BT-Drucksache 15/2527

Situation der Weiterbildung in Deutschland

Vom 11. Februar 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2527
15. Wahlperiode 11. 02. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Christoph Hartmann (Homburg), Dirk Niebel, Cornelia Pieper,
Ulrike Flach, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher,
Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Günther Friedrich
Nolting, Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Günter Rexrodt,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Situation der Weiterbildung in Deutschland

Erklärtes Ziel der Regierungskoalition bei den „Gesetzen über moderne Dienst-
leistungen am Arbeitsmarkt“ war es u. a., einerseits bei der Weiterbildung zu
sparen, andererseits durch eine Neuausrichtung, in der die Ausgabe von Bil-
dungsgutscheinen einen zentralen Punkt darstellt, die berufliche Weiterbildung
zu effektivieren, qualitativ zu verbessern und in Kombination mit anderen Maß-
nahmen Arbeitslosigkeit wirksamer zu bekämpfen. Um die Effizienz der von der
Bundesagentur für Arbeit (BA) gefördertenWeiterbildungsmaßnahmen zu erhö-
hen, wurden die Agenturen für Arbeit vom Vorstand der BA angewiesen, nur
noch Weiterbildungen zu fördern, bei denen eine Verbleibsquote von 70 %
erreicht wird. Die Mittel für die berufliche Weiterbildung wurden erheblich
gekürzt.
In § 87 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) wird das Bundesministerium
für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) ermächtigt, das Nähere über fachkundige
Stellen, das Verfahren der Zulassung von Trägern und Maßnahmen durch fach-
kundige Stellen und deren Zulassung zu bestimmen. Eine entsprechende Rechts-
verordnung liegt bislang nicht vor.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Bildungsgutscheine hat die BA seit Januar 2003 ausgegeben?
2. Gibt es zwischenzeitlich eine bundesweite statistische Erfassung der einge-

lösten Bildungsgutscheine?
3. Wenn ja, wie viele dieser Bildungsgutscheine wurden bislang eingelöst?
4. Wenn nein, wie viele Bildungsgutscheine wurden von den Agenturen für

Arbeit für die Mittelbewirtschaftung erfasst?
5. Wie hat sich im vergangenen Jahr die Zahl der nicht eingelösten Bildungsgut-

scheine quartalsweise aufgeschlüsselt entwickelt?

Drucksache 15/2527 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

6. Welche Wartezeiten bestehen für Arbeitslose derzeit zwischen Arbeitslos-
meldung, erster Beratung im Hinblick auf eine Weiterbildung, Ausstellung
des Bildungsgutscheins und Antritt der Maßnahme durchschnittlich?

7. Wie stellt sich die Entwicklung dieser Wartezeiten im Vergleich zu den Vor-
jahren von 2000 bis 2002 dar?

8. Sind Maßnahmen geplant, diese Wartezeiten zu verkürzen?
Wenn ja, welche?

9. Wie haben sich die Ausgaben für Weiterbildungsmaßnahmen quartalsweise
in den Jahren 2002 und 2003 entwickelt?

10. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob, und wenn ja, wie
sich die Einführung der Bildungsgutscheine auf die Wettbewerbssituation
unter den Anbietern von beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen ausge-
wirkt hat?

11. Liegen der Bundesregierung Angaben vor, wie sich der Anteil der aus
BA-Mitteln geförderten Weiterbildungsmaßnahmen am Gesamtumsatz der
jeweiligen Bildungsträger verändert hat, und wenn ja, welche?

12. Hat die Bundesregierung Informationen darüber, inwieweit Bildungsträger
zur Steigerung der Effizienz beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen ihre
Geschäftspolitik stärker als bisher an den regionalen und überregionalen
arbeitsmarktpolitischen Erfordernissen ausgerichtet haben, um sich auch
Marktchancen außerhalb der von der BA geförderten Weiterbildung zu er-
schließen, und wenn ja, welche?

13. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, in welchen Fällen eine Ver-
bleibsquote von 70 % nicht erreicht werden konnte, und wenn ja, welche?

14. Welche Gründe waren hierfür ursächlich?
15. Welche Konsequenzen wurden in solchen Fällen gezogen?
16. Wie hat sich die Anzahl der Anfragen aus der Wirtschaft nach Arbeitneh-

mern entwickelt, von denen man vor der Einstellung eine konkrete Weiter-
bildungsmaßnahme verlangt?

17. In welchem Umfang werden Arbeitslose, die an einer konkreten Weiterbil-
dungsmaßnahme teilnehmen, in Betriebspraktika der zukünftigen Arbeit-
geber einbezogen?

18. Durch welche Maßnahmen wird die Transparenz des zugelassenen Weiter-
bildungsangebotes gegenüber den Bildungsgutscheininhabern sicherge-
stellt, damit diese die „Entscheidungs- und Wahlrechte“ nach § 77 SGB III
auch tatsächlich ausüben können?

