BT-Drucksache 15/3256

Überprüfung der personengebundenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen

Vom 27. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3256
15. Wahlperiode 27. 05. 2004

Große Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, Rainer Funke, Jörg van Essen,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Helga Daub,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Christel Happach-Kasan,
Klaus Haupt, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Markus Löning, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Cornelia Pieper,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Überprüfung der personengebundenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen

Ende 2003 jährte sich das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts
zum zwanzigsten Mal. Mit diesem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht den
Grundstein für das Datenschutzrecht in Deutschland gelegt und den Daten-
schutz von seiner Einstufung als technische Spezialmaterie ohne gesellschaft-
liche Bedeutung zum informationsspezifischen Grundrecht gewandelt. Grund-
legend war unter anderem die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, dass
dem Recht des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung Verfassungsrang
zukomme. Jedem Bürger sollte damit grundsätzlich das Recht gewährleistet
werden, über die Preisgabe und die Verwendung seiner persönlichen Daten
selbst entscheiden zu können. Diese Grundsätze des Bundesverfassungsge-
richts haben Eingang in eine Fülle von gesetzlichen Regelungen, insbesondere
datenschutzrechtlichen Spezialregelungen gefunden.
Da diese so genannten bereichsspezifischen Regelungen schon für Datenschüt-
zer häufig ein undurchschaubares Regelwerk darstellen, ist es in besonderem
Maße für die Bürger schwierig, ihre datenschutzrechtlichen Rechte und Pflich-
ten wahrzunehmen. Bereiche solcher datenschutzrechtlichen Regelungen fin-
den sich u. a. in den Gebieten der polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermitt-
lungstätigkeit durch DNA-Tests und deren Speicherung, Rasterfahndung sowie
Videoüberwachung, in der Erfassung von gesundheitsbezogenen Daten von Pa-
tienten durch Ärzte und Krankenkassen, in der Erfassung von Kundendaten in
der Wirtschaft, im Internet, in der Erfassung von persönlichen Daten durch
staatliche Behörden und deren Austausch untereinander sowie im Bereich der
internationalen Zusammenarbeit. Auch Ermächtigungsnormen für die Daten-
verarbeitung durch Wirtschaft und Verwaltung sind mit dem Datenschutz eng
verknüpft.
Im Hinblick auf die Ausweitung von datenschutzrechtlich relevanten Sachver-
halten und die immer weitergehende Erfassung und Speicherung von Daten
infolge des technischen Fortschritts ist die Frage des Datenschutzes auf den
Prüfstand zu stellen.

Drucksache 15/3256 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Im Zeitalter der Informationsgesellschaft ist der Themenkomplex des Daten-
schutzes gerade auch in den letzten Wochen im Hinblick auf die datenschutz-
rechtlich bedeutsamen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum so
genannten Großen Lauschangriff sowie des Bundesverwaltungsgerichts zum
Speichern von Daten bei Prepaid-Karten für Handys wieder aktuell.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Grundsätzliches
1. Liegen der Bundesregierung Erhebungen vor, aus denen sich Art und Um-

fang von Datenerfassung und -organisation in der Wirtschaft und in der öf-
fentlichen Verwaltung ergeben?

2. Sieht die Bundesregierung eine grundsätzliche Gefahr für den Datenschutz
darin, dass mit zunehmend verfügbarer Speicherkapazität vermehrt nützli-
che und nicht nur notwendige Daten gespeichert werden, und wenn ja, wie
begegnet die Bundesregierung solchen Gefahren, insbesondere der Gefahr
einer Aushöhlung des datenschutzrechtlichen Grundsatzes der Datenver-
meidung?

3. Welche Bedeutung schreibt die Bundesregierung den Datenschutzaudits
für den Wettbewerb und die Förderung des Datenschutzes im privaten Be-
reich zu?

4. Wann beabsichtigt die Bundesregierung einen Gesetzentwurf über die nä-
heren Anforderungen an Prüfung, Bewertung und weitere Voraussetzungen
für die Vergabe von Datenschutzaudits i. S. d. § 9a Bundesdatenschutzge-
setzt (BDSG) einzubringen?

5. Wie begründet die Bundesregierung ihr diesbezügliches Untätigbleiben
seit Einführung des § 9a BDSG vor nunmehr fast drei Jahren?

6. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung hinsichtlich Erfahrungen
mit Audits in anderen Bereichen, z. B. beim Umweltschutz, und den dorti-
gen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation vor, und sind diese Er-
kenntnisse auf Datenschutzaudits übertragbar?

7. Steht die Bundesregierung weiterhin zu ihren Plänen, ein Informations-
freiheitsgesetz vorzulegen, wie es in den Koalitionsvereinbarungen vom
20. Oktober 1998 und vom 16. Oktober 2002 festgelegt wurde, wenn ja,
wann wird die Bundesregierung ein solches Gesetz in den Deutschen Bun-
destag einbringen, bzw. wenn nein, was hat sie veranlasst, ihr Vorhaben
aufzugeben?

II. Bankgeheimnis
8. Beabsichtigt die Bundesregierung auf das Urteil des Bundesverfassungsge-

richts vom 9. März 2004 (Az: 2 BvL 17/02) mit einer Änderung des § 30a
Abgabenordnung (AO) zu reagieren?

9. Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die Bedeutung
des Bankgeheimnisses sowie das datenschutzrechtliche Prinzip, dass Daten
grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben sind?

10. Welche konkreten Kontoinformationen der Bürger sollen mit dem Gesetz
zur Förderung der Steuerehrlichkeit beim Bundesamt für Finanzen zentral
gespeichert werden, und auf welche dieser Kontoinformationen sollen die
Finanzbehörden Zugriff erhalten?

11. Welchen weiteren Behörden soll der Zugriff auf diese Daten ermöglicht
werden, und welche Möglichkeiten der Datenzusammenführung und/oder
-verknüpfung ergeben sich daraus?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3256

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheit der Daten vor Miss-
brauch, wenn mit den durch das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlich-
keit in Kraft tretenden Regelungen der Datenaustausch zwischen einzelnen
Behörden zunimmt?

13. Hält die Bundesregierung an ihren Plänen fest, im Zuge der Einführung ei-
ner Ist-Versteuerung ein so genanntes Cross-Check-Verfahren für die Um-
satzsteuer vorzugeben, mit dem die Verpflichtung einhergehen soll, jeden
einzelnen steuerrelevanten Umsatz den Finanzbehörden anzuzeigen und zu
speichern?

III. Datenschutzrechte von Kindern
14. Sieht die Bundesregierung einen Unterschied zwischen dem Recht auf in-

formationelle Selbstbestimmung von Kindern in Abgrenzung zu dem von
Erwachsenen, und wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diesen Un-
terschied in qualitativer Hinsicht?

15. Was unternimmt die Bundesregierung, um die Durchsetzung der Daten-
schutzrechte gerade von Kindern zu fördern?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung das Spannungsverhältnis zwischen dem
Recht der Kinder, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung
ihrer Daten zu entscheiden, und dem Erziehungsrecht der Eltern?

17. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheit der Daten von Kindern,
die bei der Benutzung des Internets zur Angabe von Daten durch Lockan-
gebote verleitet werden?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung aus datenschutzrechtlicher Sicht Ange-
bote GPS-basierter Handydienste wie „Track your kid“, die es ermögli-
chen, den Aufenthaltsort eines Handynutzers, insbesondere von Kindern,
festzustellen, und wessen Recht ist im Sinne des in Frage 16 skizzierten
Spannungsverhältnisses stärker zu gewichten, das der Kinder oder das der
Eltern?

19. Sieht die Bundesregierung die informationelle Selbstbestimmung von Kin-
dern und Jugendlichen durch derart lokalisierbare Handys gefährdet, wenn
ja, welche Möglichkeiten des Schutzes der informationellen Selbstbestim-
mung Minderjähriger sieht sie, bzw. wenn nein, warum nicht?

20. Wie begründet die Bundesregierung die Vergabe einer Identifikationsnum-
mer für Neugeborene nach § 139a AO unabhängig von einer etwaigen
Steuerpflicht, und welche datenschutzrechtlichen Probleme wirft dieses
Vorgehen auf?

21. Plant die Bundesregierung vor Erlass der zur Umsetzung dieses Vorhabens
noch erforderlichen Verordnung die Datenschutzbeauftragen des Bundes
und der Länder zu den datenschutzrelevanten Aspekten anzuhören?

22. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung hinsichtlich der tatsächli-
chen Praxis bei der Einholung des elterlichen Einverständnisses für ein
Neugeborenen-Screening in den jeweiligen Krankenhäusern und Kliniken,
und hält die Bundesregierung dieses Vorgehen für ausreichend gemäß § 4a
BDSG?

23. Wie weit sind die Arbeiten an einem Gesetzentwurf der Bundesregierung
über genetische Untersuchungen bei Menschen vorangeschritten, und wel-
che konkreten Regelungen in Bezug auf ein Neugeborenen-Screening und
eine Gen-Datei soll dieses Gesetz enthalten?

Drucksache 15/3256 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

IV. Biometrische Daten
24. Welche Verfahren zur Verwendung biometrischer Daten zur Identifizie-

rung von Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung nach derzeiti-
gem Stand der Technik für den Einsatz in der Praxis verfügbar?

25. Welche Verfahren favorisiert die Bundesregierung für Reisepässe und an-
dere Ausweisdokumente, und aus welchen Gründen?

26. Auf welche Verfahren haben sich die EU-Justiz- und -Innenminister
geeinigt, und aufgrund welcher Überlegungen?

27. Plant die Bundesregierung die Aufnahme zusätzlicher biometrischer Merk-
male außer solchen, auf die sich die EU verständigen wird, und falls ja,
welche zusätzlichen Merkmale will die Bundesregierung warum aufneh-
men, und wird sie diese mit anderen Staaten, z. B. den USA, abstimmen
bzw. sich von deren Vorstellungen leiten lassen?

28. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aus den laufenden Pilotpro-
jekten zur Verwendung biometrischer Daten zur Identifizierung von Perso-
nen, z. B. Automatisierte Biometriegestützte Grenzkontrolle (ABG) oder
BIOPII am Frankfurter Flughafen, bereits heute gewonnen, und wann ist
mit einem Abschlussbericht zu rechnen?

29. In welchem Umfang und zu welchen Zwecken werden biometrische Daten
zur Identifizierung von Personen bereits neben dem Projekt am Frankfurter
Flughafen von Behörden genutzt?

30. Welche Verfahren sind aus Sicht der Bundesregierung am besten mit den
Grundsätzen des deutschen und europäischen Datenschutzrechts zu verein-
baren, und warum?

V. Gesundheitssystem
31. Trifft es zu, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz den ihm zur

datenschutzrechtlichen Prüfung des Gesetzes zur Modernisierung der
gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) zur Verfügung stehenden sehr
knapp bemessenen Zeitrahmen kritisiert hat, und wenn ja, was war Inhalt
seiner Kritik?

32. Trifft es ferner zu, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz die Re-
gelungen des Gesetzes dahingehend beurteilt hat, dass ein Paradigmen-
wechsel stattfinde, der sehr tief in das Selbstbestimmungsrecht der Versi-
cherten eingreife, und wenn ja, wie hat er seine diesbezügliche Auffassung
begründet, und was ist die Auffassung der Bundesregierung hierzu?

33. Welche detaillierte datenschutzrechtliche Prüfung der Konsequenzen aus
der Einführung des GMG hat die Bundesregierung mit welchem Ergebnis
durchgeführt?

34. Welche Möglichkeiten werden für den Patienten bei der geplanten elektro-
nischen Patientenkarte bestehen, Art und Umfang der gespeicherten Daten
zu beeinflussen und Informationen hierüber zu erhalten?

35. In welcher Art und Weise soll der Patient sein Recht wahrnehmen, einem
gemäß § 291a Abs. 5 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)
grundsätzlich zugriffsberechtigten Arzt, Zahnarzt oder Apotheker den Ein-
blick in Teile der medizinischen Dokumentationsdaten zu verwehren, die
insgesamt gespeichert sind?

36. Wie kann sichergestellt werden, dass es nicht zu einer zentral gespeicher-
ten Datensammlung über Patienten kommt, insbesondere im Rahmen der
Vereinbarung der Partner der Selbstverwaltung gemäß § 291a Abs. 7 SGB V

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/3256

über die erforderliche Informations-, Kommunikations- und Sicherheits-
infrastruktur?

