BT-Drucksache 15/1985

Entwurf eines Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz)

Vom 12. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1985
15. Wahlperiode 12. 11. 2003

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Jörg van Essen, Rainer Funke, Günther Friedrich Nolting,
Dr. Werner Hoyer, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga
Daub, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit
Homburger, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Markus Löning, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart,
Dr. Günter Rexrodt, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion der FDP

Entwurf eines Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages
bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz)

A. Problem
Einsätze bewaffneter Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland im Ausland
bedürfen der Zustimmung des Deutschen Bundestages. Das Verfahren, in dem
die parlamentarische Zustimmung einzuholen und die parlamentarische Mitwir-
kung an Einsätzen bewaffneter Streitkräfte im Ausland abzuwickeln ist, beruht
bisher auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anschließen-
der parlamentarischer Übung. Es braucht aber nach den Erfahrungen mit den in-
zwischen durchgeführten Einsätzen verbindliche Regelungen, auf die sich der
Deutsche Bundestag und die Bundesregierung einzustellen haben und verlassen
können.

B. Lösung
Verabschiedung eines Gesetzes, das dieMitwirkung des Deutschen Bundestages
bei bewaffneten Einsätzen deutscher Streitkräfte im Ausland regelt und die
Pflichten der Bundesregierung zur Beteiligung des Deutschen Bundestages fest-
legt, um Rechtssicherheit für die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu schaffen.

C. Alternativen
Beibehaltung des bisher geübten und vereinbarten parlamentarischen Verfah-
rens auf der Grundlage der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in
Verbindung mit den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Aus-
landseinsätzen der Bundeswehr oder eine Ergänzung der Geschäftsordnung.

D. Kosten
Für den Bundeshaushalt entstehen keine zusätzlichen Kosten.

Drucksache 15/1985 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages
bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1

Parlamentsvorbehalt
(1) Jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland be-

darf der Zustimmung des Bundestages, soweit dieses Gesetz
nichts anderes bestimmt oder zulässt.

(2) Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte liegt vor, wenn
Soldaten der Bundeswehr in eine bewaffnete Unternehmung
einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete
Unternehmung zu erwarten ist.

§ 2
Grenzen des Parlamentsvorbehaltes

(1) Maßnahmen, die zur Abklärung der Notwendigkeit
von Einsätzen bewaffneter Streitkräfte, für deren Planung
und für die ausbildungsbedingte wie logistische Vorberei-
tung unabdingbar sind, bedürfen nicht der Zustimmung des
Bundestages.

(2) Humanitäre Hilfsmaßnahmen und Katastrophenhilfe
sind kein Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Sinne dieses
Gesetzes.

§ 3
Antrag der Bundesregierung

Der Bundestag entscheidet auf Grund eines Antrags der
Bundesregierung, der mindestens die Einsatzgrundlage, das
Einsatzziel, den Einsatzauftrag, den Einsatzumfang, das
Einsatzgebiet, die Einsatzdauer und die Einsatzkosten sowie
deren Finanzierung bezeichnet.

§ 4
Rückholrecht

(1) Der Bundestag kann die Zustimmung zu einem Ein-
satz bewaffneter Streitkräfte im Ausland widerrufen. In den
Fällen des § 6 Abs. 1 Buchstabe a steht das Widerrufsrecht
nur dem Ausschuss für besondere Auslandseinsätze zu. In
den Fällen des § 6 Abs. 1 Buchstabe b steht das Widerrufs-
recht dem Ausschuss für besondere Auslandseinsätze zu,
sofern nicht der Bundestag den Vorgang gemäß § 6 Abs. 3
an sich gezogen hat.

(2) Der Antrag, die Zustimmung zu einem bestimmten
Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland zu widerrufen,
bedarf der Unterstützung eines Viertels der Mitglieder des
Bundestages.

(3) Hat der Bundestag seine Zustimmung zu einem Ein-
satz bewaffneter Streitkräfte im Ausland widerrufen, hat die
Bundesregierung den Einsatz unverzüglich zu beenden.

§ 5
Ausschuss für besondere Auslandseinsätze

(1) Der Bundestag wählt aus seiner Mitte einen Aus-
schuss für besondere Auslandseinsätze. Er besteht aus
höchstens elf Mitgliedern.

(2) Jede Fraktion ist durch wenigstens ein Mitglied im
Ausschuss für besondere Auslandseinsätze vertreten.

(3) Der Ausschuss für besondere Auslandseinsätze übt
seine Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des
Bundestages hinaus so lange aus, bis der Bundestag gemäß
den Absätzen 1 und 2 entschieden hat.

