahmen der Schengen-Gremien erstellte Formular herangezogen werden
sollte.

(3) Der Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl
und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten65 war die erste konkrete
Maßnahme im Bereich des Strafrechts, mit der der Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung umgesetzt wurde.

(4) Der Rahmenbeschluss des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von
Entscheidungen zur Sicherstellung von Vermögensgegenständen und Beweismitteln in

62 ABl. C […] vom […], S. […].
63 ABl. C […] vom […], S. […].
64 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 10.
65 ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

Drucksache 15/3831 – 44 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

der Europäischen Union66 setzt sich mit der Notwendigkeit einer sofortigen
gegenseitigen Anerkennung von Anordnungen auseinander, mit denen die
Vernichtung, Veränderung, Verbringung, Übertragung oder Veräußerung von
Beweismitteln verhindert werden soll. Das die Beweismittel betreffende Spektrum der
justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen wird damit jedoch nur zum Teil geregelt,
da die anschließende Übermittlung der Beweismittel nur im Rahmen von
Rechtshilfeverfahren möglich ist.

(5) Es ist daher notwendig, die justizielle Zusammenarbeit weiter zu verbessern und den
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auf eine in Form einer Europäischen
Beweisanordnung ergangene justizielle Entscheidung anzuwenden, die auf die
Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren
gerichtet ist. Die Europäische Beweisanordnung soll die herkömmlichen
Rechtshilferegelungen im Rahmen des Europarat-Übereinkommens über die
Rechtshilfe in Strafsachen von 1959 und damit verbundene Rechtsakte ersetzen,
soweit diese Regelungen in den Anwendungsbereich des vorliegenden
Rahmenbeschlusses fallen. Sie soll der zuständigen Behörde direkt zur Vollstreckung
übermittelt werden.

(6) Die Europäische Beweisanordnung soll zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und
Daten zur Verwendung in Strafverfahren verwendet werden. Sie kann für Sachen,
Schriftstücke oder Daten erlassen werden, die von Dritten bereitgestellt wurden, aus
einer Durchsuchung von Räumlichkeiten einschließlich der Privaträume des
Verdächtigen stammen, für historische Daten aus der Inanspruchnahme elektronischer
Kommunikationsnetze, historische Daten aus der Inanspruchnahme von
Dienstleistungen einschließlich Finanzgeschäften, gerichtsmedizinische Beweismittel
mit Ausnahme der Entnahme von Beweismitteln aus dem Körper einer Person,
historische Protokolle von Aussagen, Vernehmungen und Anhörungen sowie
Eintragungen in Polizei- oder Gerichtsakten einschließlich amtlicher Eintragungen
strafrechtlicher Verurteilungen und der Ergebnisse spezieller Ermittlungsmethoden.

(7) Die Europäische Beweisanordnung soll nicht verwendet werden, um eine
Beweisaufnahme in Form von Vernehmungen, Aussagen oder sonstigen Formen der
Anhörung von Verdächtigen, Zeugen oder Dritten zu veranlassen, um die Entnahme
von Beweismitteln aus dem Körper von Verdächtigen, Zeugen oder Dritten
einschließlich DNA-Proben zu veranlassen, um eine Beweisaufnahme in Echtzeit wie
die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs, verdeckte
Überwachungsmaßnahmen oder die Überwachung von Kontobewegungen zu
veranlassen oder um weitere Ermittlungen zu veranlassen, insbesondere das Sammeln
oder Untersuchen vorhandener Sachen, Schriftstücke oder Daten.

(8) Dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung liegt ein hohes Maß an Vertrauen
zwischen den Mitgliedstaaten zugrunde. Um dieses Vertrauen zu fördern, soll dieser
Rahmenbeschluss wichtige Garantien zum Schutz der Grundrechte enthalten. Daher
soll die Europäische Beweisanordnung nur durch Richter, Ermittlungsrichter und
Staatsanwälte und nur bei Vorliegen bestimmter Mindestvoraussetzungen erlassen
werden. Dies soll sich auch auf die Prüfung der Notwendigkeit und
Verhältnismäßigkeit erstrecken. Darüber hinaus muss der Anordnungsstaat an der
Umgehung seines innerstaatlichen Rechts durch Erlangung von Sachen, Schriftstücken

66 ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 45

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 45 – Drucksache 15/3831

oder Daten gehindert werden, die er unter ähnlichen Umständen nicht hätte erlangen
können, wenn sie sich in seinem eigenen Hoheitsgebiet befunden hätten.

(9) Die Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung soll ebenfalls bestimmten
Schutzgarantien unterliegen, darunter dem Schutz vor Selbstbelastung und
Schutzgarantien für die Durchsuchung von Räumlichkeiten, sowie weiteren
Schutzgarantien, die das innerstaatliche Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht.

(10) Um die Effizienz der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sicherzustellen,
sollen die Möglichkeiten einer Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung der
Europäischen Beweisanordnung sowie die Gründe für einen Aufschub der
Vollstreckung begrenzt werden. Insbesondere eine Versagung der Vollstreckung einer
Europäischen Beweisanordnung mit der Begründung, die ihr zugrunde liegende
Handlung stelle nach dem innerstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaats keine
Straftat dar (beiderseitige Strafbarkeit), ist mit dem Grundsatz der gegenseitigen
Anerkennung einer justiziellen Entscheidung nicht vereinbar, weshalb eine Versagung
mit dieser Begründung nicht möglich sein sollte. Um die Umstellung auf die
Europäische Beweisanordnung zu erleichtern, sollen allerdings für einen
Übergangszeitraum diejenigen Mitgliedstaaten ausgenommen werden, die die
Vollstreckung eines Ersuchens um Durchsuchung und Beschlagnahme nach
bestehendem Recht von der Voraussetzung der beiderseitigen Strafbarkeit abhängig
machen.

(11) Fristen sind ebenfalls notwendig, um eine schnelle, wirksame und konsequente
Zusammenarbeit bei der Erlangung von Sachen, Schriftstücken oder Daten zur
Verwendung in Strafverfahren in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen.

(12) Betroffene einschließlich gutgläubiger Dritter sollen im Falle einer mit
Zwangsmaßnahmen vollstreckten Europäischen Beweisanordnung über Rechtsmittel
verfügen. Mit derartigen Rechtsmitteln kann die Übermittlung von Beweismitteln
zumindest so lange ausgesetzt werden, bis die in diesem Rahmenbeschluss geregelte
Frist abgelaufen ist.

(13) Es muss klargestellt werden, dass der Vollstreckungsstaat Daten erlangen kann, die
von seinem Hoheitsgebiet aus rechtmäßig zugänglich sind und sich auf für sein
Hoheitsgebiet bereitgestellte Leistungen beziehen, jedoch im Hoheitsgebiet eines
anderen Mitgliedstaats gespeichert werden. Dies gilt unbeschadet der Fälle, in denen
Drittländer betroffen sind.

(14) Es ist notwendig, Vorkehrungen zu treffen, um die Wirksamkeit dieses
Rahmenbeschlusses beurteilen zu können. Jeder Mitgliedstaat sollte daher ein
Mindestmaß an Informationen sammeln und zentral erfassen, um sich einen Überblick
über den Beitrag anderer Mitgliedstaaten zu der in diesem Rahmenbeschluss
geregelten Zusammenarbeit zu verschaffen. Ähnliche Informationen sollen von den
zentralen Strafregisterbehörden der Mitgliedstaaten gesammelt und erfasst werden.

(15) In Bezug auf Island und Norwegen stellt dieser Rahmenbeschluss eine
Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar für den Bereich
nach Artikel 1 des Beschluss des Rates Nr. 1999/437/EG vom 17. Mai 1999 zum
Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem
Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen
über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und

Drucksache 15/3831 – 46 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Entwicklung des Schengen-Besitzstands67. Nach den in diesem Übereinkommen
geregelten Verfahren wird auch bei diesem Rahmenbeschluss vorgegangen.

(16) Eine Europäische Beweisanordnung soll nicht vollstreckt werden, wenn dies dem
Grundsatz des Verbots einer Doppelbestrafung nach dem Rahmenbeschluss 2003/…/JI
über die Anwendung des Verbots der Doppelbestrafung68 zuwiderlaufen würde.

