BT-Drucksache 15/3477

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung -15/2373 Nr. 2.1- Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (inkl. 14812/03 ADD 1 - Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen - ausführliche Folgenabschätzung) KOM (2003) 657 endg.; Ratsdok. 14812/03

Vom 30. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3477
15. Wahlperiode 30. 06. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/2373 Nr. 2.1 –
Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versor-
gung mit Gütern und Dienstleistungen
(inkl. 14812/03 ADD 1 – Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen –
ausführliche Folgenabschätzung)
KOM (2003) 657 endg.; Ratsdok. 14812/03

A. Problem
Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und die Bekämpfung von Dis-
kriminierung aufgrund des Geschlechts sind grundlegende Prinzipien des Ge-
meinschaftsrechts. Der von der Europäischen Union in der Gleichstellungspoli-
tik verfolgte Ansatz hat sich im Laufe der Zeit deutlich weiterentwickelt: Der
Schwerpunkt hatte ursprünglich auf dem Aspekt der Gleichheit des Arbeitsent-
gelts und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mit-
gliedstaaten gelegen.
Nun ist aber offenkundig, dass es Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
nicht nur auf dem Arbeitsmarkt gibt, sondern auch in vielen anderen Bereichen
des täglichen Lebens, und dass Diskriminierungen ein Hindernis darstellen für
die Verwirklichung der Gleichstellung von Männern und Frauen, deren Förde-
rung der Gemeinschaft durch den Vertrag aufgegeben wird.
Es besteht die Notwendigkeit einer Regelung betreffend den Zugang zu Gütern
und Dienstleistungen. Es liegen zwar kaum Anhaltspunkte für systematisch dis-
kriminierende Praktiken im Bereich des Zugangs zu Gütern und Dienstleistun-
gen vor. In der Regel erteilen die Unternehmen ihren Beschäftigten keine An-
weisung, Männer und Frauen unterschiedlich zu behandeln. Wesentlich häufi-
ger kommt Diskriminierung im Zusammenhang mit einem spontanen Verhalten
von Einzelpersonen vor, wenn nämlich ein Gut oder eine Dienstleistung den
Angehörigen des einen Geschlechts vorenthalten oder zu ungünstigeren Kondi-
tionen als den Angehörigen des anderen Geschlechts angeboten wird. Ge-
schlechtsspezifische Diskriminierungen beim Zugang zu Gütern und Dienst-
leistungen können ein Hindernis für die soziale und wirtschaftliche Integration
der Betroffenen darstellen, vor allem – aber nicht nur – wenn es um den Zugang
zu Finanzmitteln geht. Entscheidungen über die Gewährung von Darlehen für
Kleinunternehmen oder Einzelpersonen beispielsweise, die an das Geschlecht
des Antragstellers anknüpfen oder die vom Geschlecht des Antragstellers be-

Drucksache 15/3477 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

einflusst werden, laufen nicht nur dem fundamentalen Grundsatz der Gleichbe-
handlung zuwider, sondern können es weiten Teilen der Gesellschaft beträcht-
lich erschweren, sich selbst und andere zu versorgen. Der Ausschluss von Ein-
zelpersonen vom Zugang zu Gütern oder Dienstleistungen ihrer Wahl verletzt
im günstigsten Fall die Selbstachtung der Betroffenen und führt im schlimms-
ten Fall zur Verschärfung sozialer Ausgrenzung.
Eine Ausnahme von der allgemeinen Feststellung, dass in der Regel keine nach
Geschlecht differenzierenden Vorschriften existieren, findet sich im Versiche-
rungswesen. Es ist durchaus üblich, dass Versicherungprodukte Frauen und
Männern zu unterschiedlichen Konditionen angeboten werden.

B. Lösung
Kenntnisnahme der Vorlage und Annahme einer Entschließung, die ein Verbot
der Diskriminierung beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und
Dienstleistungen enthält. Ein solches Verbot würde es Diskriminierungsopfern
ermöglichen, gegen diskriminierende Behandlung vorzugehen und in Fällen, in
denen tatsächlich der Nachweis einer Diskriminierung erbracht wird, angemes-
senen Schadenersatz zu beanspruchen. Die in solchen Fällen zur Anwendung
kommenden Sanktionen sollten ausreichend abschreckend sein, um zur Verhü-
tung von Diskriminierungen beizutragen. Die entsprechenden Vorschriften
müssen jedoch pragmatisch sein. Sie sollten nicht herangezogen werden, um
eine Unterscheidung nach Geschlecht zu verbieten im Zusammenhang mit Gü-
tern und Dienstleistungen, die ausschließlich oder in erster Linie für die Ange-
hörigen nur eines Geschlechts bestimmt sind, oder im Zusammenhang mit
Leistungen, die je nach Geschlecht des Klienten auf unterschiedliche Weise er-
bracht werden – also in Fällen, in denen Frauen und Männer sich nicht in einer
vergleichbaren Situation befinden. Die Richtlinie sollte ebenso wenig nicht An-
wendung finden auf die Inanspruchnahme von Dienstleistungen privater Klubs,
die ausschließlich den Angehörigen des einen oder des anderen Geschlechts of-
fen stehen.
Im Bereich des Versicherungswesens müsse der Gleichbehandlungsgrundsatz
durchgesetzt werden. Es ist aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich, dass die
Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben sollen, den Gleichbehandlungsgrund-
satz, soweit es um die Anwendung versicherungsmathematischer Faktoren
geht, erst nach einer Übergangszeit anzuwenden.
Annahme mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3477

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
in Kenntnis der Unterrichtung – Drucksache 15/2373 Nr. 2.1 – folgende Ent-
schließung anzunehmen:
1. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Zielrichtung der vorgeschlagenen Richt-

linie, Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts beim Zugang zu und der
Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zu unterbinden und damit die
Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union weiter zu
fördern.

2. Der Deutsche Bundestag spricht sich dafür aus, den Vorschlag in der jetzi-
gen Form allerdings in einigen Punkten zu präzisieren.
Die Privatautonomie des Einzelnen, d. h. sein Recht, seine Lebensverhält-
nisse im Rahmen der Rechtsordnung durch Rechtsgeschäft eigenverantwort-
lich zu gestalten, gehört zu den grundlegenden Prinzipien unserer freiheit-
lichen Rechts- und Verfassungsordnung. Jeder hat danach grundsätzlich die
Freiheit zu entscheiden, ob, mit wem und zu welchen Bedingungen er sich
vertraglich binden möchte. Diese Freiheit, die Ausdruck des Grundrechts
der allgemeinen Handlungsfreiheit ist, gilt jedoch nicht schrankenlos. Dies
hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen stets betont. Die
Ausübung der Privatautonomie durch den Einzelnen im Privatrechtsverkehr
kann mit Grundrechten anderer oder mit sonstigen Grundprinzipien unserer
Rechtsordnung kollidieren. Hier bedarf es der rechtlichen Ausgestaltung
durch ein differenziertes System aufeinander abgestimmter gestaltender
Regelungen, die den verfassungsrechtlichen Erfordernissen des Ausgleichs
divergierender Grundrechtsnormen Rechnung tragen müssen.
Zu diesen Normen zählt auch das Diskriminierungsverbot aus Artikel 3 des
Grundgesetzes. Danach darf niemand u. a. wegen seines Geschlechts
benachteiligt oder bevorzugt werden. Der Staat hat auf die Beseitigung
bestehender Nachteile zwischen den Geschlechtern hinzuwirken.
Auch die Europäische Grundrechtscharta verbietet in Artikel 21 jegliche
Diskriminierungen u. a. wegen des Geschlechts. Artikel 13 EGV gestattet
unter bestimmten Bedingungen dem Europäischen Rat, geeignete Maßnah-
men zu ergreifen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts zu
bekämpfen.
Das verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot wirkt so begrenzend in
das Privatrecht hinein und schützt damit auch die Vertragsfreiheit für be-
nachteiligte Gruppen und ihre Mitglieder.
In diesem besonderen Verhältnis zwischen Diskriminierungsverbot und Pri-
vatautonomie muss die Privatrechtsordnung angemessene, die Wertungen
der Verfassung beachtende Regelungen vorsehen, die einen Ausgleich zwi-
schen den unterschiedlichen Interessen ermöglichen. Dabei sind ausgewoge-
ne, der Lebenswirklichkeit und der tatsächlichen Unterschiedlichkeit der
Geschlechter angemessen Rechnung tragende Regelungen notwendig. An-
ders als im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne
Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, in dem – von fördern-
den Maßnahmen abgesehen – überhaupt keine an die genannten Merkmale
anknüpfende billigenswerte Unterscheidung hinnehmbar ist, gibt es hin-
sichtlich des Geschlechts durchaus Unterscheidungen, die sachgerecht bzw.
zumindest nicht zu missbilligen sind. Betrifft der Vertragsgegenstand etwa
die Intim- oder Privatsphäre oder den sozialen Nahbereich z. B. bei der Ver-
mietung einer Einliegerwohnung im eigenen Hause, muss eine Unterschei-
dung auch nach dem Geschlecht zulässig sein. Auch Maßnahmen, die gera-
de der Herstellung der Gleichberechtigung der Geschlechter dienen oder
schutzwürdigen Belangen der Menschen eines bestimmten Geschlechts

Drucksache 15/3477 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Rechnung tragen, wie z. B. Frauencafes oder nach Geschlechtern getrennte
Saunen und Fitnessstudios, rechtfertigen eine Unterscheidung.

3. Der Deutsche Bundestag ist der Auffassung, dass es keine Differenzierung
nach dem Geschlecht bei Massengeschäften des täglichen Lebens geben
darf. Dies gilt ebenfalls für Versicherungstarife. Es ist unter dem Aspekt des
Diskriminierungsverbotes nicht hinnehmbar, dass Frauen oder Männer auf-
grund ihres Geschlechts dabei benachteiligt oder bevorzugt werden. Bei der
Berechnung der Versicherungsprämien und -leistungen darf nur der konkrete
Risikofaktor als Bemessungsgrundlage dienen, auch wenn dies mit gewissen
Mehraufwendungen verbunden ist. In keinem Fall dürfen Kosten, die im Zu-
sammenhang mit Schwangerschaft und Entbindung entstehen, als ge-
schlechtsspezifische Risikofaktoren in Ansatz gebracht werden.

4. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf, im weite-
ren Verlauf des Rechtsetzungsverfahrens in den Organen und Gremien der
EU darauf hinzuwirken, dass unter Beachtung des Diskriminierungsverbotes
der Europäischen Grundrechtscharta, des EG-Vertrages und des Grundgeset-
zes einerseits und des hohen Wertes der Privatautonomie andererseits diffe-
renzierte Lösungen gefunden werden, die sachgerechte oder sozial wün-
schenswerte Unterscheidungen nach dem Geschlecht ermöglichen, Diskri-
minierungen aber unterbinden.

Berlin, den 30. Juni 2004

Der Rechtsausschuss
Andreas Schmidt (Mülheim) Dr. Marlies Volkmer Michael Grosse-Brömer
Vorsitzender Berichterstatterin Berichterstatter

Jerzy Montag Sibylle Laurischk
Berichterstatter Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3477

Bericht der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Michael Grosse-Brömer,
Jerzy Montag und Sibylle Laurischk

I. Überweisung
Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Verwirk-
lichung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern
beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und
Dienstleistungen (inkl. 14812/03 ADD 1 – Arbeitsdoku-
ment der Kommissionsdienststellen – ausführliche Folgen-
abschätzung) – KOM (2003) 657 endg.; Ratsdok. 14812/03
(Anlage) – wurde mit Überweisungsdrucksache 15/2373
Nr. 2.1 vom 16. Januar 2004 gemäß § 93 Abs. 1 GO dem
Rechtsausschuss zur federführenden Beratung sowie dem
Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit, dem Ausschuss für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, dem
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem
Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung und dem
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union
zur Mitberatung überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat die Vorlage
in seiner 50. Sitzung vom 11. Februar 2004 beraten und
Kenntnisnahme empfohlen.
Der Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft hat die Vorlage in seiner 45. Sitzung vom
30. Juni 2004 beraten und Kenntnisnahme der Vorlage so-
wie Annahme des Entschließungsantrags der Koalitions-
fraktionen auf Ausschussdrucksache 15(6)110 mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen bei Enthaltung der Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP empfohlen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat die Vorlage in seiner 36. Sitzung vom 30. Juni
2004 beraten und Kenntnisnahme empfohlen. Weiterhin hat
er die Annahme des Entschließungsantrags der Koalitions-
fraktionen auf Ausschussdrucksache 15(6)110 mit den

Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP und die Ablehnung des
Entschließungsantrags der Fraktion der CDU/CSU auf
Ausschussdrucksache 15(12)323 mit den Stimmen der Koa-
litionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP empfohlen.
Der Ausschuss für Gesundheit und Soziale Sicherung hat
die Vorlage in seiner 66. Sitzung vom 30. Juni 2004 beraten
und Kenntnisnahme der Vorlage sowie Annahme des Ent-
schließungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschuss-
drucksache 15(6)110 mit den Stimmen der Koalitionsfrakti-
onen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP empfohlen.
Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäi-
schen Union hat die Vorlage in seiner 43. Sitzung vom
10. März 2004 beraten und Kenntnisnahme empfohlen.