§ 6
Zustimmungsermächtigungen

(1) Der Ausschuss für besondere Auslandseinsätze ist
ermächtigt, die Zustimmung zu einem Antrag der Bundes-
regierung zu erteilen, falls die Bundesregierung ihren An-
trag
a) als Verschlusssache desGeheimhaltungsgradesGEHEIM

und höher eingestuft hat,
b) wegen Gefahr im Verzuge als besonders eilbedürftig be-

zeichnet oder
c) wegen der Teilnahme einzelner deutscher Soldaten an

bewaffneten Einsätzen der Vereinten Nationen, der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa, der North Atlantic Treaty Organization, anderer
Systeme gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne
von Artikel 24 Abs. 2 des Grundgesetzes oder der Euro-
päischen Union stellt.
(2) Der Bundestag kann den Ausschuss für besondere

Auslandseinsätze ermächtigen, die Zustimmung zu einem
Antrag der Bundesregierung zu erteilen.

(3) Der Bundestag kann Anträge der Bundesregierung,
zu denen eine Ermächtigung gemäß Absatz 1 Buchstabe b
oder Absatz 2 erteilt ist, zur eigenen Beratung und Be-
schlussfassung an sich ziehen.

§ 7
Verfahren des Ausschusses für besondere

Auslandseinsätze
(1) Anträge der Bundesregierung gemäß § 6 Abs. 1 leitet

der Präsident des Deutschen Bundestages unmittelbar an
den Ausschuss für besondere Auslandseinsätze weiter. Der
Ausschuss für besondere Auslandseinsätze berät abschlie-
ßend, soweit der Bundestag nicht von seinem Recht gemäß
§ 6 Abs. 3 Gebrauch macht.

(2) Jedes Mitglied kann die Einberufung und Unter-
richtung des Ausschusses für besondere Auslandseinsätze
beantragen.

(3) Der Ausschuss für besondere Auslandseinsätze erstat-
tet dem Bundestag jährlich einen Bericht. Er hat unter Be-
achtung der Geheimhaltung jeden von ihm genehmigten
Einsatz dem Bundestag bekannt zu geben und nach Beendi-
gung des Einsatzes einen Bericht vorzulegen.

§ 8
Auskünfte der Bundesregierung

(1) Die Bundesregierung hat dem Ausschuss für beson-
dere Auslandseinsätze über die durch diesen genehmigten
Einsätze laufend zu unterrichten. Nach Ende eines Einsatzes
legt sie dem Bundestag einen abschließenden Bericht vor.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1985

(2) Die Bundesregierung hat dem Ausschuss für be-
sondere Auslandseinsätze auf Verlangen Einsicht in die Ak-
ten und Dateien zu geben, die in unmittelbarem Zusammen-
hang mit den genehmigten Einsätzen bewaffneter Streit-
kräfte stehen, und die Anhörung von Mitarbeitern ermög-
lichen.

§ 9
Geheimhaltung

(1) Hat die Bundesregierung ihren Antrag als Verschluss-
sache des Geheimhaltungsgrades GEHEIM und höher ein-

gestuft, ist nach den Vorschriften der Geheimschutzordnung
des Deutschen Bundestages zu verfahren.

(2) Der Ausschuss für besondere Auslandseinsätze erstat-
tet dem Bundestag einen Bericht über einen GEHEIM und
höher eingestuften Einsatz erst, nachdem dessen Geheim-
haltungsbedürftigkeit aufgehoben worden ist.