(17) Da das Ziel der Ersetzung des Systems der Rechtshilfe in Strafsachen zur Erlangung
von Sachen, Schriftstücken oder Daten von den Mitgliedstaaten bei einseitigem
Vorgehen nicht in ausreichendem Umfang erreicht werden kann und daher infolge
seines Umfangs und seiner Auswirkungen besser auf Ebene der Union zu
verwirklichen ist, kann der Rat Maßnahmen im Einklang mit dem
Subsidiaritätsprinzip gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union und
Artikel 5 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verabschieden.
Entsprechend dem in letzterem Artikel geregelten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
geht dieser Rahmenbeschluss nicht über das zur Erreichung dieses Ziels notwendige
Maß hinaus.

(18) Der Schutz der im Zusammenhang mit der Umsetzung dieses Rahmenbeschlusses
verarbeiteten personenbezogenen Daten richtet sich nach den Grundsätzen des
Europarat-Übereinkommens über die automatische Verarbeitung personenbezogener
Daten vom 28. Januar 1981 sowie nach dem durch diesen Rahmenbeschluss im
Einklang mit Artikel 23 des Übereinkommens vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe
in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union69 gewährten
Schutz.

(19) Dieser Rahmenbeschluss steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen,
die in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und in der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind -

HAT FOLGENDEN RAHMENBESCHLUSS ERLASSEN:

TITEL I – DIE EUROPÄISCHE BEWEISANORDNUNG

Artikel 1
Definition der Europäischen Beweisanordnung und Vollstreckungsverpflichtung

1. Die Europäische Beweisanordnung ist eine von einer zuständigen Behörde eines
Mitgliedstaats erlassene justizielle Entscheidung, die die Erlangung von Sachen,
Schriftstücken und Daten aus einem anderen Mitgliedstaat zur Verwendung in den in
Artikel 4 genannten Verfahren bezweckt.

2. Die Mitgliedstaaten vollstrecken jede Europäische Beweisanordnung nach dem
Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und gemäß den Bestimmungen dieses
Rahmenbeschlusses.

67 ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.
68 ABl. L […] vom […], S. […].
69 ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 47 – Drucksache 15/3831

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Rahmenbeschlusses gelten folgende Begriffsbestimmungen:

(a) „Anordnungsstaat“: Mitgliedstaat, in dem die Europäische Beweisanordnung
ergangen ist;

(b) „Vollstreckungsstaat“: Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Sachen,
Schriftstücke oder Daten verfügbar sind;

(c) „Anordnungsbehörde“: Richter, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt, der nach
innerstaatlichem Recht für den Erlass einer Europäischen Beweisanordnung
zuständig ist;

(d) „Vollstreckungsbehörde“: eine Behörde, die nach innerstaatlichem Recht für die
Vollstreckung einer Europäischen Beweisanordnung zuständig ist;

(e) „Informationssystem“: ein Gerät oder eine Gruppe vernetzter oder miteinander
verbundener Geräte, von denen eines oder mehrere nach einem vorgegebenen
Programm Computerdaten automatisch verarbeitet bzw. verarbeiten, sowie die von
ihnen zum Zweck des Betriebs, der Nutzung, des Schutzes und der Pflege
gespeicherten, verarbeiteten, abgerufenen oder übertragenen Computerdaten;

(f) „Computerdaten“: die Darstellung von Tatsachen, Informationen oder Konzepten,
die in einer für die Verarbeitung in einem Informationssystem geeigneten Form
erzeugt oder in eine entsprechende Form gebracht werden, einschließlich eines
Programms, das die Ausführung einer Funktion durch ein Informationssystem
auslösen kann;

(g) „elektronisches Kommunikationsnetz“: Übertragungssysteme und gegebenenfalls
Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen, die die
Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere
elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste
(leitungs- und paketvermittelte, einschließlich Internet) und mobile terrestrische
Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden,
Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art
der übertragenen Informationen;

(h) „Straftat“: ein strafrechtliches Delikt oder eine Handlung, die nach dem
innerstaatlichen Recht des Anordnungsstaats als Zuwiderhandlung gegen
Rechtsvorschriften geahndet wird, sofern gegen die Entscheidung ein auch in
Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.

Artikel 3
Art der Sachen, Schriftstücke und Daten

1. Die Europäische Beweisanordnung kann zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken
oder Daten aller Art erlassen werden, die in den in Artikel 4 genannten Verfahren
verwendet werden können.

Drucksache 15/3831 – 48 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Die Europäische Beweisanordnung kann nicht erlassen werden, um Folgendes zu
veranlassen:

(a) die Beweisaufnahme in Form von Vernehmungen, Aussagen oder sonstigen
Arten von Anhörungen von Verdächtigen, Zeugen, Sachverständigen oder
Dritten;

(b) die Beweisaufnahme aus dem Körper einer Person, einschließlich DNA-
Proben;

(c) die Beweisaufnahme in Echtzeit wie die Überwachung des
Telekommunikationsverkehrs, verdeckte Überwachungsmaßnahmen oder die
Überwachung von Kontobewegungen sowie

(d) die Beweisaufnahme in Fällen, in denen weitere Ermittlungen erforderlich
sind, insbesondere das Sammeln oder Untersuchen vorhandener Sachen,
Schriftstücke oder Daten.

3. Die Europäische Beweisanordnung kann zur Erlangung vorhandener Beweismitteln
im Sinne von Absatz 2 erlassen werden, sofern die Beweismittel vor dem Erlass der
Anordnung erhoben wurden.

Artikel 4
Verfahrensarten

Die Europäische Beweisanordnung kann in Bezug auf folgende Verfahrensarten erlassen
werden:

(a) Strafverfahren;

(b) von Verwaltungsbehörden eingeleitete Verfahren wegen Handlungen, die nach dem
innerstaatlichen Recht des Anordnungsstaats als Zuwiderhandlungen gegen
Rechtsvorschriften geahndet werden, sofern gegen die Entscheidung ein auch in
Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann, und

(c) in Verfahren gemäß Buchstaben a) und b), die sich auf Straftaten beziehen, für die
eine juristische Person im Anordnungsstaat haftbar gemacht werden kann.

Artikel 5
Inhalt und Form der Europäischen Beweisanordnung

1. Die Europäische Beweisanordnung muss die in Formblatt A im Anhang genannten
Angaben enthalten. Die Anordnungsbehörde bestätigt ihre inhaltliche Richtigkeit und
unterzeichnet sie.

2. Die Europäische Beweisanordnung wird von dem Anordnungsstaat in die bzw. eine
der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats übersetzt.

Jeder Mitgliedstaat kann bei der Verabschiedung dieses Rahmenbeschlusses oder zu
einem späteren Zeitpunkt in einer beim Generalsekretariat des Rates hinterlegten

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49 – Drucksache 15/3831

Erklärung sein Einverständnis mit einer Übersetzung in eine oder mehrere andere
Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaften erklären.

TITEL II – VERFAHREN UND SCHUTZGARANTIEN FÜR DEN ANORDNUNGSSTAAT

Artikel 6
Voraussetzungen für den Erlass der Europäischen Beweisanordnung

Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die
Europäische Beweisanordnung nur erlassen wird, wenn sich die Anordnungsbehörde vom
Vorliegen der folgenden Voraussetzungen vergewissert hat:

(a) Die angeforderten Sachen, Schriftstücke oder Daten sind für den Zweck der in
Artikel 4 genannten Verfahren notwendig und diesem Zweck angemessen.

(b) Die Sachen, Schriftstücke oder Daten können nach dem Recht des
Anordnungsstaates unter ähnlichen Umständen erlangt werden, wenn sie im
Hoheitsgebiet des Anordnungsstaates verfügbar wären, auch wenn gegebenenfalls
andere prozessuale Maßnahmen Anwendung fänden.

(c) Die Sachen, Schriftstücke oder Daten können für das Verfahren, für das sie
angefordert werden, zugelassen werden.

Artikel 7
Übermittlung der Europäischen Beweisanordnung

1. Die Europäische Beweisanordnung wird von der Anordnungsbehörde unmittelbar an
die zuständige Vollstreckungsbehörde in einer Form übermittelt, die eine schriftliche
Aufzeichnung in einer Weise ermöglicht, dass der Vollstreckungsstaat die Echtheit
feststellen kann.

2. Ist die zuständige Vollstreckungsbehörde nicht bekannt, zieht die
Anordnungsbehörde alle notwendigen Erkundigungen ein, darunter auch bei den
Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes, um von dem
Vollstreckungsstaat diese Auskunft zu erlangen.