19. Wie wirkt sich die ausschließlich bei den Agenturen für Arbeit liegende
Nachfrageverantwortung auf die Bildungszielplanung aus?

20. Warum hat die Bundesregierung von der Verordnungsermächtigung in § 87
SGB III bislang keinen Gebrauch gemacht und wann ist mit einer Verord-
nung zu rechnen?

21. Hat sich die fehlende Rechtsverordnung auf die Situation der Weiterbil-
dungsträger ausgewirkt?

22. Wie viele Träger wurden bereits aufgrund welcher Verfahren in 2003
zertifiziert?

23. Wie viele Maßnahmen wurden bereits aufgrund welcher Verfahren in 2003
zertifiziert?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2527

24. Wird die Zertifizierung nach ISO 9001 bei Trägern und/oder bei einzelnen
Maßnahmen als hinreichend gemäß § 84 SGB III anerkannt?
Wenn nein, warum nicht?

25. Müssen nach ISO 9001 zertifizierte Träger bzw. Maßnahmen ggf. im Hin-
blick auf bestimmte Aspekte noch zusätzlich zertifiziert werden?
Wenn ja, warum?

26. Wie viele Prüfverfahren bzw. gerichtliche Klagen wurden von Weiterbil-
dungsträgern in den Jahren 2000 bis 2003 bei der Vergabeprüfstelle der BA,
beim Bundeskartellamt und beim Oberlandesgericht eingereicht?

27. Wie viele Prüfverfahren bzw. Klagen verliefen für die Antragsteller erfolg-
reich?

28. Wie viele Stellen von hauptberuflichen Dozentinnen und Dozenten in Un-
ternehmen der Weiterbildung sind aufgrund der Kürzungsmaßnahmen der
BA im Jahr 2003 weggefallen?

29. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über die Entwicklung des Ein-
kommens der freiberuflich in der Weiterbildung beschäftigten Dozentinnen
und Dozenten im Jahr 2003 gegenüber den Vorjahren vor?
Wenn ja, welche?

30. Trifft es nach Erkenntnissen der Bundesregierung zu, dass aufgrund fehlen-
der Planungssicherheit und des Preiswettkampfes der Weiterbildungsträger
fest angestellte und nach Tariflöhnen bezahlte Dozentinnen und Dozenten
in der Weiterbildung kaum noch Beschäftigung finden können?

31. Trifft es nach Erkenntnissen der Bundesregierung zu, dass wegen fehlender
Planungssicherheit für die Träger überwiegend auf kurzfristig verfügbare
preiswerte Honorarkräfte zurückgegriffen werden muss?

32. Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung die Auswirkungen auf die Qua-
lität der Bildungsmaßnahmen?

33. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen wegen divergierender
Sichtweisen im Hinblick auf die Einstufung von Umschulungsmaßnahmen
als Maßnahmen von überregionaler Bedeutung bereits ausgestellte Bil-
dungsgutscheine nicht eingelöst werden konnten?

34. Ist bei den ggf. getroffenen Maßnahmen auch an Weiterzubildende gedacht,
die keinen Zugang zum Internet oder fehlende Kompetenz im Umgang mit
diesem Medium haben, und was sind die entsprechenden Vorkehrungen?

35. Wie viele zugelassene Weiterbildungsmaßnahmen sind im Jahr 2003 nicht
zustande gekommen, weil die notwendige Teilnehmerzahl nicht erreicht
wurde?

36. Gibt es Abschätzungen darüber, wie vieleWeiterbildungsmaßnahmen durch
mangelnde Transparenz oder mangelnde Koordination in ausgewählten
Arbeitsamtsbezirken nicht zustande gekommen sind, obwohl eine hinrei-
chende Zahl von Bildungsgutscheinen in den entsprechenden Bezirken aus-
gestellt wurde?
Wenn ja, wie sehen diese aus?

37. Wie beurteilt die Bundesregierung die Empfehlung der BA, dass dieWeiter-
bildungsträger untereinander Absprachen über das Weiterbildungsangebot
treffen sollen, um die negativen Auswirkungen der fehlenden „sanften Be-
ratung“ für Bildungsgutscheininhaber abzumildern und die Wirtschaftlich-
keit der Angebote zu verbessern?

Drucksache 15/2527 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
38. Wie beurteilt die Bundesregierung diese Empfehlungen unter wettbewerbs-
rechtlichen Aspekten?

39. Inwieweit wurde sichergestellt, dass bei den jüngsten Maßnahmeaus-
schreibungen nach den §§ 37a und 48 SGB III kleine und mittelständische
Unternehmen trotz der erheblichen Losgrößen nicht benachteiligt wurden?

Berlin, den 10. Februar 2004
Christoph Hartmann (Homburg)
Dirk Niebel
Cornelia Pieper
Ulrike Flach
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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