BT-Drucksache 15/2871

Schutz von Anwohnern vor Schienenverkehrslärm

Vom 31. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2871
15. Wahlperiode 31. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Michael Kauch, Horst Friedrich (Bayreuth), Birgit Homburger,
Angelika Brunkhorst, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Rainer Funke,
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Christoph Hartmann
(Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Max Stadler, Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Schutz von Anwohnern vor Schienenverkehrslärm

Lärm gehört zu den derzeit größten Problemfeldern im Umweltbereich mit
negativen Folgen für die Gesundheit von Bürgerinnen und Bürgern. Hauptver-
ursacher von Lärm ist weiterhin der Verkehr. Neben anderen Verkehrsarten
spielt hierbei auch der Schienenverkehr eine wichtige Rolle. Trotz unbestreitba-
rer ökologischer Vorteile des Güter- und Personenverkehrs auf der Schiene
müssen auch hier Maßnahmen ergriffen werden, um in diesem Bereich den
Lärm und seine Auswirkungen zu reduzieren. Etwa 20 % der deutschen Bevöl-
kerung fühlt sich durch Schienenverkehrslärm – Eisenbahn, Straßenbahn oder
U- und S-Bahn – belästigt, etwa ein Viertel davon schwer.
Ursache für vermeidbaren Schienenlärm ist zum Teil eine veraltete und nicht
optimal gewartete Schienen- und Fahrzeugtechnik (insbesondere Riffel auf Rad
und Schiene). An bestehenden Schienenwegen besteht ein besonders großer Be-
darf an Lärmsanierung. Nach § 41 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
i. V. m. der 16. Verordnung zum Bundesimmissionsschutzgesetz ist nur beim
Neubau und der wesentlichen Änderung von Schienenstrecken sicherzustellen,
dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräu-
sche hervorgerufen werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind.
Eine entsprechende Regelung für bestehende Strecken fehlt allerdings. Für die
Lärmsanierung an bestehenden Strecken wurde 1998 das freiwillige Lärmsanie-
rungsprogramm Schiene auf den Weg gebracht, das von der Deutschen Bahn
AG (DB AG) umgesetzt wird. Jährlich stellt der Bund 51 Mio. Euro für Schall-
schutzwände, Schallschutzfenster und die Gleispflege zur Verfügung.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung außer dem Programm „Maß-

nahmen zur Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen“ bislang ergrif-
fen, um die vom Schienenverkehr ausgehende Lärmbelastung zu reduzie-
ren?

2. Welche finanziellen Mittel werden im Bereich von Lärmwirkungsforschung
zur Verfügung gestellt?

Drucksache 15/2871 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. Beabsichtigt die Bundesregierung, das Lärmsanierungsprogramm Schiene
auch weiterhin in der derzeitigen Höhe fortzusetzen oder sogar auszu-
bauen?

4. Trifft es zu, dass eine langjährige Messreihe des Umweltbundesamtes erge-
ben hat, dass die real gemessene Geräuschentwicklung häufig lauter ist als
vorher berechnet und damit die auf die errechneten Lärmbelästigungen
ausgelegten Lärmschutzeinrichtungen, wie z. B. Wälle oder Wände, zum
Teil nur einen unzureichenden Schutz der Anwohner bieten?
Wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen Er-
gebnissen?

5. Unterstützt die Bundesregierung die Einführung von sog. emissionsabhän-
gigen Trassenpreisen, die im Grünbuch der EU-Kommission zur zukünf-
tigen Lärmschutzpolitik vorgeschlagen wurde?
Wenn ja, warum, wenn nein, warum nicht?

6. Teilt die Bundesregierung die von Experten geäußerte Auffassung, dass die
DB AG den eigenwirtschaftlichen Fernverkehr zulasten des hoch bezu-
schussten Nahverkehrs quersubventioniert, da die Trassenpreise derzeit
Zug bezogen sind, unabhängig von Länge, Zugmasse oder Lärmemission?
Sieht die Bundesregierung die fehlende Trennung von Netz und Betrieb als
Hindernis für lärmabhängige Preise?

7. Welche Anreize oder Förderungsmaßnahmen zur Entwicklung und zum
Einsatz leiserer Schienenfahrzeuge beabsichtigt die Bundesregierung ein-
zuführen?

8. Beabsichtigt die Bundesregierung nach dem Vorbild Österreichs Emis-
sionsgrenzwerte für Schienenfahrzeuge einzuführen?
Wenn nein, wird sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine
solche Regelung einsetzen?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung das in der Schweiz praktizierte Verfah-
ren, wonach lärmarme Schienenfahrzeuge durch einen Trassenpreisbonus
belohnt werden?

10. Wird sich der Bund nach dem Vorbild der Schweiz an der Nachrüstung des
Fahrzeugbestands der Bahn mit neuer Bremstechnik finanziell beteiligen,
wobei die Kosten allein bei Railion Deutschland auf 360 Mio. Euro ge-
schätzt werden?

11. Ist es richtig, dass sich das Programm zur Einführung der sog. K-Sohle
– einer Bremssohle aus Kunststoffmischung – lediglich auf den Neukauf
von Güterwaggons bezieht, nicht aber auf den Bestand der Waggons und
auch nicht auf gemietete/geleaste Waggons?
Wie groß ist der Anteil gemieteter/geleaster Waggons im von der DB AG
und ihrer Tochtergesellschaften genutzten Fahrzeugpark?

12. Hält die Bundesregierung das von der DB AG selbst gesteckte Ziel, bis
zum Jahr 2020 den Schienenverkehrslärm zu halbieren, angesichts der da-
für ergriffenen Maßnahmen für realistisch?

13. Beabsichtigt die Bundesregierung auch für bestehende Strecken Schutzan-
sprüche von Bürgerinnen und Bürgern, die vom Lärm betroffen sind, ge-
setzlich zu normieren?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2871

14. Welche Auswirkungen wird die Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 „über die Be-
wertung und Bekämpfung von Umgebungslärm“ auf die Lärmsituation im
Bereich Schienenverkehr haben?

Berlin, den 30. März 2004
Michael Kauch
Horst Friedrich (Bayreuth)
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Max Stadler
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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