3. Ist die Behörde, die im Vollstreckungsstaat die Europäische Beweisanordnung
entgegennimmt, nicht befugt, die Europäische Beweisanordnung anzuerkennen und
deren Vollstreckung zu veranlassen, so leitet sie die Beweisanordnung von Amts
wegen an die zuständige Vollstreckungsbehörde weiter und unterrichtet die
Anordnungsbehörde entsprechend.

Artikel 8
Zentrale Strafregisterbehörde

1. Jeder Mitgliedstaat bezeichnet in einer beim Generalsekretär des Rates hinterlegten
Erklärung eine zentrale Behörde, an welche die Europäische Beweisanordnung
übermittelt werden kann, um eine Abschrift von jedem amtlichen Vermerk einer

Drucksache 15/3831 – 50 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

strafrechtlichen Verurteilung in diesem Mitgliedstaat und den sich daraus ergebenden
Maßnahmen in Bezug auf eine natürliche oder juristische Person zu erlangen.

2. Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass seine zentrale Strafregisterbehörde zu den für
die Einhaltung von Absatz 1 notwendigen Informationen Zugang erhält.

Artikel 9
Zusätzliche Beweisanordnung

1. Fordert die Anordnungsbehörde in Ergänzung einer früheren Europäischen
Beweisanordnung für den Zweck desselben Verfahrens Sachen, Schriftstücke oder
Daten an und trifft der Inhalt der ursprünglichen Beweisanordnung weiterhin zu, so
ist der Erlass einer neuen Europäischen Beweisanordnung nicht erforderlich. In
derartigen Fällen erlässt sie eine ergänzende Beweisanordnung, welche die in
Formblatt B im Anhang genannten Angaben enthält.

2. Der Vollstreckungsstaat kommt zusätzlichen Beweisanordnungen nach Absatz 1 in
derselben Weise nach wie der ursprünglichen Europäischen Beweisanordnung.

3. Ist die zuständige Behörde, die eine Europäische Beweisanordnung erlassen hat,
nach den geltenden Bestimmungen an der Vollstreckung der Beweisanordnung im
Vollstreckungsstaat beteiligt, so kann sie die ergänzende Beweisanordnung während
ihres Aufenthalts in diesem Land unmittelbar an die Vollstreckungsbehörde richten.

Artikel 10
Voraussetzungen für die Verwendung personenbezogener Daten

1. Nach diesem Rahmenbeschluss erlangte personenbezogene Daten können von dem
Anordnungsstaat für folgende Zwecke verwendet werden:

(a) für Verfahren, für die eine Europäische Beweisanordnung erlassen werden
kann;

(b) für sonstige justizielle und verwaltungsbehördliche Verfahren, die mit
Verfahren nach Buchstabe a) unmittelbar zusammenhängen;

(c) zur Abwehr einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr für die öffentliche
Sicherheit.

Für andere als die in Absatz 1 genannten Zwecke dürfen nach diesem
Rahmenbeschluss erlangte personenbezogene Daten nur nach vorheriger
Zustimmung des Vollstreckungsstaats verwendet werden, es sei denn, der
Anordnungsstaat hat die Zustimmung der betroffenen Person erhalten.

2. Nach diesem Rahmenbeschluss erlangte personenbezogene Daten werden vertraulich
behandelt, es sei denn, ihre Offenlegung ist für die in Absatz 1 genannten Zwecke
oder aus sonstigen nach innerstaatlichem Recht geregelten Gründen notwendig.

3. Der Vollstreckungsstaat kann im Einzelfall den Mitgliedstaat, dem die
personenbezogenen Daten zugeleitet wurden, ersuchen, Auskunft über die
Verwendung der Daten zu erteilen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51 – Drucksache 15/3831

4. Dieser Artikel findet keine Anwendung auf personenbezogene Daten, die ein
Mitgliedstaat im Rahmen dieses Rahmenbeschlusses erlangt hat und die aus diesem
Mitgliedstaat stammen.

TITEL III – VERFAHREN UND SCHUTZGARANTIEN FÜR DEN
VOLLSTRECKUNGSSTAAT

Artikel 11
Anerkennung und Vollstreckung

Sofern dieser Rahmenbeschluss nicht anders bestimmt, erkennt die Vollstreckungsbehörde
eine nach Artikel 7 übermittelte Europäische Beweisanordnung ohne weitere Formalitäten an
und ergreift die notwendigen Maßnahmen zu deren Vollstreckung in derselben Weise, in der
die Sachen, Schriftstücke oder Daten von einer Behörde des Vollstreckungsstaats erlangt
würden.

Artikel 12
Schutzgarantien für die Vollstreckung

1. Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass
die Europäische Beweisanordnung nach Maßgabe der folgenden
Mindestvoraussetzungen vollstreckt wird:

(a) Die Vollstreckungsbehörde verwendet die am wenigsten einschneidenden
Mittel, die zur Erlangung der Sachen, Schriftstücke oder Daten notwendig sind.

(b) Von einer natürlichen Person darf die Vorlage von Sachen, Schriftstücken oder
Daten nicht verlangt werden, mit denen sie sich selbst belasten könnte.

(c) Die Anordnungsbehörde ist umgehend zu unterrichten, wenn die
Vollstreckungsbehörde feststellt, dass die Beweisanordnung in einer Weise
vollstreckt wurde, die dem Recht des Vollstreckungsstaats zuwiderläuft.

2. Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in
Fällen, in denen eine Durchsuchung und Beschlagnahme zur Erlangung der Sachen,
Schriftstücke oder Daten für notwendig erachtet wird, folgende zusätzliche
Schutzgarantien gelten:

(a) Eine Durchsuchung von Räumlichkeiten darf nicht nachts beginnen, es sei
denn, dies ist wegen der besonderen Umstände im Einzelfall ausnahmsweise
notwendig.

(b) Eine Person, deren Räumlichkeiten durchsucht worden sind, hat Anspruch auf
Erhalt einer schriftlichen Mitteilung über die Durchsuchung. Darin sind
zumindest der Grund für die Durchsuchung, die beschlagnahmten Sachen,
Schriftstücke oder Daten sowie die verfügbaren Rechtsmittel zu nennen.

(c) Bei Abwesenheit der Person, deren Räumlichkeiten durchsucht werden, ist die
in Buchstabe b) genannte Mitteilung entweder dadurch, dass sie in den

Drucksache 15/3831 – 52 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Räumlichkeiten zurückgelassen wird, oder durch andere geeignete Mittel
dieser Person zur Kenntnis zu bringen.

Artikel 13
Im Vollstreckungsstaat einzuhaltende Formalitäten

Die Anordnungsbehörde kann verlangen, dass die Vollstreckungsbehörde

(a) zur Vollstreckung der Beweisanordnung Zwangsmaßnahmen anwendet, wenn nach
Auffassung der Anordnungsbehörde eine erhebliche Gefahr besteht, dass die
angeforderten Sachen, Schriftstücke oder Daten geändert, verbracht oder vernichtet
werden könnten;

(b) die Tatsache, dass Ermittlungen durchgeführt werden, sowie den Gegenstand der
Ermittlungen vertraulich behandelt, soweit zur Vollstreckung der Europäischen
Beweisanordnung nichts anderes erforderlich ist;

(c) einer zuständigen Behörde des Anordnungsstaates oder einem von der
Anordnungsbehörde benannten Betroffenen gestattet, während der Vollstreckung der
Beweisanordnung zugegen zu sein, und denselben Zugang zu allen im Zuge der
Vollstreckung erlangten Sachen, Schriftstücken oder Daten einräumt wie der
Vollstreckungsbehörde;

(d) Unterlagen führt, aus denen hervorgeht, wer die Beweismittel zwischen der
Vollstreckung der Beweisanordnung bis zur Übermittlung der Beweismittel an den
Anordnungsstaat in Händen hatte, oder

(e) andere konkret angegebene Formalitäten und von der Anordnungsbehörde
ausdrücklich genannte Verfahren einhält, es sei denn, derartige Formalitäten und
Verfahren stehen wesentlichen Rechtsgrundsätzen des Vollstreckungsstaats
entgegen.

