BT-Drucksache 15/2603

Deutschland braucht Klarheit bei der Verkehrsinfrastruktur

Vom 2. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2603
15. Wahlperiode 02. 03. 2004

Antrag
der Abgeordneten Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach),
Eduard Oswald, Georg Brunnhuber, Dietrich Austermann, Steffen Kampeter,
Bartholomäus Kalb, Ilse Aigner, Norbert Barthle, Renate Blank, Wolfgang Börnsen
(Bönstrup), Jochen Borchert, Cajus Caesar, Manfred Carstens (Emstek), Hubert
Deittert, Albrecht Feibel, Enak Ferlemann, Herbert Frankenhauser, Jochen-Konrad
Fromme, Dr. Michael Fuchs, Hans-Joachim Fuchtel, Peter Götz, Markus Grübel,
Klaus Hofbauer, Bernd Heynemann, Susanne Jaffke, Bernhard Kaster, Volker
Kauder, Norbert Königshofen, Werner Kuhn (Zingst), Eduard Lintner, Dr. Michael
Luther, Laurenz Meyer (Hamm), Klaus Minkel, Henry Nitzsche, Günter Nooke, Kurt
J. Rossmanith, Georg Schirmbeck, Gero Storjohann, Lena Strothmann, Antje
Tillmann, Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter, Klaus-Peter Willsch und der
Fraktion der CDU/CSU

Deutschland braucht Klarheit bei der Verkehrsinfrastruktur

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Bundesregierung gibt den wirtschaftlichen Schaden des Bundes aus der
Verzögerung bei der Einführung der streckenbezogenen LKW-Maut mit
6,5 Mrd. Euro an. Nach Feststellung des Bundesministers für Verkehr, Bau-
und Wohnungswesen, Dr. Manfred Stolpe, in seinem Schreiben vom 17. Feb-
ruar 2004 an die Konsortialpartner DaimlerChrysler Services AG, Deutsche
Telekom und Cofiroute S. A. ist das die Folge des von Toll Collect vorgelegten
Projektplans, der gegenüber dem Betreibervertrag eine Verzögerung der Maut-
erhebung um 28 Monate zur Folge habe.
Die von der Bundesregierung in Erwägung gezogene vorübergehende Wieder-
einführung der Eurovignette ist dabei deutlich weniger ergiebig, denn sie bringt
lediglich ca. 450 Mio. Euro Einnahmen pro Jahr gegenüber den anvisierten
2,8 Mrd. Euro jährlich aus dem satellitengestützten System.
Die gegenwärtige Situation ist eine finanzielle Katastrophe für die Finanzie-
rung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland, denn ausweislich des Einzel-
plans 12 des Bundeshaushalts sind allein für Investitionen in die Verkehrs-
infrastruktur im Jahre 2004 aus der Maut als Ersatz für gekürzte Investitions-
mittel rund 2,1 Mrd. Euro vorgesehen. Diese verteilen sich auf die Bundes-
fernstraßen in Höhe von 1,060 Mrd. Euro, auf die Schienenwege in Höhe von
782 Mio. Euro und auf die Bundeswasserstraßen in Höhe von 251 Mio. Euro.
Die Bundesregierung und insbesondere die Bundesminister Dr. Manfred Stolpe
und Hans Eichel hätten dieses finanzielle Desaster verhindern können, wenn sie
sich an den im Vermittlungsverfahren gefundenen Kompromiss gehalten hät-

Drucksache 15/2603 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
ten, auf dessen Basis Deutscher Bundestag und Bundesrat nahezu einstimmig
§ 11 des Gesetzes über die Erhebung von streckenbezogenen Gebühren für die
Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen (ABMG) in
einer Neufassung verabschiedet haben. Demnach sollten die Mauteinnahmen
dem Verkehrshaushalt zusätzlich zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur
und überwiegend für den Straßenbau zur Verfügung gestellt werden. In Verlet-
zung dieser gesetzlichen Bestimmungen wurden aber die bisherigen Verkehrs-
investitionen im Bundeshaushalt um rund 22 Prozent gekürzt und teilweise
durch Mauteinnahmen wieder aufgefüllt. Insgesamt gehen die Investitionen in
die Verkehrsinfrastruktur im Jahr 2004 trotz Maut sogar noch gegenüber dem
Vorjahr zurück.
Diese Vorgehensweise der Bundesregierung führt voraussichtlich dazu, dass es
bei Straße und Schiene im Jahr 2004 erstmals seit Bestehen der Bundesrepublik
Deutschland keinen einzigen Baubeginn eines neuen Projektes geben wird.
Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 25. November 2003 liegt
sogar bereits eine Streichliste im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und
Wohnungswesen (BMVBW) vor.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutsche Bahn AG, Hartmut Mehdorn, hat in
Kenntnis der finanziellen Situation bereits mit Schreiben vom 18. Dezember
2003 Tiefbauunternehmern mitgeteilt, dass alle laufenden Ausschreibungen
und Vergaben für die Eisenbahninfrastruktur gestoppt werden und darüber hin-
aus auch die Möglichkeit untersucht wird, laufende Projekte qualifiziert abzu-
brechen.
Bei alledem ist zu bedenken, dass bei Erstellung der Streichliste des BMVBW
das ganze Ausmaß der fehlenden Mauteinnahmen noch nicht absehbar war.
Hinzu kommen noch Einsparungen von weit mehr als einer halben Mrd. Euro,
die das BMVBW im Jahre 2004 zusätzlich erbringen muss und zu denen auch
die Verkehrsinvestitionen herangezogen werden sollen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, dem Deutschen Bun-
destag
– einen Bericht zuzuleiten, in dem endlich das ganze Ausmaß der fehlenden

Mauteinnahmen und alle haushaltsrelevanten Auswirkungen des Mautaus-
falls dargestellt werden;

– mitzuteilen, welche konkreten Verkehrsinfrastrukturprojekte nach derzei-
tigem Stand gestrichen werden sollen;

– in einem schlüssigen Konzept darzulegen, wie die fehlenden Einnahmen
ausgeglichen werden sollen, damit die notwendigen Aus- und Neubauten bei
Straße, Schiene und Wasserstraße erfolgen können. Dabei sind insbesondere
Einsparungen bei den konsumtiven Ausgaben des Bundes vorzusehen;

– konkrete Zeitangaben dazu zu machen, wann die Bundesländer und die
Deutsche Bahn AG Klarheit darüber bekommen, mit welchen Investitions-
zuschüssen des Bundes sie rechnen können.

Berlin, den 2. März 2004
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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