BT-Drucksache 15/2621

Planungsstand und Auswirkungen des Ein-Endlager-Konzeptes

Vom 2. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2621
15. Wahlperiode 02. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dietrich Austermann, Dr. Peter Paziorek, Steffen Kampeter,
Jochen-Konrad Fromme, Albrecht Feibel, Ilse Aigner, Norbert Barthle, Dr. Rolf
Bietmann, Jochen Borchert, Cajus Caesar, Manfred Carstens (Emstek), Marie-
Luise Dött, Dr. Maria Flachsbarth, Herbert Frankenhauser, Hans-Joachim Fuchtel,
Georg Girisch, Tanja Gönner, Josef Göppel, Kurt-Dieter Grill, Holger Haibach,
Susanne Jaffke, Bartholomäus Kalb, Bernhard Kaster, Norbert Königshofen,
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Dr. Michael Luther, Doris Meyer (Tapfheim),
Franz Obermeier, Ulrich Petzold, Kurt J. Rossmanith, Georg Schirmbeck, Antje
Tillmann, Klaus-Peter Willsch, Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Planungsstand und Auswirkungen des Ein-Endlager-Konzeptes

Bis 1998 waren die gemeinsamen Beschlüsse von Bund und Ländern aus den
Jahren 1979 und 1990 die konsensuale Grundlage der nuklearen Entsorgung in
Deutschland. Noch 1990 wurde der Bund auf Wunsch des damaligen Minister-
präsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Johannes Rau, durch einen ein-
stimmigen Bund/Länder-Beschluss aufgefordert, schnellstmöglich ein Endla-
ger für schwach- und mittelradioaktive Abfälle zu bauen. Diesen Konsens
zwischen SPD, CDU/CSU und FDP hat die Bundesregierung 1998 ohne jegli-
che Gespräche mit den Bundesländern einseitig verlassen und auf die so ge-
nannte Ein-Endlager-Konzeption gesetzt. Der für eine alternative Standort-
suche von der Bundesregierung eingesetzte „AK End“ hat seine Ergebnisse im
Dezember 2002 vorgelegt. Eine Bewertung dieser Ergebnisse durch die Bun-
desregierung bzw. eine Strategie zur Umsetzung der Vorschläge des „AK End“
liegen bis heute nicht vor.
Der von der Bundesregierung einseitig auf den Weg gebrachte Entscheidungs-
findungsprozess birgt mit zunehmender Dauer auch erhebliche und stetig wach-
sende finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt. Zudem gibt es aus recht-
licher und fachlicher Sicht zahlreiche begründete Zweifel an der Art und Weise
der Entscheidungsfindung und am Ein-Endlager-Konzept selbst.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Trifft es zu, dass der Bundesrechnungshof ein Prüfungsverfahren zu Arbei-

ten der Bundesregierung an einem neuen Konzept zur Endlagerung radioak-
tiver Abfälle betreibt, insbesondere zur Frage der Umsetzbarkeit und der
Auswirkungen des Ein-Endlager-Zieles?

2. Liegt der Bundesregierung dazu mittlerweile eine Prüfungsmitteilung des
Bundesrechnungshofes vor, und wenn ja, wann ist mit einer Vorlage im
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages zu rechnen?

Drucksache 15/2621 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. Ist die Bundesregierung bereit, die Prüfungsmitteilung vorab zu veröffent-
lichen?

4. Hält die Bundesregierung die Feststellungen des Bundesrechnungshofes
für geeignet, um Kosteneinsparungspotenziale bei der Realisierung von
Endlagern zu erschließen?

5. Beabsichtigt die Bundesregierung, Konsequenzen aus der Prüfungsmittei-
lung zu ziehen, und wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht?

6. Gibt es andere Staaten, die ein Ein-Endlager-Konzept vertreten, und wenn
ja, welche und unter welchen geologischen und ökonomischen Bedingun-
gen?

7. Welche Gutachten und Studien hat das Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zur Untersuchung des Ein-End-
lager-Konzeptes in Auftrag gegeben und wie hoch war jeweils der finan-
zielle Aufwand dafür (bitte einzeln auflisten)?
Was waren die Ergebnisse dieser Gutachten und Studien?

8. Gibt es Gutachten- oder Studienaufträge, die seitens des BMU abgebro-
chen wurden, und wenn ja, welche und was war jeweils der Grund dafür?
Wie hoch war jeweils der finanzielle Aufwand?

9. Wann legt die Bundesregierung ihre Bewertung des bereits im Dezember
2002 veröffentlichten Ergebnisberichtes des „AK End“ vor?

10. Welche Mengen schwach- und mittelradioaktiven Abfalls sind zur Einlage-
rung in „Schacht Konrad“ vorgesehen?

11. Welche Mengen schwach- und mittelradioaktiven Abfalls befinden sich
gegenwärtig in Zwischenlagern bzw. Landessammelstellen?

