BT-Drucksache 15/3524

Neustrukturierung der Bundeswehr

Vom 30. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3524
15. Wahlperiode 30. 06. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen, Daniel
Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther
(Plauen), ChristophHartmann (Homburg), KlausHaupt, Ulrich Heinrich, Dr.Werner
Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, GudrunKopp, JürgenKoppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Markus Löning, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Neustrukturierung der Bundeswehr

Der frühere stellvertretendeGeneralinspekteur der Bundeswehr, Generalleutnant
a. D. Professor Dr. Jürgen Schnell, der heute an der Universität der Bundeswehr
München tätig ist, gab im Juni 2004 eine aktualisierte Fassung von Studien-
ergebnissen zum Thema „Zur Reform der Bundeswehr aus ökonomischer Sicht“
heraus. Während sich die ersten Studienergebnisse aus dem Jahr 2000 auf einen
Streitkräfteumfang von etwa 340 000 Soldaten, davon 135 000 Grundwehr-
dienstleistende, bezogen, liegen den jetzigen Aussagen die aktuellen Zahlen der
neuen Bundeswehrstrukturplanung zugrunde, also ein Gesamtpersonalumfang
der deutschen Streitkräfte von 250 000 Soldaten mit 195 000 Freiwilligen und
55 000 Wehrpflichtigen. Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studie wider-
sprechen grundsätzlich der Vereinbarkeit der aktuellen Bundeswehrstruktur-
planung mit der mittelfristigen Finanzplanung der Bundesregierung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Aus welchen Gründen kommt die Bundesregierung, im Gegensatz zur oben

angeführten Studie der Universität der Bundeswehr München, zu der Über-
zeugung, dass der Reformkurs 2003 in den kommenden fünf Jahren einen
umfassenden Modernisierungsschub für die Bundeswehr erwarten und reali-
sieren lässt?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die in der o. a. Studie der Universität der
Bundeswehr München getroffene Feststellung, dass die Bundeswehr in den
kommenden fünf Jahren deutlich unterfinanziert bleibt und ihr jahresdurch-
schnittlich zwischen 1,5 und 3 Mrd. Euro fehlen werden?

3. Stimmt die Bundesregierung dem Ergebnis der Studie der Universität der
Bundeswehr München zu, dass bis 2010 eine kumulierte Investitionslücke
von mindestens 10 Mrd. Euro zu erwarten ist und was gedenkt sie zu tun, um
dem entgegenzuwirken?

Drucksache 15/3524 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Wie beabsichtigt die Bundesregierung die in der Studie aufgezeigte Ver-
ringerung des verteidigungsinvestiven Anteils am Verteidigungshaushalt
(Einzelplan – EPL – 14) auf 21 %, hervorgerufen durch die Kürzungen des
EPL 14 seit 2003, zu kompensieren und wie soll das im Reformkurs 2003
vorrangige Ziel eines verteidigungsinvestiven Anteils von 30 % bis 2010
erreicht werden?

5. Hält die Bundesregierung im Falle der Nichtrealisierbarkeit eines konti-
nuierlichen Anstieges des verteidigungsinvestiven Anteils auf 30 % bis
2010 starke Korrekturen in der Zielperspektive der Bundeswehrstruktur-
planungen, inklusive struktureller Änderungen, für vermeidbar?

6. Teilt die Bundesregierung das Studienergebnis der Universität der Bundes-
wehr München, dass ein Streitkräfteumfang von 250 000 Soldaten, von
denen 55 000 als Wehrpflichtige Dienst tun, einem quantitativ äquivalenten
Streitkräfteumfang von 232 000 Freiwilligen entspricht?

7. Teilt die Bundesregierung das Studienergebnis der Universität der Bundes-
wehr München, dass die geplanten Eingreifkräfte der Bundeswehr mit 14 %
des Streitkräfteumfangs im Vergleich zu anderen Streitkräften eher einen
niedrigen Wert darstellen?

8. Welche Argumente erwidert die Bundesregierung auf die Studienergebnisse
der Universität der Bundeswehr München, dass die personellen Fähigkeiten
der geplanten Bundeswehrstruktur zur Konfliktverhütung und Krisenbewäl-
tigung deutlich zu klein ausgelegt sind?

9. Wie rechtfertigt die Bundesregierung die Tatsache, dass die Bundesrepublik
Deutschland für 2003 nur 1,43 % des Bruttoinlandsproduktes für Verteidi-
gungsausgaben veranschlagte und damit um mehr als ein Viertel unter dem
Durchschnittswert der europäischen NATO-Staaten (ohne die neuen Mit-
glieder) von 2 % liegt, gefolgt nur noch von Spanien, Belgien und Luxem-
burg?

10. Wie hoch sind die Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik Deutschland
gemessen amBruttoinlandsprodukt 2004, und erwartet die Bundesregierung
ein weiteres Absinken für die Jahre 2005 und folgende?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der o. a. Studie der Uni-
versität der Bundeswehr München, denen zufolge 2003 ca. 50 % der wehr-
pflichtigen Männer Dienst als Soldat oder im Zivildienst geleistet haben?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die weitere Aussage, dass in Zukunft
dieser Wert auf unter 40 % sinken wird?

13. Was hält die Bundesregierung dem Studienergebnis der Universität der
Bundeswehr München entgegen, dass bei der geplanten 250 000 Soldaten
umfassenden Bundeswehr zukünftig weniger als 15 % eines männlichen
Geburtenjahrgangs für einen Dienst als wehrpflichtiger Soldat vorgesehen
sind?

14. Wie steht die Bundesregierung zu der Aussage der Studie, dass die Aus-
schöpfung eines männlichen Geburtenjahrgangs für den Wehrdienst von
weniger als 15 % nur recht begrenzt dem Verständnis der Allgemeinen
Wehrpflicht entspricht und dass daher die gelegentlich genutzte Bezeich-
nung einer selektiven Wehrpflicht nicht unbegründet ist?

15. Was entgegnet die Bundesregierung auf die Feststellung der Studie, dass aus
ökonomischer Sicht die Wehrpflicht eine Naturalsteuer darstellt, die von
denjenigen Wehrpflichtigen zu erbringen ist, die tatsächlich Dienst leisten
bzw. einberufen werden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3524

16. Wie bewertet die Bundesregierung das Ergebnis der Studie, dass, ohne Ein-
rechnung der Professionalisierungsgewinne wie z. B. Erfahrung, Können
und größere Verwendungsbreite eines Freiwilligen im Vergleich zu einem
Wehrpflichtigen, die ökonomische Effizienz einer Freiwilligen Bundeswehr
im Vergleich zur Wehrpflicht-Bundeswehr um ca. 7 % höher liegt?

17. Was entgegnet die Bundesregierung der Bewertung der Ergebnisse der
Studie, dass deutlich wird, dass eine Freiwilligen-Bundeswehr mit etwa der
gleichen Leistungsfähigkeit wie die 250 000-Wehrpflicht-Bundeswehr jähr-
lich um 1,5 bis 3 Mrd. Euro geringere Kosten verursacht?

18. Warum führt die Bundesregierung nicht noch jetzt eine Korrektur der
beschlossenen Streitkräftestrukturentscheidung durch, mit Aussetzung der
Allgemeinen Wehrpflicht, um so eine effizientere und den neuen Anfor-
derungen entsprechende Bundeswehr zu gestalten?

Berlin, den 29. Juni 2004
Günther Friedrich Nolting
Helga Daub
Jörg van Essen
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Ulrike Flach
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Markus Löning
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.