37. Wie bewertet die Bundesregierung allgemein die Gefahr, dass gesetzlich
Krankenversicherte trotz der Bestimmungen des § 291a Abs. 6 und 8
SGB V sozialem, medizinischem oder sonstigem Druck ausgesetzt werden,
Daten ihrer elektronischen Gesundheitskarten zu offenbaren?

38. Durch welche technischen und organisatorischen Maßnahmen soll über die
gesetzlichen Bestimmungen des § 291a Abs. 6 und 8 SGB V hinaus nach
den Vorstellungen der Bundesregierung sichergestellt werden, dass Versi-
cherte in ihrer Eigenschaft als Arbeit- oder Versicherungsnehmer nicht
dem Druck ausgesetzt werden, medizinische Daten ihrer Gesundheitskarte
Dritten gegenüber zugänglich zu machen?

39. Hält die Bundesregierung den technischen Schutz der Gesundheitskarte für
ausreichend, um einen missbräuchlichen Zugriff Dritter auf die Daten aus-
schließen zu können, und wie begründet sie ihre diesbezügliche Auffas-
sung?

40. Soll für Ärzte die Möglichkeit bestehen, die auf den geplanten Patienten-
karten gespeicherten Daten z. B. anderer Ärzte in die eigene Patientener-
fassung einzufügen, zu speichern und zu verwenden, und wenn ja, welche
Speicherfristen sollen in diesem Fall gelten?

41. Entspricht die Zuordnung aller in der gesetzlichen Krankenversicherung
Versicherten zu Risikoklassen gemäß § 85a, b SGB V einer zu erwartenden
Behandlungsnotwendigkeit und -intensität der Patienten, und ermöglicht
sie somit zukünftig Aussagen über die zu erwartenden Behandlungskosten
jedes Versicherten?

42. Hält die Bundesregierung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für ge-
wahrt, wenn solche sehr sensiblen privaten Daten von allen gesetzlich
Krankenversicherten mit der Zielsetzung gesammelt und verarbeitet wer-
den dürfen, ein neues Abrechnungsverfahren für ärztliche Leistungen im
ambulanten Bereich einzuführen?

43. Welche Voraussetzungen müssen nach Auffassung der Bundesregierung an
eine Schweigepflichtentbindung zur Übermittlung von Patientendaten an
Krankenversicherer gestellt werden?

44. Wie bewertet die Bundesregierung die derzeit gängige Praxis der pauscha-
len vorab erteilten Schweigepflichtentbindung?

VI. Wirtschaft
45. Hat die Bundesregierung Informationen darüber, in welchem Umfang per-

sonenbezogene Daten bei Kundenbindungsprogrammen wie dem Rabatt-
verfahren der Kundenkarte, die Auskunft über das Konsumverhalten und
die Interessen der Verbraucher geben, erfasst werden?

46. Wie beurteilt die Bundesregierung unter datenschutzrechtlichen Gesichts-
punkten die Praxis zahlreicher Unternehmen, die durch den Einsatz von
Kundendaten gewonnenen Konsumdaten zum Zweck der Kundenprofilbil-
dung über viele Jahre hinweg zu sammeln und auszuwerten?

47. Wie beurteilt die Bundesregierung ferner unter datenschutzrechtlichen
Gesichtspunkten unternehmensübergreifende Rabattsysteme wie z. B. Pay-
back, bezüglich derer Unternehmen aus allen Bereichen des Alltagslebens
Daten erfassen, bündeln und eventuell auch untereinander austauschen, um
so ein noch umfassenderes Profil ihrer Kunden zu erhalten?

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48. Wie beurteilt die Bundesregierung aus datenschutzrechtlichen Gesichts-
punkten die Praxis der Unternehmen, von ihren Kunden durch die Verwen-
dung von allgemeinen Geschäftsbedingungen die Einwilligung zur Nut-
zung und Erfassung von Kundendaten zu erhalten?

49. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass eine Einwilligung
des Kunden zur weiteren Bearbeitung seiner persönlichen Daten zu Marke-
tingzwecken auch den Verkauf dieser Daten und eine Verwendung im Aus-
land einschließen kann?

50. Inwiefern sieht die Bundesregierung in diesem Bereich Handlungsbedarf,
eventuell auch auf europäischer Ebene?

51. Sieht die Bundesregierung in der umfangreichen Sammlung von Kunden-
daten durch die Privatwirtschaft ein Risikopotenzial aus datenschutzrecht-
licher Sicht, wenn ja, welches bzw. wenn nein, warum nicht?