Artikel 14
Informationspflicht

Wenn die Vollstreckungsbehörde bei der Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung
zu der Auffassung gelangt, dass es notwendig sein könnte, Ermittlungen, die anfänglich nicht
vorgesehen waren und die zum Zeitpunkt des Ersuchens nicht hatten angegeben werden
können, durchzuführen, setzt sie die Anordnungsbehörde hiervon unverzüglich in Kenntnis,
damit diese weitere Maßnahmen ergreifen kann.

Artikel 15
Versagungsgründe

1. Ein Richter, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt im Vollstreckungsstaat versagt die
Anerkennung oder Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung, wenn dies

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53 – Drucksache 15/3831

dem Verbot der Doppelbestrafung nach dem Rahmenbeschluss 2003/…/JI über die
Anwendung des Verbots der Doppelbestrafung70 zuwiderlaufen würde.

2. Ein Richter, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt im Vollstreckungsstaat kann die
Anerkennung oder Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung auch dann
versagen, wenn

(a) deren Vollstreckung dem Verbot der Doppelbestrafung in Bezug auf ein
Verfahren in einem Drittstaat zuwiderlaufen würde oder

(b) es aufgrund einer Immunität oder eines Vorrechts nach dem Recht des
Vollstreckungsstaats nicht möglich ist, die Europäische Beweisanordnung zu
vollstrecken.

Artikel 16
Beiderseitige Strafbarkeit

1. Die Anerkennung oder Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung darf nicht
vom Vorbehalt der beiderseitigen Strafbarkeit abhängig gemacht werden, wenn eine
oder beide der nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

(a) Eine Durchsuchung privater Räumlichkeiten ist zur Vollstreckung der
Beweisanordnung nicht notwendig.

(b) Die Straftat ist in Absatz2 aufgeführt.

2. Bei den folgenden Straftaten, die nach dem Recht des Anordnungsstaats als solche
definiert sind, darf unter keinen Umständen das Vorliegen einer beiderseitigen
Strafbarkeit nachgeprüft werden:

– Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung,

– Terrorismus,

– Menschenhandel,

– sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,

– illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen,

– illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,

– Korruption,

– Betrugsdelikte, einschließlich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften im Sinne des Übereinkommens vom 26. Juli 1995
über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,

– Wäsche von Erträgen aus Straftaten,

70 ABl. L […] vom […], S. […].

Drucksache 15/3831 – 54 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

– Geldfälschung, einschließlich der Euro-Fälschung,

– Cyberkriminalität,

– Umweltkriminalität, einschließlich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten
oder mit bedrohten Pflanzen- und Baumarten,

– Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,

– vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung,

– illegaler Handel mit Organen und menschlichem Gewebe,

– Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,

– Rassismus und Fremdenfeindlichkeit,

– Diebstahl in organisierter Form oder mit Waffen,

– illegaler Handel mit Kulturgütern, einschließlich Antiquitäten und
Kunstgegenstände,

– Betrug,

– Erpressung und Schutzgelderpressung,

– Nachahmung und Produktpiraterie,

– Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit,

– Fälschung von Zahlungsmitteln,

– illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern,

– illegaler Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen,

– Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen,

– Vergewaltigung,

– Brandstiftung,

– Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,

– Flugzeug- und Schiffsentführung,

– Sabotage,

– gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweise,
einschließlich Verstößen gegen Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und des
Gefahrengutrechts,

– Warenschmuggel,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 55 – Drucksache 15/3831

– Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum,

– Gewaltandrohung und Gewalt gegen Personen einschließlich Gewalt bei
Sportveranstaltungen,

– Sachbeschädigung,

– Diebstahl,

– Straftaten, die der Anordnungsstaat in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus
Rechtsakten eingeführt hat, die auf der Grundlage des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft oder nach Titel VI des Vertrags über die Europäische
Union erlassen wurden.

3. Liegt keine der Voraussetzungen von Absatz 1 vor, kann die Anerkennung oder
Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung vom Vorliegen der beiderseitigen
Strafbarkeit nur abhängig gemacht werden, soweit dies in den Übergangsregelungen
nach Artikel 24 Absätze 2 und 3 vorgesehen ist.

Artikel 17
Fristen und Verfahren für die Anerkennung, Vollstreckung und Übermittlung

1. Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um die Einhaltung der in
diesem Artikel vorgesehenen Fristen sicherzustellen. Hat die Anordnungsbehörde in
der Europäischen Beweisanordnung angegeben, wegen Verfahrensfristen oder aus
anderen besonders dringenden Gründen sei eine kürzere Frist notwendig, so wird
dies von der Vollstreckungsbehörde möglichst weitgehend berücksichtigt.

2. Eine Entscheidung, die Anerkennung oder Vollstreckung zu versagen, ist
schnellstmöglich zu treffen und der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats auf
eine Art und Weise mitzuteilen, die eine schriftliche Aufzeichnung zulässt. Diese
Mitteilung ergeht spätestens zehn Tage nach Eingang der Europäischen
Beweisanordnung bei der zuständigen Vollstreckungsbehörde.

3. Sofern nach Artikel 18 kein Grund für einen Aufschub vorliegt, vollstreckt die
Vollstreckungsbehörde die Europäische Beweisanordnung

(a) umgehend, wenn sich die von der Anordnungsbehörde angeforderten Sachen,
Schriftstücke oder Daten bereits unter der Kontrolle der Vollstreckungsbehörde
befinden oder eine Abschrift des amtlichen Eintrags einer strafrechtlichen
Verurteilung bei einer zentralen Strafregisterbehörde angefordert wird;

oder in anderen Fällen

(b) unverzüglich und möglichst innerhalb von 60 Tagen nach Eingang bei der
zuständigen Vollstreckungsbehörde.

4. Wurden nach Artikel 19 keine Rechtsmittel eingelegt, übermittelt der
Vollstreckungsstaat dem Anordnungsstaat die im Rahmen der Europäischen
Beweisanordnung erlangten Sachen, Schriftstücke oder Daten

Drucksache 15/3831 – 56 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(a) umgehend, wenn sich die von der Anordnungsbehörde angeforderten Sachen,
Schriftstücke oder Daten bereits unter der Kontrolle der Vollstreckungsbehörde
befinden oder eine Abschrift des amtlichen Eintrags einer strafrechtlichen
Verurteilung bei einer zentralen Strafregisterbehörde angefordert wird;

oder in anderen Fällen

(b) unverzüglich und möglichst innerhalb von 30 Tagen nach Vollstreckung.

5. Die Vollstreckungsbehörde kann verlangen, dass die Sachen, Schriftstücke oder
Daten an den Vollstreckungsstaat zurückzusenden sind, sobald sie von dem
Anordnungsstaat nicht mehr benötigt werden.

6. Vorbehaltlich der Absätze 4 und 5 dürfen keine weiteren Bedingungen an die
Übermittlung der Sachen, Schriftstücke oder Daten geknüpft werden.

7. Die Versagung, Unterlassung oder Verzögerung der Vollstreckung einer
Europäischen Beweisanordnung sowie der anschließenden Übermittlung der Sachen,
Schriftstücke und Daten ist zu begründen.

8. Falls die Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung praktisch unmöglich ist,
weil die Sachen, Schriftstücke oder Daten verschwunden sind, vernichtet wurden, an
dem in der Beweisanordnung angegebenen Ort nicht auffindbar sind oder der Ort der
Sachen, Schriftstücke oder Daten nicht mit hinreichender Genauigkeit angegeben
wurde und auch nach Rücksprache mit dem Anordnungsstaat nicht ermittelt werden
konnte, so ist die zuständige Behörde des Anordnungsstaats hiervon umgehend zu
unterrichten.

9. Kann ein Mitgliedstaat die in diesem Artikel vorgesehenen Fristen ausnahmsweise
nicht einhalten, so unterrichtet er hiervon Eurojust unter Angabe der Gründe für die
Verzögerung.

Artikel 18
Gründe für den Aufschub der Vollstreckung

1. Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung der Europäischen
Beweisanordnung aufschieben, wenn

(a) das im Anhang vorgesehene Formblatt nicht vollständig ausgefüllt wurde;

(b) dessen Vollstreckung laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigen
könnte, solange sie dies für angemessen hält, oder

(c) die betreffenden Sachen, Schriftstücke oder Daten bereits in anderen Verfahren
gemäß Artikel 4 verwendet werden, bis die Beweismittel für diesen Zweck
nicht mehr benötigt werden.