III. Beratung im Rechtsausschuss
Der Unterausschuss Europarecht des Rechtsausschusses hat
die Vorlage in seiner 10., 11. und 13. Sitzung behandelt und
in seiner 14. Sitzung vom 18. Juni 2004 zur weiteren Bera-
tung an den Rechtsausschuss überwiesen. In seiner 53. Sit-
zung vom 30. Juni 2004 hat der Rechtsausschuss das Doku-
ment – KOM (2003) 657 endg.; Ratsdok. 14812/03 (An-
lage) – abschließend beraten. Die Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legten hierzu einen Ent-
schließungsantrag vor (siehe Beschlussempfehlung).
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, in Kenntnis des Vorschlags für
eine Richtlinie des Rates – Drucksache 15/2373 Nr. 2.1 –
die in der Beschlussempfehlung wiedergegebene Entschlie-
ßung anzunehmen.

Berlin, den 30. Juni 2004
Dr. Marlies Volkmer Michael Grosse-Brömer
Berichterstatterin Berichterstatter
Jerzy Montag Sibylle Laurischk
Berichterstatter Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3477

14812/03 RS/ka 1
DG G II DE

RAT DER
EUROPÄISCHEN UNION

Brüssel, den 14. November 2003 (18.11)
(OR. en)

14812/03

SOC 469
MI 283
SURE 24

VORSCHLAG

Absender: Frau Patricia BUGNOT, Direktorin, im Auftrag des Generalsekretärs der
Europäischen Kommission

vom 10. November 2003
Betr.: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der

Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu Gütern und
Dienstleistungen und bei der Versorgung mit diesen

Die Delegationen erhalten in der Anlage einen Vorschlag der Kommission, der mit einem Schreiben
von Frau Patricia BUGNOT an den Generalsekretär/Hohen Vertreter, Herrn Javier SOLANA,
übermittelt wurde.

Dem Vorschlag liegt eine ausführliche Folgenabschätzung in Form eines Arbeitsdokuments der
Kommissionsdienststellen (SEK(2003) 1213) bei, das als Addendum 1 verteilt wird.

________________________

Anl. : KOM(2003) 657 endg.

Drucksache 15/3477 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 5.11.2003
KOM(2003) 657 endgültig

2003/0265 (CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES RATES

zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern
beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen

(von der Kommission vorgelegt)

{SEK (2003) 1213 }

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/3477

BEGRÜNDUNG

I. EINLEITUNG

In ihrer im Juni 2000 veröffentlichten Sozialpolitischen Agenda1 kündigte die Kommission
ihre Absicht an, einen Vorschlag für eine Richtlinie zum Verbot geschlechtsbedingter
Diskriminierung außerhalb des Beschäftigungsbereichs vorzulegen. Auf der Tagung des
Europäischen Rates im Jahr 2000 in Nizza forderten die Staats- und Regierungschefs die
Kommission auf, die Gleichstellungsrechte zu stärken durch Verabschiedung einer Richtlinie
zur Förderung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in anderen Bereichen als der
Beschäftigung und dem Erwerbsleben. Der Vorschlag sollte sich auf Artikel13 des Vertrags
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft stützen, der dem Rat die Befugnis verleiht,
geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen – unter anderem solche aus
Gründen des Geschlechts – zu bekämpfen.

Der vorliegende Vorschlag ist der erste Schritt, den die Kommission unternimmt, um dem
Wunsch des Europäischen Rates nachzukommen.

II. KONTEXT

Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern und die Bekämpfung von Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts sind grundlegende Prinzipien des Gemeinschaftsrechts. Der von der
Europäischen Union in der Gleichstellungspolitik verfolgte Ansatz hat sich im Laufe der Zeit
deutlich weiterentwickelt: hatte der Schwerpunkt ursprünglich auf dem Aspekt der Gleichheit
des Arbeitsentgelts2 und der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den
Mitgliedstaaten gelegen, wird die Gleichstellungsproblematik inzwischen als eine Frage der
Grundrechte gesehen. Davon zeugen auch der hohe Stellenwert, der dem
Gleichstellungsgedanken im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, in der
Charta der Grundrechte der Europäischen Union und in dem kürzlich vom Konvent zur
Zukunft Europas ausgearbeiteten Entwurf eines Verfassungsvertrags eingeräumt wird.

In Artikel 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist die Förderung der
Gleichstellung von Männern und Frauen als eine der grundlegenden Aufgaben der
Gemeinschaft verankert. Artikel 3 Absatz 2 EG-Vertrag verlangt, dass die Gemeinschaft bei
allen ihren Tätigkeiten darauf hinwirkt, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung
von Männern und Frauen zu fördern. Artikel13 EG-Vertrag ermächtigt den Rat, geeignete
Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus verschiedenen Gründen – unter anderem
aus Gründen des Geschlechts – zu bekämpfen.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union untermauert diesen Ansatz, indem sie
jegliche Diskriminierung, unter anderem Diskriminierung wegen des Geschlechts, verbietet3

und verlangt, die Gleichheit von Männern und Frauen in allen Bereichen sicherzustellen4.

1 KOM(2000)0379 endgültig.
2 Artikel 119 des Vertrags von Rom.
3 Artikel 21 der Charta der Grundrechte, unterzeichnet und proklamiert in Nizza am 7. Dezember 2000.
4 Artikel 23 der Charta der Grundrechte, unterzeichnet und proklamiert in Nizza am 7. Dezember 2000.

Drucksache 15/3477 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Der Konvent zur Zukunft Europas hat der Regierungskonferenz vorgeschlagen, die Charta in
den künftigen Verfassungsvertrag zu integrieren und die Förderung der Gleichstellung von
Männern und Frauen zu einem Ziel der Union als Ganzes zu machen.5

Die Gemeinschaft hat verschiedene Rechtsetzungsmaßnahmen zur Bekämpfung
geschlechtsbedingter Diskriminierung verabschiedet, angefangen mit der Richtlinie des Rates
von 1975 zum gleichen Entgelt für Männer und Frauen6 bis hin zur Änderung der Richtlinie
des Rates zur Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur
Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen im
Jahr 20027. Bei allen bisherigen Maßnahmen ging es um die Gleichbehandlung in
Beschäftigung, Berufsbildung und verwandten Bereichen.

Der Rat hat auch zwei Legislativinstrumente auf der Grundlage von Artikel13 EG-Vertrag
verabschiedet: die Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft8

und die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen
Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. 9 Die
erste Richtlinie verbietet Rassendiskriminierung in den Bereichen Beschäftigung,
Sozialschutz – einschließlich soziale Sicherheit und Gesundheitsdienste –, soziale
Vergünstigungen, Bildung und Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, unter anderem auch
zu Wohnraum. Die zweite Richtlinie untersagt Diskriminierungen aus Gründen der Religion
oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung auf dem
Arbeitsmarkt – in ähnlicher Weise (mit Ausnahme der Vorschriften über die gesetzlichen
Systeme der sozialen Sicherheit) wie die geltenden gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur
Gleichbehandlung von Männern und Frauen.

Die auf europäischer Ebene bestehenden Rechtsvorschriften zum Verbot geschlechtsbedingter
Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt sind umfassend und fest implementiert.10 Über

5 Entwurf des Vertrags über eine Verfassung für Europa, Teil I, Artikel 3, dem Europäischen Rat
vorgelegt am 20. Juni 2003.

6 Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen,
ABl. L 45 vom 19.2.1975, S. 19.

7 Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur
Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur
Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl. L 269
vom 5.10.2002, S. 15.

8 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnis chen Herkunft, ABl. L 180
vom 19.7.2000, S. 22.

9 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens
für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. L 303 vom 2.12.2000,
S. 16.

10 Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen,
ABl. L 45 vom 19.2.1975; Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung
des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur
Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die
Arbeitsbedingungen, ABl. L 39 vom 14.2.1976, geändert durch die Richtlinie 2002/73/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 269 vom 5.10.2002; Richtlinie 79/7/EWG des Rates
vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit, ABl. L 6 vom 10.1.1979; Richtlinie
86/378/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/3477

dreißig Jahre hinweg haben sie ihren Nutzen unter Beweis gestellt und eine wichtige Rolle
gespielt, indem sie dazu beigetragen haben, einen Wandel der Einstellungen gegenüber den
Rollen von Männern und Frauen in der europäischen Gesellschaft herbeizuführen. Bisher
waren die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften angesichts der durch die Rechtsgrundlage
vorgegebenen Grenzen auf den Beschäftigungsbereich beschränkt. Nun ist aber offenkundig,
dass es Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nicht nur auf dem Arbeitsmarkt gibt,
sondern auch in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens, und dass Diskriminierungen
ein Hindernis darstellen für die Verwirklichung der Gleichstellung von Männern und Frauen,
deren Förderung der Gemeinschaft durch den Vertrag aufgegeben wird. Wenn Maßnahmen
der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichbehandlung in Bereichen außerhalb des
Arbeitsmarktes beitragen können – in einem bürgernahen Europa, in dem der Grundsatz der
Gleichheit aller vor dem Gesetz in allen nationalen Verfassungen verankert ist –, dürfen
Gemeinschaftsmaßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern nicht
auf die Welt der Arbeit beschränkt bleiben. Daher hat sich die Kommission in ihrer
Mitteilung vom 7. Juni 2000, in der sie eine Rahmenstrategie der Gemeinschaft zur Förderung
der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005) entworfen hat,11 verpflichtet, auf
der Grundlage von Artikel13 EG-Vertrag einen Vorschlag vorzulegen für eine Richtlinie zur
Gewährleistung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in anderen Bereichen als
dem der Beschäftigung. Kurz darauf – im Dezember 2000 – forderte der Europäische Rat die
Kommission auf, die Gleichstellungsrechte zu stärken durch Verabschiedung einer Richtlinie
zur Förderung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in anderen Bereichen als der
Beschäftigung und dem Erwerbsleben.

Es geschieht somit aus einer echten moralischen und rechtlichen Verpflichtung wie auch aus
dem Bestreben heraus, das Konzept eines Europas der Bürger zu stärken und die Realisierung
dieses Konzepts voranzubringen, wenn die Europäische Kommission nun ihren ersten
Richtlinienvorschlag vorlegt, der abzielt auf die Gewährleistung der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen in einem Bereich außerhalb des Arbeitsmarktes.

III. RECHTSGRUNDLAGE

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 13 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft, die mit dem Vertrag von Amsterdam eingeführte neue

von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit, ABl. L 225 vom
12.8.1986, geändert durch die Richtlinie 96/97/EG des Rates vom 20. Dezember 1996, ABl. L 46 vom
17.2.1997; Richtlinie 86/613/EWG des Rates vom 11. Dezember 1986 zur Verwirklichung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit –
auch in der Landwirtschaft – ausüben, sowie über den Mutterschutz, ABl. L 359 vom 19.12.1986;
Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur
Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen,
Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des
Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG), ABl. L 348 vom 28.11.1992; Richtlinie 96/34/EG
des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung
über Elternurlaub, ABl. L 145 vom 19.6.1996; Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997
zur Änderung und Ausdehnung der Richtlinie 96/34/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB
geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub auf das Vereinigte Königreich, ABl. L 10 vom
16.1.1998, S. 24; Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, ABl. L 14 vom 20.1.1998, S. 6; Richtlinie 98/52/EG des
Rates vom 13. Juli 1998 zur Ausdehnung der Richtlinie 97/80/EG zur Beweislast in Fällen
geschlechtsbedingter Diskriminierung auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland,
ABl. L 205 vom 22.7.98, S. 66.

11 KOM(2000)0335 endgültig.

Drucksache 15/3477 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Rechtsgrundlage. Gemäß Artikel 13 Absatz 1 EG-Vertrag kann der Rat auf Vorschlag der
Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete
Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der
ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters
oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.

Diese Rechtsgrundlage wurde bereits bei zwei Gelegenheiten für die Verabschiedung
vergleichbarer Vorschläge zur Bekämpfung von Diskriminierungen in Anspruch genommen.
Die eine der beiden Richtlinien ist von besonderer Relevanz, weil sie Diskriminierungen (aus
Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft) auch außerhalb des Beschäftigungsbereichs
verbietet, unter anderem beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und
Dienstleistungen.

Artikel 13 EG-Vertrag ist im Lichte der Bestimmungen von Artikel2 und Artikel3 Absatz 2
EG-Vertrag zu lesen, die verlangen, dass die Gemeinschaft bei allen ihren Tätigkeiten auf die
Beseitigung von Ungleichheiten und die Förderung der Gleichstellung von Männern und
Frauen hinwirkt.

Der vorliegende Vorschlag bezieht sich nicht auf Aspekte, die in den Anwendungsbereich
von Artikel 141 EG-Vertrag fallen, und stellt nicht die bestehenden Rechtsvorschriften zur
Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Frage.

IV. BEGRÜNDUNG DES RICHTLINIENVORSCHLAGS , ZIELE UND GESAMTÜBERBLICK

Nachdem die Kommission in ihrer im Jahr 2000 veröffentlichten Sozialpolitischen Agenda
angeregt hatte, eine Richtlinie zur Bekämpfung von Diskriminierung außerhalb des
Arbeitsmarktes ins Auge zu fassen, – ein Vorschlag, der in der Folge auch die grundsätzliche
Unterstützung des Europäischen Rates fand – leitete sie eine Debatte darüber ein, welche
Aspekte in einer solchen Richtlinie abgedeckt werden könnten. Die im Europäischen
Parlament durchgeführte öffentliche Anhörung vom 10. September 2003, bei der es
insbesondere um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in den Bereichen
Versicherung und Medien ging, leistete einen besonders wichtigen Beitrag zu dieser Debatte.

