BT-Drucksache 15/3526

Holznutzung aus nachhaltiger Forstwirtschaft

Vom 30. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3526
15. Wahlperiode 30. 06. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann, Rainer
Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen), Christoph
Hartmann (Homburg), Ulrich Heinrich, Michael Kauch, Gudrun Kopp, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Holznutzung aus nachhaltiger Forstwirtschaft

Die Bundesregierung hat sich im April 2003 bei der Ministerkonferenz zum
Schutz der Wälder in Europa (MCPFE) in Wien dazu verpflichtet, die wirt-
schaftlichen Rahmenbedingungen für die Forstwirtschaft in Deutschland zu ver-
bessern. In diesem Zusammenhang setzt sich die Bundesregierung für eine ver-
stärkte Nutzung heimischen Holzes ein. Diese so genannte Holzcharta ist mit
Vertretern der Forst- und Holzwirtschaft erarbeitet worden und hat in beiden
Branchen große Erwartungen geweckt. Das jetzt vom Rat für nachhaltige Ent-
wicklung vorgelegte Dokument „Waldwirtschaft als Modell der Nachhaltigkeit“
enthält Vorschläge aus dem Nachhaltigkeitsrat, wie die Verwendung von Holz
ausgeweitet werden kann. Dieses Dokument enthält bisher keine Verzahnung zu
den Aktivitäten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft (BMVEL).
Die mehr als 1,3 Millionen privaten Waldbesitzer in Deutschland erbringen um-
fangreiche soziale und ökologische Leistungen. Sie sichern Arbeitsplätze, ihre
Wälder stehen für Erholung und Tourismus zur Verfügung, sie dienen dem
Arten- und Klimaschutz. Auch im Privatwald sind Flächen nach der FFH-Richt-
linie (Flora-Fauna-Habitatrichtlinie) ausgewiesen worden. Privatwaldbesitzer
haben ihreWälder nach PEFC, ein geringer Teil auch nach FSC zertifizieren las-
sen. Dies dokumentiert eindrucksvoll das Engagement von Privatwaldbesitzern
im Naturschutz. Diese Leistungen können von Privatwaldbesitzern nur dann
weiterhin erbracht werden, wenn sie einen angemessenen Gewinn mit der
Bewirtschaftung ihrer Wälder erzielen können. Dafür brauchen sie geeignete
Rahmenbedingungen, die die Nachhaltigkeit der Waldbewirtschaftung gewähr-
leisten, aufwändige bürokratische Regelungen vermeiden und die erforderlichen
Freiräume für eine erwerbsorientierte Bewirtschaftung gewähren. Dieses gilt in
ähnlicher Weise für die kommunalen Körperschaften, deren finanzielle Lage
ebenfalls angespannt ist und die sich Waldbesitz nur leisten können, wenn des-
sen Bewirtschaftung durch die Erlöse aus dem Holzverkauf sowie durch andere
Einnahmen gedeckt ist.

Drucksache 15/3526 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die auf dem EU-Gipfel beschlossene Verfassung, die bis 2006 von allen Mit-
gliedstaaten ratifiziert werden muss, um in 2007 in Kraft zu treten, enthält keine
Aussagen über die Forstwirtschaft. Es besteht die Befürchtung, dass dies dazu
führt, dass auch zukünftig auf europäischer Ebene Wälder vorwiegend unter
ökologischen Gesichtspunkten betrachtet werden und der für die Ziele der Nach-
haltigkeit wichtigen Produktion des nachwachsenden Rohstoffes Holz nur eine
untergeordnete Bedeutung beigemessen wird. Da in Deutschland ein Drittel der
Fläche mit Wald bedeckt ist, wird eine ausschließlich ökologisch orientierte Be-
trachtung des Waldes seinen vielen Funktionen nicht gerecht.
Der Witterungsverlauf des vergangenen Jahres hat zu erheblichen Dürreschäden
in neu angepflanzten Kulturen und zu einer Besorgnis erregenden Insektenkala-
mität geführt. Es besteht die Befürchtung, dass in diesem Jahr weitere Flächen
befallen werden. Dadurch wird die wirtschaftliche Lage der Waldbesitzer, die
aufgrund sinkender Holzpreise schwierig ist, weiter erschwert.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung die gemeinsame Forderung der Forst- und

Holzwirtschaft, dass die Forstwirtschaft unter den „Unterstützenden Maß-
nahmen“ in der EU-Verfassung aufgenommen wird?
Welche Möglichkeit der Realisierung dieses Anliegens der Forst- und Holz-
wirtschaft sieht die Bundesregierung und auf welchem anderen Wege könnte
dem Anliegen gegebenenfalls entsprochen werden?