§ 10
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

Berlin, den 12. November 2003

Jörg van Essen
Rainer Funke
Günther Friedrich Nolting
Dr. Werner Hoyer
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Markus Löning
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Drucksache 15/1985 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines
Die Gesetzgebungskompetenz für ein Gesetz zur Mitwir-
kung des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der
Bundeswehr (Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz) ergibt
sich aus dem im Grundgesetz verankerten Prinzip eines kon-
stitutiven Parlamentsvorbehaltes für den militärischen Ein-
satz von Streitkräften (vgl. BVerfGE 90, 286 <383, 388 f.>).
Das Bundesverfassungsgericht hat festgelegt, dass der Deut-
sche Bundestag konstitutiv über den bewaffneten Einsatz
deutscher Streitkräfte im Ausland zu entscheiden hat. Es hat
dem Bundesgesetzgeber Freiheit gelassen, durch ein Gesetz
das nähere Verfahren für den Einsatz bewaffneter Streit-
kräfte im Ausland zu regeln. Diesem Auftrag kommt das
vorliegende Gesetz nach. Es gestaltet den „verfassungs-
rechtlich geforderten Parlamentsvorbehalt“ aus und stärkt
damit den Deutschen Bundestag in seiner Verantwortung für
das „Parlamentsheer“ (vgl. BVerfGE 90, 286 <382>), ohne
dass es in die eigenständigen Verantwortlichkeiten der Bun-
desregierung für die bewaffneten Streitkräfte eingreift.
Für ein Gesetz zur Mitwirkung des Deutschen Bundestages
bei Einsätzen bewaffneter Streitkräfte der Bundesrepublik
Deutschland im Ausland besteht auch nach den bisherigen
Erfahrungen des Deutschen Bundestages ein Bedarf. Bisher
orientiert sich das Verfahren der Beteiligung des Deutschen
Bundestages an der Entscheidung und dem Einsatz bewaff-
neter Streitkräfte an einer vereinbarten parlamentarischen
Übung, die mehr oder weniger dem Gesetzgebungsverfah-
ren nachgebildet worden ist. Dieses Verfahren wird sowohl
in der Wissenschaft als auch in der Politik mit unterschied-
lichen Gründen kritisiert. Eine Verfahrensregelung allein in
der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages reicht
nicht aus, weil dieser nur die Befugnis zugerechnet wird, die
innerparlamentarischen Rechtsbeziehungen zu regeln, nicht
auch die interorganschaftlichen Beziehungen von Bundes-
tag und Bundesregierung, auf die es bei einer Beteiligung
des Deutschen Bundestages an Einsätzen bewaffneter deut-
scher Streitkräfte im Ausland angesichts des Kompetenzbe-
reichs der Bundesregierung für die Bundeswehr gerade an-
kommt.
Das Gesetz wird aber die „Regelungsmacht des Parlaments
in eigenen Angelegenheiten“ (BVerfGE 102, 224 <235>;
104, 310 <332>) nicht ausschalten. Es will zwar auch einige
wenige Regelungen für die Organisation und das Verfahren
des Deutschen Bundestages treffen und insoweit die Ge-
schäftsordnung des Deutschen Bundestages modifizieren.
Das Gesetz hält sich dabei aber innerhalb des Rahmens, den
das Bundesverfassungsericht für Gesetze in parlamenta-
rischen Angelegenheiten gebilligt hat (BVerfGE 70, 324
<361>). Die organisations- und verfahrensrechtlichen Vor-
schriften im Auslandseinsätzemitwirkungsgesetz beschrän-
ken sich auf Angelegenheiten, die der vertrauensvollen Zu-
sammenarbeit von Bundestag und Bundesregierung bei Ein-
sätzen des „Parlamentsheeres“ im Ausland eine verlässlich
die Wahlperioden überdauernde Grundlage bieten sollen.
Schon darin liegen gewichtige sachliche Gründe, die es
rechtfertigen, insbesondere die Regeln über die Einsetzung,
Verfahrensweise und Aufgaben des Ausschusses für beson-

dere Auslandseinsätze nicht allein der Geschäftsordnung
des Deutschen Bundestages zu überlassen. Das Gesetz ver-
drängt aber nicht die allgemeinen Vorschriften des Parla-
mentsrechts zur Organisation und zum Verfahren des Deut-
schen Bundestages im Grundgesetz und in der Geschäfts-
ordnung. Maßgeblich bleiben grundsätzlich die gewohnten
parlamentsrechtlichen Vorschriften über die Rechtsstellung
der ständigen Ausschüsse und über das Beratungs- und Be-
schlussverfahren für Vorlagen. Es bleibt im Regelfall bei
der Beratung eines Antrages der Bundesregierung im Ple-
num des Deutschen Bundestages, seiner Überweisung an
die zuständigen Fachausschüsse und der anschließenden
Beschlussfassung im Plenum. Dieses wird lediglich dann
nicht beteiligt, wenn ein Antrag auf Grund der gesetzlichen
Ermächtigung dem Ausschuss für besondere Auslandsein-
sätze zur abschließenden Entscheidung zugeleitet werden
muss (vgl. § 6 Abs. 1). Aber auch diese Regelung erfährt
eine Ausnahme, falls nämlich dem Plenum die Befugnis zu-
steht, eine erteilte Ermächtigung an den Ausschuss für be-
sondere Auslandseinsätze rückgängig zu machen (vgl. § 6
Abs. 3).

B. Einzelbegründung
Zu § 1
Das Gesetz hebt bereits in seiner einleitenden Vorschrift
den Angelpunkt seiner Regelungen hervor, nämlich den
Parlamentsvorbehalt der Wehrverfassung des Grundgesetzes
(BVerfGE 90, 286 <383>) der sich unmittelbar aus dem
Grundgesetz ergibt. Es betont, dass „grundsätzlich jeder
Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte der konstitutiven
parlamentarischen Mitwirkung“ unterliegt (BVerfG 2 BvQ
18/03 v. 25. März 2003, Absatz 33). Der Einsatz bewaffneter
Streitkräfte bedarf daher „grundsätzlich der vorherigen
Zustimmung des Bundestages“ (BVerfGE 90, 286 <381>;
100, 266 <269>). Gleichzeitig wird anerkannt, dass ein Be-
schluss des Deutschen Bundestages, dem Einsatz bewaffne-
ter deutscher Streitkräfte zuzustimmen oder ihn abzulehnen,
einen förmlichen Antrag der Bundesregierung voraussetzt
(BVerfGE 90, 286 <389>). Das Gesetz berührt nicht den
„der Regierung von der Verfassung für außenpolitisches
Handeln gewährten Eigenbereich exekutivischer Hand-
lungsbefugnis und Verantwortlichkeit“ (BVerfGE 90, 286
<389>). In diesem Verantwortungsbereich der Bundesregie-
rung liegt nicht nur die Kooperation mit dem Deutschen
Bundestag, sondern auch die Information an die Vertrags-
partner über die deutsche Rechtslage zum Einsatz bewaffne-
ter Streitkräfte im Ausland.
„Gegenstand einer Parlamentsbeteiligung sind die Einsätze
bewaffneter Streitkräfte“ (BVerfGE 90, 286 <387>) der
Bundesrepublik Deutschland. Das Gesetz beschränkt sich,
wie in Absatz 1 ausdrücklich vermerkt, auf Einsätze im
Ausland, also in Territorien außerhalb der Bundesrepublik
Deutschland. Was unter Einsätzen bewaffneter Streitkräfte
(Einsätzen bewaffneter deutscher Streitkräfte, Einsätzen der
Bundeswehr) zu verstehen ist, wird in Absatz 2 im An-
schluss an die einschlägigen Formulierungen des Bundes-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/1985

