BT-Drucksache 15/3242

Verwaltungsaufwand für die Administration von Wehrpflichtigen, Wehr-, Zivildienst- und Ersatzdienstleistenden

Vom 26. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3242
15. Wahlperiode 26. 05. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Günther Friedrich Nolting, Helga Daub,
Daniel Bahr (Münster), Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Christel
Happach-Kasan, Klaus Haupt, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Cornelia Pieper, Gisela
Piltz, Dr. HermannOtto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Verwaltungsaufwand für die Administration von Wehrpflichtigen, Wehr-,
Zivildienst- und Ersatzdienstleistenden

In jedem Jahr werden alle männlichen deutschen Staatsbürger wehrpflichtig,
die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben. Dies sind zurzeit pro Jahr etwa
400 000.
Zur Ableistung des Wehrdienstes herangezogen werden können 18- bis 22-Jäh-
rige, d. h. beispielsweise, dass im Jahr 2004 Männer aus den Jahrgängen 1982
bis 1986 zur Bundeswehr einberufen werden oder aber Wehrersatzdienst leisten
könnten.
Seit einigen Jahren werden aus den zur Verfügung stehenden Jahrgängen kaum
mehr als ein Drittel der Wehrpflichtigen zur Bundeswehr einberufen. Zusätz-
lich steigt die Anzahl derjenigen, die trotz Tauglichkeit keinerlei Dienst – we-
der Wehrdienst, Zivildienst oder Ersatzdienst – ableisten. Diese gravierende
Gerechtigkeitslücke wird auch durch zahlreiche Gerichtsurteile bestätigt.
Die Bundeswehrverwaltung, mit derzeit noch mehr als 100 000 Mitarbeitern
sowie Teile der militärischen Strukturen, beschäftigt sich in erheblichem Um-
fang mit der Administration und Durchführung der Allgemeinen Wehrpflicht.
Ebenfalls erhebliche Teile von Truppe und Verwaltung sind gebunden, um ein
Wehrersatzwesen und eine Reservistenorganisation aufrechtzuerhalten, die aus
einer Zeit stammt, in der es als sicherheitspolitisch notwendig galt, der Bundes-
wehr eine Aufwuchsfähigkeit von ca. 500 000 auf mehrere Millionen Soldaten
zu erhalten.
Die sicherheitspolitische Notwendigkeit dieser Aufwuchsfähigkeit wird von
den meisten Fachleuten wie Bündnispartnern heute nicht mehr gesehen, weil
die Vorwarnzeiten bei einer entstehenden konventionellen Bedrohung heute
deutlich länger sind. Die Aufrechterhaltung von Verwaltungsstrukturen wie
Wehrersatzwesen, Kreiswehrersatzämtern, Reservistenorganisation u. Ä., die
vielfach noch die Strukturen von vor 1990 abbilden, scheint angesichts ständig
rückläufiger Zahlen bei der Umfangstärke der Bundeswehr und der darin ent-
haltenen Anteile an Wehrpflichtigen ausgesprochen anachronistisch.

Drucksache 15/3242 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hat sich der jährliche Umfang der zur Ableistung des Grundwehrdiens-

tes heranstehenden wehrpflichtigen Männer seit 1998 entwickelt?
2. Wie hoch ist seit 1998 der prozentuale Anteil der aus der Gruppe der im

jeweiligen Jahr zur Ableistung des Grundwehrdienstes heranstehenden
Männer gewesen, die tatsächlich Wehrdienst geleistet haben?

3. Wie hoch ist seit 1998 der prozentuale Anteil der aus der Gruppe der im
jeweiligen Jahr zur Ableistung des Grundwehrdienstes heranstehenden
Männer gewesen, die Zivildienst geleistet haben?

4. Wie hoch ist seit 1998 der prozentuale Anteil der aus der Gruppe der im
jeweiligen Jahr zur Ableistung des Grundwehrdienstes heranstehenden
Männer gewesen, die einen Ersatzdienst geleistet haben?

5. Wie hoch ist seit 1998 der prozentuale Anteil der aus der Gruppe der im
jeweiligen Jahr zur Ableistung des Grundwehrdienstes heranstehenden
Männer gewesen, die aus gesundheitlichen Gründen (Ausmusterung) kei-
nerlei Dienst zu leisten brauchten?