Trotz der in den vergangenen dreißig Jahren erzielten Fortschritte auf dem Weg zur
Geschlechtergleichstellung berichten zahlreiche Anspruchgruppen, die von der Kommission
gehört wurden oder die der Kommission ihren Standpunkt mitgeteilt haben, dass nach wie vor
in den verschiedensten Lebensbereichen – sowohl in als auch außerhalb der Arbeitswelt –
geschlechtsbedingte Diskriminierungen vorkommen. Betrachtet man beispielsweise die
Darstellung der Geschlechter in Medien und Werbung, stellt sich ernsthaft die Frage nach
dem Schutz der Würde von Männern und Frauen. Einige Anspruchsgruppen, insbesondere
das Europäische Parlament und die Frauenbewegung, haben auf Faktoren in den
Steuersystemen hingewiesen, die geeignet sind, Angehörige des einen oder des anderen
Geschlechts davon abzuhalten, ein Erwerbseinkommen oder auch ein Einkommen aus
anderen Quellen zu erzielen, und sich daher für eine vollständige Individualisierung der
Besteuerung ausgesprochen. Auch wurde auf bestimmte nach wie vor anzutreffende Praktiken
im Bildungswesen aufmerksam gemacht, die Mädchen oder Jungen davon abhalten,
nichttraditionelle Wege einzuschlagen.

Andere Anspruchsgruppen wiederum vertreten andere Standpunkte. Die Repräsentanten der
Medienwelt beispielsweise argumentieren, dass der Versuch, Medieninhalte zu
reglementieren, auf eine Verletzung der Medienfreiheiten hinauslaufen würde. Einige

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/3477

Regierungen haben – in schriftlichen Stellungnahmen, die sie der Kommission im Hinblick
auf den möglichen Erlass einer Richtlinie übermittelten, oder im Rahmen der in den
nationalen Parlamenten geführten Debatten – die Auffassung vertreten, dass Steuersysteme,
die die Familie als Einheit zugrunde legen, deswegen nicht eine Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts praktizieren und dass eine Änderung dieser Systeme Verschlechterungen für
Familien zur Folge haben könnte. Auch wurde von Seiten der Regierungen auf eine
Trendwende im Bildungswesen hingewiesen, die unter anderem darin zum Ausdruck komme,
dass der Prozentsatz der Mädchen, die sich für naturwissenschaftliche Fächer entscheiden,
ständig zunehme.

Was das Steuerwesen anbelangt, ist die Kommission der Ansicht, dass in Anbetracht der
unmittelbaren Wirkung und des sachlichen Anwendungsbereichs von Artikel 141 EG-Vertrag
das geltende Gemeinschaftsrecht ohnehin bereits verlangt, bei der Besteuerung des
Erwerbseinkommens den Gleichbehandlungsgrundsatz zu wahren. Die Mitgliedstaaten sind
somit schon heute verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Steuersysteme nicht die
Angehörigen des einen oder des anderen Geschlechts diskriminieren.Folglich besteht keine
Notwendigkeit für die Gemeinschaft, weiter tätig zu werden, um die Besteuerung des
Erwerbseinkommens zu regeln.

Das Engagement aller Anspruchsgruppen, in den genannten Breichen auf die Verwirklichung
der Gleichstellung in der Praxis hinzuarbeiten, steht außer Zweifel. Allerdings bestehen
unterschiedliche Auffassungen darüber, wie hier vorgegangen werden sollte. Die Debatte ist
längst noch nicht abgeschlossen. Die Kommission wird mit den Anspruchsgruppen in Kontakt
bleiben und diese Fragen weiter erörtern müssen, wenn in allen Punkten ein Konsens erzielt
werden soll. Daher gelangte sie zu dem Schluss, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt keine
Vorschläge vorlegen sollte, die die Bereiche Bildung, Steuern und Medieninhalte betreffen.

Einen wesentlich breiteren Konsens konnte die Kommission jedoch feststellen in Bezug auf
die Notwendigkeit einer Regelung betreffend den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen.
Wie auch seinerzeit, als es im Kontext der Ratsrichtlinie zur Bekämpfung von
Rassendiskriminierung um die Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse und der
ethnischen Herkunft ging, liegen kaum Anhaltspunkte für systematisch diskriminierende
Praktiken im Bereich des Zugangs zu Gütern und Dienstleistungen vor. In der Regel erteilen
die Unternehmen ihren Beschäftigten keine Anweisung, Männer und Frauen unterschiedlich
zu behandeln. Wesentlich häufiger kommt Diskriminierung im Zusammenhang mit einem
spontanen Verhalten von Einzelpersonen vor, wenn nämlich ein Gut oder eine Dienstleistung
den Angehörigen des einen Geschlechts vorenthalten oder zu ungünstigeren Konditionen als den
Angehörigen des anderen Geschlechts angeboten wird. Geschlechtsspezifische
Diskriminierungen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen können ein Hindernis für die
soziale und wirtschaftliche Integration der Betroffenen darstellen, vor allem – aber nicht nur –
wenn es um den Zugang zu Finanzmitteln geht. Entscheidungen über die Gewährung von
Darlehen für Kleinunternehmen oder Einzelpersonen beispielsweise, die an das Geschlecht des
Antragstellers anknüpfen oder die vom Geschlecht des Antragstellers beeinflusst werden, laufen
nicht nur dem fundamentalen Grundsatz der Gleichbehandlung zuwider, sondern können es
weiten Teilen der Gesellschaft beträchtlich erschweren, sich selbst und andere zu versorgen. Der
Ausschluss von Einzelpersonen vom Zugang zu Gütern oder Dienstleistungen ihrer Wahl
verletzt im günstigsten Fall die Selbstachtung der Betroffenen und führt im schlimmsten Fall zur
Verschärfung sozialer Ausgrenzung. Daher schlägt die Kommission vor, dass die
Mitgliedstaaten Diskriminierungen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und
Dienstleistungen verbieten sollten. Ein solches Verbot würde es Diskriminierungsopfern
ermöglichen, gegen diskriminierende Behandlung vorzugehen und in Fällen, in denen tatsächlich
der Nachweis einer Diskriminierung erbracht wird, angemessenen Schadenersatz zu

Drucksache 15/3477 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

beanspruchen. Die in solchen Fällen zur Anwendung kommenden Sanktionen sollten
ausreichend abschreckend sein, um zur Verhütung von Diskriminierungen beizutragen.

Die entsprechenden Vorschriften müssen jedoch pragmatisch sein. Wie auch bei der
Ratsrichtlinie zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung, sollten sie für Güter und
Dienstleistungen gelten, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Sie sollten nicht
herangezogen werden, um eine Unterscheidung nach Geschlecht zu verbieten im
Zusammenhang mit Gütern und Dienstleistungen, die ausschließlich oder in erster Linie für die
Angehörigen nur eines Geschlechts bestimmt sind, oder im Zusammenhang mit Leistungen, die
je nach Geschlecht des Klienten auf unterschiedliche Weise erbracht werden – also in Fällen, in
denen Frauen und Männer sich nicht in einer vergleichbaren Situation befinden. Die Richtlinie
sollte ebenso wenig nicht Anwendung finden auf die Inanspruchnahme von Dienstleistungen
privater Klubs, die ausschließlich den Angehörigen des einen oder des anderen Geschlechts
offen stehen.

Versicherungen

Eine Ausnahme von der allgemeinen Feststellung, dass in der Regel keine nach Geschlecht
differenzierenden Vorschriften existieren, findet sich im Versicherungswesen. Es ist durchaus
üblich, dass Versicherungprodukte Frauen und Männern zu unterschiedlichen Konditionen
angeboten werden. Versicherungsmathematische Faktoren werden nach Geschlecht differenziert,
um das Risiko der Versicherung von Männern und Frauen in verschiedenen Sparten des
Versicherungsmarktes getrennt zu berechnen, insbesondere bei Lebens-, Kranken- und Kfz-
Versicherungen und bei der Berechnung von Renten. Zu den Faktoren, die hier berücksichtigt
werden, zählen nicht nur die Unterschiede in der durchschnittlichen Lebenserwartung, sondern
auch unterschiedliche Verhaltensmuster (insbesondere in der Kfz-Versicherung) oder ein
unterschiedliches Konsumverhalten (in der Krankenversicherung).

Die Versicherungsgesellschaften in den einzelnen Mitgliedstaaten verwenden jedoch die
unterschiedlichsten Tabellen, die mehr oder weniger regelmäßig aktualisiert werden und in
bestimmten Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen für Männer und Frauen führen. In
Frankreich beispielsweise ist es in der privaten Krankenversicherung übliche Praxis, für Männer
und Frauen dieselben Tarife („Unisex-Tarife“) anzuwenden. Dasselbe gilt für das Vereinigte
Königreich (bei Versicherungen gegen schwere Krankheiten findet allerdings eine
Differenzierung nach Geschlecht statt). In Deutschland hingegen unterscheiden die Versicherer
zwischen Männern und Frauen. Ähnliche Unterschiede in der Herangehensweise lassen sich in
den Bereichen Lebensversicherung und private Rentenversicherung feststellen: die Versicherer
in Frankreich legen Unisex-Tabellen zugrunde, während andere Versicherer Beiträge und
Leistungen auf der Grundlage von Tabellen zur Lebenserwartung der Angehörigen beider
Geschlechter berechnen. In der Kfz-Versicherung praktizieren die Versicherer in einigen
Mitgliedstaaten eine starke Differenzierung bei den Tarifen für (vor allem junge) Männer und
Frauen (z. B. im Vereinigten Königreich und in Irland), während andere Versicherer (z. B. in
Schweden) dies nicht tun. Beide Ansätze sind somit praktikabel, ohne dass dadurch die
finanzielle Tragfähigkeit der betreffenden Versicherungsunternehmen in Frage gestellt wird.

Einschlägige Studien belegen, dass das Geschlecht nicht der wichtigste determinierende
Faktor für die Lebenserwartung ist. Es hat sich gezeigt, dass andere Faktoren hier eine
wichtigere Rolle spielen, wie beispielsweise Familienstand, sozioökonomische Faktoren,
Beschäftigung/Arbeitslosigkeit, Region, Rauchen und Ernährungsgewohnheiten. Die
Lebensweise kann als multidimensionaler Faktor gesehen werden, der eine wesentlich
größere Auswirkung auf die individuelle Lebenserwartung hat als das Geschlecht. Studienin
denen versucht wurde, Faktoren wie Lebensstil, soziale Schicht und Umweltfaktoren

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/3477

auszuklammern, haben gezeigt, dass der Unterschied in der durchschnittlichen
Lebenserwartung von Männern und Frauen zwischen null und zwei Jahren beträgt. Die in
einigen Mitgliedstaaten zu beobachtende zunehmende Diskrepanz in der Lebenserwartung der
männlichen und der weiblichen Bevölkerung lässt sich somit nicht auf biologische
Unterschiede zurückführen. Das Geschlecht kann bestenfalls als Proxy dienen für andere
Indikatoren der Lebenserwartung. Die Schlussfolgerung, die aus derartigen Studien gezogen
werden kann, lautet, dass die Praxis der Versicherer, das Geschlecht als determinierenden
Faktor bei der Risikobewertung heranzuziehen, ihren Grund wohl eher in der leichten
Handhabbarkeit hat als darin, dass es sich hier um einen aussagekräftigen Indikator für die
Lebenserwartung handeln würde. Kommentatoren haben hierzu angemerkt, dass die
Versicherer eher dazu tendieren, die Risiken von Gesunden und Nichtgesunden zu poolen als
die Risiken von Männern und Frauen.

Vor diesem Hintergrund argumentieren einige Anspruchsgruppen – insbesondere innerhalb
der Frauenbewegung und im Europäischen Parlament, aber auch verschiedene
Versicherungsexperten –, dass unterschiedliche versicherungsmathematische Kalkulationen
von Prämien und Leistungen bei Versicherungsprodukten, die einen Bezug zur
Lebenserwartung aufweisen, als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts anzusehen sind,
da schließlich das Geschlecht nicht der dominante Faktor für die Bestimmung der
Lebenserwartung ist.

Die Kommission stellt fest, dass Beiträge und Leistungen in den gesetzlichen Renten- und
Krankenversicherungssystemen die Unterschiede in der Lebenserwartung unberücksichtigt
lassen. Die entsprechenden Systeme basieren darauf, dass geschlechtsspezifische Risiken
gemeinsam getragen und die Kosten der längeren Lebenserwartung der Frauen umgelegt
werden. Die Mitgliedschaft in den gesetzlichen Systemen ist in der Regel obligatorisch, somit
sind jederzeit Voraussagen möglich über den jeweiligen Männer- und Frauenanteil innerhalb
des Systems.