52. Ist die Bundesregierung bereit, die Wirtschaft zu unterstützen bzw. zu för-
dern, wenn sich diese freiwillig einem Datenschutzaudit unterzieht bzw.
ein Datenschutzsiegel als Qualitätsmerkmal einführt?

53. Wie hat sich die BA organisatorisch, insbesondere im Hinblick auf die Da-
tenverarbeitung, auf die Übernahme bzw. den Abgleich persönlicher Daten
von Sozialhilfeempfängern vorbereitet, und wie soll die Sicherheit dieser
Daten gewährleistet werden?

54. Wann beabsichtigt die Bundesregierung die Einbringung eines Arbeitneh-
merdatenschutzgesetzes, welches für die Mitte der 15. Wahlperiode ange-
kündigt worden war?

VII. Mobilfunk
55. Sind der Bundesregierung Maßnahmen bekannt, die von einer staatlichen

Behörde ergriffen werden, um den Nutzer eines Mobiltelefons zu lokalisie-
ren, und wenn ja, welche Behörden oder Ämter nutzen diese Möglichkei-
ten, und wie werden die Erkenntnisse aus einer solchen Maßnahme ver-
wertet?

56. Welche technischen Möglichkeiten bestehen hinsichtlich der Lokalisierung
des Nutzers eines Mobiltelefons sowohl bei eingeschaltetem als auch bei
ausgeschaltetem Mobiltelefon?

57. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die derzeitigen Rechtsgrundla-
gen zur Ortung von Nutzern von Mobiltelefonen ausreichend sind, wenn
ja, warum, bzw. wenn nein, wann wird die Bundesregierung die erforderli-
chen gesetzlichen Änderungen vornehmen?

58. Wie beurteilt die Bundesregierung Systeme wie beispielsweise „Phonetra-
cker“, einen Mobilfunkerweiterungsdienst, durch den sich so genannte
räumliche „Schutzzonen“ definieren lassen, bei deren Verlassen Alarm
ausgelöst wird, so dass beispielsweise Eltern über die Bewegungen ihres
Kindes informiert werden?

59. Wie beurteilt die Bundesregierung die Abhörfunktion von „Phonetracker“,
bei der das Handy ein Gespräch annimmt, aber das Klingeln unterdrückt
wird und so dem Anrufer das unbemerkte Mithören von Gesprächen in der
Umgebung des Angerufenen ermöglicht wird?

60. Sieht die Bundesregierung in dieser Möglichkeit zum unbemerkten Mithö-
ren von Gesprächen via Handy, bei denen nicht nur der Angerufene, son-
dern gegebenenfalls auch dessen Gesprächspartner abgehört werden, einen
Verstoß gegen die Vertraulichkeit des Wortes?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3256

61. Hält die Bundesregierung datenschutzrechtliche Bestimmungen bei den
„Location Based Services“ für in ausreichendem Maße berücksichtigt,
wenn ja, warum, bzw. nein, warum nicht?

62. Welchen Nutzen sieht die Bundesregierung in der in der Telekommunikati-
onsgesetz-Novelle formulierten Verpflichtung zur Erhebung persönlicher
Daten von Prepaid-Karten-Kunden?

63. Wie begegnet die Bundesregierung dem Argument, durch die Pflicht zur
Erhebung persönlicher Daten im Prepaid-Verfahren könne lediglich der
Ersterwerber einer solchen Karte identifiziert werden und der schwung-
hafte Handel mit solchen Karten würde den Sicherheitsaspekt dieser Maß-
nahme zunichte machen?

64. Plant die Bundesregierung als Konsequenz hieraus, den Verkauf und die
anderweitige Weitergabe von Prepaid-Karten zu verbieten?

VIII. Internet
65. Plant die Bundesregierung gesetzliche Änderungen im Bereich des Daten-

schutzes im Internet, wenn ja, welche, und wie werden diese begründet?
66. Wie bewertet die Bundesregierung die Sicherheit der von Bürgern in Be-

hördencomputern mit Internetzugang gespeicherten Daten, insbesondere
unter dem Aspekt der zuletzt vielfältig in Erscheinung getretenen Würmer
und anderweitiger Angriffe auf Behördennetzwerke?