verfassungsgerichts allgemein umschrieben. Eine weitere
Spezifizierung des Einsatzbegriffes erscheint nicht sinnvoll.
Angesichts der sich wandelnden Einsatzarten muss jeden-
falls gegenwärtig eine nähere Bestimmung der Einsatz-
schwelle der Praxis im Einzelfall vorbehalten bleiben, ggf.
durch eine Kontrolle des Bundesverfassungsgerichts.
Beispielsfälle für genehmigungsbedürftige Einsätze sind be-
reits im Antrag auf Bundestagsdrucksache 15/36 aufgelistet.
Exemplarisch zu nennen sind:
– Einsätze von Vorauskommandos;
– humanitäre Hilfsleistungen mit Sicherheitskräften;
– Einrichtung einer logistischen Basis mit Sicherungskräf-

ten;
– Beteiligung deutscher Soldaten in bi- und multinationa-

len militärischen Stäben oder Truppenkörpern, die nicht
unter nationalem Kommando stehen, an militärischen
Einsätzen;

– Einsätze bewaffneter Streitkräfte, deren Vorbereitung
und Beginn und Durchführung der Geheimhaltung un-
terliegen müssen;

– Einsätze bewaffneter Streitkräfte bei Gefahr im Verzug;
– reguläre Einsätze bewaffneter Streitkräfte.
Zu § 2
Diese Vorschrift umfasst zwei Fallgruppen, bei denen im
Ergebnis – wenn auch aus verschiedenen Gründen – ein Zu-
stimmungsbeschluss des Deutschen Bundestages zu Maß-
nahmen der Bundesregierung entfällt, bei denen Angehö-
rige der Bundeswehr im Ausland tätig werden.
Im Absatz 1 werden vorsorgliche Maßnahmen der Bundes-
regierung im militärischen Bereich benannt, die nicht zu-
letzt aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Praktikabilität
von einer einzelfallbezogenen parlamentarischen Zustim-
mung freigestellt werden sollen.
Im Antrag auf Bundestagsdrucksache 15/36 sind beispiel-
haft aufgezählt:
– vorsorgliche Operationsplanung (Contingency Plans) für

eventuelle bewaffnete Einsätze;
– Durchführung spezieller Ausbildungsprogramme zur

Vorbereitung auf eventuelle Einsätze;
– vorsorgliche Bereitstellung oder Anmietung von Trans-

portraum für die eventuelle Verlegung von Streitkräften
in Bereitstellungs- oder Einsatzräume;

– Einsatz von Erkundungskommandos/Fact Finding
Teams.

Absatz 2 erkennt an, dass humanitäre Einsätze und Katas-
trophenhilfe nicht der Parlamentsbeteiligung unterliegen,
weil sie nicht als Einsätze bewaffneter Streitkräfte im Sinne
des konstitutiven Parlamentsvorbehalts qualifiziert werden
können. Schon das Bundesverfassungsgericht hatte betont,
dass „die Verwendung von Personal der Bundeswehr für
Hilfsdienste und Hilfsleistungen im Ausland, sofern die
Soldaten dabei nicht in bewaffnete Unternehmungen einbe-
zogen sind“ (BVerfGE 90, 286 <388>), nicht der Zustim-
mung des Deutschen Bundestages bedarf.