6. Wie hoch ist seit 1998 der prozentuale Anteil der aus der Gruppe der im
jeweiligen Jahr zur Ableistung des Grundwehrdienstes heranstehenden
Männer gewesen, die zwar tauglich waren, aber trotzdem zu keinem Dienst
herangezogen wurden?

7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Personalumfang der
Verwaltung, die sich mit der Erfassung der Wehrpflichtigen befasst?

8. Wie hoch ist der Personalumfang der Verwaltung, die sich mit der Muste-
rung befasst?
Hat sich hier seit 1998 eine quantitative Veränderung ergeben?

9. Wie hoch ist der Personalumfang der Verwaltung, die sich mit der Einberu-
fung befasst?
Hat sich hier seit 1998 eine quantitative Veränderung ergeben?

10. Sofern die Anzahl der seit 1998 in jedem Jahr aus dem verfügbaren Perso-
nalangebot einzuberufenden Wehrpflichtigen sich verringert hat, inwieweit
hat dieses Auswirkungen auf den Personalumfang bei Kreiswehrersatz-
ämtern usw. gehabt?

11. Welchen Umfang hat das Personal, das in Bundeswehr und Bundeswehr-
verwaltung ausschließlich oder überwiegend mit der Administration der
Wehrpflicht befasst ist?

12. Welchen Umfang hat das Personal, das in Bundeswehr und Bundeswehr-
verwaltung ausschließlich oder überwiegend mit der Administration ehe-
mals wehrpflichtiger Reservisten befasst ist?

13. Welche Kosten entstehen schätzungsweise pro Jahr betriebswirtschaftlich
und volkswirtschaftlich aufgrund von Durchführung und Administration
der Wehrpflicht?

14. Wie viel Personal der Bundeswehr ist pro Jahr mit der Ausbildung von
Wehrdienstleistenden beschäftigt?

15. Kann die Bundesregierung eine Einschätzung darüber abgeben, welcher
Vollzugsaufwand und welche Kosten entstünden, wenn der von einigen
politischen und gesellschaftlichen Kreisen geforderte Pflichtdienst bzw. ein
soziales Pflichtjahr auch für junge Frauen eingeführt werden würde?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3242

16. Wie viele Einberufungsbescheide sind im Jahr 2003 und 2004 ergangen, in
Zahlen aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Kreiswehrersatzämtern und den
jeweiligen Einberufungsterminen?

17. Wie viele Einsprüche gegen diese Einberufungsbescheide gab es, in Zahlen
aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Kreiswehrersatzämtern und den jewei-
ligen Einberufungsterminen?

18. Welche Art von Einsprüchen gegen diese Einberufungsbescheide gab es, in
Art und Zahlen aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Kreiswehrersatzämtern
und den jeweiligen Einberufungsterminen?

19. Wie viele Einsprüche und welche Art von Einsprüchen gegen diese Ein-
berufungsbescheide hatten vor ordentlichen Gerichten Erfolg, in Art und
Zahlen aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Kreiswehrersatzämtern und den
jeweiligen Einberufungsterminen?

20. Wie viele Einsprüche und welche Art von Einsprüchen gegen diese Ein-
berufungsbescheide hatten vor dem Kreiswehrersatzamt Erfolg, in Art und
Zahlen aufgeschlüsselt nach den jeweiligen Kreiswehrersatzämtern und den
jeweiligen Einberufungsterminen?

21. Wie schätzt die Bundesregierung die Chance ein, Einspruch gegen einen
Einberufungsbescheid unter Berufung auf die Wehrungerechtigkeit zu
legen, zum einen vor dem Kreiswehrersatzamt, zum anderen vor ordent-
lichen Gerichten?

22. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass unterschiedliche
Gerichte zu unterschiedlichen Urteilen zur Frage der Rechtmäßigkeit der
Einberufung unter Berufung auf die Wehrungerechtigkeit kommen zum
einen im Hinblick auf die Rechtsunsicherheit und zum anderen im Hinblick
auf die Zukunft der Wehrpflicht?

Berlin, den 25. Mai 2004
Birgit Homburger
Günther Friedrich Nolting
Helga Daub
Daniel Bahr (Münster)
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp

Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Markus Löning
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.