BT-Drucksache 15/3117

Unterhaltsrecht auf dem Prüfstand

Vom 5. Mai 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3117
15. Wahlperiode 05. 05. 2004

Große Anfrage
der Abgeordneten Sibylle Laurischk, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max
Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Unterhaltsrecht auf dem Prüfstand

Seit langem wird beklagt, dass das deutsche Unterhaltsrecht immer komplizier-
ter wird. Unterhaltsrechtlich relevante Tatbestände finden sich längst nicht mehr
nur im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), sondern auch im Sozial-, Renten- und
Steuerrecht. Hinzu kommt die starke richterrechtliche Prägung der vielen, unter-
einander nicht abgestimmten gesetzlichen Normen. Auch ist die Rechtspre-
chung nicht einheitlich. So existieren z. B. im Kindesunterhaltsrecht viele ver-
schiedene Leitlinien der Oberlandesgerichte. Das Unterhaltsrecht ist für die
Betroffenen unübersichtlich geworden. Entscheidungen der Gerichte sind häufig
nicht vorhersehbar und ergehen mit großer zeitlicher Verzögerung. Die Betrof-
fenen leiden unter der langen Verfahrensdauer und den vielen Verhandlungen.
Ammeisten leiden die vom Streit betroffenen Kinder. Die Akzeptanz des Unter-
haltsrechts in der Bevölkerung schwindet.
Entsprechend beschloss der Deutsche Bundestag am 6. Juli 2000, die Bundes-
regierung zu bitten, „zügig und mit allem Nachdruck das geltende Unterhalts-
recht, insbesondere hinsichtlich der Abstimmung seiner Inhalte mit sozial-
und steuerrechtlichen Parallelregelungen (…), gründlich zu überprüfen und
Vorschläge zu seiner Neuregelung einzubringen“ (vgl. Bundestagsdrucksache
14/3781). Auch das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber mit Be-
schluss vom 9. April 2003 (1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01) dazu aufgefordert, die
das Kindergeld betreffenden Regelungen verständlicher zu fassen. Durch die
Verflechtungen des Steuer-, Sozial- und Familienrechts seien die Vorschriften
zum Kindergeld für den Bürger nicht mehr verständlich. Vor allem die Anrech-
nung des Kindergelds auf den Unterhalt und die Berechnung des Existenzmini-
mums des Kindes seien für die Betroffenen schwer durchschaubar.
Inhaltlich geht es bei der Überprüfung des Unterhaltsrechts um die Beantwor-
tung der Frage, welches Maß an Solidarität in Ehe, Lebenspartnerschaft und Fa-
milie die Gesellschaft erwarten darf. Lösungsansätze müssen die Veränderungen

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in den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen angemessen reflek-
tieren. Hierzu zählen das drängende Problem der Vereinbarkeit von Familie und
Beruf, die wachsende Zahl von Ehescheidungen, nichtehelichen Lebensgemein-
schaften und nichtehelichen Kindern, eine längere Lebensdauer, die deutlich
werdenden Grenzen der Systeme sozialer Sicherung und insbesondere das all-
mähliche Verschwinden der Einverdienerehe, die als Leitbild noch heute dem
Ehegattenunterhaltsrecht zugrunde liegt, obwohl dies vielfach nicht mehr dem
Wunsch der Ehepartner nach gleichberechtigter Erwerbs- und Familienteilhabe
entspricht.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Grundsätzliches
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Übersichtlichkeit, Transparenz und

Berechenbarkeit des Unterhaltsrechts?
2. Worin unterscheiden sich die verschiedenen unterhaltsrechtlichen Leitlinien

der Oberlandesgerichte, sieht die Bundesregierung insoweit die Notwendig-
keit bundesweit einheitlicher Regelungen, und wie begründet sie ihre dies-
bezügliche Auffassung?

3. Welche insbesondere gesellschaftspolitischen Leitbilder liegen den ver-
schiedenen Unterhaltstatbeständen zugrunde, sieht die Bundesregierung
diesbezüglich Anpassungsbedarf, und wenn ja, in welche Richtung?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung die Zusammenhänge zwischen bürger-
lich-rechtlich normierten Einstandspflichten, sozialer Absicherung und
Steuerrecht?