Zu § 3
Damit der Deutsche Bundestag seiner Verantwortung für
das „Parlamentsheer“ (BVerfGE 90, 286 <382>) in voller
Kenntnis der Lage gerecht werden kann, verpflichtet die
Vorschrift des § 3 die Bundesregierung, bei der unabding-
baren Unterrichtung über die Bedingungen und Modalitäten
eines geplanten Einsatzes bewaffneter Streitkräfte im Aus-
land einem Mindeststandard der Informationsweitergabe zu
genügen. Die Vorschrift nennt diejenigen Kriterien, zu de-
nen die Bundesregierung in ihrem Antrag fallbezogen dem
Deutschen Bundestag konkretisierte Auskünfte erteilen
muss. Von Fall zu Fall werden weitere Auskünfte erforder-
lich oder zumindest zweckmässig sein, um den Deutschen
Bundestag für seine Willensbildung zum Antrag der Bun-
desregierung zu unterstützen. Die spezifizierten Auskünfte
der Bundesregierung bieten die informationelle Basis, auf
der der Deutsche Bundestag seine Beratungen aufbauen und
seine Entscheidung fällen kann. Ein Antrag der Bundes-
regierung stellt eine Vorlage im Sinne des § 70 Abs. 1
GO-BT dar. Er muss, soweit dieses Gesetz oder eine künf-
tige Vorschrift der Geschäftsordnung des Deutschen Bun-
destages nichts anderes bestimmen, vom Deutschen Bun-
destag in dem für Vorlagen üblichen Verfahren behandelt
werden. Demzufolge kann es grundsätzlich bei dem bisher
geübten „dreistufigen“ Verfahren der Beratung eines Antra-
ges der Bundesregierung auf Zustimmung zu einem Einsatz
bewaffneter Streitkräfte im Ausland bleiben. Eine Über-
weisung eines Antrages der Bundesregierung kann auch
weiterhin im Anschluss an eine „erste Beratung“ des Antra-
ges erfolgen. Der Antrag kann aber auch im vereinfachten
Verfahren an die zuständigen Ausschüsse überwiesen wer-
den (vgl. § 80 Abs. 4 GO-BT), was sich beispielsweise bei
sog. Bagatellfällen empfehlen kann, die nach übereinstim-
mender Ansicht der Fraktionen im Ältestenrat keiner öffent-
lichen Eingangsberatung bedürfen. Der Antrag der Bundes-
regierung wird im Übrigen auch künftig im Regelfalle dem
Auswärtigen Ausschuss federführend und dem Verteidi-
gungsausschuss und gegebenenfalls weiteren Ausschüssen
mitberatend überwiesen werden. Diese Vorgehensweise
führt schließlich dazu, dass der Deutsche Bundestag auf
Grund eines Berichtes und einer Beschlussempfehlung des
federführenden Ausschusses den Antrag abschliessend be-
raten kann. Das parlamentarische Verfahren endet mit dem
Beschluss des Deutschen Bundestages darüber, ob dem An-
trag der Bundesregierung zugestimmt wird oder nicht.
Von diesem geschäftsordnungsrechtlich üblichen Verfahren
soll es nach diesem Gesetz nur eine einzige zwingende Aus-
nahme geben, nämlich im Falle der obligatorischen Er-
mächtigung des Ausschusses für besondere Auslandsein-
sätze nach § 6 Abs. 1. Im Falle der fakultativen Ermächti-
gung nach § 6 Abs. 2 hat es das Plenum in der Hand, ob es
dem Vorschlag des Ältestenrates oder einem Antrag aus der
Mitte des Deutschen Bundestages folgen soll, den Antrag
der Bundesregierung an den Ausschuss für besondere Aus-
landseinsätze zu überweisen und damit die Ermächtigung
zur Beschlussfassung zu verbinden.

Zu § 4
Aus dem Zustimmungsrecht folgt die Befugnis, die Zustim-
mung zu widerrufen (Absatz 1 Satz 1). Der konstitutive Par-
lamentsvorbehalt erschöpft sich nicht in einem einmaligen