2. In dem in Absatz1 Buchstabe a) genannten Fall kann die Vollstreckungsbehörde

(a) die Vollstreckung aufschieben, bis das Formblatt vervollständigt oder
berichtigt wurde, oder

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 57 – Drucksache 15/3831

(b) von der Erfüllung dieser Verpflichtung absehen, wenn sie zu dem Schluss
gelangt, dass die vorliegenden Angaben ausreichen, um die Beweisanordnung
nach Recht und Billigkeit zu vollstrecken.

3. Der Aufschub der Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung ist der
zuständigen Behörde im Anordnungsstaat in einer Weise, die eine schriftliche
Aufzeichnung ermöglicht, unter Angabe der Gründe hierfür sowie möglichst der zu
erwartenden Dauer des Aufschubs unverzüglich mitzuteilen.

4. Sobald der Grund für den Aufschub nicht mehr besteht, ergreift die
Vollstreckungsbehörde unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zur
Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung und unterrichtet die im
Anordnungsstaat zuständige Behörde hiervon in einer Weise, die eine schriftliche
Aufzeichnung ermöglicht.

Artikel 19
Rechtsmittel bei Zwangsmaßnahmen

1. Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass
Betroffene einschließlich gutgläubiger Dritter über Rechtsmittel gegen eine durch
Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach Artikel 11 vollstreckte Europäische
Beweisanordnung verfügen, damit deren berechtigte Interessen gewahrt bleiben.

2. Rechtsmittel sind bei einem Gericht im Anordnungsstaat oder im Vollstreckungsstaat
nach dem jeweiligen einzelstaatlichen Recht einzulegen. Eine Nachprüfung der
sachlichen Gründe und der in Artikel 6 genannten Voraussetzungen für den Erlass
der Europäischen Beweisanordnung kann jedoch nur bei einem Gericht im
Anordnungsstaat beantragt werden.

3. Der Anordnungsstaat hat dafür zu sorgen, dass etwaige Fristen für die Einlegung von
Rechtsmitteln nach den Absätzen 1 und 2 so angewandt werden, dass Betroffenen ein
wirksamer Rechtsschutz ermöglicht wird.

4. Wird ein Rechtsmittel im Vollstreckungsstaat eingelegt, so ist die Justizbehörde des
Anordnungsstaats von der Einlegung des Rechtsmittels sowie seiner Begründung zu
unterrichten, damit sie sich entsprechend dazu äußern kann. Sie ist vom Ausgang des
Rechtsmittelverfahrens in Kenntnis zu setzen.

5. Die Anordnungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde ergreifen die notwendigen
Maßnahmen, um die Wahrnehmung des in Absatz1 genannten
Rechtsschutzanspruchs zu erleichtern, insbesondere durch eine sachdienliche und
angemessene Information der Betroffenen.

6. Der Vollstreckungsstaat kann die Übermittlung der Sachen, Schriftstücke und Daten
bis zum Ausgang des Rechtsmittelverfahrens aussetzen. Die Anordnungsbehörde
kann jedoch trotz eines im Vollstreckungsstaat anhängigen Rechtsmittelverfahrens
vom Vollstreckungsstaat verlangen, die Sachen, Schriftstücke und Daten 60 Tage
nach Vollstreckung der Europäischen Beweisanordnung zu übermitteln. In derartigen
Fällen sind, wenn wegen des Ausgangs des Rechtsmittelverfahrens im
Vollstreckungsstaat die Übermittlung der Sachen, Schriftstücke und Daten nicht
hätte stattfinden dürfen, diese sofort an den Vollstreckungsstaat zurückzusenden.

Drucksache 15/3831 – 58 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Artikel 20
Erstattung von Schadenersatzzahlungen

1. Unbeschadet von Artikel 19 Absatz 2 erstattet der Anordnungsstaat in Fällen, in
denen der Vollstreckungsstaat nach seinem Recht dafür haftet, wenn durch die
Vollstreckung einer nach Artikel 7 übermittelten Europäischen Beweisanordnung die
Rechte eines der in Artikel 19 genannten Betroffenen verletzt worden sind, dem
Vollstreckungsstaat alle aufgrund dieser Haftungsverpflichtung an den Betroffenen
als Schadenersatz gezahlten Beträge, falls und soweit die Rechtsverletzung nicht
ganz oder teilweise ausschließlich auf das Verhalten des Vollstreckungsstaats
zurückzuführen ist.

2. Absatz 1 gilt unbeschadet des einzelstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten zu
Schadenersatzansprüchen natürlicher oder juristischer Personen.

TITEL IV – ZUSTÄNDIGKEIT BEI ELEKTRONISCHEN KOMMUNIKATIONSNETZEN

Artikel 21
Zuständigkeit für Computerdaten in einem Informationssystem im Hoheitsgebiet eines

anderen Mitgliedstaats

1. Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass
die Europäische Beweisanordnung ohne weitere Formalitäten vollstreckt wird, wenn

(a) die angeforderten Computerdaten sich in einem Informationssystem im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats befinden, jedoch für eine juristische
oder natürliche Person im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats mit Hilfe
eines elektronischen Kommunikationsnetzes rechtmäßig zugänglich sind, und

(b) die Computerdaten sich auf eine Leistung beziehen, die von dieser juristischen
oder natürlichen Person im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats für eine
juristische oder natürliche Person im Hoheitsgebiet desselben Staats
bereitgestellt werden.

2. Jeder Mitgliedstaat ergreift zudem die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen,
dass sein innerstaatliches Recht es einem anderen Mitgliedstaat ermöglicht, in Bezug
auf Computerdaten nach Absatz1 tätig zu werden.

TITEL V – SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 22
Kontrolle der Wirksamkeit des Rahmenbeschlusses

1. Ein Mitgliedstaat, der bei der Vollstreckung Europäischer Beweisanordnungen
wiederholt Probleme aufseiten eines anderen Mitgliedstaats feststellt, unterrichtet die
Kommission hiervon, um diese bei deren Bewertung der Umsetzung dieses
Rahmenbeschlusses auf der Ebene der Mitgliedstaaten zu unterstützen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 59 – Drucksache 15/3831

2. Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass er
bis zum 31. März jeden Jahres folgende Angaben zum vorangegangenen
Kalenderjahr bereitstellen kann:

(a) Anzahl der den einzelnen Mitgliedstaaten von seinen eigenen Behörden
zugestellten Europäischen Beweisanordnungen;

(b) durchschnittliche Anzahl der Tage, die bis zum Eingang der in den
Anordnungen genannten Sachen, Schriftstücke und Daten aus den einzelnen
Mitgliedstaaten verstrichen sind, und

(c) Anzahl der den einzelnen Mitgliedstaaten von seinen eigenen Behörden
zugestellten Europäischen Beweisanordnungen, bei denen die Anerkennung
versagt wurde oder eine Vollstreckung nicht möglich war, sowie eine
Zusammenfassung der Gründe hierfür.

3. Jeder Mitgliedstaat ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass
seine zentrale Strafregisterbehörde bis zum 31. März jeden Jahres folgende Angaben
in Bezug auf die im vorangegangenen Kalenderjahr eingegangenen Europäischen
Beweisanordnungen bereitstellen kann:

(a) Anzahl der bei seinen eigenen Behörden aus den einzelnen Mitgliedstaaten
eingegangenen Europäischen Beweisanordnungen;

(b) durchschnittliche Anzahl der Tage, die bis zur Beantwortung einer
Europäischen Beweisanordnung verstrichen sind;

(c) Anzahl der versagten Vollstreckungen einer Europäischen Beweisanordnung
sowie eine Zusammenfassung der Gründe für Versagungen oder unterlassene
Antworten;

(d) Anzahl der Europäischen Beweisanordnungen, die nicht innerhalb von zehn
Tagen beantwortet wurden, sowie Zusammenfassung der Gründe hierfür.

4. Auf schriftliches Ersuchen der Kommission stellen die Mitgliedstaaten der
Kommission die in den Absätzen 2 und 3 angegebenen Informationen bereit.

