BT-Drucksache 15/3379

Ökologische, gesundheitspolitische, ökonomische und technische Aspekte der Debatte über Dieselrußpartikel

Vom 16. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3379
15. Wahlperiode 16. 06. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Michael Kauch,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel
Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Jürgen Türk, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Ökologische, gesundheitspolitische, ökonomische und technische Aspekte
der Debatte über Dieselrußpartikel

Für Dieselrußpartikel gilt zurzeit in der EU die Abgas-Richtlinie EURO III, die
einen Emissionswert von 0,05 g/km festschreibt. Ab 1. Januar 2005 gilt nach der
Richtlinie EURO IV ein Grenzwert von 0,025 g/km. Die Umweltministerkonfe-
renz (UMK) der Länder hat in der 61. UMK u. a. beschlossen, dass bis zum Jahr
2010 für PKW und leichte Nutzfahrzeuge ein verbindlicher Partikelgrenzwert
von 0,0025g/km angestrebt werden soll.
Im Hinblick auf die Auswirkungen von Dieselrußpartikeln auf die Gesundheit
spricht das Umweltbundesamt (UBA) davon, dass allein durch den Einbau von
Dieselrußpartikelfiltern jährlich 14 000 Todesfälle durch Krebs und Atem-
wegserkrankungen verhindert werden könnten („UBA-Verkehrsexperte Axel
Friedrich“ laut AP vom 8. Juni 2004). Der BUND redet sogar von jährlich rund
18 000 Menschen, die durch Dieselabgase vorzeitig sterben müssten (AFP vom
7. Juni 2004). Grundlage der Abschätzungen ist jeweils die so genannte Wich-
mann-Studie.
Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich am 7. Juni 2004 mit Vertretern des
Verbandes der Europäischen Automobilindustrie darauf geeinigt, dass die EU-
Kommission aufgefordert werden soll, bis Ende 2004 gemeinsammit der Indus-
trie eine Richtlinie zu schärferen Abgasgrenzwerten (EURO-V-Norm) vorzu-
schlagen. Auf deren Basis will sich die Bundesregierung ab 2005 für eine För-
derung von Kraftfahrzeugen einsetzen, die bereits die Grenzwerte der EURO-V-
Norm erfüllen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich die Zulassung von Diesel-Kfz in Deutschland zahlenmäßig in

den letzten Jahren entwickelt?
2. Wie hoch ist der Marktanteil deutscher Hersteller an den in Deutschland

zugelassenen Diesel-Kfz, wie hoch ist der entsprechende Marktanteil in
Europa?

Drucksache 15/3379 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. Wer hat am Treffen zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem
Verband der Europäischen Automobilindustrie am 7. Juni 2004 vonseiten
der Bundesministerien teilgenommen?

4. Was sind die konkreten Ergebnisse der Gespräche vom 7. Juni 2004?
5. Welche Rolle hat das Thema Dieselruß nach Kenntnis der Bundesregierung

bislang auf europäischer Ebene gespielt und wie ist der aktuelle Sach- und
Diskussionsstand auf europäischer Ebene?

6. Welches werden aus Sicht der Bundesregierung die nächsten Schritte auf
europäischer Ebene sein und wie wird sich die Bundesregierung hieran kon-
kret beteiligen?

7. Wird die Bundesregierung aufgrund der Ergebnisse des Gesprächs vom
7. Juni 2004 selbst initiativ werden, und wenn ja, welche Initiative will die
Bundesregierung konkret ergreifen?

8. Wann rechnet die Bundesregierung mit einer politischen Einigung im Rat
über die EURO-V-Grenzwerte?

9. Wann werden diese Grenzwerte dann nach Kenntnis der Bundesregierung
voraussichtlich in Kraft treten?

10. Hat die Bundesregierung die so genannteWichmann-Studie einer kritischen
Überprüfung unterzogen, und wenn nein, warum nicht?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die so genannte Wichmann-Studie, ins-
besondere teilt die Bundesregierung die erwähnte Auffassung des UBA?

12. Hält die Bundesregierung angesichts der innerhalb des Kabinetts geführten
Diskussion über die Notwendigkeit zur weiteren Verringerung von Diesel-
rußpartikelemissionen die bis zum 31. Dezember 2005 geltende Steuerbe-
freiung für bis zum 31. Dezember 2004 erstmals zugelassene Diesel-PKW,
die die EURO-IV-Norm einhalten, für sachgerecht, und wenn ja, wie be-
gründet sie ihre Auffassung?

13. Wie bewertet die Bundesregierung die so genannte Wichmann-Studie unter
Berücksichtigung der daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen auf die Mor-
talität infolge von Dieselabgasen, insbesondere wie bewertet sie die gegen-
über der Studie erhobenen Einwände,
a) dass aus pathogenetischer Sicht bei einem normalerweise in der Medizin

umfassenden und ganzheitlichen Verständnis von Krankheitsursachen
der im Gutachten gewählte Bewertungs- und Berechnungsansatz unzu-
treffend sei?

b) dass ein Großteil des Gutachtens lediglich aus der Zusammenstellung der
Daten bekannter Studien bestehe, wobei eine kritische Diskussion der
Studienergebnisse meist fehle, z. B. der in anderen Studien diskutierte
Einfluss von Schwefeldioxid unbewertet bliebe?

c) die im Gutachten genutzte Methodik nicht bei der Weltgesundheitsorga-
nisation WHO beschrieben sei und fraglich sei, inwieweit ein erstmalig
genutzter Ansatz bereits als wissenschaftlich validiert betrachtet werden
könne?

14. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass in den letzten Jahren
Dieselrußpartikel verstärkt in solchen Größen emittiert werden, die lungen-
gängig sind, und wenn ja, worauf ist diese Entwicklung zurückzuführen?

15. Welche Techniken zur Reduzierung der Dieselrußpartikelemissionen sind
der Bundesregierung bekannt und wie bewertet sie diese jeweils?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3379

16. Welche Auswirkungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Nutzung
von Dieselrußfiltern auf den Kraftstoffverbrauch und insbesondere auf an-
dere Schadstoffemissionen, wie Kohlenwasserstoffe, Stickoxide, Kohlen-
monoxid und Schwefeldioxid, und welche Schlussfolgerungen zieht die
Bundesregierung hieraus?

17. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Nachfrage nach mit
Dieselrußfiltern ausgerüsteten PKW bzw. nachrüstbaren Dieselrußfiltern in
den letzten Jahren entwickelt?

18. Wie hoch sind bzw. wären nach Einschätzung der Bundesregierung die Kos-
ten je PKW für die Ausrüstung mit Dieselrußfiltern bzw. deren Nachrüs-
tung?

19. Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Staat nicht
eine bestimmte Technik fördern, sondern ein klares und konkretes ökolo-
gisches Ziel vorgeben sollte, dessen Erreichung er unabhängig von der ein-
gesetzten Technologie honoriert (z. B. steuerlich)?

20. Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Äußerung
eines Sprechers des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit, Jürgen Trittin, laut „AFP“ vom 7. Juni 2004: „Die steuerliche
Förderung solle jedoch helfen, die Verbreitung der Technologie zu för-
dern“?

Berlin, den 15. Juni 2004
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Michael Kauch
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Jürgen Koppelin
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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