BT-Drucksache 15/2687

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/2149, 15/2678- Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Nachhaltigkeitsgesetz)

Vom 10. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2687
15. Wahlperiode 10. 03. 2004

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel
Happach-Kasan, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Gudrun Kopp, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto
(Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 15/2149, 15/2678 –

Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen
Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung
(RV-Nachhaltigkeitsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:
1. Zu Artikel 1

a) Nach Artikel 1 wird folgender neue Artikel 1a eingefügt:
,Artikel 1a

Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
In § 428 Abs. 1 Satz 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeits-

förderung – in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. März 1997
(BGBl. I S. 594), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird jeweils
das Datum „1. Januar 2006“ durch das Datum „1. Juli 2004“ ersetzt.‘

b) Zu Nummer 40 § 237
aa) Folgender Buchstabe a – neu – wird eingefügt:

„a) In Absatz 1 Nr. 3 wird in Buchstabe b nach dem Wort „haben“
die Angabe „und vor dem … [einsetzen: Datum der zweiten und
dritten Lesung] 2004 Altersteilzeit im Sinne der §§ 2 und 3
Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben und
sofern sie den Vertragsabschluss bis spätestens 30. Juni 2004
dem zuständigen Rentenversicherungsträger anzeigen.“

bb) Aus dem bisherigen Buchstaben a wird Buchstabe b, aus Buch-
stabe b Buchstabe c und aus Buchstabe c Buchstabe d.

Drucksache 15/2687 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Nach Artikel 3 wird folgender neue Artikel 3a eingefügt:
„Artikel 3a

Änderung des Altersteilzeitgesetzes
In § 16 des Altersteilzeitgesetzes, das zuletzt durch das Gesetz vom …

(BGBl. …) geändert worden ist, wird die Angabe „1. Januar 2010“ durch die
Angabe „… [einsetzen: Datum der zweiten und dritten Lesung] ersetzt.“

Berlin, den 10. März 2004

Begründung
Zu Nummer 1
Zu Buchstabe a
Es ist allgemeiner Konsens in der Bundesrepublik Deutschland, dass kurzfristig
das faktische Renteneintrittsalter angehoben werden muss und die Erwerbs-
quoten älterer Arbeitnehmer steigen müssen, um der demographischen Heraus-
forderung gerecht zu werden. Auch nach der Begründung des Gesetzentwurfs
(siehe Allgemeiner Teil, II. A. 2.) sind diese Ziele nur erreichbar, wenn beste-
hende Anreize zur Frühverrentung abgebaut werden.
Der Gesetzentwurf sieht in diesem Zusammenhang jedoch nur die stufenweise
Anhebung der Altersgrenze für die frühestmögliche Inanspruchnahme der
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit ab 2006 vor.
Die FDP-Fraktion hat bereits in ihrem Gesetzentwurf zur Beendigung der Früh-
verrentung (Bundestagsdrucksache 15/1810) darauf hingewiesen, dass es zur
Erreichung dieses Zieles zwingend notwendig ist, die Vorschrift des § 428
SGB III schnellstmöglich zu beenden.
Das geltende Recht hat dazu geführt, dass immer mehr ältere Arbeitslose die
Regelung des § 428 SGB III in Anspruch nehmen. Die Zahl der Leistungsemp-
fänger ist im Dezember 2003 auf einen Rekordwert von 387 000 angestiegen
und hat sich damit seit Anfang 2002 mehr als verdoppelt. Die Vorschrift des
§ 428 SGB III führt dazu, dass Versicherte bereits erheblich vor Erreichen der
gesetzlichen Regelaltersgrenze Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beanspru-
chen.