Artikel 23
Verhältnis zu anderen Rechtsakten

1. Unbeschadet seiner Anwendung im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten und
Drittländern ersetzt dieser Rahmenbeschluss im Verhältnis der Mitgliedstaaten
untereinander ab 1. Januar 2005 die entsprechenden Bestimmungen folgender
Rechtsakte, soweit sich diese Rechtsakte auf Rechtshilfeersuchen in Bezug auf
Beweismitteln beziehen, die in den Anwendungsbereich dieses Rahmenbeschlusses
fallen:

Drucksache 15/3831 – 60 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(a) das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.
April 195971 sowie dessen Zusatzprotokolle vom 17. März 197872 und 8.
November 200173

(b) das Europäische Übereinkommen über Geldwäsche sowie Ermittlung,
Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November
199074

(c) das Übereinkommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des
Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den
schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen („Schengen-
Durchführungsübereinkommen“)

(d) das Übereinkommen vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union75 und dessen Protokoll
vom 16. Oktober 200176.

2. Folgende Bestimmungen werden hiermit aufgehoben:

(a) Artikel 51 des Schengen-Durchführungsübereinkommens

(b) Artikel 2 des Protokolls vom 16. Oktober 2001 zum Übereinkommen vom 29.
Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union.

3. Die Mitgliedstaaten können bilaterale oder multilaterale Abkommen oder
Regelungen, die bei der Verabschiedung dieses Rahmenbeschlusses in Kraft sind,
weiterhin anwenden, soweit diese Abkommen oder Regelungen die Ausweitung oder
Erweiterung der Ziele dieses Rahmenbeschlusses gestatten und zu einer weiteren
Vereinfachung oder Erleichterung der Verfahren zur Erlangung von Beweismitteln
beitragen, die in den Anwendungsbereich dieses Rahmenbeschlusses fallen.

4. Die Mitgliedstaaten können bilaterale oder multilaterale Abkommen oder
Regelungen nach Inkrafttreten dieses Rahmenbeschlusses schließen, soweit diese
Abkommen oder Regelungen die Ausweitung oder Erweiterung der Ziele dieses
Rahmenbeschlusses gestatten und zu einer weiteren Vereinfachung oder
Erleichterung der Verfahren zur Erlangung von Beweismitteln beitragen, die in den
Anwendungsbereich dieses Rahmenbeschlusses fallen.

5. Die in den Absätzen 3 und 4 genannten Abkommen und Regelungen dürfen das
Verhältnis zu Mitgliedstaaten, die ihnen nicht beigetreten sind, keinesfalls
beeinträchtigen.

6. Die Mitgliedstaaten unterrichten innerhalb von drei Monaten ab Inkrafttreten dieses
Rahmenbeschlusses den Rat und die Kommission von den in Absatz 3 genannten
Abkommen und Regelungen, die sie weiterhin anzuwenden wünschen.

71 Europarat, European Treaty Series Nr. 30.
72 Europarat, European Treaty Series Nr. 99.
73 Europarat, European Treaty Series Nr. 182.
74 Europarat, European Treaty Series Nr. 141.
75 ABl. C 197 vom 12.7.2000, S. 1.
76 ABl. C 326 vom 21.11.2001, S. 1.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 61 – Drucksache 15/3831

7. Die Mitgliedstaaten unterrichten zudem den Rat und die Kommission von neuen
Abkommen und Regelungen nach Absatz 4 innerhalb von drei Monaten nach deren
Unterzeichnung.

8. Soweit die in Absatz 1 genannten Übereinkommen oder Abkommen für die
Hoheitsgebiete von Mitgliedstaaten oder für Gebiete gelten, deren
Außenbeziehungen in die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats fallen und für die dieser
Rahmenbeschluss nicht gilt, so regeln diese Rechtsakte auch weiterhin das Verhältnis
zwischen diesen Gebieten und den übrigen Mitgliedstaaten.

Artikel 24
Übergangsregelungen

1. Vor dem 1. Januar 2005 eingegangene Rechtshilfeersuchen unterliegen auch
weiterhin den bestehenden Rechtsakten zur Rechtshilfe in Strafsachen. Später
eingegangene Ersuchen um Beweismittel, die in den Anwendungsbereich dieses
Rahmenbeschlusses fallen, unterliegen den von den Mitgliedstaaten gemäß diesem
Rahmenbeschluss getroffenen Regelungen.

2. Mitgliedstaaten, die nach bestehenden Rechtsakten über Rechtshilfe in Strafsachen
die Vollstreckung eines Ersuchens um Durchsuchung und Beschlagnahme von der
Voraussetzung der beiderseitigen Strafbarkeit abhängig gemacht haben, können,
wenn keine der Voraussetzungen von Artikel16 Absatz 1 vorliegt, für einen
Zeitraum von höchstens fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Rahmenbeschlusses
einem Richter, Ermittlungsrichter oder Staatsanwalt gestatten, die Anerkennung oder
Vollstreckung einer Europäischen Beweisanordnung mit der Begründung zu
versagen, dass die ihr zugrunde liegende Tat unabhängig von ihren
Tatbestandsmerkmalen und ihrer Beschreibung nach dem Recht des
Vollstreckungsstaats keine Straftat darstellt.

3. In Bezug auf Straftaten in Verbindung mit Steuern oder Abgaben, Zöllen und
Devisen kann die Anerkennung oder Vollstreckung nach Absatz 2 nicht mit der
Begründung versagt werden, das Recht des Vollstreckungsstaats sehe eine derartige
Steuer oder Abgabe nicht vor oder enthalte keine gleichartige Steuer-, Abgabe-, Zoll-
und Devisenregelung wie das Recht des Anordnungsstaats.

Artikel 25
Umsetzung

1. Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um diesem
Rahmenbeschluss vor dem 1. Januar 2005 nachzukommen.

2. Bis zu diesem Termin teilen die Mitgliedstaaten dem Generalsekretariat des Rates
und der Kommission den Wortlaut der Bestimmungen mit, mit denen sie die sich aus
diesem Rahmenbeschluss ergebenden Verpflichtungen in ihr innerstaatliches Recht
umgesetzt haben.

3. Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis spätestens
30. Juni 2005, inwieweit die Mitgliedstaaten die zur Einhaltung dieses
Rahmenbeschlusses notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, und unterbreitet
gegebenenfalls Legislativvorschläge.

Drucksache 15/3831 – 62 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Das Generalsekretariat des Rates unterrichtet die Mitgliedstaaten, die Kommission
und Eurojust von den Erklärungen nach Artikel 5 und 8.

Artikel 26
Inkrafttreten

Dieser Rahmenbeschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Rates
Der Präsident
[...]

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 63 – Drucksache 15/3831

Anhang

Formblatt A

EUROPÄISCHE BEWEISANORDNUNG77

Diese Beweisanordnung wurde von einer zuständigen Justizbehörde erlassen. Hiermit wird
um Erlangung und Übermittlung der nachstehend aufgeführten Sachen, Schriftstücke und
Daten gebeten.

Es wird Folgendes bestätigt:

(i) Die mit dieser Beweisanordnung angeforderten Sachen, Schriftstücke und Daten sind
für die nachstehend genannten Verfahren notwendig und ihrem Zweck angemessen.

(ii) Es wäre möglich, die Sachen, Schriftstücke oder Daten nach dem Recht des
Anordnungsstaats unter ähnlichen Umständen zu erlangen, wenn sie im
Hoheitsgebiet des Anordnungsstaats verfügbar wären, obwohl andere
Verfahrensmaßnahmen Anwendung finden könnten.

(iii) Die mit dieser Beweisanordnung angeforderten Sachen, Schriftstücke und Daten
können für das betreffende Verfahren zugelassen werden.

77 Diese Anordnung muss in einer der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder einer anderen Sprache,
mit der sich dieser Staat einverstanden erklärt hat, abgefasst oder in eine dieser Sprachen übersetzt sein.

Drucksache 15/3831 – 64 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(A) ANORDNENDE JUSTIZBEHÖRDE

Amtliche Bezeichnung:

................................................................................................................................................................

Name ihres Vertreters: ……………………………………………………………………………

Amtsbezeichnung: ...........................................................................................................................

Art der anordnenden Justizbehörde:

Richter

Ermittlungsrichter

Staatsanwalt

Aktenzeichen ........................................................................................................................................

Anschrift: ..............................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Tel.: (Ländervorwahl) (Ortsnetzkennzahl) (...) .....................................................................................

Fax: (Ländervorwahl) (Ortsnetzkennzahl) (...)
.......................................................................................