Drucksache 15/1985 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zustimmungsakt zu einem bevorstehenden Einsatz bewaff-
neter Streitkräfte im Ausland, sondern erstreckt sich auch
auf die Mitverantwortung des Deutschen Bundestages für
den Ablauf eines genehmigten Einsatzes seines „Parla-
mentsheeres“ (vergleichbar argumentiert das Bundesverfas-
sungsgericht zur Verantwortung des Parlaments beim Voll-
zug des NATO-Vertrages: BVerfGE 104, 151 <209>).
In der bisherigen Diskussion zu einer gesetzlichen Regelung
der Einsätze bewaffneter deutscher Streitkräfte wird dieses
Recht zum Widerruf vielfach als „Rückholrecht“ bezeich-
net. Hierbei handelt es sich um die Rechtsbeziehungen zwi-
schen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung.
Dieser Begriff schillert aber, weil er auch im Zusammen-
hang mit den Fällen einer Ermächtigung zur abschließenden
Entscheidung eines Ausschusses anstelle des Plenums ver-
wandt wird. Im innerparlamentarischen Bereich ist das
Rechtsverhältnis zwischen dem Deutschen Bundestag ins-
gesamt und dem Ausschuss für besondere Auslandseinsätze
betroffen. Dieses „Rückholrecht“ wird in § 6 Abs. 3 ge-
regelt.
Das grundsätzliche Widerrufsrecht des Deutschen Bundes-
tages liefe leer, wenn es in den Fällen einer obligatorischen
Ermächtigung des Ausschusses für besondere Auslands-
einsätze wegen geheimer oder eilbedürftiger Einsätze (vgl.
Buchstaben a und b des § 6 Abs. 1) dem Plenum vorbe-
halten wäre. Deshalb weist Absatz 1 Satz 2 dem Ausschuss
für besondere Auslandseinsätze die Befugnis zu, in diesen
beiden Fällen über einen Widerruf der Zustimmung zu be-
schließen.
Um einer mutwilligen Wahrnehmung des Widerrufsrechts
vorzubeugen, wird in Absatz 2 empfohlen, den notwendigen
innerparlamentarischen Antrag an ein Quorum von einem
Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages zu bin-
den. Im Übrigen kann es bei der Beschlussfassung über die-
sen Antrag bei dem in Artikel 42 Abs. 2 Satz 1 GG fest-
gelegten Mehrheitserfordernis bleiben. Dabei wird auch hier
– wie bereits schon beim Zustimmungsbeschluss – davon
ausgegangen, dass zu einem Widerrufsantrag namentliche
Abstimmung beantragt wird. Anzumerken ist in diesem Zu-
sammenhang noch, dass ein Widerrufsantrag keineswegs
„automatisch“ eine Mehrheit im Deutschen Bundestag fin-
den wird; wird er abglehnt, was überwiegend der Fall sein
dürfte, ergibt sich aus dem Beschluss, der die Zustimmung
zum Einsatz bekräftigt, für die bewaffneten Streitkräfte der
Vorteil, weiterhin auf die Unterstützung des Deutschen Bun-
destages bauen zu können. Der Widerrufsantrag erlaubt es,
eine aktuelle öffentliche Diskussion parlamentarisch aufzu-
greifen und zu einem Abschluss zu führen.
Die Rechtsfolge des Widerrufs ist zwingend. Die Bundes-
regierung muss den Einsatz bewaffneter deutscher Streit-
kräfte im Ausland unverzüglich beenden. Die Beendigung
dieses Einsatzes duldet keinen unvertretbaren Aufschub.
Die Bundesregierung muss ohne schuldhaftes Zögern die im
Ausland eingesetzten Soldaten abziehen.

Zu § 5
Beim Ausschuss für besondere Auslandseinsätze handelt es
sich um einen Parlamentsausschuss für eine Sonderaufgabe,
die von den beteiligten Fachausschüssen nur unter er-
schwerten Bedingungen für den Deutschen Bundestag

wahrgenommen werden könnten. Dem Ausschuss für be-
sondere Auslandseinsätze soll – wie bereits in der Begrün-
dung zu § 3 erwähnt – nicht die Beratung jedes Antrages der
Bundesregierung auf Zustimmung zu einem Einsatz bewaff-
neter Streitkräfte im Ausland obliegen. Er soll grundsätzlich
nur mit solchen Anträgen befasst werden, die zweckmäßi-
gerweise in einem kleinen Gremium ausgewählter Vertreter
der Fraktionen behandelt werden sollten.
Um diese Sonderaufgabe mit der erforderlichen Legitima-
tion, Durchsetzungskraft und Vertraulichkeit erfüllen zu
können, soll der Ausschuss für besondere Auslandseinsätze
nach Absatz 1 Satz 1 aus der Mitte des Deutschen Bundes-
tages gewählt werden und nach Absatz 1 Satz 2 lediglich elf
Mitglieder umfassen, unter denen sich gemäß Absatz 2 Ver-
treter aller Fraktionen befinden müssen.
Absatz 3 stellt nach dem Vorbild des Parlamentarischen
Kontrollgremiums (vgl. § 5 Abs. 4 PKGrG) sicher, dass der
Deutsche Bundestag auch in der kurzen Zeit zwischen der
Konstituierung des neu gewählten Deutschen Bundestages
und der Wahl der Mitglieder des Ausschusses für besondere
Auslandseinsätze bei Einsätzen der Bundeswehr im Ausland
voll handlungsfähig bleibt.
Unter diesen Voraussetzungen bietet der Ausschuss für be-
sondere Auslandseinsätze einen nachhaltigen Beitrag zur
Stärkung der Rechte des Parlaments.
Zu § 6
Die Vorschrift über die Fälle, in denen der Ausschuss für
besondere Auslandseinsätze ermächtigt sein soll, anstelle
des Deutschen Bundestages über einen Antrag der Bundes-
regierung zu entscheiden, stellt – wie bereits in der Begrün-
dung zu § 3 hervorgehoben – eine eng begrenzte Ausnahme
zum allgemeinen Beratungsverfahren des Deutschen Bun-
destages von Vorlagen dar. In den Fällen des Absatzes 1
regelt nämlich das Gesetz selbst die Überweisung unmittel-
bar an den Ausschuss für besondere Auslandseinsätze. Obli-
gatorisch verbunden ist mit dieser Überweisung die Er-
mächtigung, anstelle des Deutschen Bundestages über den
Antrag der Bundesregierung abschliessend zu entscheiden.
Darüber hinaus sieht Absatz 2 fakultativ vor, dass der Deut-
sche Bundestag in geeigneten Fällen dem Ausschuss für be-
sondere Auslandseinsätze einen Antrag der Bundesregie-
rung überweisen und diesen mit einer Ermächtigung zur ab-
schliessenden Entscheidung verbinden kann; dabei wird er
sich regelmässig auf einen Vorschlag des Ältestenrates stüt-
zen.
In Absatz 1 werden drei Fallgruppen aufgezählt, bei denen
es sachgerecht und zweckdienlich ist, die Beratungen eines
Antrages der Bundesregierung auf Zustimmung zu einem
Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland allein in einem
kleinen parlamentarischen Ausschuss beraten und entschei-
den zu lassen. In den Fällen besonders eilbedürftiger Ein-
sätze oder von Einsätzen einzelner Soldaten im Rahmen von
Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit und der Euro-
päischen Union ist eine Beratung im Plenum und in den zu-
ständigen Ausschüssen sowie eine Beschlussfassung im
Plenum viel zu schwerfällig und zeitraubend, wie sich auch
in der bisherigen Praxis gezeigt hat. In den Fällen geheimer
Einsätze eignet sich eine Plenarberatung, die grundsätzlich
öffentlich stattfindet, der Natur der Sache nach überhaupt
nicht. Schon deshalb begegnet eine Befassung eines kleinen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/1985