Die Versicherungsbranche argumentiert, dass private Versicherungen nicht mit gesetzlichen
Versicherungen verglichen werden können, insbesondere deswegen, weil sie kaum eine
Kontrolle über das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Männern und Frauen in den jeweiligen
Systemen hätten. Es wird darauf hingewiesen, dass die für Männer bzw. Frauen festgesetzten
Preise und Leistungen jeweils das reale Risiko widerspiegeln, das die
Versicherungsgesellschaften bei den verschiedenen von ihnen angebotenen
Versicherungsprodukten zu tragen haben. Ein Eingriff in die entsprechenden Kalkulationen
würde zu einer künstlichen Marktverzerrung führen, womit bestimmte Produkte wirtschaftlich
nicht mehr tragfähig wären, weil das Risiko in keinem Verhältnis zu den erzielten Einkünften
stünde. Dies könnte beispielsweise der Fall sein bei Kranken- und Rentenversicherungen für
Männer und bei Lebens- und Kfz-Versicherungen für Frauen. Die Angehörigen des einen
Geschlechts, die eine im Vergleich zu ihrem persönlichen Risiko unverhältnismäßig hohe
Prämie zu zahlen hätten, würden vom Abschluss einer Versicherung Abstand nehmen,
während die Angehörigen des anderen Geschlechts, die eine im Vergleich zu ihrem
tatsächlichen Risiko geringere Prämien zu zahlen hätten, dadurch zum Abschluss eines
Vertrags ermutigt würden. Die entsprechenden Versicherungsgesellschaften würden damit in
eine Situation geraten, in der sie unter Umständen nicht mehr in der Lage wären, ihren
Versicherungsverpflichtungen nachzukommen. Die Versicherungsbranche weist ferner darauf
hin, dass die von ihr verwendeten Tabellen die reale Lebenserwartung von Frauen und
Männern widerspiegeln, dass diese Tabellen regelmäßig aktualisiert werden und dass sie im
Allgemeinen von einer staatlichen Aufsichtsbehörde genehmigt werden.

Drucksache 15/3477 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Kommission ist der Auffassung, dass die geäußerten Bedenken ungerechtfertigt sind.
Zunächst einmal berichtet beispielsweise der französische Verband der
Versicherungsunternehmen, dass die Einführung geschlechtsneutraler
versicherungsmathematischer Faktoren nicht zu wesentlichen Veränderungen auf dem
französischen Rentenversicherungsmarkt geführt habe. Zum Zweiten haben die geäußerten
Bedenken ihre Ursache in einer statischen Sicht des Marktes, die nicht der Realität gerecht
wird. Wie bereits weiter oben erläutert, wird das Geschlecht von den Versicherern als Proxy
für andere Faktoren herangezogen. Fortschrittliche Versicherungsgesellschaften arbeiten
bereits an der Entwicklung neuer, zuverlässigerer Methoden zur Voraussage von Risiken. Auf
diese Weise – und nicht zuletzt auch infolge des Wettbewerbs – werden sie bald in der Lage
sein, den Faktor Geschlecht bei ihren Berechnungen mehr und mehr in den Hintergrund treten
zu lassen und ihre Preise auf geschlechtsneutrale Kriterien zu stützen. Die Produkte, die sie
und andere Finanzdienstleister anbieten, werden sich somit an die neuen Rahmenbedingungen
anpassen, so dass den Verbrauchern auch künftig eine breite und attraktive Produktpalette
angeboten werden kann.

Schlussfolgerungen der Kommission

Die Versicherungsgesellschaften sind frei in der Festsetzung ihrer Tarife – innerhalb der
durch den Vertrag und die Richtlinien des Rates und des Europäischen Parlaments über
Lebens- und Nichtlebensversicherungen vorgegebenen Grenzen. Alle Versicherungen
basieren auf dem Prinzip des Poolens von Risiken und auf der Solidarität zwischen den
Versicherten. Derzeit entscheiden die Versicherer selbst, wie sie den Risikopool definieren
wollen. Viele Versicherer haben sich dafür entschieden, Männer und Frauen
unterschiedlichen Pools zuzuordnen und die jeweiligen Risiken nicht zu teilen.

Die Gleichbehandlung von Frauen und Männern ist jedoch ein Grundrecht, und die
Kommission ist der Auffassung, dass die Tariffreiheit diesem Recht unterzuordnen ist. Die
Trennung von Männern und Frauen durch Zuweisung zu zwei unterschiedlichen Pools hat
eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und eine Benachteiligung des einen oder des
anderen Geschlechts zur Folge. Eine derartige Praxis ist somit als diskriminierend anzusehen,
und der Gesetzgeber sollte tätig werden, um sie zu unterbinden. Eine ähnliche Situation war
seinerzeit häufig im Bereich der Beschäftigung vorzufinden: in der Vergangenheit hörte man
nicht selten von Arbeitgeberseite das Argument, dass man Frauen im gebärfähigen Alter nicht
gerne einstelle angesichts des Risikos, dass sie während eines Mutterschaftsurlaubs am
Arbeitsplatz nicht zur Verfügung stünden, was für die Arbeitgeber mit Risiken und
entsprechenden Kosten verbunden sei. Statistisch gesehen, ist dieses Argument zwar
stichhaltig, doch ist es moralisch natürlich inakzeptabel als Rechtfertigung für eine
Ungleichbehandlung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. Folglich ist der
Gesetzgeber tätig geworden, um solche Verhaltensweisen zu untersagen. Dasselbe Argument
greift auch im Bereich Versicherungen.

Dies Kommission zieht daraus den Schluss, dass eine unterschiedliche Behandlung aufgrund
versicherungsmathematischer Faktoren, die unmittelbar mit dem Geschlecht
zusammenhängen, nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist und daher
abgeschafft werden sollte. Diese Position steht im Einklang mit dem Urteil des Europäischen
Gerichtshofs in der Rechtssache Coloroll12, dem zufolge die Festsetzung unterschiedlicher
Beiträge für Männer und Frauen in Betriebsrentensystemen eine Diskriminierung darstellt.

12 Rechtssache C-200/91.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/3477

Die Kommission sieht sich in ihrer Auffassung bestätigt durch den in den Mitgliedstaaten zu
beobachtenden Trend, die staatliche Altersversorgung durch eine private Rentenversicherung
zu ersetzen oder zu ergänzen, insbesondere durch Leibrentenmodelle. In vielen Fällen fördern
die Regierungen den Übergang zu einer privaten Versorgung durch entsprechende steuerliche
Anreize oder vergleichbare Regelungen. Der Gesetzgeber hat entschieden, dass in der
gesetzlichen Sozialversicherung der Gleichbehandlungsgrundsatz zu gelten hat. Der Übergang
zur privaten Vorsorge läuft jedoch auf eine Aushöhlung dieses Grundsatzes hinaus: an die
Stelle der auf Geschlechtsneutralität basierenden staatlichen Sozialversicherungssysteme tritt
mehr und mehr – sowohl bei der zweiten als auch bei der dritten Säule der Alterssicherung –
ein privater Markt, der eine geschlechtsspezifische Differenzierung praktiziert. Dies ist um so
gravierender, als Regelungen, durch die (in erster Linie) für Frauen ein Ausgleich
verschiedener Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt geschaffen wird, – etwa die
Anerkennung von Phasen der Nichterwerbstätigkeit aus Gründen der Kinderbetreuung oder
die Gewährung von Hinterbliebenenrenten – in den Systemen der zweiten und dritten Säule
gemeinhin seltener anzutreffen sind. Außerdem haben selbständig Erwerbstätige häufig gar
keine andere Wahl, als sich auf dem privaten Versicherungsmarkt nach einer Altersvorsorge
umzusehen. Im Übrigen nimmt die Zahl der selbständig Erwerbstätigen – und auch der Anteil
der Frauen unter ihnen – stetig zu.

Wie der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Defrenne II13 klargestellt hat, ist es zur
ordnungsgemäßen Umsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht nur erforderlich, dass
die Rechtsvorschriften diesem Grundsatz Rechnung tragen, sondern auch, dass die
Vorschriften in Kollektivverträgen und privatrechtlichen Verträgen entsprechend angepasst
werden. Die Entwicklungen im Bereich der Rentenversorgung machen Maßnahmen zur
Durchsetzung der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der privaten
Rentenversicherung um so dringender erforderlich – als flankierende Maßnahmen zu
entsprechenden Maßnahmen im staatlichen Sektor.

Die Kommission erkennt jedoch an, dass die derzeit weit verbreitete Anwendung solcher
Faktoren nicht über Nacht abgeschafft werden kann, ohne die Kontinuität des Marktes zu
gefährden und Marktturbulenzen auszulösen. Die Kommission sieht ein, dass es für die
Versicherungsunternehmen unter Umständen erforderlich sein kann, in bestimmten Fällen
während einer Übergangszeit auch weiterhin mit geschlechtsspezifischen
versicherungsmathematischen Faktoren zu operieren.

Auch liegt klar auf der Hand, dass es für einzelne Versicherungsunternehmen angesichts des
Wettbewerbs mit anderen Unternehmen schwierig ist, zu einer geschlechtsneutralen
Preisgestaltung überzugehen, da die Angehörigen desjenigen Geschlechts, dem eine
Änderung zugute kommt, in überproportionaler Zahl zu diesem Unternehmen wechseln
würden, während diejenigen, denen die Änderung zum Nachteil gereicht, sich von dem
Unternehmen abwenden würden. Das betreffende Unternehmen würde sich dann einem
Risikoportfolio gegenübersehen, das es ohne eine allgemeine Erhöhung der
Versicherungsprämien nicht bewältigen könnte. Der Übergang zu einer geschlechtsneutralen
Preisgestaltung muss daher unionsweit koordiniert werden, damit etwaige schädliche
Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden. Eine Richtlinie, die eine ausreichend lange
Übergangzeit vorsieht, ermöglicht eine derartige Koordinierung und erlaubt es
Mitgliedstaaten und Versicherungsunternehmen, die erforderlichen Anpassungen der
Rechtsvorschriften und der üblichen Praktiken vorzunehmen. Insbesondere lässt sie Raum für
eine Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und öffentlichen Stellen, mit dem Ziel einer

13 Rechtssache C-43/75.

Drucksache 15/3477 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Erhöhung der Zuverlässigkeit des Kriteriums Lebensweise sowie anderer Kriterien, die
größere Auswirkungen auf die Lebenserwartung haben als das Geschlecht. Die Verwendung
anderer geeigneter Kriterien wird eine exaktere Risikobewertung durch die Versicherer
ermöglichen, als dies heutzutage der Fall ist, wo die Branche in zu starkem Maße auf den
Faktor Geschlecht abstellt.

Die Kommission ist auch beunruhigt angesichts der Tatsache, dass Männer und Frauen – in
ihrer Eigenschaft als Verbraucher – unzureichend informiert sind darüber, inwieweit die
Versicherungsunternehmen solche Faktoren berücksichtigen und welche Auswirkungen dies
auf die Höhe der Prämien bzw. Beiträge hat, die die Versicherten für eine bestimmte Leistung
zu zahlen haben. Dies scheint vor allem für den Bereich der privaten Rentenversicherung zu
gelten und ist von besonderer Bedeutung in einer Situation, in der sich in vielen
Mitgliedstaaten die Rentenversicherung weg von leistungsdefinierten Systemen hin zu
beitragsdefinierten Systemen14 bewegt. Die Kommission ist der Auffassung, dass dieses
Fehlen von Transparenz ein Hindernis für die Durchsetzung des Rechts auf Gleichbehandlung
für Männer und Frauen darstellen kann.

Die Kommission schlägt daher vor, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben sollten,
den Gleichbehandlungsgrundsatz, soweit es um die Anwendung versicherungsmathematischer
Faktoren geht, erst nach einer Übergangszeit anzuwenden. Diese Übergangszeit sollte
mindestens weitere sechs Jahre, gerechnet ab dem Ende der allgemeinen zweijährigen
Umsetzungsfrist, betragen, womit den Versicherungsunternehmen ab dem Zeitpunkt des
Inkrafttretens der Richtlinie insgesamt acht Jahre zur Verfügung stünden, um ihre Praktiken
anzupassen. Im Sinne einer größeren Markttransparenz sollten die Mitgliedstaaten während
dieses Zeitraums ausführliche Tabellen zu Mortalität und Lebenserwartung ihrer Bevölkerung
erstellen, veröffentlichen und regelmäßig aktualisieren, auf die sich die
Versicherungsunternehmen stützen können. Gemäß den Richtlinien des Rates und des
Europäischen Parlaments über Lebens- und Nichtlebensversicherungen kann von
Versicherungsgesellschaften verlangt werden, dass sie der zuständigen Behörde des
Mitgliedstaates, in dem sie niedergelassen sind, mitteilen, ob sie geschlechtsdifferenzierte
Tabellen verwenden.

V. RECHTFERTIGUNG DES VORSCHLAGS UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DES
SUBSIDIARITÄTSPRINZIPS UND DES GRUNDSATZES DER VERHÄLTNISMÄßIGKEIT

Die Europäische Union engagiert sich seit langem für Maßnahmen zur Förderung der
Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der Beschäftigung. Erst in jüngerer
Zeit hat sie beschlossen, den Schutz vor Diskriminierungen aus Gründen der Rasse oder der
ethnischen Herkunft auf Bereiche außerhalb des Arbeitsmarktes auszudehnen, wie auf die
Bereiche Bildung, Sozialschutz, Gesundheitsdienste, soziale Vergünstigungen und Zugang zu
und Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung
stehen, einschließlich Wohnraum. Auf der Ebene der Union bestand Einigkeit darüber, dass
ein Tätigwerden der Mitgliedstaaten allein nicht ausreicht, um ein einheitlich hohes Niveau
des Schutzes vor Diskriminierung zu garantieren, und dass dieses Ziel somit besser auf der
Ebene der Gemeinschaft erreicht werden kann.