5. Welche jeweiligen Zielsetzungen verfolgen die Unterhaltsansprüche im
Zivil-, Sozial- und Steuerrecht?

6. Sieht die Bundesregierung zwischen diesen Zielsetzungen Widersprüche,
und wenn ja, welche?

7. Sieht die Bundesregierung insoweit gesetzgeberischen Handlungsbedarf,
und wenn ja, in welche Richtung?

8. Worin unterscheiden sich die unterhaltsrechtlich relevanten Vorschriften im
Zivil-, Sozial- und Steuerrecht in gesetzessystematischer Hinsicht, und was
ist der Grund für die unterschiedliche Systematik?

9. Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, Unterhaltsansprüche stärker
zu typisieren und zu standardisieren, oder ist ihrer Ansicht nach eine stär-
kere Berücksichtigung des Einzelfalls erforderlich, und besteht insoweit ge-
setzgeberischer Handlungsbedarf?

10. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Abstimmung der unter-
haltsrechtlichen Eckwerte (Unterhaltsbedarf, Selbstbehalt) mit den entspre-
chenden Beträgen im Sozial- und Steuerrecht (Existenzminimum), und wel-
che Bezugsgröße würde sie hierzu heranziehen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Normierung desMindestbedarfs des
Unterhaltsbedürftigen und des notwendigen Selbstbehalts des Unterhalts-
verpflichteten durch den Gesetzgeber für alle unterhaltsrechtlich relevanten
Gebiete, und welche Bezugsgröße bevorzugt die Bundesregierung hierbei?

12. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die familiäre Solidarität bei
Unterhalt für pflegebedürftige Eltern und gleichzeitigem Unterhalt für Kin-
der überstrapaziert werde, und wie begründet sie ihre Haltung?

13. Sieht die Bundesregierung gesetzgeberischen Handlungsbedarf dahin ge-
hend, dass der Unterhaltsschuld ein Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten

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des Unterhaltsschuldners – auch in der Zwangsvollstreckung – gewährt
werden sollte, und wie begründet sie ihre Auffassung?

14. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass eine rückwirkende Herab-
setzung von Unterhalt unter den gleichen Voraussetzungen wie die rück-
wirkende Erhöhung ermöglicht werden sollte, und wie begründet sie ihre
Haltung?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung einer wechselseitigen
Pflicht sowohl der Unterhaltsberechtigten wie auch der Unterhaltsverpflich-
teten zur ungefragten Information über unterhaltsrechtlich relevante Tatsa-
chen, und welche Rechtsfolgen sollten bei einer Verletzung dieser Pflicht
vorgesehen werden?

16. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, Gedanken der sozialrecht-
lichen Reformen wie die stärkere Befristung von Ansprüchen oder die sich
aus Hartz IV ergebenden verschärften Zumutbarkeitsregelungen wirkungs-
gleich auf das Unterhaltsrecht zu übertragen, z. B. im Bereich der Erwerbs-
obliegenheiten?

17. Welche internationalen Erfahrungen liegen im Zusammenhang mit der Be-
fristung von Unterhaltsansprüchen vor, und welche Ziele verfolgen andere
Länder mit der Befristung von Unterhaltsansprüchen?

18. Welche Möglichkeiten der Beschleunigung familienrechtlicher Verfahren
sieht die Bundesregierung, und gehört hierzu nach Ansicht der Bundesregie-
rung auch die Einführung einer Beschwerdemöglichkeit bei Untätigkeit des
Gerichts oder unangemessener Verzögerung der Entscheidung?

II. Kindesunterhalt, §§ 1601 ff. BGB
19. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer gesetzlichen Neuord-

nung des Kindesunterhalts?
20. Hält die Bundesregierung eine Stärkung des Unterhaltsanspruchs von Kin-

dern gegenüber anderen Unterhaltsansprüchen für erforderlich, wenn ja,
gegenüber welchen, und in welchem Umfang?

21. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Zahl barunterhalts-
pflichtiger Mütter und Väter, die den Zahlungsverpflichtungen gegenüber
ihren Kindern nicht nachkommen, und wie viele Kinder sind hiervon betrof-
fen?

22. Sieht die Bundesregierung die Möglichkeit, besser zu gewährleisten, dass
kindbezogene Leistungen diesen tatsächlich zugute kommen, ohne die
elterlichen Rechte zu verletzen?

23. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Zuordnung von Kinder-
geld bei einem Auseinanderfallen von Barunterhaltspflicht und Bezugs-
berechtigung gesetzlich neu geordnet werden sollte, und wie begründet sie
ihre diesbezügliche Haltung?

24. Wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen der Änderungen von
§ 1612b Abs. 5 BGB, sieht sie als Folge dieser Änderung höhere oder nied-
rigere Unterhaltszahlungen an Kinder, und worauf führt sie dies zurück?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Vereinheitlichung der Altersstufen
für das Unterhaltsrecht und das Sozialrecht?

26. Ist die Bundesregierung der Auffassung, die Unterhaltspflicht der Eltern
gegenüber ihren volljährigen Kindern gesetzlich zu begrenzen, und wie
begründet sie dies?

27. Ist die Bundesregierung darüber hinaus der Ansicht, dass die bedarfs-
deckende Anrechnung von Kindergeld im Unterhalts- und Sozialrecht nach

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denselben Grundsätzen erfolgen sollte, und wie begründet sie ihre dies-
bezügliche Haltung?

28. Ist die Bundesregierung weiterhin der Auffassung, dass bei einer Neurege-
lung die Vorschriften des Steuer- und Unterhaltsrechts in ihren Wechsel-
wirkungen für den Barunterhaltspflichtigen eine Steuerfreistellung des zu
leistenden Unterhalts bis zur Höhe des Existenzminimums gewährleisten
müssen, und wie begründet sie ihre diesbezügliche Ansicht?

29. Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit gesetzlicher Ände-
rungen bezüglich des Unterhaltsbestimmungsrechts gegenüber volljährigen
Kindern?

30. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung in der Rechtsprechung
zur Unterhaltspflicht bei einer mehrstufigen Ausbildung des Kindes, sieht
sie insoweit gesetzgeberischen Handlungsbedarf, und wie begründet sie
diesen?

31. Wie steht die Bundesregierung zu einer Befristung der Ausbildungsunter-
haltspflicht auf die Zeit bis zum vollendeten 27. Lebensjahr?

III. Familienunterhalt, §§ 1360 ff. BGB
32. Wie beurteilt die Bundesregierung die Informationsmöglichkeiten des nicht

oder eingeschränkt berufstätigen Ehegatten über den während der Ehe
erzielten Zugewinn auch in Bezug auf die Bezifferung des Baranteils des
Familienunterhaltsanspruchs?

33. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten der Teilhabe des nicht
oder eingeschränkt berufstätigen Ehegatten am Zugewinn während beste-
hender Ehe auch in Bezug auf die Durchsetzung des Baranteils am Fami-
lienunterhalt?

IV. Trennungsunterhalt, § 1361 BGB
34. Wie beurteilt die Bundesregierung die Notwendigkeit für einen Unterhalts-

anspruch eigener Art bei Getrenntleben?
35. Welche Konsequenzen hätte es, die Maßstäbe der §§ 1570 ff. BGB schon

beim Trennungsunterhalt zur Anwendung zu bringen, empfiehlt sich eine
Anwendung der Maßstäbe der §§ 1570 ff. BGB jedenfalls dann, wenn die
Ehegatten ihre Trennung alsbald als endgültig ansehen?

36. Empfiehlt sich im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung des Trennungs-
unterhalts auf die Zeit des Getrenntlebens und im Hinblick auf eine Verfah-
rensbeschleunigung eine summarische Ausgestaltung des Trennungsunter-
haltsverfahrens mit der Maßgabe, dass evtl. vorzunehmende Korrekturen
beim nachehelichen Unterhalt berücksichtigt werden können?

37. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die abgeschwächten Anforderun-
gen an die Erwerbsobliegenheit während des Getrenntlebens den wirtschaft-
lichen und sozialen Verhältnissen entsprechen, wie sie durch aktuelle so-
zialrechtliche Reformen, z. B. Hartz IV, beeinflusst werden?

38. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Präzisierung der gesetzlichen Rege-
lungen hinsichtlich der Unwesentlichkeit etwaiger Restgemeinsamkeiten
(§ 1567Abs. 1BGB) und der kürzerenZeit imSinne des § 1567Abs. 2BGB?

V. Nachehelicher Unterhalt, §§ 1569 ff. BGB
39. Wie beurteilt die Bundesregierung das Spannungsverhältnis zwischen wirt-

schaftlicher Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten und nachwirken-
der ehelicher Solidarität aus unterhaltsrechtlicher Sicht?