E-Mail: ………………………………………………………………………………………………...

Im Verkehr mit der Anordnungsbehörde verwendbare Sprachen: ………………...........

Angaben zu Ansprechpartnern [mit möglichen Verkehrssprachen] bei Bedarf nach weiteren
Angaben zur Vollstreckung oder zu praktischen Regelungen für die Übermittlung der Sachen,
Schriftstücke und Daten [falls zutreffend]:

................................................................................................................................................................

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 65 – Drucksache 15/3831

(B) GRUND FÜR DEN ERLASS DER BEWEISANORDNUNG

1. Darlegung der Gründe für den Erlass der Europäischen Beweisanordnung und
Zusammenfassung des der anordnenden Justizbehörde bekannten Sachverhalts:

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

2. Art des Verfahrens, für das die Beweisanordnung erlassen wird:

Strafverfahren oder

von Verwaltungsbehörden eingeleitete Verfahren wegen Handlungen, die nach dem
innerstaatlichen Recht des Anordnungsstaats als Zuwiderhandlungen gegen
Rechtsvorschriften geahndet werden, sofern gegen die Entscheidung ein auch in
Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.

3. Nach dem Recht des Anordnungsstaats geregelte Straftatbestände, auf die sich das
o. a. Verfahren bezieht [mehrere Angaben sind möglich]:

Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung,

Terrorismus,

Menschenhandel,

sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,

illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen,

illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,

Korruption,

Betrugsdelikte, einschließlich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der
Europäischen Gemeinschaften im Sinne des Übereinkommens vom 26. Juli 1995
über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,

Drucksache 15/3831 – 66 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wäsche von Erträgen aus Straftaten,

Geldfälschung, einschließlich der Euro-Fälschung,

Cyberkriminalität,

Umweltkriminalität, einschließlich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten
oder mit bedrohten Pflanzen- und Baumarten,

Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,

vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung,

illegaler Handel mit Organen und menschlichem Gewebe,

Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit,

Diebstahl in organisierter Form oder mit Waffen,

illegaler Handel mit Kulturgütern, einschließlich Antiquitäten und
Kunstgegenstände,

Betrug,

Erpressung und Schutzgelderpressung,

Nachahmung und Produktpiraterie,

Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit,

Fälschung von Zahlungsmitteln,

illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern,

illegaler Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen,

Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen,

Vergewaltigung,

Brandstiftung,

Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,

Flugzeug- und Schiffsentführung,

Sabotage,

gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweise,
einschließlich Verstößen gegen Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und des

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 67 – Drucksache 15/3831

Gefahrengutrechts,

Warenschmuggel,

Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum,

Gewaltandrohung und Gewalt gegen Personen einschließlich Gewalt bei
Sportveranstaltungen,

Sachbeschädigung,

Diebstahl,

Straftaten, die der Anordnungsstaat in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus
Rechtsakten eingeführt hat, die auf der Grundlage des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft oder nach Titel VI des Vertrags über die Europäische
Union erlassen wurden.

4. Vollständige Beschreibung der Art und rechtlichen Einstufung von unter Ziffer 3
nicht aufgeführten Straftatbeständen, für welche die Beweisanordnung ergeht:

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

Drucksache 15/3831 – 68 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(C) IDENTITÄT DER BETROFFENEN PERSONEN

Angaben zur Identität der (i) natürlichen bzw. (ii) jur istischen Person(en), zu der bzw. denen die
Sachen, Schriftstücke oder Daten angefordert werden:

(i) Natürliche Personen

Name: ......................................................................................................................................

Vorname(n): ............................................................................................................................

Ggf. Mädchenname: ..................................................................................................

Ggf. Aliasnamen: .......................................................................................................

Geschlecht: ..............................................................................................................................

Staatsangehörigkeit: ................................................................................................................

Geburtsdatum: .......................................................................................................................

Geburtsort: ..........................................................................................................................

Wohnort bzw. derzeit bekannter Aufenthaltsort [falls nicht bekannt, zuletzt bekannter
Aufenthaltsort]:

................................................................................................................................

Sprache(n), die die Person versteht [falls bekannt]:

..................................................................................................................................................

(ii) Juristische Personen

Eingetragener Firmenname: ...................................................................................................

Rechtsform: ……………....................…………………………………………………...

Ggf. Kurzbezeichnung, üblicher Name oder Handelsname:

................................................................................................................................

Gründungsstaat: ........................................................................................................

Handelsregisternummer: ………………………………………………………

Sitz der Gesellschaft:

..................................................................................................................................................

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 69 – Drucksache 15/3831

(D) ANGEFORDERTE SACHEN, SCHRIFTSTÜCKE ODER DATEN

1. Beschreibung der angeforderten Beweismittel [Zutreffendes ist anzukreuzen und
auszufüllen]:

Sachen:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Abschrift eines Strafregisterauszugs für die in Abschnitt C angegebene Person

Angaben aus der Justiz- bzw. Polizeiakte der in Abschnitt C angegebenen Person:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Sonstige Schriftstücke und Daten:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. Etwaige Vorrechte und Immunitäten, denen das Material unterliegt:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

3. Ort, an dem sich die Sachen, Schriftstücke oder Daten befinden [soweit bekannt oder
vermutet]:

...............................................................................................................................................................

Drucksache 15/3831 – 70 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

...............................................................................................................................................................

...............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

4. Angaben zur Identität der (i) natürlichen bzw. (ii) juristischen Person(en), die sich
mutmaßlich im Besitz der Sachen, Schriftstücke oder Daten befindet bzw. befinden:

(i) Natürliche Personen:

Name: ......................................................................................................................................

Vorname(n): ............................................................................................................................

Ggf. Mädchenname: ..................................................................................................

Ggf. Aliasnamen: .......................................................................................................

Geschlecht: .........................................................................................................................….

Staatsangehörigkeit: ............................................................................................................

Geburtsdatum: ........................................................................................................................

Geburtsort: ..........................................................................................................................

Wohnort bzw. derzeit bekannter Aufenthaltsort [falls nicht bekannt, zuletzt bekannter
Aufenthaltsort]:

..................................................................................................................................................

Sprache(n), die die Person versteht:

..................................................................................................................................................

(ii) Juristische Personen:

Eingetragener Firmenname: ...................................................................................................

Rechtsform: ………………………………………………....................………………...

Ggf. Kurzbezeichnung, üblicher Name oder Handelsname:

..................................................................................................................................................

Gründungsstaat: ........................................................................................................

Handelsregisternummer: …………………................……………………………………

Sitz der Gesellschaft: ………………………………………………….......……………...

Sonstige Niederlassungen:

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 71 – Drucksache 15/3831

………………………………………………………………………………………………..

(E) VOLLSTRECKUNG DER BEWEISANORDNUNG

1. Die Fristen für die Vollstreckung der Beweisanordnung sind im Rahmenbeschluss
geregelt. [Bei besonderer Dringlichkeit des Ersuchens sind nachstehend eine kürzere
Frist sowie die Gründe hierfür anzugeben:]

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. [Falls zutreffend, sind die nachstehenden Angaben anzukreuzen und auszufüllen:]

Zur Erlangung der Sachen, Schriftstücke und Daten sind Zwangsmaßnahmen erforderlich,
um deren Veränderung, Verbringung oder Vernichtung zu verhindern [Begründung und
nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Der Gegenstand des Ermittlungsverfahrens und das Ermittlungsverfahren selbst sind
vertraulich zu behandeln [nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Während der Vollstreckung der Beweisanordnung muss eine zuständige Behörde des
Anordnungsstaats – oder ein von der Anordnungsbehörde benannter Betroffener – zugegen
sein [nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Es sind die Personen anzugeben, die die Beweismittel während der Vollstreckung bis zur
Übergabe in Händen hatten [nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Sonstige erforderliche Formalitäten [soweit sie den wesentlichen Rechtsgrundsätzen des
Vollstreckungsstaats nicht entgegenstehen]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Drucksache 15/3831 – 72 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(F) RECHTSMITTEL GEGEN ZWANGSMAßNAHMEN, DIE ZUR VOLLSTRECKUNG DER
BEWEISANORDNUNG ERGRIFFEN WURDEN

1. Beschreibung der im Anordnungsstaat verfügbaren Rechtsmittel für Betroffene
einschließlich gutgläubiger Dritter mit Angabe der zu ihrer Inanspruchnahme
erforderlichen Schritte:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. Gericht, bei dem Rechtsmittel eingelegt werden können:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

3. Angaben zu den Rechtsmittelberechtigten:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

4. Frist für die Rechtsmitteleinlegung:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

5. Behörde im Anordnungsstaat, bei der weitere Auskünfte zum Rechtsmittelverfahren
im Anordnungsstaat und zu Prozesskostenhilfe sowie Dolmetsch- und
Übersetzungsleistungen eingeholt werden können:

Name: ....................................................................................................................................................