67. Welche besonderen Anforderungen an den Datenschutz ergeben sich im
Zusammenhang mit den E-Government-Projekten?

68. Welche datenschutzrechtlichen Probleme ergeben sich aus der in § 21
Abs. 1a S. 1 Melderechtsrahmengesetz vorgesehenen Möglichkeit, ein-
fache Melderegisterauskünfte via Internet zu erhalten?

IX. Navigationssysteme
69. Ist der Bundesregierung bekannt, ob von staatlichen Stellen ein Zugriff auf

Informationen, die von Navigationssystemen gesendet werden, erfolgt?
70. Sind der Bundesregierung technische Methoden bekannt, mit denen auf

Informationen oder Daten von Navigationssystemen zugegriffen werden
kann?

71. Ist der Bundesregierung bekannt, ob staatliche oder private Stellen nach-
vollziehen können, wo sich der Nutzer eines Navigationssystems befindet,
wenn ja, ist der Bundesregierung ferner bekannt, welche Stellen von dieser
Möglichkeit Gebrauch machen, wie mit den erfassten Daten weiter verfah-
ren wird und auf welcher Ermächtigung diese Eingriffe basieren?

72. Falls Daten von Navigationssystemen erfasst werden, ist der Bundesregie-
rung bekannt, ob und von wem diese gespeichert werden, und ob diese Da-
ten nach einer zu bestimmenden Zeit gelöscht werden?

X. Strafverfolgung
73. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Urteils des Bundes-

verfassungsgerichts zum so genannten Großen Lauschangriff unter daten-
schutzrechtlichen Gesichtspunkten Änderungsbedarf, und falls ja, wel-
chen?

74. Wie ist der Stand der Evaluation der Vorschriften der Strafprozessordnung
zur Telekommunikationsüberwachung, und wann wird diese Evaluation
abgeschlossen sein?

Drucksache 15/3256 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

75. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr, dass bei so genannten Joker-
Abfragen, z. B. durch Namensgleichheit oder unvollständige oder falsche
Suchabfragen, Unverdächtige ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten?

76. Auf welche Daten, insbesondere auf welche staatlichen Datensammlungen
und Register, sollen andere europäische Staaten bei der vom Bundesminis-
ter des Innern, Otto Schily, geforderten europaweiten Rasterfahndung (vgl.
BILD vom 27. März 2004) Zugriff erhalten?

77. Wie soll gewährleistet werden, dass deutsche Bürgerinnen und Bürger über
die über sie gespeicherten und weitergegebenen Daten informiert werden?

78. Nach welchen Kriterien sollen Daten im Rahmen der Rasterfahndung
abgefragt werden, um potenzielle islamistische Terroristen zu finden, ins-
besondere vor dem Hintergrund, dass so genannte Schläfer sich gerade
unauffällig verhalten und sich nach außen in die deutsche Gesellschaft
eingliedern?

XI. Videoüberwachung
79. In welchem Umfang – auch im Vergleich zu den Vorjahren – werden öf-

fentliche Plätze, Straßen und Wege durch Polizei- und Ordnungsbehörden
Video überwacht?

80. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob die Sicherheit
Video überwachter Plätze tatsächlich gestiegen ist, und wie lässt sich dies
belegen?

81. Hat die Videoüberwachung öffentlicher Plätze, Straßen und Wege zu einer
besseren Aufklärung von Straftaten geführt, und woran lässt sich dies able-
sen?

82. Welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung hinsichtlich der
Videoüberwachung öffentlicher Plätze, Straßen und Wege?

83. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über technische Möglichkeiten und
deren Anwendung durch Polizei- und Ordnungsbehörden, aus Standbil-
dern der Videoüberwachung mittels biometrischer Verfahren (Gesichts-
scan) konkrete Personen zu ermitteln, sieht sie insoweit gesetzgeberischen
Handlungsbedarf, und wenn ja, welchen?

84. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass der Missbrauch von Aufzeich-
nungsmöglichkeiten als eigener Straftatbestand in das Strafgesetzbuch auf-
genommen werden sollte, und wenn ja, wie begründet sie ihre diesbezügli-
che Auffassung?