Ausschusses mit Anträgen zu geheimhaltungsbedürftigen
Einsätzen der Gefahr, dass der Deutsche Bundestag wegen
des Zwangs der Verhältnisse vor vollendete Tatsachen ge-
stellt wird; die Anwendung von § 10a Abs. 2 der Bundes-
haushaltsordnung bleibt unberührt. Aber auch bei Anträgen
zu besonders eilbedürftigen Einsätzen oder zu Einsätzen
einzelner Soldaten im Rahmen von Systemen gegenseitiger
kollektiver Sicherheit und der Europäischen Union läuft der
Deutsche Bundestag Gefahr, dass der Parlamentsvorbehalt
in besonders wichtigen Fällen faktisch ausgeschaltet wird,
wenn er nicht mit Hilfe eines kleinen Ausschusses ein ziel-
strebiges und praktikables Verfahren bereit hält.
Die Befugnis zur fakultativen Ermächtigung des Ausschus-
ses für besondere Auslandseinsätze nach Absatz 2 zur ab-
schliessenden Beratung eines einzelnen Antrages der Bun-
desregierung auf Zustimmung zu einem Einsatz bewaffneter
Streitkräfte im Ausland soll dem Deutschen Bundestag zur
Verfügung gestellt werden, damit er in geeigneten Aus-
nahmefällen ein vereinfachtes Verfahren wählen kann. In
Betracht kommt, dass der Deutsche Bundestag bei einzel-
nen – nicht bei allen – Anträgen von Absatz 2 Gebrauch
macht, die Einsätze von geringer Bedeutung betreffen oder
eine unstreitige Verlängerung eines genehmigten Einsatzes
begehren.
Absatz 3 eröffnet dem Deutschen Bundestag ein „Rückhol-
recht“ (vgl. dazu schon die Begründung zu § 4), wonach er
dem Ausschuss für besondere Auslandseinsätze eine erteilte
Ermächtigung, einem Antrag der Bundesregierung anstelle
des Plenums zuzustimmen, wieder entziehen und selbst
über den Antrag Beschluss fassen kann. Diese Befugnis
steht dem Deutschen Bundestag nicht nur in den Fällen
einer fakultativen Ermächtigung gemäß Absatz 2 zu, die er
selbst nach Eingang des Antrages der Bundesregierung in
freier Ermessensausübung erteilt hat und nach neuer Abwä-
gung für unzweckmäßig hält. Diese Befugnis muss dem
Deutschen Bundestag auch in einem speziellen Falle obliga-
torischer Ermächtigung zustehen, wenn nämlich erkennbar
wird, dass ein Antrag abweichend von der erklärten Ansicht
der Bundesregierung nicht so eilbedürftig ist, dass nicht
auch der gesamte Deutsche Bundestag rechtzeitig einen zu-
stimmenden oder ablehnenden Beschluss fassen könnte.
Andererseits greift die hierdurch begründete Verpflichtung,
geheimhaltungs- und eilbedürftige Vorgänge wenigstens
einem Ausschuss des Parlaments vorzulegen, nicht in einen
der Exekutive vorbehaltenen Bereich ein. Vielmehr ist die
gesetzliche Regelung einer solchen Verpflichtung durch die
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gedeckt, wonach
der Gesetzgeber berechtigt ist, das in einem solchen Fall
„zu beobachtende Verfahren näher zu regeln“ (BVerfGE 90,
286 <383>).
Zu § 7
Anträge der Bundesregierung mit einem Inhalt, die gemäß
§ 6 Abs. 1 obligatorisch zur Befassung des Ausschusses für
besondere Auslandseinsätze führen, müssen zügig beraten
und beschieden werden. Deshalb sieht Absatz 1 Satz 1 vor,
das Überweisungsverfahren für diese Vorlagen nach dem
bewährten Vorbild der Praxis in Immunitätsangelegenheiten
(vgl. § 109 Abs. 1 Satz 1 GO-BT) abzuwickeln.
Absatz 1 Satz 2 bekräftigt nicht nur die Ermächtigung an
den Ausschuss für besondere Auslandseinsätze, anstelle des