12. Welche Mengen schwach- und mittelradioaktiven Abfalls werden noch bis
zur Inbetriebnahme von „Konrad“ bzw. bis zum Jahre 2030 erwartet?

13. Wie beabsichtigt die Bundesregierung den Widerspruch zwischen dem
Ein-Endlager-Konzept und Entscheidungen früherer Bundes- und Landes-
regierungen u. a. rechtlich aufzulösen, ohne Schadensersatzansprüche der
Energieversorgungsunternehmen (EVU) auszulösen?

14. Welche Auswirkungen bzw. Möglichkeiten hinsichtlich der Frage des Ent-
schädigungsanspruches der EVU ergeben sich aus dem Wortlaut der An-
lage 7 der „Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energie-
versorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000“?
Wäre eine etwaige Rückzahlung vom Staat an die EVU zweckgebunden,
und wenn ja, warum und woran, und wenn nein, warum nicht?

15. Welche Aufwendungen wurden bisher für das „Projekt Konrad“ insgesamt
getätigt und wie wurden diese finanziert?

16. Wer ist Verursacher der einzelnen Mengen schwach- und mittelradio-
aktiven Abfalls und wen trifft die Kostenlast für welche Mengen?

17. Ergeben sich aus dem tatsächlichen Mengenaufkommen Abweichungen in
der Kostentragungspflicht im Vergleich zu den bisher geleisteten Voraus-
zahlungen, und wenn ja, in welcher Höhe?
Wie sind die entsprechenden Risiken für den Bundeshaushalt abgesichert
bzw. in der Finanzplanung berücksichtigt?

18. Trifft es zu, dass der Bundesrechnungshof die Auffassung vertritt, dass eine
politisch bedingte Aufgabe des Endlagers „Konrad“ zu einer Rückzah-
lungspflicht der Vorausleistungen führt, und wenn ja, teilt die Bundesregie-
rung diese Auffassung?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2621

19. Wie stellt sich die Bundesregierung die Finanzierung ihres Ein-Endlager-
Konzepts konkret vor?

20. Wie rechtfertigt die Bundesregierung die in Milliardenhöhe verursachten
Mehrkosten durch die Verzögerung im Ablauf der Endlagerkonzeption?
Wie hat die Bundesregierung auf entsprechende Veröffentlichungen der
Helmholtz-Gesellschaft aus dem Jahre 1999 reagiert?

21. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass weitere Verzögerungen von
Entscheidungen bezüglich der Endlagerung zu Mehrkosten für die Volks-
wirtschaft und erheblichen Haushaltsrisiken führen?
Wenn ja, in welcher Höhe, wenn nein, warum nicht?
Was hat die Bundesregierung getan, um weitere Schäden durch Verzöge-
rungen von der Volkswirtschaft, den Bürgern und der Wirtschaft, die dies
über Steuern und Gebühren finanzieren müssen, abzuwenden?

22. Wie vereinbart sich das von der Bundesregierung befürwortete Ein-End-
lager-Konzept mit der vom Bund gegenüber dem Land Niedersachsen im
Vorfeld der Erteilung des Planfeststellungsbescheides vertretenen Auf-
fassung, wonach die Genehmigung für „Schacht Konrad“ erteilt werden
musste?

23. Hält die Bundesregierung „Schacht Konrad“ für ein geeignetes „Ein-End-
lager“?

24. Welche Aufträge bzw. wissenschaftliche Gutachten und Studien wurden
hinsichtlich der vermeintlichen Nicht-Eignung des Salzstockes Gorleben
jeweils wann und zu welchen, von wem getragenen Kosten vergeben?
Wann liegen die Ergebnisse der einzelnen Gutachten und Studien jeweils
spätestens vor (bitte Angaben zu jeder einzelnen Studie bzw. jedem einzel-
nen Gutachten)?

Berlin, den 2. März 2004
Dietrich Austermann
Dr. Peter Paziorek
Steffen Kampeter
Jochen-Konrad Fromme
Albrecht Feibel
Ilse Aigner
Norbert Barthle
Dr. Rolf Bietmann
Jochen Borchert
Cajus Caesar
Manfred Carstens (Emstek)
Marie-Luise Dött
Dr. Maria Flachsbarth
Herbert Frankenhauser
Hans-Joachim Fuchtel
Georg Girisch
Tanja Gönner
Josef Göppel

Kurt-Dieter Grill
Holger Haibach
Susanne Jaffke
Bartholomäus Kalb
Bernhard Kaster
Norbert Königshofen
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Dr. Michael Luther
Doris Meyer (Tapfheim)
Franz Obermeier
Ulrich Petzold
Kurt J. Rossmanith
Georg Schirmbeck
Antje Tillmann
Klaus-Peter Willsch
Werner Wittlich
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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