BT-Drucksache 15/3531

Einsatz der Bundeswehr und deutscher Polizeibeamter im Kosovo

Vom 30. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3531
15. Wahlperiode 30. 06. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Günther Friedrich Nolting, Dr. Max Stadler,
Dr. Werner Hoyer, Helga Daub, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Otto Fricke, Rainer Funke,
Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann
(Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Michael Kauch, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Markus
Löning, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern),
Detlef Parr, Gisela Piltz, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Einsatz der Bundeswehr und deutscher Polizeibeamter im Kosovo

Die Schaffung von sicheren Lebensverhältnissen im Kosovo ist die wichtigste
Voraussetzung für politische Fortschritte. Mit dieser Aufgabe sind sowohl Sol-
daten im Rahmen von KFOR als auch Polizeibeamte im Rahmen der UNMIK
betraut.
Während der Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Kosovo durch das Mandat
des Deutschen Bundestages eine klare Rechtsgrundlage besitzt, ist der Auslands-
einsatz von Polizeibeamten nicht in gleicher Weise legitimiert.
Die Ausschreitungen im Kosovo im März 2004 haben auch den Einsatz deut-
scher Soldaten in die Kritik gebracht. Dabei sind in der Öffentlichkeit Fragen
aufgetaucht, ob die bisherige Koordination von UN-Polizei und KFOR zur Auf-
rechterhaltung von Sicherheit und Ordnung im Kosovo hinreichend gewährleis-
tet ist und ob die Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr-Soldaten den ge-
stellten Anforderungen entspricht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele deutsche Polizeibeamte waren seit Beginn der UNMIK im Kosovo

im Einsatz (bitte nach durchschnittlicher Verweildauer und Bundesländern
bzw. BGS und BKA aufschlüsseln)?

2. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgte der Einsatz der Polizeibeamten im
Kosovo und mit welchen Befugnissen sind die Polizeibeamten ausgestattet?

3. Wie, wie lange und mit welchen Inhalten werden die Polizeibeamten für
ihren Einsatz vorbereitet, wie, wie lange und in welcher Form während und
nach ihrem Auslandseinsatz betreut?

4. In welchen Führungsfunktionen (MHQ, RHQ, Station usw.) wurden im
prozentualen Vergleich zu anderen beteiligten Nationen wie viele deutsche
Polizeibeamte seit Beginn der UNMIK im Kosovo eingesetzt (bitte gleich-
falls nach durchschnittlicher Verweildauer und Bundesländern bzw. BGS und
BKA aufschlüsseln)?

Drucksache 15/3531 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

5. In welchen Stabsfunktionen (MHQ, RHQ, Station usw.) wurden im prozen-
tualen Vergleich zu anderen beteiligten Nationen wie viele deutsche Polizei-
beamte seit Beginn der UNMIK im Kosovo eingesetzt (bitte gleichfalls
nach durchschnittlicher Verweildauer und Bundesländern bzw. BGS und
BKA aufschlüsseln)?

6. In welchen operativen Funktionen wurden im prozentualen Vergleich zu an-
deren beteiligten Nationen wie viele deutsche Polizeibeamte seit Beginn der
UNMIK im Kosovo eingesetzt (bitte gleichfalls nach durchschnittlicher
Verweildauer und Bundesländern bzw. BGS und BKA aufschlüsseln)?

7. Unterscheidet sich die Rechtsstellung deutscher Polizeibeamter im Kosovo
von der der deutschen Bundeswehr-Soldaten im Kosovo, und wenn ja, in
welcher Form?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die 2002 von der UNMIK-CIVPOL in
Kraft gesetzte „Provisional Custody“, nach der bei Straftaten, die von der
mit internationalen Staatsanwälten und Richtern besetzten Gerichtsbarkeit
im Kosovo verfolgt und behandelt werden, der der Tat dringend verdäch-
tigte Polizeibeamte in das besonders gesicherte Gefängnis in Pristina ver-
bracht werden muss, bevor dessen Immunität durch den UN-Generalsekre-
tär aufgehoben worden ist?