Deutschen Bundestages die Zustimmung zu dem Antrag der
Bundesregierung zu erteilen oder abzulehnen. Die Vor-
schrift verlangt auch, dass der Ausschuss für besondere
Auslandseinsätze eine Entscheidung trifft. Von dieser Rege-
lung gibt es indes eine Ausnahme. Der Deutsche Bundestag
kann nämlich bei Anträgen, die die Bundesregierung als eil-
bedürftig bezeichnet hat (vgl. § 6 Abs. 1 Buchstabe b), von
seinem „Rückholrecht“ gemäß § 6 Abs. 3 Gebrauch machen
und selbst darüber Beschluss fassen, ob die Zustimmung er-
teilt oder versagt wird.
Das Recht jedes Mitgliedes des Ausschusses für besondere
Auslandseinsätze, die Einberufung und Unterrichtung des
Ausschusses verlangen zu können (Absatz 2), ist erforder-
lich, um auch parlamentarisch auf Entwicklungen flexibel
und angemessen reagieren zu können, die im Zusammen-
hang mit Einsätzen bewaffneter Streitkräfte im Ausland
stehen.
Zu den Aufgaben des Ausschusses für besondere Auslands-
einsätze gehört es, dem Deutschen Bundestag einen jähr-
lichen Bericht über seine Tätigkeit vorzulegen. Spätestens
damit werden alle Mitglieder des Deutschen Bundestages
auch über diejenigen Einsätze der Bundeswehr im Ausland
unterrichtet, die zunächst nur „im kleinen Kreis“ des Aus-
schusses für besondere Auslandseinsätze zu behandeln
waren. Selbstverständlich muss diese Berichtspflicht in Fäl-
len geheimer Einsätze eingeschränkt sein (vgl. § 9 Abs. 2).

Zu § 8
Die Informationspflicht der Bundesregierung zu Einsätzen
bewaffneter deutscher Streitkräfte kann sich nicht in einer
ausführlichen Begründung des Antrags auf Zustimmung
zum geplanten Einsatz erschöpfen. Sie erstreckt sich auch
auf den Vollzug des genehmigten Einsatzes. Dafür braucht
der Deutsche Bundestag eine ausreichende Informations-
basis, die im wesentlichen von der Bundesregierung aufbe-
reitet werden muss und auch grundsätzlich nur von ihr auf-
bereitet werden kann.
Während eines laufenden Einsatzes, den der Ausschuss für
besondere Auslandseinsätze genehmigt hat, wäre es aber
nicht zweckmässig, dem gesamten Deutschen Bundestag
einen förmlichen Bericht der Bundesregierung zuzuleiten.
Deshalb sieht Absatz 1 Satz 1 vor, dass die Bundesregie-
rung in diesen Fällen nur den Ausschuss unterrichtet. Die
Berichterstattung muss freilich kontinuierlich erfolgen. Um
dieses Informationsrecht abzusichern, begründet Absatz 2
ein Akteneinsichtsrecht des Ausschusses für besondere
Auslandseinsätze und ein Recht, mit Mitarbeitern der Bun-
desregierung den Einsatz zu erörtern.
Sobald indes ein Einsatz, der vom Ausschuss für besondere
Auslandseinsätze genehmigt wurde, abgeschlossen ist, hat
die Bundesregierung selbst gemäß Absatz 1 Satz 2 dem
Deutschen Bundestag einen abschließenden Bericht zu er-
statten.

Zu § 9
Das Gesetz geht davon aus, dass verschwiegen zu behan-
delnde Einsätze bewaffneter Streitkräfte im Ausland stets
mit einem höheren Geheimhaltungsgrad als VS-VERTRAU-
LICH eingestuft werden.

Drucksache 15/1985 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zur Absicherung der notwendigen Geheimhaltung im Parla-
ment hält der Deutsche Bundestag mit seiner Geheim-
schutzordnung (Anlage 3 GO-BT) ein geeignetes Instru-
ment bereit, das sich sowohl bei der Unterrichtung der zu-
ständigen Mitglieder des Deutschen Bundestages als auch
bei der parlamentsinternen Willensbildung bewährt hat.
Zu § 10
Das Gesetz soll so schnell wie möglich in Kraft treten,
damit es für künftige Einsätze Rechtssicherheit schafft und
bei der Abwicklung bereits genehmigter Einsätze zugrunde
gelegt werden kann.

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