14 In einen beitragsdefinierten System investiert der Versicherte einen bestimmten Kapitalbetrag in eine
Renteversicherung als Quelle eines Ruhestandseinkommens.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/3477

Was die Problematik der geschlechtsspezifischen Diskriminierung beim Zugang zu Gütern
und Dienstleistungen anbelangt, sind unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität dieselben
Gründe anzuführen. Wie auch die Richtlinie zum Verbot von Rassendiskriminierung, zielt der
vorliegende Vorschlag darauf ab, schwerwiegende Ungleichbehandlungen zu beseitigen, mit
denen Millionen europäischer Bürgerinnen und Bürger im täglichen Leben konfrontiert sind.
Das tatsächliche Ausmaß der Diskriminierungen ist nur schwer zu ermessen. Zum Teil liegt
dies daran, dass natürlich keine Daten über Klagen im Zusammenhang mit
geschlechtsbedingten Diskriminierungen erfasst werden in Mitgliedstaaten, die über keine
spezifischen Rechtsvorschriften in diesem Bereich verfügen; Diskriminierung als
rechtswidrige Handlung, gegen die man klagen kann, gibt es schließlich nur da, wo auch ein
entsprechendes Verbot existiert. Die Erfahrungen der bestehenden unabhängigen Stellen für
die Förderung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den Mitgliedstaaten zeigen
jedoch, dass diese Stellen, soweit es um Güter und Dienstleistungen geht, mit den
verschiedenartigsten Fällen zu tun haben. 15 Bei einer im Jahr 2002 durchgeführten
Eurobarometer-Erhebung betrug der Anteil derjenigen, die angaben, bereits selbst Opfer einer
geschlechtsspezifischen Diskriminierung im Bereich Güter und Dienstleistungen gewesen zu
sein, knapp ein Viertel der Gesamtzahl derjenigen, die über Diskriminierungen in diesem
Bereich – aus sämtlichen von der Umfrage abgedeckten Diskriminierungsgründen –
berichteten. 16 In Mitgliedstaaten, in denen entsprechende Rechtsvorschriften existieren, zeigt
sich, dass Beschwerden in diesem Bereich einen beträchtlichen Anteil der von den
zuständigen Stellen behandelten Fälle ausmachen. In Irland beispielsweise betrafen etwa
25 % der bisher im Jahr 2003 vom Office for the Director of Equality Investigations
bearbeiteten Fälle den Aspekt Güter und Dienstleistungen (die übrigen 75 % betrafen
verschiedene Aspekte der Beschäftigung). In den Niederlanden machten die Beschwerden
über geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen im Bereich Güter und Dienstleistungen
gut 10 % der Fälle aus, mit denen sich die Gleichbehandlungskommission im Jahr 2002 zu
befassen hatte. Damit wird klar, dass europäische Rechtsvorschriften auf diesem Gebiet einen
noch nicht befriedigten Bedarf in Mitgliedstaaten decken würden, die bisher über keine
spezifischen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung beim Zugang zu Gütern und
Dienstleistungen verfügen.

Im Falle geschlechtsbasierter versicherungsmathematischer Faktoren bestehen natürlich
erhebliche Unterschiede innerhalb der Europäischen Union, die beträchtliche Auswirkungen
haben. Ohne ein Tätigwerden der Union würden die Auswirkungen dieser Unterschiede bei
den bestehenden Regelungen immer deutlicher spürbar angesichts des in den Mitgliedstaaten
festzustellenden Trends, im Rentenbereich und verwandten Bereichen immer mehr von einer
staatlichen zu einer privaten Versorgung überzugehen. Die bestehenden Ungleichheiten
können aus den im Folgenden dargelegten Gründen nur im Wege europäischer Maßnahmen in
umfassender Weise angegangen werden.

15 Z. B.: Weigerung, Schwangeren einen Hypothekenkredit zu gewähren; Weigerung, bei gemeinsamen
Konten den Namen der Frau als ersten aufzuführen (was eine Diskriminierung zur Folge hat
hinsichtlich des Anspruchs auf bestimmte Leistungen, wie etwa Aktionoptionen, die häufig nur für die
erstgenannte Person gelten); Weigerung, Teilzeitbeschäftigten ein Darlehen zu gewähren (was im
Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs auf eine mittelbare Diskriminierung hinaus läuft, da
Teilzeitbeschäftigte in der Mehrzahl Frauen sind); Anforderung, dass Frauen bei Gewährung eines
Darlehens einen Bürgen benötigen, während dies von einem Mann bei gleicher Kreditwürdigkeit nicht
verlangt würde; sexuelle Belästigung durch Vermieter unterschiedliche Behandlung von Männern und
Frauen in Versicherungssystemen.

16 Die anderen Gründe sind Rasse und ethnische Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung,
Alter und sexuelle Ausrichtung.

Drucksache 15/3477 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Das Recht auf Gleichbehandlung ist grundlegend für die Konzeption der Europäischen Union.
Um zu gewährleisten, dass dieses Recht unionsweit – unter Festlegung gemeinsamer
Mindestanforderungen – geschützt wird, bedarf es eines abgestimmten Vorgehens. Wie sich
bereits bei früheren Maßnahmen der Gemeinschaft gezeigt hat, bei denen es um spezifische
Diskriminierungsprobleme ging, kann das angestrebte Ziel am besten erreicht werden durch
eine Koordinierung des in den einzelnen Mitgliedstaaten gewährleisteten Rechtschutzes.

Einige Mitgliedstaaten wenden in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften den Grundsatz der
Gleichbehandlung beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen bereits an. Dies geschieht
allerdings auf höchst unterschiedliche Weise. Angesichts der bestehenden Diskrepanzen und
bestimmter Lücken des in den nationalen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung von
Männern und Frauen vorgesehenen Schutzes beim Zugang zu und bei der Versorgung mit
Gütern und Dienstleistungen wird mit der vorgeschlagenen Richtlinie eine einheitliche und
wirksame Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im gesamten Gebiet des
Europäischen Wirtschaftsraums (siehe unten) sichergestellt. Es werden allgemeine
Grundsätze festgelegt zur Gewährleistung eines einheitlichen Schutzes aller Bürgerinnen und
Bürger in der Europäischen Union vor Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts. Die
derzeit in den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Schutzmechanismen werden damit gestärkt
und ergänzt, sei es durch eine Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs der
Schutzvorschriften, sei es durch Einführung bzw. Verbesserung des Zugangs zu
Rechtsmitteln. Auf diese Weise wird die Richtlinie einen Beitrag leisten zur Stärkung der
Grundwerte, auf denen die Union beruht: Gleichstellung von Männern und Frauen, Freiheit,
Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Rechtsstaatlichkeit.
Darüber hinaus wird sie zu einem besseren wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt
beitragen, indem sie dafür sorgt, dass den Menschen in allen Mitgliedstaaten ein
Mindestniveau des Schutzes vor geschlechtsbedingter Diskriminierung sowie vergleichbare
Schadenersatzansprüche garantiert werden. Indem lediglich Mindestanforderungen festgelegt
werden, lässt der Vorschlag den Mitgliedstaaten einen großen Handlungsspielraum, was den
Weg zur Erreichung des angestrebten Ziels anbelangt, und ermöglicht es insbesondere
denjenigen Staaten, die ihren Bürgern ein höheres Schutzniveau oder einen breiteren Schutz
garantieren, dieses Schutzniveau beizubehalten. Eine Richtlinie, die den Mitgliedstaaten
ausreichend Flexibilität bei der Entscheidung lässt, wie sie diesen Schutz in der Praxis
gewährleisten wollen, ist hier – wie auch bei früheren Gelegenheiten – ein geeignetes Mittel.

Wie bereits im Vorangehenden festgestellt, erweist es sich für einzelne Unternehmen als
schwierig, in bestimmten Marktsegmenten den Übergang zu Unisex-Tarifen zu vollziehen,
ohne das Risiko in Kauf zu nehmen, dass eine überproportionale Anzahl von Angehörigen des
einen oder des anderen Geschlechts sich ihren Produkten zuwendet oder sich von ihren
Produkten abwendet und dadurch ein Ungleichgewicht geschaffen wird. Dasselbe gilt für
einzelne Mitgliedstaaten im Kontext des Binnenmarktes für Versicherungen: wenn hier ein
einzelner Mitgliedstaat dazu übergeht, die Anwendung von Unisex-Tarifen vorzuschreiben,
könnte er damit die Versicherer in seinem Land dem Risiko aussetzen, in bestimmten
Marktsegmenten von Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten unterboten zu werden. Um
diesem Risiko zu begegnen, ist es erforderlich, den Übergang zu einem Unisex-Ansatz
unionsweit zu koordinieren. Gemeinschaftliche Rechtsvorschriften, die allgemeine Ziele
festlegen, die konkrete Umsetzung aber den Mitgliedstaaten überlassen, sind der beste Weg,
um eine vollständige Verwirklichung der Gleichbehandlung zu erreichen und gleichzeitig das
Risiko von Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

Die Maßnahmen der Europäischen Union sollten allerdings nicht weiter gehen als zur
Verwirklichung des angestrebten Ziels erforderlich. Zum einen sollte sich die Union darauf
beschränken, sich auf allgemeine Grundsätze zu verständigen, zum anderen sollte sie diese

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/3477

Grundsätze nur in Bereichen anwenden, in denen ihrer Auffassung nach Probleme anstehen
und diese Probleme durch die vorgeschlagene Maßnahme gelöst werden können. Im
vorliegenden Fall hat die Kommission beschlossen, eine Richtlinie vorzuschlagen, die einen
klaren Fokus auf einen Bereich – nämlich Güter und Dienstleistungen – legt, in dem es
nachweislich Diskriminierungen gibt und in dem frühere Maßnahmen der Gemeinschaft
(insbesondere die Richtlinie 2000/43/EG des Rates) gezeigt haben, dass eine
Rechtsetzungsmaßnahme der geeignete Weg ist. Die Kommission hat beschlossen, andere
Bereiche nicht in Angriff zu nehmen, in denen weniger eindeutige Anhaltspunkte für das
Vorhandensein von Diskriminierungen vorliegen oder in denen es weniger offenkundig ist,
dass die bestehenden Schwierigkeiten durch Rechtsetzungsmaßnahmen behoben werden
können.

VI. ERLÄUTERUNGEN ZU DEN EINZELNEN ARTIKELN

Gliederung

Die Gliederung der vorgeschlagenen Richtlinie folgt der Gliederung der bereits auf der
Grundlage von Artikel 13 EG-Vertrag erlassenen Richtlinien, insbesondere der Richtlinie
2000/43/EG zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse
oder der ethnischen Herkunft. Die Richtlinie umfasst vier Kapitel:

– Kapitel I – Allgemeine Bestimmungen

– Kapitel II – Rechtbehelfe und Rechtsdurchsetzung

– Kapitel III – Mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen

– Kapitel IV – Schlussbestimmungen

Allgemeine Grundsätze

Die vorgeschlagene Richtlinie enthält Definitionen der Begriffe „unmittelbare
Diskriminierung“, „mittelbare Diskriminierung“, „Belästigung“ und „sexuelle Belästigung
(die Definitionen entsprechen den Definitionen in der kürzlich verabschiedeten Richtlinie
2002/73/EG17 des zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG zur Verwirklichung des
Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur
Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die
Arbeitsbedingungen).

Im Übrigen sollte es möglich sein, dass die Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen in
bestimmten Bereichen beibehalten oder einführen, um all die Benachteiligungen, die Frauen
oder Männer aufgrund ihres Geschlechts erfahren haben, zu kompensieren.

Sachlicher Geltungsbereich der Richtlinie

Zweck des Richtlinienvorschlags ist die Verwirklichung des Grundsatzes der
Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zur und bei der Versorgung mit

17 Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur
Änderung der Richtlinie 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum
beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl. L 269 vom 5.10.002, S. 15.

Drucksache 15/3477 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich
Wohnraum. Der Richtlinie liegt dieselbe Herangehensweise an die Problematik zugrunde wie
der Richtlinie 2000/43/EG des Rates. Die Gründe für die Regelung dieses Bereich wurden im
Vorangehenden erläutert.

Rechtsbehelfe und Rechtsdurchsetzung

Der vorgeschlagene Ansatz entspricht dem Ansatz, der der Richt linie 2000/43/EG des Rates
zum Verbot von Rassendiskriminierung und der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur
Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich
des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in
Bezug auf die Arbeitsbedingungen, geändert durch Richtlinie 2002/73/EG, zugrunde liegt:

– Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren, die angemessene Sanktionen vorsehen

– Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei

– Schutz der Opfer und Zeugen vor etwaigen Repressalien

– Förderung des Dialogs mit den Nichtregierungsorganisationen

Kapitel I: Allgemeine Bestimmungen

Dieses Kapitel umfasst fünf Artikel.

Artikel 1

In diesem Artikel werden Gegenstand und Geltungsbereich der Richtlinie erläutert:
Festlegung eines Rahmens für die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Diskriminierungen
beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, mit dem Ziel, den
Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in den Mitgliedstaaten zu
verwirklichen.

