BT-Drucksache 15/2226

Einsatz von Cannabis-Wirkstoffen in Arzneimitteln

Vom 11. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2226
15. Wahlperiode 11. 12. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae, Dr. Heinrich L. Kolb,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer,
Michael Kauch, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern),
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Claudia Winterstein und der Fraktion der FDP

Einsatz von Cannabis-Wirkstoffen in Arzneimitteln

Unabhängig von der generellen Bewertung des Cannabis-Konsums und seiner
strafrechtlichen Bewertung, findet Cannabis in pharmazeutischen Produkten
ein breites Anwendungspotenzial. So können bestimmte Wirkstoffe von Canna-
bis zur Behandlung von z. B. Übelkeit und Erbrechen, Gewichtsverlust, Spas-
tik, Schmerzen, Bewegungsstörungen, Asthma und Glaukomen eingesetzt wer-
den und lindern somit Beschwerden von schweren Erkrankungen (z. B. HIV,
Multipler Sklerose, Epilepsie). Besonders etabliert ist hierbei der Wirkstoff
Dronabinol. Dieser Wirkstoff darf in Deutschland für die Zubereitung von Re-
zepturarzneien verwendet werden. Dennoch zahlen verschiedene Krankenver-
sicherer derartige Arzneien nicht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse, die eine nachweisbare Wirksamkeit

verschiedener Cannabis-Substanzen bei bestimmten Indikationen belegen,
insbesondere vor dem Hintergrund, dass die internationale Arbeitsgemein-
schaft Cannabis als Medizin davon ausgeht, dass Cannabis bei zahlreichen
Erkrankungen Abhilfe bzw. Linderung verschaffen kann, so z. B. bei Krebs-
wachstum und Metastasierung, Spastik von Querschnittsgelähmten, neuro-
pathischen Schmerzen bei HIV, entzündlichen Darmerkrankungen, Schmer-
zen nach Operationen, Depressionen sowie bei schweren neurologischen
Erkrankungen von Kindern?

2. Gibt es evidenzbasierte Nachweise dafür, dass Cannabinoide Vorteile gegen-
über herkömmlichen Analgetika vom Opioidtyp haben?

3. Gibt es Erkenntnisse darüber, mit welchen Gefahren die Einnahme von Can-
nabinoiden gegenüber diesen Analgetika verbunden ist?

4. Liegen der Bundesregierung nähere Erkenntnisse vor zu Berichten von Pa-
tienten, der Effekt von Cannabis, z. B. in gerauchter Form, sei besser geeig-
net ihren Gesundheitszustand zu verbessern als die Einnahme von Cannabi-
noiden?

Drucksache 15/2226 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
5. Welche Cannabis-Wirkstoffe sind bereits zugelassen bzw. befinden sich
derzeit in der Zulassung für den deutschen Arzneimittelmarkt und wann ist
voraussichtlich mit einer Zulassung zu rechnen?

6. Existieren bereits andere Wirkstoffe mit ähnlichen oder stärker ausgepräg-
ten Wirkungen?

7. Wenn ja, welche Nebenwirkungen und Kostenrelationen weisen Medika-
mente mit diesen Wirkstoffen im Vergleich zu den Cannabis-Wirkstoffen
auf?

8. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass in anderen Staaten (z. B. Großbri-
tannien und USA) Arzneimittel mit den Cannabis-Wirkstoffen Nabilon und
Dronabinol zugelassen sind?

9. Weshalb sind Medikamente mit diesen Wirkstoffen in Deutschland nicht
zugelassen, obwohl diese gemäß § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes
(AMG) in Einzelfällen verschrieben und importiert werden können?

10. Unter welchen Bedingungen erstatten die gesetzlichen Krankenkassen
ihren Patienten die Kosten für ein derartiges importiertes Medikament bzw.
eine Rezepturarznei mit dem Wirkstoff Dronabinol, und wie beurteilt die
Bundesregierung diese Vorgehensweise?

11. Welchen Nutzen verspricht sich die Bundesregierung aus dem Einsatz von
Cannabis-Wirkstoffen?

12. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorschlag, Menschen, die aus medi-
zinischen Gründen im Besitz von Cannabis sind und dieses konsumieren,
zu entkriminalisieren?

13. Warum hat das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte bisher
sämtliche Anträge von Patienten auf eine Ausnahmegenehmigung nach § 3
Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes abgelehnt?

Berlin, den 10. Dezember 2003
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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