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40. Wie beurteilt die Bundesregierung eine zeitlich festgeschriebene und straf-
fere Befristung der Unterhaltsverpflichtung bei nachehelichem Unterhalt,
ist sie der Auffassung, dass bei einer solchen Beschränkung die Dauer der
Ehe berücksichtigt werden sollte, und ist sie darüber hinaus der Ansicht,
dass bei einer solchen Beschränkung auch die übernommene Familienver-
antwortung berücksichtigt werden sollte, und wie begründet sie dies?

41. Inwieweit hält die Bundesregierung die Anknüpfung der Berechnung des
nachehelichen Unterhalts an die ehelichen Lebensverhältnisse im Sinne des
§ 1578 Abs. 1 BGB noch für zeitgemäß angesichts von sich ändernder Auf-
gabenverteilungen innerhalb bestehender Ehen, und inwieweit entspricht
diese Lebensstandardgarantie noch der Dynamik und Veränderbarkeit von
Kinderbetreuungsbedarf und Aus- und Weiterbildungsstand des überwie-
gend betreuenden Ehegatten?

42. Wie beurteilt die Bundesregierung ferner die Aufnahme einer Regelung,
nach der der nacheheliche Unterhalt bereits ab dem Zeitpunkt des Aus-
kunftsverlangens gefordert werden kann?

43. Teilt die Bundesregierung die in der familiengerichtlichen Praxis vertretene
Auffassung, dass die Erwerbsobliegenheit bei der Betreuung zweier oder
mehrerer Kinder in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt einsetzen muss
als bei der Betreuung eines Kindes, und sieht die Bundesregierung diesbe-
züglich gesetzgeberischen Handlungsbedarf vor allem im Hinblick auf die
Unterschiede in den einschlägigen Leitlinien der Oberlandesgerichte?

44. Wie beurteilt die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung zu Unterhalts-
ansprüchen bei einer vor dem Zeitpunkt der Scheidung latent vorhandenen
Krankheit?

45. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass bezüglich des Betreuungs-
unterhalts die Ansprüche von geschiedenen Betreuenden denen derjenigen,
die nichteheliche Kinder betreuen, gleichgestellt werden sollten, und wie
begründet sie ihre Haltung?

46. Welche Einflüsse hat ein Privatinsolvenzverfahren auf die Unterhaltsschuld
des Verpflichteten, ergeben sich hieraus Vorteile für den Berechtigten, und
wenn ja, befürwortet die Bundesregierung dann die Einführung einer ge-
setzlichen Pflicht des Unterhaltsschuldners, Privatinsolvenz anmelden zu
müssen?

VI. Betreuungsunterhalt nichtehelicher Eltern, § 1615 l BGB
47. Soll sich nach Ansicht der Bundesregierung der das Kind betreuende Eltern-

teil hinsichtlich seiner Erwerbsobliegenheit auf Betreuungsmöglichkeiten
durch Dritte, zum Beispiel Tagesmutter oder Großeltern, verweisen lassen
müssen?

48. Welche Auswirkungen hatte nach Ansicht der Bundesregierung die Über-
nahme der Erwartungsklausel durch das Schwangeren- und Familienhilfe-
änderungsgesetz vom 21. August 1995 auf den Betreuungsunterhaltsan-
spruch nichtehelicher Eltern?

49. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kausalitätsfrage hinsichtlich der
Erwartungsklausel beim Betreuungsunterhalt im Sinne des § 1615 l Abs. 2
S. 2 BGB, sieht sie diesbezüglich gesetzgeberischen Handlungsbedarf, und
wie begründet sie ihre Haltung?

50. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die gesteigerte Erwerbsobliegen-
heit des Unterhaltspflichtigen gemäß § 1603 Abs. 2 BGB auch bei Unter-
haltsansprüchen von kinderbetreuenden Elternteilen eingreifen soll, und wie
begründet sie diese?

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51. Befürwortet die Bundesregierung eine Angleichung des Unterhaltsan-
spruchs der nicht mit dem Kindesvater verheirateten Mutter an den der ge-
schiedenen Mutter zumindest für die Zeit, bis für das Kind ein Rechts-
anspruch auf einen Kindergartenplatz besteht, und wie begründet sie ihre
Haltung?