Gemäß diesem Artikel haben die Mitgliedstaten Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind
zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim
Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen die der Öffentlichkeit zur
Verfügung stehen, einschließlich der Versorgung mit Wohnraum. Die Richtlinie gilt nicht für
Unternehmungen, die in einem rein privaten Kontext stattfinden, wie zum Beispiel die
Vermietung einer Ferienwohnung an ein Familienmitglied oder die Überlassung privaten
Wohnraums. Der Begriff „Güter und Dienstleistungen“ ist somit genauso auszulegen wie in
der Richtlinie 2000/43/EG des Rates und sollte daher auf solche Güter und Dienstleistungen
beschränkt bleiben, die üblicherweise gegen Entgelt abgegeben bzw. erbracht werden.

„Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen“ beinhalten somit
Folgendes:

– den Zugang zu Gebäuden, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind

– alle Arten von Wohnung, einschließlich Mietwohnungen und Hotelunterkünften;

– Dienstleistungen in den Bereichen Banken, Versicherungen und sonstige
Finanzdienstleistungen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/3477

– Transportmittel;

– Dienstleistungen sämtlicher Berufssparten und Branchen.

Bestimmte Waren und Dienstleistungen sind auf die Benutzung durch Angehörige eines
bestimmten Geschlechts zugeschnitten (zum Beispiel die Reservierung bestimmter
Öfnungszeiten in Schwimmbädern für Angehörige eines Geschlechts oder die Mitgliedschaft
in privaten Klubs). In anderen Fällen können Leistungen je nach Geschlecht der Klienten auf
unterschiedliche Weise erbracht werden, abhängig davon ob es sich bei dem Kunden um
einen Mann oder eine Frau handelt. Diese Richtlinie steht dort wo Männer und Frauen sich
nicht in vergleichbarer Situation befinden einer unterschiedlichen Behandlung nicht entgegen.
Um einer etwaigen Fehlinterpretation des Diskriminierungsverbots entgegenzuwirken, wird in
diesem Artikel klargestellt, dass die Richtlinie durchaus Ungleichbehandlungen zulässt im
Zusammenhang mit Gütern oder Dienstleistungen, die ausschließlich oder hauptsächlich für
die Angehörigen des einen oder des anderen Geschlechts bestimmt sind, oder wenn es um
Leistungen geht, die je nach Geschlecht der Klienten auf unterschiedliche Weise erbracht
werden. Um einen Konflikt mit anderen Grundfreiheiten wie der Pressefreiheit und die
Pluralität der Medien zu vermeiden, stellt Artikel 1 klar, daß die Richtlinie auch nicht
anwendbar ist, wenn es um Medieninhalte und Werbeinhalte geht.

Artikel 2

In Absatz 1 werden die Begriffe „unmittelbare Diskriminierung“, „mittelbare
Diskriminierung“, „Belästigung“ und „sexuelle Belästigung“ definiert. Die Definitionen
wurden bereits bestehendem Gemeinschaftsrecht entnommen und weichen in keiner Weise
von bereits bestehenden Ansätzen ab. Die im Richtlinienvorschlag gegebenen Definitionen
der Begriffe „unmittelbare Diskriminierung“, „mittelbare Diskriminierung“, „Belästigung“
und „sexuelle Belästigung“ sind mutatis mutandis identisch mit den Definitionen in den
bereits verabschiedeten Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG und der Richtlinie
76/207/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und
Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen
Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen.

Belästigungen einer Person aufgrund ihres Geschlechts und sexuelle Belästigung gibt es nicht
nur in der Arbeitswelt; sie können auch in anderen Lebensbereichen der Menschen
vorkommen, unter anderem bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen. Wie bereits
in Richtlinie 76/207/EWG werden beide Konzepte eigens definiert, weil es sich um
unterschidliche Phänomene handelt. Sexuelle Belästigung besteht bereits in jeder ungünstigen
Behandlung einer Person in Bezug auf ihr Geschlecht, ohne daß es sich dabei um ein
spezifisch sexualbezogenes Verhalten handeln müßte. (zum Beispiel wenn ein männlicher
Beschäftigter ständig abschätzige Bemerkungen über weibliche Kunden macht). Sexuelle
Belästigung besteht in unerwünschtem physischem, verbalem und non-verbalem Verhalten
sexueller Natur. Als Beispiele in diesem Bereich angeführt seien Belästigungen von Mietern
durch Vermieter oder von Verkäufern durch Einkäufer, wo es vorkommen kann, dass sexuelle
Gefälligkeiten als Gegenleistung für einen Vertragsabschluss verlangt werden.

In Absatz 2 wird festgestellt, dass Aufstachelung zur Diskriminierung ebenfalls als
Diskriminierung anzusehen ist. Eine ähnliche Bestimmung findet sich bereits in den auf der
Grundlage von Artikel13 EG-Vertrag erlassenen Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG
sowie in der Richtlinie 76/207/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung
von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugang zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und
zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Im Sinne einer

Drucksache 15/3477 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Vereinheitlichung schlägt die Kommission vor, im englischen Text den Begriff „incitement“
(„Aufforderung“) – und nicht „instruction“ („Anweisung“) – zu verwenden.

Artikel 3

In diesem Artikel wird erläutert, was mit „Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes“
gemeint ist: der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bedeutet, dass
keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, auch keine Schlechterstellung
von Frauen aufgrund von Schwangerschaft oder Mutterschaft, und keine mittelbare
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere unter Bezugnahme auf den Ehe-
oder Familienstand erfolgen darf. Auch Belästigung und sexuelle Belästigung sind in diesem
Kontext als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts anzusehen.

Artikel 4

Dieser Artikel bestimmt, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz auch für die Anwendung
geschlechtsspezifischer versicherungsmathematischer Faktoren bei der Berechnung von
Prämien und Leistungen im Bereich des Versicherungswesens und in verwandten Branchen
gilt. Die Richtlinie findet hier aber ausschließlich auf neue Geschäftsabschlüsse Anwendung,
die erst nach Ablauf der Umsetzungsfrist getätigt werden.

Um eine unangemessene, abrupte Anpassung des Versicherungsmarktes zu vermeiden, lässt
dieser Artikel den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, für die Umsetzung der die
versicherungsmathematischen Faktoren betreffenden Bestimmungen eine Fristverlängerung in
Anspruch zu nehmen. Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, haben
zur Förderung der Transparenz im Versicherungsmarkt die Kommission zu informieren und
ausführliche Tabellen zu Mortalität und Lebenserwartung von Frauen und Männern zu
erstellen, zu veröffentlichen und regelmäßig zu aktualisieren.

Artikel 5

Entsprechend dem Vorbild der Richtlinie 2000/43/EG des Rates bekräftigt Absatz 2 dieses
Artikels, dass die Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen beibehalten oder einführen können,
um bestimmte geschlechtsbedingte Benachteiligungen zu kompensieren, die eine Person
aufgrund ihres Geschlechts beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen erfahren hat. In
diesem Fall ist zu belegen, dass derartige Maßnahmen erforderlich sind, dass sie auf den
Ausgleich eines spezifischen Nachteils abstellen und dass sie zeitlich befristet und nur so
lange in Kraft bleiben, wie dies erforderlich ist, um das betreffende Problem in den Griff zu
bekommen. Beispielsweise haben es Frauen traditionell schwerer, Risikokapital zu beschaffen
und Unterstützung für die Realisierung ihrer Geschäftsideen zu finden. Zwar würde die
Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hier wohl Abhilfe schaffen, doch ist es
unwahrscheinlich, dass dies allein ausreicht, um all die Benachteiligungen zu kompensieren,
unter denen Frauen in diesem Kontext zu leiden haben. Ein erster Schritt zur Verbesserung
der Situation waren hier die Einführung besonderer Darlehen für weibliche Unternehmer zu
besonderen Zinssätzen oder besonderen Konditionen und die Bereitstellung besonderer
Unterstützungs- und Beratungsangebote für Unternehmerinnen. Wenn auf solche Weise
günstigere Rahmenbedingungen geschaffen werden, ermutigt dies andere Investoren, selbst
Mittel zur Verfügung zu stellen und damit dazu beizutragen, traditionell anzutreffende, mit
dem Geschlecht zusammenhängende Schwierigkeiten zu überwinden. Besondere
Dienstleistungsangebote für Unternehmerinnen gibt es in mehrere Mitgliedstaaten, und in
mindestens einem Mitgliedstaat existieren sogar besondere Banken oder
Darlehensprogramme. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Richtlinie die

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/3477

Möglichkeit solcher Maßnahmen in den Mitgliedstaaten nicht abschaffen sollte und dass es
den Mitgliedstaaten gestattet sein sollte, hier eine Abweichung vom
Gleichbehandlungsgrundsatz zuzulassen.

Dieser Artikel ist erforderlich, um den unbeabsichtigten Effekt des Verbots bereits
existierender positiver Maßnahmen im Bereich des Zugangs zu Gütern und Dienstleistungen
zu vermeiden, wie zum Beispiel in dem oben geschilderten Fall. Ohne diesen Artikel wäre es
auch nicht möglich, künftig auf einen etwaigen neuen Bedarf an positiven Maßnahmen zu
reagieren.

Artikel 6

Bei den Absätzen 1 und 2 handelt es sich um Standardbestimmungen. In Absatz1 wird
erklärt, dass die Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften anwenden können, die ein höheres
Schutzniveau garantieren als die Richtlinie. Absatz 2 bestimmt, dass das in den
Mitgliedstaaten bereits garantierte Niveau des Schutzes vor Diskriminierung nicht im Zuge
der Umsetzung der Richtlinie abgesenkt werden darf.

KAPITEL II: RECHTSBEHELFE UND RECHTSDURCHSETZUNG

In diesem Kapitel, das vier Artikel umfasst, geht es um die zwei wesentlichen
Voraussetzungen für wirksame Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von Diskriminierungen:
um den Anspruch der Opfer auf wirksame Rechtsbehelfe gegen die Person oder die Stelle, die
Urheber der Diskriminierung ist, und um das Vorhandensein geeigneter Mechanismen, die
eine adäquate Rechtsdurchsetzung gewährleisten, in allen Mitgliedstaaten. Die einzelnen
Bestimmungen entsprechen den in den früheren Richtlinien zur Umsetzung von Artikel 13
enthaltenen Bestimmungen.

Artikel 7

In Artikel 7 geht es um die Verfahren, die gewährleisten sollen, dass den aus der Richtlinie
erwachsenden Verpflichtungen auch nachgekommen wird. Insbesondere ist die Möglichkeit
vorgesehen, dass Personen, die sich als Opfer einer Diskriminierung sehen, ihren Anspruch
auf Gleichbehandlung auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg durchsetzen können
(Zugang zum Rechtsschutz).

Wie auch bei den früheren Antidiskriminierungsrichtlinien, sollte das Recht, gegen
diskriminierende Verhaltensweisen vorzugehen, auch in Fällen bestehen, in denen das
Verhältnis zwischen beiden Parteien bereits beendet ist. Die Richtlinie sollte jedoch keinen
rückwirkenden Charakter haben und erst ab dem Datum des Inkrafttretens auf entsprechende
Verhältnisse Anwendung finden. Einzelstaatliche Vorschriften über die einzuhaltenden
Fristen bleiben von diesem Artikel unberührt.

Der Anspruch auf Rechtsschutz wird zusätzlich dadurch gestärkt, dass Organisationen die
diesbezüglichen Rechte im Namen der Opfer ausüben können

Drucksache 15/3477 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Artikel 8

Dieser Artikel ist eine Standardnorm im Europäischen Recht der Gleichbehandlung. Er
entspricht in seinem Wortlaut Artikel 4 der Richtlinie 97/80/EG des Rates18 zur Umkehr der
Beweislast in Fällen der Diskriminierung wegen des Geschlechts sowie dem Wortlaut der
entsprechenden Artikel in den bereits geltenden Artikel-13-Richtlinien, insbesondere der
Richtlinie 2000/43/EG. Die Kommission schlägt vor, dass die Beweislast beim Beklagten
liegen soll, wenn der Kläger vor Gericht oder bei einer anderen Instanz Tatsachen glaubhaft
macht, die darauf schließen lassen, dass er Opfer einer Diskriminierung geworden ist. In
Übereinstimmung mit den früheren Richtlinien und in Übereinstimmung mit der
Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten finden die
Vorschriften zur Verlagerung der Beweislast keine Anwendung in Fällen, in denen die
Verfolgung einer Diskriminierung Gegenstand eines strafrechtlichen Verfahrens ist.

Wie auch in ihren vorausgegangenen Vorschlägen, hat die Kommission nicht die vom Rat in
frühere Richtlinien eingefügte Bestimmung aufgenommen, der zufolge die Mitgliedstaaten
davon absehen können, die Vorschriften zur Verlagerung der Beweislast auf Verfahren
anzuwenden, in denen die Ermittlung des Sachverha lts dem Gericht oder der zuständigen
Stelle obliegt. Die Kommission möchte darauf hinweisen, dass erhebliche Verwirrung
besteht, was die Bedeutung dieser Bestimmung betrifft. Sie ist der Auffassung, dass die
Aufnahme dieser Bestimmung in die Richtlinie auf eine Aushöhlung der mit diesem Artikel
geschaffenen Rechtssicherheit hinauslaufen würde.

Artikel 9

Ein wirksamer Rechtsschutz für Opfer und Zeugen geschlechtsspezifischer
Diskriminierungen muss auch den Schutz vor Repressalien seitens des Anbieters eines Gutes
oder einer Dienstleistung einschließen. Denn Opfer und Zeugen können angesichts drohender
Repressalien unter bestimmten Bedingungen davon abgehalten werden, ihre Rechte geltend
zu machen.

