BT-Drucksache 15/2227

Adäquate Versorung von Schmerzpatienten

Vom 11. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2227
15. Wahlperiode 11. 12. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel
Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga
Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael
Kauch, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard
Otto (Godern), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. ClaudiaWinterstein und der Fraktion der FDP

Adäquate Versorgung von Schmerzpatienten

Chronisch Schmerzkranke werden in Deutschland nach wie vor nicht immer
angemessen behandelt. So bemängelt z. B. der Verband Deutscher Ärzte für
Algesiologie, dass aktuelle Forschungsergebnisse über Schmerztherapie in der
aktuellen Approbationsordnung für Ärzte kein verpflichtender Bestandteil der
Ausbildung angehender Ärzte ist. Chronische Schmerzkrankheiten werden in
den ICD-Verschlüsselungen nur sehr bedingt und in den diagnosebezogenen
Fallpauschalen (DRG) gar nicht berücksichtigt.
Um die Defizite bei der Versorgung chronisch Schmerzkranker zu vermindern,
haben sich einige Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen in
Schmerztherapievereinbarungen über die Vergütung und Behandlung chronisch
Schmerzkranker geeinigt. Diese Vereinbarungen wurden auf freiwilliger Basis
abgeschlossen. Sie gelten nur für einen Teil der Patienten. Die anderen sind
nach wie vor damit konfrontiert, nicht die umfassende Hilfe zu bekommen, die
sie angesichts ihres Krankheitsbildes brauchen. Krankenkassen, die eine Ver-
weigerungshaltung hinsichtlich des Abschlusses von Schmerztherapievereinba-
rungen einnehmen, verschaffen sich durch geringere Ausgaben einen Wettbe-
werbsvorteil auf dem Rücken dieser besonders behandlungsbedürftigen Patien-
ten.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele chronische Schmerzkranke gibt es in Deutschland und wie viele

davon sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren?
2. Welche volkswirtschaftlichen Kosten verursachen chronisch Schmerzkranke

in Deutschland, insbesondere im Hinblick auf Medikamente, Rehabilitation
und Frühverrentung?

Drucksache 15/2227 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

3. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten für Rehabilitation und
Frühverrentung ein, die sich bei einer optimalen Medikamentenversorgung
von chronisch Schmerzkranken einsparen ließen?

4. Wie schätzt die Bundesregierung die Versorgung der chronischen Schmerz-
kranken, insbesondere der Kinder und Jugendlichen, in der Bundesrepublik
Deutschland ein?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass Krankenkassen
zunehmend die Kostenübernahme für wissenschaftlich begründete und
erfolgreiche Schmerztherapien mit bei Kindern nicht zugelassenen Medi-
kamenten ablehnen?

6. Welche Erkenntnisse über Defizite in der Behandlung chronisch Schmerz-
kranker und insbesondere von Kindern liegen der Bundesregierung vor?

7. Wird nach Auffassung der Bundesregierung den Besonderheiten und
Schwierigkeiten bei der schmerztherapeutischen Behandlung von Kindern
(z. T. fehlende Schmerzkommunikation, Fehlen kindgerechter Arzneimittel
und Darreichungsformen, Notwendigkeit der interdisziplinären, kinderspe-
zifischen Behandlung etc.) in der derzeitigen Versorgung Rechnung getra-
gen?

8. Welche Forschungsprojekte zur Behandlung chronisch Schmerzkranker
werden durch den Bund gefördert?

9. Hält die Bundesregierung es für vertretbar, dass die Schmerztherapie, auch
nach Inkrafttreten der neuen Approbationsordnung zum 1. Oktober 2003,
kein Bestandteil der Ärzteausbildung ist?

10. Wo gibt es zurzeit Schmerztherapievereinbarungen zwischen Krankenkas-
sen und Kassenärztlichen Vereinigungen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung im Hinblick darauf, dass die Schmerz-
therapie im derzeitigen Einheitlichen Bewertungsmaßstab Ärzte (EBM)
nicht vorkommt, die Verweigerung von Krankenkassenspitzenverbänden
eine gesonderte Schmerztherapie-Vereinbarung bis zum Inkrafttreten des
EBM abzuschließen, um Schmerzpatienten adäquat versorgen zu können?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, dass chronische
Schmerzkrankheiten in den ICD-Verschlüsselungen so gut wie gar nicht
und in den diagnosebezogenen Fallpauschalen überhaupt keine Berück-
sichtigung finden?

13. Wie können medizinische Leistungserbringer Schmerztherapien abrech-
nen, wenn die Krankenkasse des versicherten Schmerzpatienten keine
Schmerztherapievereinbarung mit der zuständigen Kassenärztlichen Ver-
einigung abgeschlossen hat?

14. Welche Zusatzkosten entstehen der gesetzlichen Krankenversicherung bei
einer angemessenen Versorgung chronisch schmerzkranker Patienten?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass Krankenversicherungen, die mit
der Kassenärztlichen Vereinigung keine Schmerztherapievereinbarung
getroffen haben, einen Kostenvorteil haben?

16. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass alle Schmerzpatienten,
insbesondere auch Kinder und Jugendliche, eine angemessene Therapie
erhalten?

17. In welchem Maße und in welcher Form findet heute Cannabis in der
Schmerztherapie Anwendung?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2227

18. Hält die Bundesregierung das für ausreichend und sachgerecht oder sind
ihres Erachtens Änderungen notwendig?

Berlin, den 10. Dezember 2003
Dr. Dieter Thomae
Detlef Parr
Dr. Heinrich L. Kolb
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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