52. Befürwortet die Bundesregierung eine Anwendung des § 1586 BGB,
wonach der Unterhaltsanspruch mit derWiederheirat, der Begründung einer
nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder dem Tode des Berechtigten er-
lischt, auch auf den Betreuungsunterhaltsanspruch nichtehelicher Eltern,
und wie begründet sie ihre Auffassung?

53. Wie beurteilt die Bundesregierung die Verfassungsmäßigkeit der grundsätz-
lichen Befristung des Betreuungsunterhalts auf drei Jahre?

54. Welche Bedeutung misst sie insbesondere dem Argument bei, dass die
Regelung verfassungswidrig sei, weil sie hinter der Regelung von § 1570
BGB zurückbleibe?

55. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es sich bei § 1615 l Abs. 2 S. 3
BGB bezüglich der groben Unbilligkeit um eine missverständliche Geset-
zesfassung dahin gehend handele, dass sich diese auch allein aus der Person
des Kindes ergeben kann; sieht sie einen gesetzgeberischen Handlungs-
bedarf, und wie begründet sie diesen?

VII. Elternunterhalt, §§ 1601 ff. BGB
56. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entwicklung in der Rechtsprechung,

insbesondere durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember
2003 (Az.: XII ZR 224/00), dass zur Bestimmung der Leistungsfähigkeit
eines Kindes im Hinblick auf Unterhaltsansprüche der Eltern das Familien-
einkommen und der Familienunterhaltsanspruch herangezogen werden,
sieht sie im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung gesetzgeberischen
Handlungsbedarf, und wie begründet sie diesen?

57. Wie ist in solchen Fällen nach Ansicht der Bundesregierung das der in An-
spruch genommenen Familie verbleibende Einkommen zu bemessen?

58. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Erhöhung des Selbstbehalts der
Kinder?

59. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Verringerung der Rück-
griffmöglichkeiten des Sozialhilfeträgers, und welche finanziellen Auswir-
kungen hätte eine solche?

60. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung eines Unterhaltshöchst-
betrags?

61. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Bundesgerichtshofs (Az.: XII
ZR 69/01), dass Einkommen, das nicht für den Familienunterhalt, sondern
zur Vermögensbildung verwendet wird, grundsätzlich für Unterhaltszwecke
zur Verfügung stehe, und wie begründet sie ihre Haltung vor allem im
Hinblick auf die Notwendigkeit zu zusätzlicher privater Altersvorsorge der
jüngeren Generation?

62. Ist die Bundesregierung der Auffassung, Unterhalt für „betagte Eltern“
sollte nur bei besonderer Leistungsfähigkeit der Kinder verlangt werden
können, und wie begründet sie ihre Haltung?

63. Wie beurteilt die Bundesregierung das Verhältnis der zivilrechtlichen Unter-
haltsansprüche zu den Regelungen des Grundsicherungsgesetzes?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/3117

VIII. Sonstiger Verwandtenunterhalt, §§ 1601 ff. BGB
64. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass dem Unterhaltsverpflichteten

neben dem Kindes- und dem Elternunterhalt ein weiterer Unterhaltsan-
spruch nicht zugemutet werden kann, und wie begründet sie ihre Ansicht?

65. Wie beurteilt die Bundesregierung die Unterhaltsverpflichtung der Groß-
eltern gegenüber ihren Enkeln gemäß §§ 1606 f. BGB, vor allem im Hin-
blick auf den gesellschaftlichen Wandel?

66. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass eine Unterhaltspflicht der Groß-
eltern für ihre Enkelkinder nur in besonderen Fallkonstellationen und nur
bei besonderer Leistungsfähigkeit der Großeltern begründet werden sollte,
und welche Fallkonstellationen wären hierbei denkbar?

67. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass es einem Verwandten auch
nach Vollendung des 65. Lebensjahres zumutbar sei, einer Erwerbstätigkeit,
z. B. im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung, nachzugehen, um den
Mindestunterhalt des betroffenen Verwandten sicherzustellen?

IX. Rangverhältnisse, §§ 1609, 1615 l Abs. 3 S. 3 BGB
68. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Neuordnung der Rang-

verhältnisse, und wie begründet sie ihre Haltung?
69. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass minderjährigen Kindern ein

Vorrang vor allen anderen Unterhaltsberechtigten einzuräumen sei und zwar
unabhängig davon, ob die Kinder aus geschiedener oder bestehender Ehe
oder aus einer nichtehelichen Verbindung stammen?

