BT-Drucksache 15/3120

zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Gisela Piltz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/2761- Passagierdatensammlungen und Datenschutzrechte - EU-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika

Vom 7. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3120
15. Wahlperiode 07. 05. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Gisela Piltz, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/2761 –

Passagierdatensammlungen und Datenschutzrechte –
EU-Abkommen mit den Vereinigten Staaten von Amerika

A. Problem
Seit März 2003 verlangen die USA von Luftfahrtgesellschaften, deren Maschi-
nen die USA an- oder überfliegen wollen, den Zoll- und Grenzbehörden der
USA den Online-Zugriff auf den Buchungsdatensatz, den sog. Passenger Name
Record (PNR), der zum jeweiligen Passagier gespeichert ist, zu ermöglichen.
Bei den PNR-Daten, z. B. Name, Reiseverlauf, Buchungsstelle, Art der Bezah-
lung, bei Zahlung mit Kreditkarte deren Nummer, Sitzplatz, Essenswünsche,
Hotel- und Mietwagenreservierungen, handelt es sich um kommerzielle Daten,
die die Fluggesellschaften zur Abwicklung der Reise benötigen.
Der Online-Zugriff auf PNR-Daten begegnet erheblichen datenschutzrecht-
lichen Bedenken.
In zwei Entschließungen vom 13. März 2003 und vom 9. Oktober 2003 hat das
Europäische Parlament die EU-Kommission aufgefordert, Verhandlungen über
ein internationales Abkommen einzuleiten, um eine Rechtsgrundlage für die
Übermittlung von PNR-Fluggastdaten zu schaffen, die datenschutzrechtlichen
Anforderungen genügt.
Die Kommission will die Rechtsgrundlage nunmehr in Form einer Entschei-
dung nach Artikel 25 Abs. 6 der Richtlinie 95/46/EG (Angemessenheitsent-
scheidung) in Verbindung mit einem einfachen internationalen Abkommen
(„light international agreement“) schaffen. Hierzu hat die Kommission einen
Entwurf vorgelegt, der die Feststellung enthält, dass das United States Bureau
of Customs and Border Protection (CBP) im Hinblick auf seine Verpflichtungs-
erklärung einen angemessenen Schutz für PNR-Daten garantiere.
Die antragstellende Fraktion kritisiert, dass der Entwurf der Kommission in
Widerspruch zur Stellungnahme der Artikel-29-Datenschutzgruppe stehe, die
zu dem Ergebnis komme, dass zwar Fortschritte im Dialog zwischen den USA
und der EU erreicht worden seien, insbesondere hinsichtlich der Verpflich-
tungserklärung, diese aber noch keine positive Angemessenheitsentscheidung
gemäß der europäischen Datenschutzrichtlinie erlaubten. Zu dem gleichen Er-

Drucksache 15/3120 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

gebnis komme der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger, Justiz
und innere Angelegenheiten des Europäischen Parlaments in seinem am
18. März 2004 verabschiedeten Entschließungsantrag.
Die Antragsteller bezwecken mit ihrem Antrag, dass der Deutsche Bundestag
die Bundesregierung auffordert, u. a. sich den Vorbehalten der Artikel-29-
Datenschutzgruppe sowie des Ausschusses für die Freiheiten und Rechte der
Bürger, Justiz und innere Angelegenheiten anzuschließen und den Rat und die
Europäische Kommission in Anerkennung des legitimen Sicherheitsinteresses
der Vereinigten Staaten zu beauftragen, den Abschluss eines internationalen
Übereinkommens mit näher dargelegten umfassend aufgeführten Eckpunkten
vorzubereiten.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der Frak-
tion der FDP

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3120

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 15/2761 abzulehnen.

Berlin, den 5. Mai 2004

Der Innenausschuss
Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast
Vorsitzende

Frank Hofmann (Volkach)
Berichterstatter

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

Ernst Burgbacher
Berichterstatter

Drucksache 15/3120 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Frank Hofmann (Volkach), Beatrix Philipp,
Silke Stokar von Neuforn und Ernst Burgbacher

I. Zum Verfahren
1. Die Vorlage wurde in der 102. Sitzung des Deutschen

Bundestages am 1. April 2004 an den Innenausschuss
federführend sowie an den Auswärtigen Ausschuss, den
Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Ar-
beit und den Ausschuss für Tourismus zur Mitberatung
überwiesen.

2. Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 39. Sitzung am
5. Mai 2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag
abzulehnen.
Der Rechtsausschuss hat in seiner 46. Sitzung am
5. Mai 2004 mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU gegen die
Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den Antrag
abzulehnen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit hat in seiner
59. Sitzung am 5. Mai 2004 mit den Stimmen der Frak-
tionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/
CSU gegen die Stimmen der Fraktion der FDP die Ab-
lehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 40. Sitzung
am 28. April 2004 mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU ge-
gen die Stimmen der Fraktion der FDP empfohlen, den
Antrag abzulehnen.

3. Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 37. Sitzung
am 5. Mai 2004 abschließend beraten. Einvernehmlich ist
der Ausschuss dem Begehren der Antragsteller gefolgt,
denAntrag bei Streichung des Satzes „ImGegensatz dazu
haben verschiedene europäische Länder wie Frankreich
bereits erklärt, dem einfachen internationalen Abkom-
men in dieser Form nicht zustimmen zu können.“ auf
Seite 2 zur Abstimmung zu stellen. Der Innenausschuss
hat sodann den Antrag mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU/CSU ge-
gen die Stimmen der Fraktion der FDP abgelehnt.

II. Zur Begründung
Die Fraktion der FDP hat ihren Antrag auf Bundestags-
drucksache 15/2761 umfassend begründet. Die Gewährleis-

tung von Sicherheit und Schutz vor terroristischen Angrif-
fen sei ein gemeinsames Anliegen. Dies dürfe aber nicht als
Vorwand dazu dienen, seit Jahrzehnten geltende Grundsätze
des Datenschutzes aufzugeben. Auch die Tatsache, dass die
USA ein anderes Verständnis von Datenschutz hätten,
könne nicht zu einer anderen Bewertung führen. Statt eines
einfachen internationalen Abkommens, einem „light inter-
national agreement“, sei der Abschluss eines internationalen
Übereinkommens der EU mit den USA zu fordern. Die
Bundesregierung sei aufzufordern, ihre bisherige Zustim-
mung zurückzuziehen und eine Lösung zu suchen, die mit
datenschutzrechtlichen Anforderungen in Einklang zu brin-
gen sei. Das Europäische Parlament habe seine Vorbehalte
bekräftigt; dem schließe man sich an.
Die Fraktion der SPD betont, auch wenn der Tenor des
Antrags zu begrüßen sei, sei dieser abzulehnen, weil die er-
hobenen Forderungen teilweise bereits erfüllt, teilweise
aber auch unerfüllbar seien. So sei etwa der Übergang vom
„PULL“- zum „PUSH“-Verfahren nunmehr vereinbart und
die Erfüllung der Forderung nach Beschränkung auf be-
stimmte Strafvorschriften und einem Moratorium faktisch
unmöglich. Die EU-Kommission habe in den Verhandlun-
gen mit den USA deutliche Verbesserungen erreicht.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN teilt die in-
haltliche Intention des Antrags. Auch wenn dieser fachliche
Mängel habe und teilweise als überholt anzusehen sei, sei
festzustellen, dass das von der EU-Kommission ausgehan-
delte Verhandlungsergebnis nach wie vor Schwächen habe.
So sei etwa die Verpflichtungserklärung der USA nicht bin-
dend und die US-Datenschutzgesetze seien für EU-Bürger
nicht einklagbar. Für die dies bekräftigende Auffassung der
Mehrheit im Europäischen Parlament habe sie große Sym-
pathie.
Die Fraktion der CDU/CSU lehnt den Antrag ab. Inhaltlich
sei dieser mit sachlichen und fachlichen Mängeln behaftet.
Darüber hinaus sei er auch praxisfern. Die USA hätten ein
erhöhtes Sicherheitsbedürfnis und ein Interesse an der Erhe-
bung der Passagierdaten. Dies müsse man akzeptieren.
Würden diese Daten nicht in Europa erhoben, werde die
Einreise in die USA erschwert. Die EU-Kommission habe
in schwierigen Verhandlungen mit den USA einen vernünf-
tigen Kompromiss gefunden, der eine deutliche Verbesse-
rung zu deren ursprünglichen Vorstellungen darstelle.

Berlin, den 5. Mai 2004
Frank Hofmann (Volkach)
Berichterstatter

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Silke Stokar von Neuforn
Berichterstatterin

ErnstBurgbacher
Berichterstatter

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