BT-Drucksache 15/3501

Auswirkungen des WTO-Beitrittes und der wirtschaftlichen Entwicklung der Volksrepublik China

Vom 30. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3501
15. Wahlperiode 30. 06. 2004

Große Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rainer Stinner, Gudrun Kopp, Rainer Brüderle, Daniel Bahr
(Münster), Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel
Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Eberhard Otto (Godern), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Auswirkungen des WTO-Beitrittes und der wirtschaftlichen Entwicklung
der Volksrepublik China

Am 11. Dezember 2001 ist die Volksrepublik China als 143. Mitglied der Welt-
handelsorganisation (WTO) beigetreten. Kritiker haben damals angemerkt, dass
China die Beitrittskriterien nicht vollständig erfüllen würde. China befindet sich
inmitten eines beispiellosenWirtschaftsaufschwungs. Noch nie in der Geschichte
hat sich ein so großes Land derart rasant entwickelt. Mit diesem starken Wachs-
tum sind Chancen und Risiken verbunden, sowohl für China als auch für die
Weltwirtschaft. Globale Handels- und Investitionsströmewerden sich gegenüber
heute deutlich verschieben. Schon heute zeigen sich die Auswirkungen etwa in
Form von Rohstoffengpässen. Deutschland als führende Exportnation in der
Welt wird von den Veränderungen in China im besonderen Maße betroffen sein.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Wachstumspotenzial der chinesi-

schen Wirtschaft für die nächsten Jahre ein?
2. Welche grundsätzlichen Strukturrisiken für das Wirtschaftswachstum sieht

die Bundesregierung in der inneren Situation Chinas?
3. Hält die Bundesregierung ein durchschnittlich 7-prozentiges Wirtschafts-

wachstum pro Jahr, das nach Ansicht von Experten notwendig ist, um die so-
ziale Situation in China stabil zu halten, in den nächsten Jahren für realistisch?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die akuten bisherigen Bemühungen der
chinesischen Regierung, die überhitzte Konjunktur zu dämpfen (z. B. Erhö-
hung der Reserveanforderungen an die Banken, Drosselung der Kreditver-
gabe, Überprüfung von großen Investitionsprojekten oder neue Preiskontrol-
len) und welche Auswirkungen haben diese Bemühungen nach Ansicht der
Bundesregierung?

5. Welche Chancen für die deutsche Volkswirtschaft sieht die Bundesregierung
in der dynamischen chinesischen Wirtschaftsentwicklung und dem WTO-
Beitritt Chinas?

Drucksache 15/3501 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

6. Welche Branchen in Deutschland profitieren nach Auffassung der Bundes-
regierung davon besonders?

7. Welche Branchen sind nach Auffassung der Bundesregierung negativ be-
troffen?

8. Wie hoch war das Volumen der Direktinvestitionen deutscher Unternehmen
in den vergangenen 15 Jahren in China (bitte pro Jahr ausweisen)?

9. Wie wird sich nach Auffassung der Bundesregierung das Volumen der
Direktinvestitionen in den kommenden zehn Jahren entwickeln?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass sich durch Direktinvestitio-
nen deutscher Unternehmen im Ausland Arbeitsplätze in Deutschland lang-
fristig sichern lassen?

11. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe für die Standort-
verlagerung deutscher Unternehmen nach China?

12. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Unternehmen vor,
deren Investitionen in China gescheitert sind, insbesondere zu den Gründen
dieses Scheiterns?

13. Wie hat sich der deutsch-chinesische Handel in den letzten zehn Jahren ent-
wickelt (bitte pro Jahr gestaffelt nach Importen und Exporten ausweisen)?

14. Wie werden sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Handelsbezie-
hungen in den kommenden Jahren entwickeln?

