BT-Drucksache 15/2031

Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens als Beitrag zum Bürokratieabbau in der Justiz

Vom 12. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2031
15. Wahlperiode 12. 11. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Funke, Birgit Homburger, Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen
Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Markus Löning, Dirk
Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. Günter Rexrodt, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens als Beitrag zum Bürokratieabbau
in der Justiz

Im Zusammenhang mit den aktuellen Vorschlägen über Reformen im Bereich
der Justiz wird auch über eine grundlegende Strukturreform des deutschen
Gerichtsvollzieherwesens diskutiert. Dieses Thema gewinnt insbesondere im
Zuge der Rechtsangleichung innerhalb der Europäischen Union an Bedeutung.
Die Justizministerkonferenz hat sich im Juni 2003 mit der Privatisierung des
Gerichtsvollzieherwesens auseinandergesetzt und einen entsprechenden Be-
richt entgegengenommen.
In den vergangenen Jahren hat der hohe Arbeitsanfall und die damit verbun-
dene Belastung der 4 500 Gerichtsvollzieher im ganzen Bundesgebiet dazu ge-
führt, dass sich die Bearbeitungszeiten der Fälle erheblich verlängert haben. Oft
dauert es viele Monate bis eine gerichtliche Entscheidung umgesetzt ist.
Der Deutsche Gerichtsvollzieherbund e. V. (DGVB) ist der Auffassung, dass
der bisherige Status und die bisherigen Funktionsbestimmungen des deutschen
Gerichtsvollzieherwesens in der gegebenen Form nicht aufrechtzuerhalten sind.
Es bedürfe vielmehr einer grundlegenden Neustrukturierung und Neubestim-
mung des Gerichtsvollzieherwesens, die in der Konsequenz auf eine Form von
freiem und selbständigem Gerichtsvollziehertum hinauslaufe. Ein vom DGVB
in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die gegenwärtig
dem Gerichtsvollzieher zugewiesenen Aufgaben bei entsprechender Änderung
der bundesgesetzlichen Regelungen auch von einem freiberuflich tätigen
Gerichtsvollzieher ohne Beamtenstand wahrgenommen werden können, der
mit entsprechenden hoheitlichen Befugnissen beliehen ist.

Wir fragen die Bundesregierung
1. Welche Auffassung vertritt die Bundesregierung hinsichtlich der Überlegun-

gen, das Gerichtsvollzieherwesen zu privatisieren?

Drucksache 15/2031 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
2. Hat die Bundesregierung mit den Bundesländern bereits Gespräche über
eine mögliche Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens geführt?

3. Welche Gesetzesänderungen sind auf Bundes- und Landesebene notwen-
dig, um die Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens zu ermöglichen?

4. Könnte ein selbständiger, vom Beamtenstatus losgelöster Gerichtsvoll-
zieher hoheitliche Aufgaben durchführen, und wenn ja, auf welcher recht-
lichen Grundlage müsste dies geschehen?

5. Wie müsste die staatliche Aufsicht im Falle einer Privatisierung des Ge-
richtsvollzieherwesens ausgestaltet sein?

6. Nach welchen Kriterien und in welchem Verfahren müsste die Zulassung
zum Gerichtsvollzieherberuf bei einer Privatisierung erfolgen?

7. Inwiefern müsste bei einer Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens die
Ausbildung zum Gerichtsvollzieher reformiert werden?

8. Wie steht die Bundesregierung zu den Überlegungen, ein Ausbildungs-
modell für Gerichtsvollzieher und Rechtspfleger gemeinsam in Form eines
Fachhochschulstudiums zu entwickeln?

9. Welche Gesamteinnahmen werden durch das Gerichtsvollzieherwesen
jährlich bundesweit erzielt und wie hoch sind demgegenüber die Gesamt-
aufwendungen für Personal- und Sachmittel?

10. Welche Einsparungen lassen sich durch eine Privatisierung des Gerichts-
vollzieherwesens für die öffentlichen Haushalte erreichen (Besoldung, Ver-
sorgungsaufwendungen, Beihilfen, Bürokostenentschädigung, Auslagen-
ersatz)?

11. Wie würden sich das jetzige Kostenrecht und die Gebühren durch eine Pri-
vatisierung des Gerichtsvollzieherwesens verändern?

12. Wie steht die Bundesregierung zu den Überlegungen, die Verwaltungsvoll-
streckung regelmäßig auf die Gerichtsvollzieher zu übertragen?

Berlin, den 11. November 2003
Rainer Funke
Birgit Homburger
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp

Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Markus Löning
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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