BT-Drucksache 15/2169

Gegen eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegenüber der Volksrepublik China

Vom 10. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2169
15. Wahlperiode 10. 12. 2003

Antrag
der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth),
Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann
(Homburg), Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Michael Kauch, Gudrun Kopp,
Ina Lenke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Marita Sehn, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang
Gerhardt und der Fraktion der FDP

Gegen eine Aufhebung des EU-Waffenembargos gegenüber der
Volksrepublik China

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
In den „Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ vom 19. Januar 2000 wird „der
Beachtung der Menschenrechte im Bestimmungs- und Endverbleibsland (…)
bei den Entscheidungen über Exporte von Kriegswaffen und sonstigen Rüs-
tungsgütern besonderes Gewicht beigemessen“. Die Europäische Union erklärt
in ihrem „Verhaltenskodex für Waffenausfuhren“ vom 8. Juni 1998 die „Ach-
tung der Menschenrechte im Endbestimmungsland“ ausdrücklich zur Voraus-
setzung für Waffenexporte. Die Bundesregierung bekennt sich zu diesem EU-
Verhaltenskodex und erklärt für sich darüber hinaus, gerade im Menschen-
rechtsbereich „zum Teil strengere Kriterien“ als die EU anlegen zu wollen.
In den Rüstungsexportgrundsätzen der Bundesregierung wird darüber hinaus
der Export von Waffen in Länder untersagt, „die in bewaffnete Auseinanderset-
zungen verwickelt sind oder wo eine solche droht“, oder in denen „bestehende
Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder
verschärft würden“.
Die Europäische Union hat 1989 nach dem Massaker auf dem Platz des Himm-
lischen Friedens gegenüber der Volksrepublik China ein Waffenembargo ver-
hängt. Die Volksrepublik China hat sich inzwischen auf einen mutigen, erfolg-
reichen wirtschaftlichen Reformkurs begeben, und auch im politischen Bereich
sind mittlerweile erste Anzeichen für eine Öffnung des Systems zu verzeich-
nen. Im Menschenrechtsbereich bleibt die Situation in der Volksrepublik China
allerdings bis heute unbefriedigend. Nichtregierungsorganisationen kritisieren
immer wieder die massiven Einschränkungen der Religionsfreiheit, die Verfol-
gung und Verhaftung von Dissidenten, die zum Teil gewaltsame Unterdrückung
der kulturellen Autonomiebestrebungen in Tibet und Xinjiang sowie die häu-
fige Verhängung der Todesstrafe. Auch im 6. Menschenrechtsbericht der Bun-

Drucksache 15/2169 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
desregierung wird die Menschenrechtssituation in China als „zwiespältig“ be-
zeichnet. Der erfolgreiche und unterstützenswerte Rechtsstaatsdialog mit der
Volksrepublik China wird sich erst in Zukunft auch direkt mit Fragen der Men-
schenrechte befassen.
Durch die tief greifende wirtschaftliche Umgestaltung und vorsichtige erste
Anzeichen auch für politische Reformen gibt es durchaus Hoffnung, dass sich
auch die Menschenrechtslage in der Volksrepublik China in den nächsten Jah-
ren entscheidend bessern könnte. Es wäre aber bei weitem verfrüht, der Füh-
rung in Peking schon heute eine positive Menschenrechtsbilanz zu attestieren.
Eine derartige Geste würde den Druck von der chinesischen Führung nehmen,
hier weitere Verbesserungen vorzunehmen. Zudem wäre nicht auszuschließen,
dass an China gelieferte Waffen auch unmittelbar bei Menschenrechtsverlet-
zungen eingesetzt werden.
Auch das Verbot der Lieferung von Rüstungsgebieten in Spannungsgebiete
steht im Falle Chinas zur Disposition. Die Pekinger Führung hat am 18. No-
vember 2003 scharfe Drohungen gegenüber Taiwan verlauten lassen und im
Falle weiterer Konkretisierungen möglicher taiwanesischer Unabhängigkeits-
bestrebungen sogar mit einem „militärischen Präventivschlag“ gedroht. Die
Straße von Taiwan muss deshalb gerade zurzeit eindeutig als potentielles
Spannungsgebiet gelten.

Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,
im Einklang mit ihren eigenen Rüstungsexportrichtlinien an dem EU-Waffen-
embargo solange festzuhalten, bis sich die Menschenrechtssituation in China
entscheidend und nachhaltig verbessert hat und zumindest die aktuellen Span-
nungen zwischen der Volksrepublik China und Taiwan abgeklungen sind.
Der Deutsche Bundestag fordert schließlich die Bundesregierung auf, das EU-
Waffenembargo gegenüber der Volksrepublik China als verbindlich zu betrach-
ten, keine Alleingänge vorzunehmen und nur im Einvernehmen mit den ande-
ren Mitgliedstaaten der Europäischen Union in dieser Frage zu handeln.

Berlin, den 9. Dezember 2003
Rainer Funke
Dr. Werner Hoyer
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)

Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Michael Kauch
Gudrun Kopp
Ina Lenke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Marita Sehn
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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