XII. Kfz-Kennzeichen-Scanning
85. Welche Einsatzmöglichkeiten des Kfz-Kennzeichen-Scannings sieht die

Bundesregierung, und welche Erfahrungen wurden hiermit in der Bundes-
republik Deutschland bisher gemacht?

86. Soll das Kfz-Kennzeichen-Scanning nach Ansicht der Bundesregierung
auf das Scannen von Kfz-Kennzeichen beschränkt werden bzw. beschränkt
bleiben, oder soll auch der Fahrzeugführer erfasst werden, sollen die Daten
gespeichert werden, und wenn ja, wie lange?

87. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Strafprozessordnung eine ge-
eignete Rechtsgrundlage bietet für das Scannen von Kraftfahrzeugen, um
gestohlene Autos und gesuchte Personen ausfindig zu machen?

88. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass für die rechtliche Beurteilung im
Hinblick auf eine geeignete Rechtsgrundlage ein Unterschied besteht, ob
sich das Scanning nur auf das reine Beobachten beschränkt, oder ob die
Kennzeichen anschließend gespeichert werden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/3256

89. Wie will die Bundesregierung der Gefahr begegnen, dass bei einer Aus-
weitung der Kfz-Kennzeichen-Scannings im Rahmen von Kriminalitäts-
bekämpfung, Verkehrsüberwachung und Mautsystemen oder anderer An-
wendungsbereiche Bewegungsprofile erstellt und gespeichert werden?

90. Unterstützt die Bundesregierung Forderungen nach Einführung einer
City-Maut nach Londoner Vorbild, wie z. B. vom Abgeordneten Albert
Schmidt erhoben (vgl. BILD am Sonntag vom 29. Februar 2004), und
wenn ja, welche datenschutzrechtlichen Belange werden nach Auffas-
sung der Bundesregierung davon betroffen sein?

XIII. Innerbehördlicher Datenabgleich
91. Plant die Bundesregierung Behörden stärker zu vernetzen und so in stär-

kerem Maße als heute verschiedenen Stellen Zugriff auf die bei einer
Stelle gespeicherten Daten von Bürgern zu ermöglichen, und wenn ja,
welche Behörden und Daten sind davon betroffen?

92. Sieht die Bundesregierung darin eine Gefahr für den Datenschutz, und
wenn ja, wie will sie dieser begegnen?

93. Wie will die Bundesregierung die Zusammenlegung von Arbeitslosen-
und Sozialhilfe und den damit einhergehenden Datenabgleich zwischen
Kommunen und Bundesagentur für Arbeit datenschutzrechtlich absi-
chern?

XIV. Internationale Zusammenarbeit
94. Welche datenschutzrechtlichen Probleme sieht die Bundesregierung im

Zusammenhang mit der internationalen Terrorismusbekämpfung, insbe-
sondere bei der Datenübermittlung an andere Staaten?

95. An welche Staaten werden Daten deutscher Bürgerinnen und Bürger im
Rahmen der internationalen Terrorismusbekämpfung weitergegeben?

96. In welchem Umfang werden Daten sowohl hinsichtlich der Anzahl der
betroffenen Personen als auch hinsichtlich der Art, Form und Menge der
Daten übermittelt?

97. Wie kontrolliert die Bundesregierung die Weiterverwendung und Spei-
cherung der an andere Staaten übermittelten personenbezogenen Daten?

98. Liegen in jedem Fall Zusagen der ausländischen Staaten vor, deutsche
und europäische Datenschutzgrundsätze bei der Verwendung und Spei-
cherung von Daten deutscher Staatsangehöriger zu beachten, und welche
Möglichkeiten haben deutsche Staatsangehörige im Falle der Nichtbe-
achtung dieser Grundsätze?

99. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen bzw. wird sie er-
greifen, um die Daten deutscher Bürgerinnen und Bürger nach den
Grundsätzen der informationellen Selbstbestimmung in der internationa-
len Zusammenarbeit zu schützen?

100. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass deutsche Bürgerinnen
und Bürger den Überblick über ihre an andere Staaten weitergegebenen
und dort gespeicherten Daten behalten?

101. Von wem und nach welchem Zeitraum werden betroffene Bürgerinnen
und Bürger über die Weitergabe ihrer Daten informiert?

Berlin, den 26.Mai 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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