BT-Drucksache 15/1817

Kinderarbeit in indischen Steinbrüchen

Vom 22. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1817
15. Wahlperiode 22. 10. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Haupt, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst
Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Dr. Christel Happach-Kasan, Ulrich Heinrich,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch, Dr. Heinrich L. Kolb,
Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig
Thiele, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Kinderarbeit in indischen Steinbrüchen

Weltweit arbeiten nach einer Studie der Internationalen Arbeits-Organisation
(ILO) 246 Millionen Kinder – und zwar nicht neben der Schule als temporäre
Mithilfe im Familienbetrieb oder zur Aufbesserung des Taschengeldes, sondern
in Vollzeitarbeit. Das ist jedes sechste Kind auf der Welt. 73 Millionen ar-
beitende Kinder sind unter 10 Jahre alt. Jährlich sterben 22 000 Kinder bei
Arbeitsunfällen. Kinderarbeit ist also keineswegs eine gesellschaftliche Rand-
erscheinung, und kein Land ist ohne Verantwortung bei ihrer weltweiten Be-
kämpfung. Deutschland hat wie inzwischen deutlich über 100 andere Staaten
die internationale Konvention Nr. 182 gegen die schlimmsten Formen der Kin-
derarbeit unterzeichnet. Politische Aufgabe ist daher in unserem Land nicht nur,
Kinder in Deutschland vor jeglicher Form der gesundheitlich oder moralisch
gefährdenden Arbeit zu schützen, sondern auch die weltweiten Aktivitäten ge-
gen Kinderarbeit zu unterstützen.
Nach einem Medienbericht arbeiten in indischen Steinbrüchen Kinder in großer
Zahl. Unter anderem sind danach Kinder im Alter von 12 bis 15 Jahren massiv
an der Produktion von Grabsteinen beteiligt, die direkt oder über Großexpor-
teure vor allem auf den deutschen Markt geliefert werden. Die Kinderarbeit in
Minen und Steinbrüchen ist mit besonders vielen Gefahren für Leben und Ge-
sundheit verbunden. Nicht nur Sprengungen und Mineneinbrüche gefährden
die Kinder, sondern auch langfristige Gesundheitsschäden durch die schwere
körperliche Arbeit wie das Tragen großer Lasten und den unausweichlichen
Staub. Darüber hinaus ist gerade die Arbeit in Steinbrüchen, so auch der
Bericht zu Indien, besonders oft mit einer der schlimmsten Formen von Kinder-
arbeit verbunden: mit der Schuldknechtschaft.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung Kenntnis von der Problematik der Kinderarbeit in

indischen Steinbrüchen, die in einer am 15. September 2003, um 20.15 Uhr
von „ARTE“ ausgestrahlten Sendung mit dem Titel „Grabsteine aus Kinder-
hand“ dargestellt worden ist, und wenn ja, wie bewertet sie diese?

Drucksache 15/1817 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

2. Trifft es zu, dass Indien weder das grundlegende Übereinkommen zu Kin-
derarbeit/Jugendarbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 138) noch die in-
ternationale Konvention gegen die schlimmsten Formen der Kinderarbeit
(ILO-Übereinkommen Nr. 182) unterzeichnet hat (Stand laut IAO zum
31. Dezember 2002), und wenn ja, wie kann und will die Bundesregierung
im Bereich der diplomatischen Zusammenarbeit auf eine Unterzeichnung
durch Indien hinwirken?

3. Welche Instrumentarien kann und will die Bundesregierung nutzen, um in
Indien die Bereitschaft und die Möglichkeit zu stärken, die Kinderarbeit in
Steinbrüchen – und andernorts – wirksam zu beseitigen und Kindern ein
kindgerechtes Aufwachsen zu sichern?

4. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung im Bereich der entwick-
lungspolitischen Zusammenarbeit ergreifen, um die Kinderarbeit in indi-
schen Steinbrüchen einzudämmen?

5. Inwieweit kann sich die Bundesregierung vorstellen, die Bildung einer inter-
nationalen Initiative von Regierungs-, Nichtregierungsorganisationen und
Wirtschaft zu fördern, die – ähnlich wie in der Teppichindustrie – gegen
Kinderarbeit vorgeht?

6. Mit welchen Instrumentarien kann und wird die Bundesregierung inländi-
schen Unternehmen und Organisationen Hilfestellungen und Anreize geben,
damit diese auf die Einhaltung der internationalen Konventionen gegen Kin-
derarbeit durch ihre Zulieferer und Produzenten in Indien hinwirken?

Berlin, den 21. Oktober 2003
Klaus Haupt
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch

Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Dirk Niebel
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Claudia Winterstein

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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