Ggf. Ansprechpartner: ..............................................................................................................

Anschrift: ..............................................................................................................................................

Tel.: (Landesvorwahl) (Ortsnetzkennzahl) ...........................................................................................

Fax: (Landesvorwahl) (Ortsnetzkennzahl) ............................................................................................

E-Mail: ...................................................................................................................................................

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 73 – Drucksache 15/3831

(G) SCHLUSSBESTIMMUNGEN UND UNTERSCHRIFT

1. Sonstige sachbezogene Umstände [fakultative Angabe]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. Gewünschte Übermittlungsart der Sachen, Schriftstücken oder Daten:

? per E-Mail

? per Fax

? als Original auf dem Postweg

? sonstige Mittel [bitte angeben]:

…..............................................................................................................................................

3. Unterschrift der anordnenden Jus tizbehörde bzw. ihres Vertreters zur Bestätigung
der inhaltlichen Richtigkeit der Europäischen Beweisanordnung

…............................................................................................................................................................

Name: ....................................................................................................................................................

Amtsbezeichnung: ...........................................................................................................................

Datum: ...................................................................................................................................................

Ggf. Dienstsiegel:

Drucksache 15/3831 – 74 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Formblatt B

Anordnung zur Erhebung zusätzlicher Beweismittel, die vom Anordnungsstaat auf der
Grundlage einer frühere Europäischen Beweisanordnung angefordert werden78

Diese zusätzliche Beweisanordnung wurde von einer Justizbehörde erlassen, die für den Erlass
einer Europäischen Beweisanordnung zuständig ist. Eine Abschrift der dieser zusätzlichen
Beweisanordnung zugrunde liegenden ursprünglichen Europäischen Beweisanordnung ist
beigefügt.

Hiermit wird um Erlangung und Übermittlung der nachstehend aufgeführten Sachen, Schriftstücke
oder Daten gebeten.

Es wird Folgendes bestätigt:

(i) Die dieser zusätzlichen Beweisanordnung zugrunde liegende ursprüngliche Europäische
Beweisanordnung trifft inhaltlich unverändert zu.

(ii) Die mit dieser zusätzlichen Beweisanordnung angeforderten Sachen, Schriftstücke und
Daten sind für den Zweck des in der ursprünglichen Beweisanordnung genannten
Verfahrens notwendig und diesem Zweck angemessen.

(iii) Es wäre möglich, die Sachen, Schriftstücke oder Daten nach dem Recht des
Anordnungsstaates in ähnlichen Umständen zu erlangen, wenn sie im Hoheitsgebiet des
Anordnungsstaats verfügbar wären, obwohl andere Verfahrensmaßnahmen Anwendung
finden könnten.

(iv) Die mit dieser zusätzlichen Beweisanordnung angeforderten Sachen, Schriftstücke und
Daten können für das betreffende Verfahren zugelassen werden.

(A) ANGABEN ZUR USPRÜNGLICHEN EUROPÄISCHEN BEWEISANORDNUNG

Ausstellungsdatum: ...............................................................................................................................

Aktenzeichen der ursprünglichen
Beweisanordnung:…………………………………………………..

Angaben zu etwaigem Schriftverkehr im Zusammenhang mit der ursprünglichen Beweisanordnung:

…............................................................................................................................................................

78 Dieses Formblatt muss in einer der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder einer anderen Sprache,
mit der sich dieser Staat einverstanden erklärt hat, abgefasst oder in eine dieser Sprachen übersetzt sein.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 75 – Drucksache 15/3831

(B) ANGEFORDERTE SACHEN, SCHRIFTSTÜCKE ODER DATEN

1. Beschreibung der angeforderten Beweismittel [Zutreffendes ist anzukreuzen und
auszufüllen]:

Sachen:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Abschrift eines Strafregisterauszugs für die in Abschnitt C der ursprünglichen
Beweisanordnung angegebene Person

Angaben aus der Justiz- bzw. Polizeiakte der in Abschnitt C der ursprünglichen
Beweisanordnung angegebenen Person:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Sonstige Schriftstücke und Daten:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. Etwaige Vorrechte und Immunitäten, denen das Material unterliegt:

Drucksache 15/3831 – 76 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

3. Ort, an dem sich die Sachen, Schriftstücke oder Daten befinden [soweit bekannt oder
vermutet]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

4. Angaben zur Identität der (i) natürlichen bzw. (ii) juristischen Person(en), die sich
mutmaßlich im Besitz der Sachen, Schriftstücke oder Daten befindet bzw. befinden:

(i) Natürliche Personen:

Name: ......................................................................................................................................

Vorname(n): ............................................................................................................................

Ggf. Mädchenname: ...................................................................................................

Ggf. Aliasnamen: .......................................................................................................

Geschlecht: .................................................................................................................…........

Staatsangehörigkeit: ..............................................................................................................

Geburtsdatum: ......................................................................................................................

Geburtsort: ..........................................................................................................................

Wohnort bzw. derzeit bekannter Aufenthaltsort [falls nicht bekannt, zuletzt bekannter
Aufenthaltsort]:

..................................................................................................................................................

Sprache(n), die die Person versteht:

..................................................................................................................................................

(ii) Juristische Personen:

Eingetragener Firmenname: ..................................................................................................

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 77 – Drucksache 15/3831

Rechtsform: …………....................……………………………………………………...

Ggf. Kurzbezeichnung, üblicher Name oder Handelsname:

..................................................................................................................................................

Gründungsstaat: ........................................................................................................

Handelsregisternummer: ….................……………………………………………………

Sitz der Gesellschaft: ……………........…………………………………………………...

Sonstige Niederlassungen:

………………………………………………………………………………………………..

Drucksache 15/3831 – 78 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(C) VOLLSTRECKUNG DER ANORDNUNG

1. Die Fristen für die Vollstreckung der Anordnung sind im Rahmenbeschluss geregelt.
[Bei besonderer Dringlichkeit des Ersuchens sind nachstehend eine kürzere Frist
sowie die Gründe hierfür anzugeben:]

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. [Falls zutreffend, sind die nachstehenden Angaben anzukreuzen und auszufüllen:]

Zur Erlangung der Sachen, Schriftstücke und Daten sind Zwangsmaßnahmen erforderlich,
um deren Veränderung, Verbringung oder Vernichtung zu verhindern [Begründung und
nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Der Gegenstand des Ermittlungsverfahrens und das Ermittlungsverfahren selbst sind
vertraulich zu behandeln [nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Während der Vollstreckung der Anordnung muss eine zuständige Behörde des
Anordnungsstaats – oder ein von der Anordnungsbehörde benannter Betroffener – zugegen
sein [nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Es sind die Personen anzugeben, die die Beweismittel während der Vollstreckung bis zur
Übergabe in Händen hatten [nähere Angaben nachstehend]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Sonstige erforderliche Formalitäten [soweit sie den wesentlichen Rechtsgrundsätzen des
Vollstreckungsstaats nicht entgegenstehen]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 79 – Drucksache 15/3831

(D) SCHLUSSBESTIMMUNGEN UND UNTERSCHRIFT

1. Sonstige sachbezogene Umstände [fakultative Angabe]:

…............................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................

2. Gewünschte Übermittlungsart der Sachen, Schriftstücke oder Daten:

? per E-Mail

? per Fax

? als Original auf dem Postweg

? sonstige Mittel [bitte angeben]:

…..............................................................................................................................................

3. Unterschrift der anordnenden Justizbehörde bzw. ihres Vertreters zur Bestätigung
der inhaltlichen Richtigkeit der zusätzlichen Beweisanordnung:

…............................................................................................................................................................

Name: ....................................................................................................................................................

Amtsbezeichnung: ...........................................................................................................................

Datum: ............................................................................................................................................

Ggf. Dienstsiegel:

x

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