BT-Drucksache 15/1275

Belastungen der öffentlichen Hand durch Insolvenzfälle bei Windenergieanlagenbetreibern

Vom 25. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1275
15. Wahlperiode 25. 06. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marita Sehn, Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Daniel
Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann,
Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann
(Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard
Otto (Godern), Gisela Piltz, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Belastungen der öffentlichen Hand durch Insolvenzfälle
bei Windenergieanlagenbetreibern

Der Neubau von Windenergieanlagen in Deutschland ist seit geraumer Zeit
rückläufig. Die Ursache dafür sind die zunehmende Zurückhaltung von Fremd-
kapitalgebern bei der Finanzierung neuer Anlagen und steigende Kosten. Neben
Aufwendungen zur Projektplanung und -prüfung sowie zur Erfüllung von Vor-
gaben zumNaturschutz übertreffen auch die anfallendenWartungs- und Instand-
setzungskosten die ursprünglichen Kalkulationen der Anlagenbetreiber und der
beteiligten Versicherungsunternehmen. Medienberichten zufolge beläuft sich
die Schadensquote wegen Nutzungsausfalls mitunter auf ein Vielfaches der Prä-
mieneinnahmen. Führende Versicherer erwägen deshalb einen Rückzug aus dem
Windanlagen-Geschäft (Trierischer Volksfreund vom 21. Mai 2003). Als Kon-
sequenz verlangen die Versicherer zunehmend den Austausch von Rotor-, Ge-
triebe- oder Generatorteilen, was – im Vergleich zu kalkulierten Aufwendungen
von durchschnittlich rund 20 000 Euro – zu Kosten von rund 150 000 Euro pro
Anlage führen kann. Steigende Kosten und eine teilweise geringer als erwartet
ausfallende Stromproduktion können zur Zahlungsunfähigkeit der Betreiberun-
ternehmen führen. Sofern es sich bei den betreffenden Standorten um verpach-
tete kommunale Liegenschaften handelt, müssen anfallende Rückbaukosten ge-
gebenenfalls aus den kommunalen Haushalten finanziert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung das eingangs beschriebene Problem bekannt, sind

die geschilderten Sachverhalte zutreffend, und wenn ja, welche Schlussfol-
gerungen leitet die Bundesregierung daraus ab?

2. Gibt es in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig Be-
treiber von Windkraftanlagen an Land, denen Insolvenz droht oder die be-
reits Zahlungsunfähigkeit erklärt haben, und wenn ja, um wie viele und um
konkret welche Anlagen handelt es sich dabei und aus welchen Gründen
droht den Betreibern Zahlungsunfähigkeit?

Drucksache 15/1275 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele und welche Kommu-
nen absehbar mit Rückbaukosten für Windenergieanlagen insolventer Be-
treiber in jeweils welcher Höhe belastet sein werden und wie die damit ver-
bundenen Kosten refinanziert werden?

4. Wie hoch sind die Entsorgungskosten für Rotorblätter und Fundamente der
betreffenden Windenergieanlagen und wer trägt bei Insolvenzfällen in die-
sem Fall die entstehenden Kosten, ggf. einschließlich einer Sicherung der
dauerhaft außer Betrieb befindlichen Anlagen?

5. Wie ist bei Windenergieanlagen die Entsorgung der aus Glasfaserverbund-
stoffen hergestellten Rotorblätter geregelt und wer übernimmt bei Insolvenz-
fällen die Entsorgungskosten?

6. Ist eine Wiederverwertung dieses Materials möglich, und wenn ja, mit wel-
chen Kosten ist die Wiederverwertung verbunden?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Diskussion darüber, in den Landes-
bauordnungen Regelungen für den Rückbau von Windkraftanlagen an Land
zu treffen und durch privatrechtliche Verträge mit den Anlagenbetreibern ab-
zusichern, und welche Konsequenzen würden entsprechende Regelungen für
die betriebswirtschaftliche Rentabilität der betreffenden Windkraftanlagen
haben?

8. Wie bewertet die Bundesregierung das eingangs beschriebene Problem mit
Blick auf die Windkraftnutzung auf hoher See, wo die Materialbeanspru-
chung der Anlagen noch wesentlich höher als an Land ausfallen dürfte?

Berlin, den 3. Juni 2003
Marita Sehn
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich

Dr. Werner Hoyer
Michael Kauch
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Gisela Piltz
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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