15. Welche Auswirkungen hat das chinesische Wachstum auf die Wettbewerbs-
position der deutschen Wirtschaft?

16. Wie viele Chinesen sprechen nach Kenntnis der Bundesregierung deutsch?
17. Wie viele Deutsche sprechen nach Kenntnis der Bundesregierung Chine-

sisch?
18. Wie viele Chinesen haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten

fünf Jahren in Deutschland studiert?
19. Wie viele Deutsche haben nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten

fünf Jahren in China studiert?
20. Welche Initiativen unternimmt die Bundesregierung, um deutsche Universi-

täten für chinesische Studenten attraktiver zu machen?
21. Welche Initiativen unternimmt die Bundesregierung, um deutschen Sprach-

unterricht in China zu fördern?
22. Wird die Volksrepublik China nach Ansicht der Bundesregierung auch bei

anhaltendemWachstum seine Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll er-
füllen können?

23. Falls nein, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?
24. Trifft es nach Meinung der Bundesregierung zu, dass sich die Verpflichtun-

gen Deutschlands im Rahmen des Kyoto-Protokolls kostengünstiger reali-
sieren ließen, wenn deutsche Unternehmen durch Investitionen in China
(z. B. Löschung brennender Kohleflöze) zur Einsparung von Treibhausgas-
emissionen beitragen könnten?

25. Wenn ja, wird dies nach Auffassung der Bundesregierung durch die jetzt
geplante Ausgestaltung des Treibhausgasemissionshandels in Deutschland
ermöglicht?

26. Welche Auswirkungen hätte ein unvermindertes chinesisches Wirtschafts-
wachstum auf die weltweiten Rohstoffmärkte?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3501

27. Rechnet die Bundesregierung aufgrund des chinesischen Wachstums mit
anhaltenden Preissteigerungen für Rohstoffe, insbesondere Öl, Kohle, Alu-
minium, Kupfer und Zinn?

28. Sieht die Bundesregierung eine ausreichende Versorgung der deutschen In-
dustrie mit Rohstoffen trotz der Nachfragesteigerungen in China dauerhaft
gesichert, und wenn nein, welche Initiativen ergreift die Bundesregierung,
um prognostizierte Engpässe zu verhindern?

29. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland aufgrund der ge-
stiegenen Rohstoffpreise und der Rohstoffknappheit in einzelnen Bereichen
Arbeitsplätze vernichtet worden, und wenn ja in welcher Größenordnung?

30. Welche Branchen sind von den Preissteigerungen besonders betroffen?
31. Wie beurteilt die Bundesregierung die Absicht der chinesischen Regierung,

in den nächsten Jahren acht neue Kernkraftwerke zu errichten, um den
Energiebedarf seiner Volkswirtschaft zu sichern?

32. Bewerben sich nach Kenntnis der Bundesregierung auch deutsche Unter-
nehmen um den Bau der vier von ausländischen Betreibern zu errichtenden
Kernkraftwerke?

33. Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang?
34. Wie bewertet die Bundesregierung dieMeldung der Bundesbank, es komme

aufgrund der hohen Nachfrage nach Stahl durch China zu Schwierigkeiten
bei der Euro-Münzprägung in Deutschland?

35. Welche Konsequenzen hat diese Entwicklung nach Kenntnis der Bundesre-
gierung für die Automobilindustrie in Deutschland?

36. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einigung der EU mit China über chi-
nesischen Koks-Export nach Europa und welche Position vertritt die Bun-
desregierung bei den Verhandlungen für die folgenden Jahre?

37. Erfüllt China nach Ansicht der Bundesregierung grundsätzlich seine Ver-
pflichtungen aus dem WTO-Beitritt?

38. In welchen Bereichen gibt es nach Ansicht der Bundesregierung noch Defi-
zite bei der Umsetzung des WTO-Regelwerks?

39. Welche Initiativen hat die Bundesregierung ergriffen, um sich für eine Be-
hebung dieser Defizite einzusetzen?

40. Sind die Zugangsvoraussetzungen für ausländische Finanzdienstleister nach
Ansicht der Bundesregierung WTO-konform, und wenn nein, in welchen
Bereichen sieht sie Änderungsbedarf?

