BT-Drucksache 15/2517

Entwicklung der Schienenverkehrsleistungen seit der Bahnreform

Vom 11. Februar 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2517
15. Wahlperiode 11. 02. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen),
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann
(Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Günter Rexrodt,
Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Entwicklung der Schienenverkehrsleistungen seit der Bahnreform

Das wichtigste Ziel der Bahnreform von 1994 war es, den Verkehrsträger Schie-
ne zu stärken und mehr Verkehr auf die Schiene zu holen. Dieses verkehrspoli-
tische Ziel ist in den Bundesverkehrswegeplänen von 1992 und von 2003 glei-
chermaßen unterstellt. Die Erreichung des Ziels „Mehr Verkehr auf die Schiene“
ist auch eine wesentliche Voraussetzung für die gesellschaftliche und politische
Akzeptanz der hohen Steuermittel, die jährlich für das Eisenbahnwesen aufge-
bracht werden. Diese Steuermittel kumulieren sich seit 1994 auf die Summe von
180 Mrd. Euro.
Die Deutsche Bahn AG (DB AG) hat in letzter Zeit die Behauptung aufgestellt,
die Zielsetzung „Mehr Verkehr auf die Schiene“ sei erfüllt worden. Dabei wer-
den von der DB AG jedoch immer wieder andere Zahlen zur Entwicklung der
Verkehrsleistung und der Marktanteile genannt.
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) ist
Herausgeber des Taschenbuchs „Verkehr in Zahlen“. Im Vorwort der Ausgabe
2003/2004 schreibt der Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen,
Dr. Manfred Stolpe:
„Im Spannungsverhältnis von Mobilitätssicherung und Infrastrukturausbau ei-
nerseits sowie der Nutzung knapper natürlicher und finanzieller Ressourcen an-
dererseits bedürfen Entscheidungen detaillierter belastbarer Datengrundlagen.
Das Taschenbuch ,Verkehr in Zahlen 2002/2003‘ bietet hierfür eine zuverlässige
Informationsquelle.“
Folgt man jedoch den Angaben von „Verkehr in Zahlen“ als „zuverlässiger
Informationsquelle“, so haben die Verkehrsleistungen und Marktanteile der
Schiene innerhalb statistisch konsistenter Zeiträume seit der Bahnreform nicht
zugenommen, sondern abgenommen.

Drucksache 15/2517 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie haben sich – in einer statistisch konsistenten Betrachtung – die Verkehrs-

leistungen im Personenfernverkehr, Personennahverkehr und Güterverkehr
in der Zeitreihe seit 1993 (einschließlich) entwickelt, ausgedrückt in Perso-
nenkilometern (PKM) bzw. Tonnenkilometern (TKM)?

2. Wie hat sich – in einer statistisch konsistenten Betrachtung – der jeweils ent-
sprechende Modalsplit, also der Anteil der Verkehrsträger am Gesamtver-
kehrsmarkt entwickelt?

3. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass in dem vom BMVBW herausge-
gebenen Taschenbuch „Verkehr in Zahlen“ (VIZ) in der Ausgabe von 1996
die Leistungen im Personenverkehr der Eisenbahn für 1994 mit 60,7 Mrd.
PKM und für 1995 mit 63,6 Mrd. PKM, in der Ausgabe VIZ 1999 jedoch für
1994 mit 66,4 Mrd. PKM und für 1995 mit 69 Mrd. PKM und in der Ausgabe
VIZ 2003 für 1995 sogar mit 75 Mrd. PKM angegeben sind?
Beruhen diese Änderungen nach Kenntnis der Bundesregierung auf korri-
gierten Angaben seitens der DB AG?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und wann die DB AG seit der Bahn-
reform die Zählmethode zur Ermittlung der Verkehrsleistungen im Personen-
verkehr und im Güterverkehr verändert hat?
Sind der Bundesregierung die Einzelheiten der jeweils veränderten Zähl-
methoden bekannt?

5. Wie erklärt sich die Bundesregierung die Tatsache, dass in den von der DB
AG herausgegebenen Geschäftsberichten seit der Bahnreform wiederholt die
Zahlenangaben für die im Personenverkehr und im Güterverkehr erbrachten
Verkehrsleistungen verändert wurden?
Sind der Bundesregierung die Gründe und die Einzelheiten der methodischen
Veränderungen bekannt?