9. Hat die Bundesregierung diesem UNMIK-Erlass zugestimmt?
10. Ist aufgrund dieses Erlasses bereits ein deutscher Polizeibeamter verhaftet

worden, und wenn ja, wie hat die Bundesregierung darauf reagiert? Wenn
nein, hat die Bundesregierung bereits einen Beschluss gefasst, wie sie in
einem solchen Fall reagieren würde, und wie sähe diese Reaktion aus?

11. War die UN-Polizei oder die KPS (Kosovo Police Service) nach Ansicht der
Bundesregierung bereits im gesamten Gebiet des Kosovo und für das ge-
samte Aufgabenspektrum einer Polizei vor den gewalttätigen Ereignissen
im März 2004 voll einsatzfähig?

12. Welche Erkenntnisse und Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Nach-
bereitung der polizeilichen Einsatzbewältigung hinsichtlich Verhinderung
und Bewältigung der gewalttätigen Aktionen im März 2004?

13. Welche Aufgaben im Bereich Innere Sicherheit muss die KFOR nach
Ansicht der Bundesregierung erfüllen, um die grundsätzlichen Ziele des
UN-Mandats nicht zu gefährden?

14. Sind die Soldaten der Bundeswehr für die Erfüllung dieser Aufgaben ausge-
rüstet und ausgebildet?

15. Hat die Bundeswehr bei ihrem Einsatz am 17. März 2004 in Prizren, als sie
Bewohner eines Klosters evakuierte, das anschließend von gewalttätigen
Demonstranten niedergebrannt wurde, ihren Auftrag gemäß dem Mandat
des Deutschen Bundestages erfüllt, in dem es u. a. heißt: „Insbesondere
dient die Beteiligung der Umsetzung folgender Prinzipien: unverzügliches
und verifizierbares Ende von Gewalt und Unterdrückung im Kosovo, …
Schaffung und Aufrechterhaltung eines sicheren Umfeldes für alle Bürger
des Kosovo …“?

16. Hat die Bundeswehr bzw. KFOR nach Ansicht der Bundesregierung sach-
gerecht reagiert bei den Angriffen in Prizren auf UN-Personal, insbesondere
CIVPOL, und welche Erkenntnisse und Schlüsse zieht die Bundesregierung
aus der Nachbereitung der militärischen Einsatzbewältigung hinsichtlich
Verhinderung und Bewältigung der gewalttätigen Aktionen im März 2004?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3531

17. Welche Einsatzmittel und taktische Ausbildung hat die Bundeswehr, um ge-
walttätige Aktionen ohne Einsatz letaler Waffen deeskalierend zu steuern?

18. Hält die Bundesregierung das bestehende Maßnahmenkonzept der Bewäl-
tigung gewalttätiger Aktionen durch die Bundeswehr für ausreichend, und
wenn nein, welche Verbesserungen plant sie?

19. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Unruhen für die
KFOR-Soldaten und die UN-Polizei völlig überraschend und unvorhergese-
hen auftraten, und welche Konsequenzen zieht sie daraus?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die Zusammenarbeit der Bundeswehr
und der deutschen Polizei im Kosovo?

21. Sieht die Bundesregierung aufgrund der Erfahrungen im Kosovo Bedarf,
den Einsatz der Bundeswehr und der deutschen Polizei vor Ort besser zu
koordinieren, wenn ja, mit welchen Maßnahmen?

22. Hält die Bundesregierung die Einrichtung eines gemeinsamen Stabes für
KFOR und UNMIK im Kosovo bzw. für den koordinierten Einsatz deut-
scher Soldaten und Polizisten in Deutschland für sinnvoll?

Berlin, den 29. Juni 2004
Dr. Rainer Stinner
Günther Friedrich Nolting
Dr. Max Stadler
Dr. Werner Hoyer
Helga Daub
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Michael Kauch
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Markus Löning
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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