BT-Drucksache 15/2668

Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten verdeckten Feldbeobachtung stoppen

Vom 10. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2668
15. Wahlperiode 10. 03. 2004

Antrag
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Volker Wissing, Gudrun Kopp, Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Sybille
Laurischk, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike
Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt,
Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb,
Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Hermann Otto Solms,
Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Projekt des Umweltbundesamtes zur so genannten verdeckten
Feldbeobachtung stoppen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Das Umweltbundesamt hat mit dem Projekt (Az.: Z 1.6-93401-40/02, FKZ
20367442/02) im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung für große Verärge-
rung bei Land- und Forstwirten gesorgt. In der Projektausschreibung des Um-
weltbundesamtes (UBA) heißt es, dass mittels „verdeckter Feldbeobachtung“
auf gewässernahen landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzten Flächen und
ggf. unterstützt durch die Entnahme von Boden- und Pflanzenproben ein Fehl-
verhalten der Landwirte bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erfasst
werden soll.
Als Ziel der Untersuchung wird genannt, „einen realistischen Überblick über
die Anwendungspraxis im Pflanzenschutz und den Umgang mit Abstandsrege-
lungen zu gewinnen“. In der Antwort auf eine schriftliche Frage des Abgeord-
neten Dr. Volker Wissing schreibt die Bundesregierung, dass es „insbesondere
auch um die Ableitung von Verbesserungsvorschlägen für die zukünftige Voll-
zugstätigkeit im Pflanzenschutzbereich geht“.
Das vom UBA gewählte Verfahren ist zur Verfolgung der angegebenen Ziele
nicht geeignet. Die fachgerechte Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln steht
im allgemeinen öffentlichen Interesse. Nur so ist gewährleistet, dass das Ziel
der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die Sicherung landwirtschaftlicher
Erträge bei möglichst geringer Beeinträchtigung der Umwelt erreicht wird.
Dies ist auch Ziel der Landwirte, die Pflanzenschutzmittel anwenden. Je effizi-
enter deren Einsatz ist, umso geringer sind die Kosten für den Landwirt. Daher
müssen die Geräte zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln regelmäßig
überprüft werden, Landwirte müssen einen Fachkundenachweis erbringen, die
regional tätigen Pflanzenschutzämter überprüfen regelmäßig die Ausbringung

Drucksache 15/2668 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
von Pflanzenschutzmitteln, die EU kontrolliert ebenfalls die Anwendung der
Bestimmungen der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln.
Zurzeit wird von einer Expertengruppe von Bund und Ländern unter der Verant-
wortung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
das „Handbuch Pflanzenschutzkontrollprogramm – Bund-Länder-Programm
zur Überwachung des Inverkehrbringens und der Anwendung von Pflanzen-
schutzmitteln nach dem Pflanzenschutzgesetz“ erstellt.
Die Projektbeschreibung des UBA haben Land- und Forstwirte als den Versuch
der Kriminalisierung ihres Berufsstandes durch das UBA empfunden. Der Prä-
sident des Deutschen Bauernverbandes hat deshalb das UBA scharf kritisiert.
Prof. Dr. Troge, Präsident des UBA, hat in seinem Antwortschreiben vom
20. Februar 2004, das dem Ausschuss für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft vorliegt, dargelegt, dass von seinem Haus „keinesfalls an eine
Bespitzelung, ein Ausspionieren, gar an eine Kriminalisierung oder ein Denun-
zieren der Landwirte mit diesem Projekt gedacht sei“. Unabhängig davon ist
das Ansinnen des Umweltbundesamtes mit rechtstaatlichen Grundsätzen nicht
zu vereinbaren. Die „verdeckte Feldbeobachtung“ ist kein legitimes Mittel der
Kontrolle des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln.
Das Projekt ist nicht nur in seinem Sprachgebrauch, sondern insgesamt ver-
fehlt. Denn unabhängig von den Ergebnissen und deren Verwendung entsteht
erheblicher Schaden. Das Projekt bestätigt die Vermutung vieler Landwirte,
dass die Vertreter des Umweltbundesamtes die gute fachliche Praxis von Land-
und Forstwirten grundsätzlich in Frage stellen. Dadurch wird der in Deutsch-
land weitgehend herrschenden guten Kooperation zwischen Landwirtschaft
und Umweltschutz die Basis entzogen.
Für Verbesserungen in der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist eine gute
Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz Voraussetzung. Weiter
sollten die Aus- und Weiterbildung der Anwender von Pflanzenschutzmitteln
an die gestiegenen Erfordernisse angepasst und in Zusammenarbeit mit den
Pflanzenschutzämtern praxisnahe Anwendungsvorschriften entwickelt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. das Projekt des Umweltbundesamtes zur „verdeckten Feldbeobachtung“

unverzüglich zu stoppen und aufzugeben;
2. sich unverzüglich und eindeutig von dem Projekt des Umweltbundesamtes

zu distanzieren, um weiteren Schaden für das Umweltbundesamt und die
heimischen Land- und Forstwirte abzuwenden;

3. im zuständigen Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
und im zuständigen Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft zu klären und den Deutschen Bundestag darüber zu infor-
mieren, wer und ab welchem Zeitpunkt in dieses Projekt eingebunden war,
um in der Zukunft Vorkommnisse dieser Art zu verhindern.

Berlin, den 9. März 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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