41. Wie beurteilt die Bundesregierung den Marktzugang für ausländische Bau-
unternehmen?

42. Welche Auswirkungen wird die Abschaffung der Höchstmengen für Textil-
waren ab 2005 nach Ansicht der Bundesregierung auf die deutsche Textilin-
dustrie haben?

43. Welche Position vertritt die Bundesregierung bei dem Dialog, den die EU
mit China zu diesem Thema führt?

44. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige chinesische Verhandlungs-
strategie im Rahmen der Doha-Runde?

45. Wie bewertet die Bundesregierung die beim Besuch des chinesischen
Ministerpräsidenten Wen Jiabao am 6. Mai 2004 zwischen China und der
EU unterzeichneten Zollabkommen und hält sie insbesondere die Regelun-
gen zur Eindämmung der Produktpiraterie für ausreichend?

Drucksache 15/3501 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
46. Wie bewertet die Bundesregierung die wirtschaftlichen und politischen
Auswirkungen des chinesischen Wirtschaftswachstums auf die ASEAN-
Staaten?

47. Wie bewertet die Bundesregierung das Rahmenabkommen über umfas-
sende wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen ASEAN und China, das
die Errichtung einer Freihandelszone bis zum Jahr 2010, bzw. 2015 vor-
sieht?

48. Wie bewertet die Bundesregierung die chinesische Politik innerhalb der
Asia Pacific Economic Cooperation (APEC) und wie beurteilt sie die Mög-
lichkeit eines engeren Zusammenschlusses der APEC-Staaten im Rahmen
einer Freihandelszone?

49. Welche Auswirkungen hätte nach Ansicht der Bundesregierung eine deut-
liche Zinserhöhung der US Federal Reserve Bank auf die Auslandsinvesti-
tionen und das Wirtschaftswachstum in China?

50. Wie bewertet die Bundesregierung die chinesische Wechselkurspolitik?
51. Erwartet die Bundesregierung in absehbarer Zeit eine Freigabe des Wech-

selkurses des Yuan?
52. Welche langfristigen Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung

der hohe Anteil notleidender Kredite im chinesischen Bankensystem?
53. Welche Auswirkungen wird nach Ansicht der Bundesregierung die Aufhe-

bung von Zugangsbeschränkungen zum chinesischen Bankensystem bis
Ende 2006 auf das internationale Finanzsystem haben?

54. Wie schätzt die Bundesregierung die Rechtssicherheit von ausländischen
Unternehmen in China ein?

55. In welchen Bereichen sieht die Bundesregierung noch Defizite und welche
Initiativen ergreift sie, um diese Defizite zu vermindern?

56. Wie wird sich nach Ansicht der Bundesregierung die wirtschaftliche Ent-
wicklung in China auf die Menschenrechtssituation auswirken?

57. Welche konkreten Auswirkungen hat nach Ansicht der Bundesregierung die
Aufnahme des Schutzes des privaten Eigentums in die chinesische Verfas-
sung?

58. Wie beurteilt die Bundesregierung die kürzlich erfolgte Schließung von
Internet-Cafes aus Sicht der Wirtschaft und aus Sicht der Menschenrechte?

59. Wie bewertet die Bundesregierung die Bemühungen der chinesischen
Regierung zur Eindämmung von Korruption?

60. Wie bewertet die Bundesregierung die Aufforderung des chinesischen Mi-
nisterpräsidentenWen Jiabao, dieWirtschaftsbeziehungen und Rüstungslie-
ferungen nicht von der Menschenrechtslage abhängig zu machen?

61. Hält die Bundesregierung die Einladung Chinas zu den G8-Gipfeln vor dem
Hintergrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung für sinnvoll?

Berlin, den 30. Juni 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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