2. Durch welche Initiativen beabsichtigt die Bundesregierung für eine angemes-
sene und ausgewogene Vertretung der Forstwirtschaft in Brüssel zu sorgen,
bei der die drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und
Soziales – gleichrangig berücksichtigt werden?

3. In welchem Umfang sind in den Bundesländern FFH-Flächen im Privatwald
ausgewiesen worden und wie erfolgt ein Ausgleich bei erheblichen Nut-
zungseinschränkungen?

4. Trifft es zu, dass EU-Mittel zum Ausgleich von Nutzungseinschränkungen
aufgrund der Ausweisung als FFH-Flächen nicht zur Verfügung gestellt wer-
den können, und wenn ja, worin liegt dies begründet?

5. Wie stellt sich die Bundesregierung zur Forderung der Länder nach einer
weiter gehenden Landeskompetenz in den Bereichen Naturschutz und Forst-
wirtschaft und welche Auswirkungen hätte dies gegebenenfalls bei der Ver-
tretung der Interessen der deutschen Forstwirtschaft in den Gremien der EU?

6. In welcher Weise plant die Bundesregierung, die vom Rat für Nachhaltige
Entwicklung in seinem Papier „Waldwirtschaft als Modell für nachhaltige
Entwicklung“ vorgestellten Punkte zur „Innovationsinitiative Holz“ bzw. zur
„Vermarktungsinitiative Holz“ bei der Holzcharta zu berücksichtigen?

7. Wie wird die Bundesregierung die Kritik des Nachhaltigkeitsrates, die ge-
plante Holzcharta enthalte keine konsistente Strategie, „in der Handlungs-
empfehlungen und Aktionspläne von vielen abgeleitet, zusammengefügt und
operational gemacht sind“, bei der Fertigstellung der Holzcharta berücksich-
tigen?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung in naher Zukunft ein öffentliches Gebäude
in Holzbauweise zu errichten, um die besonderen Möglichkeiten und Vorzü-
ge dieses Baumaterials aufzuzeigen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3526

9. Wie ist der Stand der vom Bundeskartellamt eingeleiteten wettbewerbs-
rechtlichen Prüfung der „besitzartenübergreifenden Vermarktung“?
Wann ist mit dem Ergebnis zu rechnen und welcheMaßnahmen beabsichtigt
die Bundesregierung, sollte diese Vermarktung zukünftig nicht mehr mög-
lich sein?

10. Wie plant die Bundesregierung, für ihr Engagement zur vermehrten Nut-
zung heimischen Holzes aus nachhaltiger Forstwirtschaft die Unterstützung
gesellschaftlicher Gruppen wie der Umweltverbände zu gewinnen und da-
durch die Veröffentlichung von Darstellungen wie z. B. die im Holzführer
von Greenpeace zu vermeiden, in dem Holz von heimischen Laubbäumen
als nur akzeptabel und Holz heimischer Nadelbäume als kritisch bewertet
wird?

11. Beabsichtigt die Bundesregierung einen eigenen Holzführer herauszuge-
ben, in dem die Nachhaltigkeit der Produktion heimischen Holzes entspre-
chend den Bestimmungen der Waldgesetze und die Einsatzmöglichkeiten
des heimischen Holzes erläutert werden?

12. In welchen Waldregionen in Deutschland ist bisher als Folge der Borken-
käferkalamität des letzten Jahres ein Befall weiterer Flächen aufgetreten
und in welchem Umfang?
Welche weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung und in welchem
Umfang wird aus forstfachlicher Sicht der Einsatz von Insektiziden zur Ver-
hinderung der weiteren Verbreitung der Käfer in Wirtschaftswäldern erfor-
derlich?

13. In welchem Umfang sind Flächen des Bundes von der Insektenkalamität
betroffen und welche Mindereinnahmen erwartet die Bundesregierung in
diesem Jahr?

Berlin, den 30. Juni 2004
Dr. Christel Happach-Kasan
Hans-Michael Goldmann
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Christoph Hartmann (Homburg)
Ulrich Heinrich
Michael Kauch
Gudrun Kopp

Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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