Artikel 10

Zweck dieser Bestimmung ist es, den Dialog zwischen zuständigen öffentlichen Stellen und
Nichtregierungsorganisationen zu fördern, die ein rechtmäßiges Interesse daran haben, einen
Beitrag zur Bekämpfung von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und damit zur
Förderung der Gleichbehandlung zu leisten. Eine ähnliche Bestimmung findet sich in den
einschlägigen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Bekämpfung von
Rassendiskriminierung.

Kapitel III: Mit der Förderung der Gleichbehandlung befasste Stellen – Artikel 11

Dieses Kapitel enthält nur einen Artikel. Dieser sieht vor, dass auf nationaler Ebene Stellen
eingerichtet werden, deren Aufgabe es ist, die Verwirklichung der Gleichbehandlung in den
von der Richtlinie abgedeckten Bereichen zu fördern. Es werden die einschlägigen
Bestimmungen der Richtlinie 2000/43/EG übernommen, soweit es um den Zugang zu und die
Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen geht. Ferner wird angeknüpft an die
entsprechende Bestimmung der Richtlinie 2002/73/EC, die die Mitgliedstaaten verpflichtet,
Stellen zu benennen, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung der Gleichbehandlung

18 Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts, ABl. L 14 vom 20.1.1998.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/3477

von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt zu fördern. Es wird ein Rahmen vorgegeben
für die Tätigkeit solcher Stellen auf nationaler Ebene, die unabhängig handeln sollen und
deren Ziel es sein soll, die Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
voranzubringen. Die Mitgliedstaaten können beschließen, dieselben Stellen zu benennen, die
gemäß Richtlinie 2002/73/EG des Rates für Fragen der Gleichbehandlung am Arbeitmarkt
eingesetzt wurden. Die Mitgliedstaaten können auch beschließen, entsprechende Stellen auf
regionaler oder lokaler Ebene einzurichten, vorausgesetzt, dass das gesamte Hoheitsgebiet des
betreffenden Landes abgedeckt wird.

In dem Richtlinienvorschlag sind einige Anforderungen festgelegt, denen solche Stellen in
den Mitgliedstaaten zu genügen haben. Die Mitgliedstaten können selbst über Aufbau und
Arbeitsweise dieser Stellen entscheiden – im Einklang mit ihren Rechtstraditionen und
politischen Präferenzen.

Kapitel V: Schlussbestimmungen

Bei den vier Artikeln des Kapitels V handelt es sich um Standardbestimmungen, die in
zahlreichen Gemeinschaftsrichtlinien enthalten sind.

Artikel 12

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine klassische Bestimmung wie sie in allen früheren
Europäischen Bestimmungen zur Gleichbehandlung vorkommt. Darin geht es um die
Einhaltung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten. Gleichbehandlung beinhaltet, dass
sämtliche aus Rechts- oder Verwaltungsvorschriften resultierenden Diskriminierungen
beseitigt werden müssen und daher erforedert die Richtlinie, daß die Mitgliedstaaten alle
derart diskriminierenden Vorschriften beseitigen. Wie auch im Falle früherer
Rechtsvorschriften erfordert die Richtlinie Bestimmungen, die dem
Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, erforderlichenfalls für nichtig zu erklären oder
zu ändern

Artikel 13

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Standardbestimmung zu den Sanktionen im Falle
eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Entsprechende Bestimmungen
finden sich auch in den früheren auf der Grundlage von Artikel 13 erlassenen Richtlinien.

Artikel 14

Bei diesem Artikel handelt es sich um eine Standardbestimmung zur Gewährleistung der
Transparenz und zur Unterrichtung aller Betroffenen über einschlägige Vorschriften.

Artikel 15

In dieser Bestimmung sind die Modalitäten der Berichterstattung über die Umsetzung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes geregelt. Die Berichterstattungsmodalitäten sehen vor:

- einen Bericht im Anschluß an die Umsetzung der Richtlinie aber vor Ablauf der
Übergangsfrist, die für das Auslaufen des Gebrauchs geschlechtsspezifischer
versicherungsmathematischer Berechnungsmethoden im Versicherungssektor etc. vorgesehen
ist; und

Drucksache 15/3477 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

- einen zweiten Bericht nach dem Ende der Übergangsfrist for geschlechtsspezifische
versicherungsmathematische Berechnungsmethoden; und

- die anschließende Fortsetzung der Berichterstattung durch Berichte im Fünfjahresrhythmus.

Die praktischen Auswirkungen der Richtlinie werden demzufolge sorgfältig verfolgt und es
wird so ermöglicht, etwa notwendige Anpassungen des gesetzlichen Rahmens rechtzeitig
vorzuschlagen.

Artikel 16

In dieser Bestimmung sind die Modalitäten der Umsetzung der Richtlinie geregelt. Die
Kommission schlägt vor, dass den Mitgliedstaaten generell eine Frist von zwei Jahren für die
Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht eingeräumt werden sollte (siehe auch
weiter oben, Artikel4).

Im Einklang mit der neuerdings üblichen Praxis wird in diesem Artikel verlangt, dass die
Mitgliedstaaten den Wortlaut der zur Umsetzung der Richtlinie erlassenen Rechtsvorschriften
sowie eine Entsprechungstabelle zwischen den betreffenden Vorschriften und den
Richtlinienvorschriften vorlegen.

Artikel 17

In dieser Bestimmung ist festgelegt, wann die Richtlinie in Kraft tritt.

Artikel 18

In dieser Bestimmung wird präzisiert, dass die Adressaten der Richtlinie die Mitgliedstaaten
sind.

VII. ANWENDUNG AUF DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSRAUM

Der vorgeschlagene Rechtsakt ist für den Europäischen Wirtschaftsraum von Bedeutung.
Nach entsprechendem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses wird die Richtlinie
auch auf Drittstaaten Anwendung finden, die dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 29 – Drucksache 15/3477

2003/0265 (CNS)

Vorschlag für eine

RICHTLINIE DES RATES

zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern
beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf
Artikel13 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission19,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments20,

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen21,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses22,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union beruht die Union auf den
Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und
Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind den
Mitgliedstaaten gemeinsam. Ferner achtet die Union nach Artikel 6 die Grundrechte,
wie sie in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und
Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des
Gemeinschaftsrechts ergeben.

(2) Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung ist
ein allgemeines Menschenrecht. Dieses Recht wurde in der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte, im VN-Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen der
Diskriminierung von Frauen, im Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung
jeder Form von Rassendiskriminierung, im Internationalen Pakt der VN über
bürgerliche und politische Rechte, im Internationalen Pakt der VN über
wirtschaftliche, sozia le und kulturelle Rechte und in der Europäischen Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten anerkannt, die von allen
Mitgliedstaaten unterzeichnet wurden.

19 KOM(2001)yyy endgültig.
20 ABl.
21 ABl.
22 ABl.

Drucksache 15/3477 – 30 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(3) Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist ein grundlegendes Prinzip der
Europäischen Union. Artikel 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen
Union verbieten jegliche Diskriminierung wegen des Geschlechts und verlangen, dass
die Gleichheit von Männern und Frauen in allen Bereichen zu gewährleisten ist.

(4) Gemäß Artikel 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist die
Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen eine der Hauptaufgaben der
Gemeinschaft. Außerdem verlangt Artikel3 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft, dass die Gemeinschaft bei all ihren Tätigkeiten darauf
hinwirkt, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und
Frauen zu fördern.

(5) In ihrer Mitteilung zur sozialpolitischen Agenda23 hat die Kommission ihre Absicht
angekündigt, eine Richtlinie zur Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
vorzulegen, die über den Bereich des Arbeitsmarktes hinausgeht. Dieser Vorschlag
steht in vollem Einklang mit dem Beschluss 2001/51/EG des Rates vom
20. Dezember 2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft betreffend die
Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern
(2001-2005)24, die sämtliche Gemeinschaftspolitiken umfasst und darauf abzielt, die
Gleichstellung von Frauen und Männern durch eine Anpassung dieser Politiken und
durch konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Stellung von Frauen und Männern
in der Gesellschaft zu fördern.

(6) Auf seiner Tagung in Nizza im Dezember 2000 hat der Europäische Rat die
Kommission aufgefordert, die Gleichstellungsrechte zu stärken durch Verabschiedung
einer Richtlinie zur Förderung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in
anderen Bereichen als der Beschäftigung und dem Erwerbsleben.

(7) Die Gemeinschaft hat eine Reihe von Rechtsinstrumenten zur Verhütung und
Bekämpfung geschlechtsbedingter Diskriminierungen am Arbeitsmarkt verabschiedet.
Diese Instrumente haben den Nutzen von Rechtsvorschriften im Kampf gegen
Diskriminierung deutlich gemacht.

(8) Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts und Belästigungen gibt es auch in
Bereichen außerhalb des Arbeitsmarktes. Solche Diskriminierungen können dieselben
negativen Auswirkungen haben und ein Hindernis darstellen für eine vollständige,
erfolgreiche Eingliederung von Frauen und Männern in das wirtschaftliche und soziale
Leben.

(9) Besonders augenfällig sind die Probleme im Bereich Güter und Dienstleistungen.
Daher sollte dafür gesorgt werden, dass Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts
in diesem Bereich verhindert bzw. beseitigt werden. Wie im Falle der Richtlinie
2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen

23 KOM(2000)379 endgültig.
24 Entscheidung des Rates vom 20. Dezember 2000 über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft

betreffend die Gemeinschaftsstrategie für die Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005),
ABl. L 17 vom 19.1.2001.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31 – Drucksache 15/3477

Herkunft25 geschehen, kann dieses Ziel im Wege gemeinschaftlicher
Rechtsvorschriften erreicht werden.

(10) Derartige Rechtsvorschriften sollten die Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts
beim Zugang zu und der Versogung mit Waren und Dienstleistungen verhindern.
Unter Dienstleistungen in diesem Sinne sind nur solche Leistungen zu verstehen, die
üblicherweise gegen Entgelt erbracht werden.

(11) Durch das Diskriminierungsverbot dürfen andere Grundrechte und Freiheiten nicht
beeinträchtigt werden, einschließlich des Schutzes des Privat- und Familienlebens und
der in diesem Kontext stattfindenden Unternehmungen und einschließlich der
Medienfreiheit und des Medienpluralismus. Das Diskriminierungsverbot sollte daher
für den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen gelten, die der
Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Nicht gelten sollte es dagegen für Medien- und
Werbeinhalte.

(12) Der Gleichbehandlungsgrundsatz sollte nicht dem Umstand entgegenstehen, dass
Unterschiede gemacht werden im Zusammenhang mit Gütern und Dienstleistungen,
bei denen sich Männer und Frauen insofern nicht in einer vergleichbaren Situation
befinden, als diese Güter und Dienstleistungen ausschließlich oder in erster Linie für
die Angehörigen nur eines Geschlechts bestimmt sind, wie im Falle der Mitgliedschaft
in Privatklubs, oder im Zusammenhang mit Leistungen, die je nach Geschlecht der
Klienten auf unterschiedliche Weise erbracht werden.

(13) Die Anwendung geschlechtsspezifischer versicherungsmathematischer Faktoren ist im
Bereich der Versicherungsbranche weit verbreitet, dies sogar dann, wenn solche
Faktoren nicht notwendigerweise an objektive Unterschiede geknüpft sind.Zur
Gewährleistung der Gleichbehandlung von Männern und Frauen sollte diese Praxis
deshalb abgeschafft werden. Damit eine abrupte Anpassung des Marktes vermieden
wird, sollte das Verbot einer Anwendung solcher Faktoren nur für neue Verträge
gelten, die nach der Umsetzung dieser Richtlinie abgeschlossen werden; für die
Einführung dieses Verbots sollte ein ausreichend langer Zeitraum zur Verfügung
stehen. Die Richlinie sollte daher nicht anwendbar sein auf den Gebrauch solcher
versicherungsmathematischer Faktoren in Verträgen, die erstmals vor diesem Datum
abgeschlossen wurden.

(14) In Mitgliedstaaten, die diese Übergangszeit in Anspruch nehmen, sollte die
Anwendung geschlechtsabhängiger versicherungsmathematischer Faktoren bei der
Berechnung der Höhe von Prämien und Versicherungsleistungen oder anderen
Finanzdienstleistungen für die Verbraucher ausreichend transparent sein. Daher sollten
die Mitgliedstaaten zur Orientierung der Versicherungsunternehmen Tabellen mit
einschlägigen versicherungsmathematischen Daten erstellen, veröffentlichen und
regelmäßig aktualisieren.

(15) Opfer von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts sollten über einen
angemessenen Rechtsschutz verfügen. Um einen effektiveren Schutz zu gewährleisten,
sollte auch die Möglichkeit bestehen, dass sich Verbände, Organisationen oder andere
juristische Personen unbeschadet der nationalen Verfahrensregeln bezüglich der

25 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl. L 180
vom 19.7.2000, S. 22.

Drucksache 15/3477 – 32 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Vertretung und Verteidigung vor Gericht bei einem entsprechenden Beschluss der
Mitgliedstaaten im Namen eines Opfers oder zu seiner Unterstützung an einem
Verfahren beteiligen.

(16) Voraussetzung für eine effektive Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist
ein angemessener gerichtlicher Schutz vor Viktimisierung.