Dr. Heinrich L. Kolb
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer

Michael Kauch
Gudrun Kopp
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2687

Zukünftig muss der Grundsatz gelten, dass Leistungen aus der Arbeitslosenver-
sicherung nur bei Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt gewährt werden. Durch
die vorgeschlagene Änderung ist sichergestellt, dass nur noch Personen, die vor
dem 1. Juli 2004 das 58. Lebensjahr vollendet haben und der Anspruch eben-
falls vor diesem Tag bestand, noch unter den Anwendungsbereich des § 428
SGB III fallen.
Zu Buchstabe b
Redaktionelle Folgeänderung, die klarstellt, dass ein Anspruch auf Altersrente
mit 60 Jahren nach § 237 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b nur noch gewährt werden
kann, wenn der Vertrauenstatbestand, d. h. der Versicherte vor dem Tag der
zweiten und dritten Lesung dieses Gesetzentwurfes eine Altersteilzeitregelung
vereinbart hat.
Die Vertrauensschutzregelung ist zudem nur auf diejenigen Versicherten anzu-
wenden, die den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages bis zum 30. Juni 2004
dem jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger anzeigen. Hier wird dem
berechtigten Interesse der Allgemeinheit Rechnung getragen, so dass die Ren-
tenversicherungsträger möglichst frühzeitig Informationen über die erwartba-
ren Kosten der Altersteilzeit erhalten, da damit erhebliche Rückwirkungen auf
Beitragssätze, Beschäftigung und Wachstum verbunden sein können.
Zu Nummer 2
Das Finanzierungsproblem der sozialen Sicherungssysteme wird durch die ge-
ringe Erwerbstätigkeit in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen deutlich ver-
schärft. In Deutschland betrug die Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen,
d. h. der Anteil der Erwerbstätigen an der gesamten Bevölkerung der Alters-
gruppe, im Jahr 2001 nach OECD-Angaben lediglich 41,5 Prozent. Demgegen-
über lag die Erwerbsbeteiligung Älterer in beschäftigungspolitisch erfolg-
reicheren Ländern wesentlich höher als in Deutschland – etwa in der Schweiz
bei 68 Prozent, in Schweden bei 70 Prozent und in den USA bei 60 Prozent.
Eine geringe Erwerbsbeteiligung Älterer ist ein warnender Indikator für die
strukturelle Schwäche des deutschen Arbeitsmarktes. Gleichzeitig ist die
Arbeitslosenquote in Ländern mit einer hohen Erwerbsquote deutlich niedriger
als in Deutschland. So betrug die Arbeitslosenquote im Jahr 2002 in der
Schweiz 3,1 Prozent, in Schweden 4,9 Prozent und in den USA 5,8 Prozent,
während sich die Quote in Deutschland auf 8,6 Prozent belief (jeweils
OECD-Standard).
Das Altersteilzeitgesetz hat diese Tendenz zusätzlich begünstigt, indem die
Inanspruchnahme der Altersteilzeit im Blockmodell ein hoch subventioniertes
Frühverrentungsmodell darstellt. Entgegen der ursprünglichen Intention des
Gesetzgebers wird hier nicht ein gleitender Übergang in den Ruhestand ermög-
licht, sondern die Verdrängung älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsmarkt
noch staatlich gefördert. Die Subventionierung der Altersteilzeit erfolgt einer-
seits in bestimmten Fällen durch Erstattungen der Bundesagentur für Arbeit für
Aufwendungen der Unternehmen für Aufstockungsbeträge zum Nettogehalt
und zu den Rentenversicherungsbeiträgen, zum anderen durch die unzureichen-
den Rentenversicherungsbeiträge und durch die unzureichenden Rentenab-
schläge bei der Rente wegen Arbeitslosigkeit und nach Altersteilzeit sowie
auch durch eine Steuerfreiheit dieser Aufstockungsbeträge bei der Einkommen-
steuer.
Mit der Änderung ist klargestellt, dass die Bundesagentur für Arbeit Leistungen
zur Förderung der Altersteilzeit nur noch in solchen Fällen zu zahlen verpflich-
tet ist, die Vertrauensschutz genießen, weil die Anspruchsvoraussetzungen nach
den §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 2 Altersteilzeitgesetz vor der zweiten und dritten Le-
sung dieses Gesetzentwurfes vorgelegen haben.

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