70. Ist die Bundesregierung die Auffassung, dass dem geschiedenen und dem
neuen Ehegatten der gleiche Rang zukommen sollte, und wie begründet sie
ihre Auffassung?

71. Wie beurteilt die Bundesregierung einen Vorrang der neuen Ehefrau, die
minderjährige Kinder betreut, vor der früheren Ehefrau, wenn diese auf
Grund des Alters der Kinder wieder erwerbspflichtig ist?

72. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Gleichstellung der unterhaltsbedürf-
tigen Ehefrau des nichtehelichen Kindesvaters und der nichtehelichen Kin-
desmutter?

X. Steuerrechtliche Aspekte
73. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf bezüglich der Abstimmung

des Unterhaltsrechtsmit demSteuerrecht, undwenn ja, in welche Richtung?
74. Befürwortet die Bundesregierung die Einführung eines Sonderausgaben-

abzugs für Zahlungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten als
zwangsläufige Verpflichtung unabhängig von der Höhe und einer Zustim-
mung des Empfängers, und welche finanziellen Auswirkungen hätte dies?

75. Befürwortet die Bundesregierung eine steuerrechtliche Berücksichtigung
von Unterhaltsleistungen bei Verpflichteten als Aufwand und bei Empfän-
gern als Einnahme, und wie begründet sie ihre Haltung?

76. Befürwortet die Bundesregierung die Aufgabe der Betragsobergrenze für
die steuerrechtliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungs- und Ausbil-
dungskosten, und wie begründet sie ihre Auffassung?

XI. Sozialrechtliche Aspekte
77. In welchen Bereichen gibt es im Sozialrecht andere Wertungen als im

Unterhaltsrecht, z. B. bei der Anrechnung von Einkommen oder bei der
Inanspruchnahme von Angehörigen, und worin liegen diese begründet?

Drucksache 15/3117 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
78. Befürwortet die Bundesregierung eine Anpassung des unterhaltsbezogenen
Sozialrechts an die unterhaltsrechtlichen Vorschriften des BGB, welche
Maßnahmen beabsichtigt sie in diesem Bereich zu ergreifen, und wie wer-
den diese Maßnahmen begründet?

79. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einführung einer Regelung zum un-
eingeschränkten gesetzlichen Forderungsübergang in Höhe der erbrachten
Leistungen, soweit subsidiäre Sozialleistungen erbracht wurden, welche
Maßnahmen beabsichtigt sie zu ergreifen, und wie werden diese Maßnah-
men begründet?

80. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung
für eine Aufteilung derWohnkosten in einem angemessenen Verhältnis zwi-
schen Erwachsenen und Kindern bei einer Bedarfsgemeinschaft, und wenn
ja, wie wird ein solcher Bedarf begründet?

XII. Eheverträge
81. Befürwortet die Bundesregierung die Einführung einer Regelung, welche

eine notarielle Beurkundung oder gerichtliche Protokollierung der vor
Rechtskraft der Ehescheidung getroffenen Vereinbarungen über den nach-
ehelichen Unterhalt ermöglicht, und wenn ja, warum?

82. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Änderung des § 1585c BGB dahin,
dass ein vollständiger Verzicht auf den Betreuungsunterhalt nach § 1570
BGB ebenso wie seine Begrenzung auf das Existenzminimum unzulässig
ist?

XIII. Internationales Privatrecht und EU-Recht
83. Wie beurteilt die Bundesregierung eine Erweiterung der Rechtswahlmög-

lichkeiten der Eheleute nach Artikel 14 und 15 Einführungsgesetz zum Bür-
gerlichen Gesetzbuch (EGBGB)?

84. Sieht die Bundesregierung bei einer eventuellen Erweiterung der genannten
Rechtswahlmöglichkeiten eine Notwendigkeit, das Unterhaltsstatut von
dieser Erweiterung auszunehmen, und wie begründet sie ihre Meinung?

85. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass für den nachehelichen Unter-
halt das Statut für den gewöhnlichen Aufenthaltsort maßgeblich sein solle
und wie begründet sie ihre Haltung?

86. Wie beurteilt die Bundesregierung die bestehenden Regelungen zur Durch-
setzung von Unterhaltstiteln innerhalb der EU, und sieht sie hier Verbesse-
rungsbedarf?

Berlin, den 5. Mai 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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