(17) Eine Änderung der Regeln für die Beweislastverteilung ist geboten, wenn ein
glaubhafter Anschein einer Diskriminierung besteht. Zur wirksamen Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes sollte eine Verlagerung der Beweislast auf die beklagte
Partei erfolgen, wenn eine solche Diskriminierung nachgewiesen ist.

(18) Die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen,
dass sämtliche dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufenden Rechts- und
Verwaltungsvorschriften für nichtig erklärt oder geändert werden.

(19) Die Mitgliedstaaten sollten in einen Dialog mit den Nichtregierungsorganisationen
eintreten mit dem Ziel, gegen die verschiedenen Formen geschlechtsspezifischer
Diskriminierung anzugehen und diese zu bekämpfen.

(20) Der Schutz vor Diskriminierung aufgrund des Geschlechts würde verstärkt, wenn es in
jedem Mitgliedstaat eine oder mehrere unabhängige Stellen gäbe, die für die Analyse
der mit Diskriminierungen verbundenen Probleme, die Prüfung möglicher Lösungen
und die Bereitstellung konkreter Hilfsangebote für die Opfer zuständig wäre. Bei
diesen Stellen kann es sich um dieselben Stellen handeln, die für den Bereich
Arbeitsmarkt benannt wurden auf der Grundlage der Richtlinie 2002/73/EG des
Europäischen Parlaments und der Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der
Richtlinie 76/207/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung
und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen26.

(21) In dieser Richtlinie werden Mindestanforderungen festgelegt. Den Mitgliedstaaten
steht es somit frei, günstigere Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Die
Umsetzung dieser Richtlinie darf nicht als Rechtfertigung für eine Absenkung des in
den Mitgliedstaaten bereits bestehenden Schutzniveaus benutzt werden.

(22) Die Mitgliedstaaten sollten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende
Sanktionen vorsehen, die bei einer Verletzung der aus dieser Richtlinie erwachsenden
Verpflichtungen zu verhängen sind.

(23) Das Ziel der Maßnahme, das darin besteht, ein einheitliches, hohes Niveau des
Schutzes vor Diskriminierungen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten, kann in
Anbetracht des Umfangs und der Wirkung der Maßnahme auf der Ebene der
Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden und lässt sich daher im
Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip nach Artikel5 EG-Vertrag besser auf
Gemeinschaftsebene erreichen durch Schaffung eines gemeinsamen rechtlichen
Rahmens. Im Einklang mit dem in demselben Artikel verankerten Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses
Ziels erforderliche Maß hinaus –

26 ABl. L 269 vom 5.10.2002. S. 15.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33 – Drucksache 15/3477

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I – ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Geltungsbereich

1. In dieser Richtlinie wird ein Rahmen festgelegt für die Bekämpfung
geschlechtsspezifischer Diskriminierungen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit
Gütern und Dienstleistungen, mit dem Ziel, den Grundsatz der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen in den Mitgliedstaaten zu verwirklichen.

2. Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese
Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen in Bezug auf den Zugang
zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung
stehen, einschließlich Wohnraum.

3. Diese Richtlinie steht nicht dem entgegen, dass Unterschiede gemacht werden im
Zusammenhang mit Gütern und Dienstleistungen, bei denen Männer und Frauen sich nicht in
einer vergleichbaren Situation befinden, weil die Güter und Dienstleistungen ausschließlich
oder in erster Linie für die Angehörigen nur eines Geschlecht bestimmt sind, oder im
Zusammenhang mit Leistungen, die je nach Geschlecht der Klienten auf unterschiedliche
Weise erbracht werden.

4. Diese Richtlinie gilt weder im Bereich der Bildung noch für den Inhalt von Medien
und Werbung. Sie gilt insbesondere nicht für den Bereich der Werbung und Telewerbung
entsprechend der Definition in Artikel 1 (b) von Richtlinie 89/552/EWG.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

1. Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgenden Definitionen:

(a) unmittelbare Diskriminierung: eine Person erfährt aufgrund ihres Geschlechts in
einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere
Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

(b) mittelbare Diskriminierung: dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien
oder Verfahren können Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise
gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen; ausgenommen sind
Fälle, in denen die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein
rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels
angemessen und erforderlich sind;

(c)Belästigung: unerwünschte geschlechtsbezogene Verhaltensweisen gegenüber
einer Person, die bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person

Drucksache 15/3477 – 34 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen,
Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird;

(d) sexuelle Belästigung: jede Form von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur,
das sich in verbaler, nichtverbaler oder physischer Form äußert und das bezweckt
oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von
Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder
Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

2. Eine Aufforderung zur unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts gilt als Diskriminierung im Sinne dieser Richtlinie.

Artikel 3

Gleichbehandlungsgrundsatz

1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Sinne dieser
Richtlinie beinhaltet,

(a) dass keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, auch keine
Schlechterstellung von Frauen aufgrund von Schwangerschaft oder Mutterschaft,
erfolgen darf;

(b) dass keine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere
unter Bezugnahme auf den Ehe- oder Familienstand, erfolgen darf.

2. Belästigung und sexuelle Belästigung im Sinne dieser Richtlinie sind als
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts anzusehen und sind daher verboten. Die
Zurückweisung oder Duldung solcher Verhaltensweisen durch die betreffende Person darf
nicht als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen werden, die diese Person berührt.

Artikel 4

Versicherungsmathematische Faktoren

1. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass spätestens mit Wirkung vom [in
Artikel 16 Absatz 1 genanntes Datum] die Anwendung des Faktors Geschlecht bei der
Berechnung von Prämien und Leistungen im Bereich des Versicherungswesens und
verwandter Finanzdienstleistungen in allen neu abgeschlossenen Verträgen verboten ist.

2. Die Mitgliedstaaten können die Umsetzung der Maßnahmen, die erforderlich sind, um
den Anforderungen des Absatzes 1 nachzukommen, bis spätestens [sechs Jahre nach dem in
Absatz 1 genannten Datum] hinausschieben.

In diesem Fall haben die betreffenden Mitgliedstaaten die Kommission unverzüglich zu
informieren und ausführliche Tabellen zu Mortalität und Lebenserwartung von Frauen und
Männern zu erstellen, zu veröffentlichen und regelmäßig zu aktualisieren.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35 – Drucksache 15/3477

Artikel 5

Positive Maßnahmen

Der Gleichbehandlungsgrundsatz hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, spezifische
Maßnahmen beizubehalten oder einzuführen, mit denen geschlechtsspezifische
Benachteiligungen verhindert oder ausgeglichen werden.

Artikel 6

Mindestanforderungen

1. Die Mitgliedstaaten können Vorschriften einführen oder beibehalten, die im Hinblick
auf die Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern günstiger
als die in dieser Richtlinie vorgesehenen Vorschriften sind.

2. Die Umsetzung dieser Richtlinie darf keinesfalls als Rechtfertigung für eine
Absenkung des von den Mitgliedstaaten bereits garantierten Schutzniveaus in Bezug auf
Diskriminierungen in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen benutzt werden.

KAPITEL II
RECHTSBEHELFE UND RECHTSDURCHSETZUNG

Artikel 7

Rechtsschutz

1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die
Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre
Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die
Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können,
selbst wenn das Verhältnis, während dessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll,
bereits beendet ist.

2. Die Mitgliedstaaten treffen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung die
erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der einer Person durch eine
Diskriminierung im Sinne dieser Richtlinie entstandene Schaden tatsächlich und wirksam
ausgeglichen oder ersetzt wird gemäß den von den Mitgliedstaaten festzulegenden
Modalitäten, wobei dies auf eine abschreckende und dem erlittenen Schaden angemessene Art
und Weise geschehen muss; dabei darf ein solcher Ausgleich oder eine solche Entschädigung
nicht durch eine im Voraus festgelegte Höchstgrenze limitiert werden.

3. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verbände, Organisationen oder andere
juristische Personen, die gemäß den in ihrem einzelstaatlichen Recht festgelegten Kriterien
ein rechtmäßiges Interesse daran haben, für die Einhaltung der Bestimmungen dieser
Richtlinie zu sorgen, sich im Namen der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung und
mit deren Einwilligung an den zur Durchsetzung der Ansprüche aus dieser Richtlinie
vorgesehenen Gerichts- und/oder Verwaltungsverfahren beteiligen können.

Drucksache 15/3477 – 36 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Die Absätze 1 und 3 lassen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die
Rechtsverfolgung in Fällen, in denen es um den Gleichbehandlungsgrundsatz geht, unberührt.

Artikel 8

Beweislast

1. Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit ihrem nationalen Gerichtswesen die
erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass immer dann, wenn Personen, die sich
durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert halten und bei
einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das
Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem
Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes
vorgelegen hat.

2. Absatz 1 lässt das Recht der Mitgliedstaaten, eine für den Kläger günstigere
Beweislastregelung vorzusehen, unberührt.

3. Absatz 1 gilt nicht für Strafverfahren.

4. Die Absätze 1, 2 und 3 gelten auch für Verfahren gemäß Artikel 7 Absatz 3.

Artikel 9

Viktimisierung

Die Mitgliedstaaten treffen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung die erforderlichen
Maßnahmen, um den Einzelnen vor Benachteiligungen zu schützen, die als Reaktion auf eine
Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes erfolgen.

Artikel 10

Dialog mit Nichtregierungsorganisationen

Die Mitgliedstaaten treten in einen Dialog mit den zuständigen Nichtregierungsorganisationen
ein, die gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ein
rechtsmäßiges Interesse daran haben, sich an der Bekämpfung von Diskriminierungen
aufgrund des Geschlechts zu beteiligen, um die Anwendung des
Gleichbehandlungsgrundsatzes zu fördern.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 37 – Drucksache 15/3477

KAPITEL III
MIT DER FÖRDERUNG DER GLEICHBEHANDLUNG

BEFASSTE STELLEN

Artikel 11

1. Jeder Mitgliedstaat bezeichnet eine oder mehrere Stellen, deren Aufgabe darin besteht,
die Verwirklichung der Gleichstellung aller Personen ohne Diskriminierung aufgrund des
Geschlechts zu fördern, zu analysieren, zu beobachten und zu unterstützen. Diese Stellen
können Teil einer Einrichtung sein, die auf nationaler Ebene für den Schutz der
Menschenrechte oder der Rechte des Einzelnen zuständig ist, oder einer Einrichtung, die für
die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen
hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg
sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen zuständig ist.

2. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es zu den Zuständigkeiten der in Absatz1
genannten Stellen gehört,

(a) unbeschadet der Rechte der Opfer und der Verbände, der Organisationen oder
anderer juristischer Personen nach Artikel7 Absatz 3 die Opfer von
Diskriminierungen auf unabhängige Weise dabei zu unterstützen, ihrer Beschwerde
wegen Diskriminierung nachzugehen;

(b) unabhängige Untersuchungen zum Thema Diskriminierung durchzuführen;

(c) unabhängige Berichte zu veröffentlichen und Empfehlungen zu allen Aspekten
vorzulegen, die mit diesen Diskriminierungen in Zusammenhang stehen.

KAPITEL IV
SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 12

Einhaltung

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß das
Prinzip der Gleichbehandlung in Bezug auf den Zugang zu und die Versorgung mit Waren
und Dienstleistungen im Rahmen des Anwendungsbereichs dieser Richlinie beachtet wird.
Insbesondere ist sicher zu stellen:

(a) dass sämtliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die dem
Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufen, aufgehoben werden;

(b) dass sämtliche mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden
Bestimmungen in Einzel- oder Kollektivverträgen, Betriebsordnungen, Statuten von
Vereinigungen mit oder ohne Erwerbszweck für nichtig erklärt werden oder erklärt werden
können oder geändert werden.

Drucksache 15/3477 – 38 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Artikel 13

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen fest, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen die
innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind und treffen
die zu ihrer Durchsetzung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam,
verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die
entsprechenden Bestimmungen spätestens an dem in Artikel 16 Absatz 1 genannten Tag mit
und melden ihr umgehend alle Änderungen dieser Bestimmungen.

Artikel 14

Transparenz

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die gemäß dieser Richtlinie getroffenen
Maßnahmen sowie die bereits geltenden einschlägigen Vorschriften allen Betroffenen in
geeigneter Form in ihrem gesamten Hoheitsgebiet bekannt gemacht werden.

Artikel 15

Berichte

1. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission spätestens am [fünf Jahre nach dem
Datum des Inkrafttretens] und in der Folge alle fünf Jahre sämtliche verfügbaren
Informationen über die Anwendung dieser Richtlinie.

Die Kommission erstellt einen zusammenfassenden Bereicht, den sie dem Europäischen
Parlament und dem Rat vorlegt. Gegebenenfalls fügt die Kommission diesem Bericht
Vorschläge zur Änderung der Richtlinie bei.

2. Die Kommission berücksichtigt in ihrem Bericht in angemessener Weise die
Standpunkte der Sozialpartner und der einschlägigen Nichtregierungsorganisationen.

Artikel 16

Umsetzung

1. Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften,
um dieser Richtlinie spätestens am [zwei Jahre nach Inkraft treten dieser Richtlinie]
nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser
Rechtsvorschriften mit und fügen eine Entsprechungstabelle dieser Rechtsvorschriften und
der vorliegenden Richtlinie bei.

Wenn die Mitgliedstaaten derartige Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften
selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie
Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 39 – Drucksache 15/3477

2. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission den Wortlaut der wichtigsten
innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet
erlassen.

Artikel 17

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in
Kraft.

Artikel 18

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Rates
Der Präsident

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