6. Decken sich die von der DB AG in ihren jeweiligen Geschäftsberichten mit-
geteilten Angaben zu den Verkehrsleistungen mit der amtlichen Statistik, die
vom Statistischen Bundesamt geführt wird?

7. Kann die Bundesregierung die in der Zeitschrift „Das Parlament“ im Januar
2002 unter der Überschrift „Die Bahnreform – Ergebnisse können sich sehen
lassen. Eine Erfolgsgeschichte“ aufgestellte Behauptung nachvollziehen und
bestätigen, die Verkehrsleistung der DB AG sei von 1993 bis 2000 im Per-
sonennahverkehr um 30,5 Prozent, im Personenfernverkehr um 8,2 Prozent
gestiegen; dies sei mit einer Verkehrsverlagerung von der Straße auf die
Schiene verbunden gewesen; der Modal-Split-Anteil sei von 7 Prozent auf
8,2 Prozent gestiegen?
Wenn ja, wie verträgt sich diese Aussage mit derjenigen im „Verkehrsbericht
der Bundesregierung“ von November 2000, wo es heißt: „Bisher ist es nicht
gelungen den Anteil des Verkehrsträgers Schiene im Personenfernverkehr
nachhaltig zu steigern, und die Verkehrsleistungen sind im Güterfernverkehr
zwischen 1991 und 2000 zurückgegangen“?

8. Ist der Bundesregierung die Publikation der DB AG „Daten und Fakten“ von
1997/98 bekannt und kann sie bestätigen, dass dort die Leistungen des Per-
sonenfernverkehrs der DB AG für die Jahre von 1993 bis einschließlich 1997
mit jeweils rund 31 Mrd. PKM angegeben wurden?
Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass in der Publikation „Daten und
Fakten“ 1998/99 die Leistungen im Personenfernverkehr rückwirkend im
Jahresdurchschnitt auf über 35 Mrd. PKM angehoben wurden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2517

9. Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich in der genannten Broschüre „Da-
ten und Fakten“ 1997/98 Angaben für den Personennahverkehr der DB AG
befinden, nach denen die Verkehrsleistungen von 1994 bis 1997 kontinuier-
lich gesunken sind?
Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass in der Ausgabe 1998/99 die An-
gaben zu den Verkehrsleistungen von 1994 bis 1997 um mehrere Milliarden
Personenkilometer höher liegen als in der Ausgabe 1997/98?
Wie erklärt sich die Bundesregierung die nochmalige Steigerung, die sich
aus der Ausgabe 2000 der Broschüre „Daten und Fakten“ ergibt, wonach die
Verkehrsleistung im gleichen Zeitraum nunmehr mit steigender Tendenz
deutlich über 35 Mrd. PKM im Nahverkehr betragen haben soll?

10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die von der DB AG bei-
spielsweise in dem zitierten Artikel in der Zeitschrift „Das Parlament“
(Januar 2002) angegebene Steigerung der Verkehrsleistungen nur dann her-
geleitet werden kann, wenn für das Jahr 1993 ein Ausgangswert nach der
alten Zählmethode, für 2002 jedoch ein Wert nach der neuen Zählmethode
verwendet wurde?
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine solche Vorgehensweise
den Anforderungen einer ordnungsgemäßen statistischen Methode grob
widersprechen würde?

11. Ist der Bundesregierung bekannt, wie die DB AG die neuerdings für das
Jahr 1993 genannte Verkehrsleistung im Schienenpersonenverkehr von
62,7 Mrd. PKM ermittelt hat angesichts der Tatsache, dass im Geschäfts-
bericht von 1998 einWert von 60,9 Mrd. PKM für das Jahr 1993 genannt ist
und im vom BMVBW herausgegebenen Taschenbuch „Verkehr in Zahlen“
(einheitlich in den Ausgaben 1996, 1999, 2003) ein Wert von 58,7 Mrd.
PKM für den ganzen Eisenbahnsektor im Jahr 1993 angegeben wird?

12. Auf welcher Rechtsgrundlage sind Eisenbahnunternehmen verpflichtet,
Mitteilungen über die von ihnen erbrachten Verkehrsleistungen zu machen?

13. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, bei den Mitteilungen der
Eisenbahnunternehmen für mehr Transparenz und statistische Konsistenz
zu sorgen?
Wenn ja, in welcher Weise beabsichtigt die Bundesregierung dies zu tun?

Berlin, den 11. Februar 2004
Horst Friedrich (Bayreuth)
Joachim Günther (Plauen)
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer

Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Rainer Stinner
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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