BT-Drucksache 15/1110

zu der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss) -15/1017- - Sammelübersicht 36 zu Petitionen -

Vom 3. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1110
15. Wahlperiode 03. 06. 2003

Änderungsantrag
der Abgeordneten Günter Baumann, Wolfgang Bosbach, Vera Dominke, Olav
Gutting, Holger Haibach, Martin Hohmann, Dr. Egon Jüttner, Siegfried Kauder
(Bad Dürrheim), Barbara Lanzinger, Dr. Michael Luther, Erwin Marschewski
(Recklinghausen), Melanie Oßwald, Sibylle Pfeiffer, Christa Reichard (Dresden),
Kurt J. Rossmanith, Jens Spahn, Gero Storjohann und der Fraktion der CDU/CSU

zu der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)
– Drucksache 15/1017 –

– Sammelübersicht 36 zu Petitionen –

Der Bundestag wolle beschließen,
die in der Sammelübersicht 36 aufgeführte Petition 1-14-04-22-043345 in Ab-
änderung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses vom 9. April
2003 (Protokoll Nr. 15/10) der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu über-
weisen.

Berlin, den 3. Juni 2003
Günter Baumann
Wolfgang Bosbach
Vera Dominke
Olav Gutting
Holger Haibach
Martin Hohmann
Dr. Egon Jüttner
Siegfried Kauder (Bad Dürrheim)
Barbara Lanzinger
Dr. Michael Luther
Erwin Marschewski (Recklinghausen)
Melanie Oßwald
Sibylle Pfeiffer
Christa Reichard (Dresden)
Kurt J. Rossmanith
Jens Spahn
Gero Storjohann
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

Drucksache 15/1110 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Begründung
Mit der Petition bittet die Ackermann-Gemeinde, eine katholische Gemein-
schaft, die sich besonders für die deutsch-tschechische Nachbarschaft enga-
giert, die Bundesregierung um eine institutionelle Förderung zur Anstellung
eines hauptamtlichen Kulturreferenten.
Die Ackermann-Gemeinde ist eine Gründung sudetendeutscher Heimatvertrie-
bener aus dem Jahr 1946 und engagiert sich schon seit vielen Jahren für den
Neuaufbau und die Pflege der deutsch-tschechischen Nachbarschaft in der
Mitte Europas. Sie versteht Kulturarbeit seit langem als eine grenzüberschrei-
tende Aktivität und als ein Instrument zur Verständigung und Versöhnung der
Völker und zum Aufbau einer neuen Nachbarschaft insbesondere von Tsche-
chen und Deutschen. Dabei geht es gerade nicht um die Erfassung und Be-
schreibung eines historischen Bestandes, sondern um die kreative Entwicklung
neuer kultureller Gemeinsamkeiten. Unter ihren vielfältigen Aktivitäten ragen
insbesondere die Marienbader Gespräche, die Iglauer Symposien, Kolloquien,
Begegnungstage, Regionalseminare zur Aufarbeitung gemeinsamer Geschichte
von Tschechen und Deutschen, internationale Studienwochen sowie deutsch-
tschechische Fachkonferenzen heraus. Hinzu kommen Publikationen zur
deutsch-tschechischen Thematik einschließlich deutscher Übersetzungen wich-
tiger tschechischer Werke (seit 1949 über 80 Bände). Wegen dieser seit Jahren
bewährten grenzüberschreitenden Kultur- und Verständigungsarbeit genießt die
Ackermann-Gemeinde seit langem sowohl in der Tschechischen Republik als
auch in der Bundesrepublik Deutschland ein besonders hohes Ansehen und
eine gute Reputation.
An dieser umfangreichen Kulturarbeit wirken viele Menschen ehrenamtlich
mit. Allerdings ist dieses ehrenamtliche Engagement seiner Natur nach punk-
tuell und immer nur von Fall zu Fall aktivierbar. Es ist daher nachvollziehbar,
dass dieses Engagement einer planerischen und organisatorischen Unterstüt-
zung durch eine hauptamtliche Kraft bedarf, die der auf Förderbeiträge seiner
Mitglieder angewiesene Verband nicht selber finanzieren kann. In der Vergan-
genheit hat die Bundesregierung daher institutionelle Zuwendungen zur Besol-
dung eines Kulturreferenten gewährt. Die Einstellung dieser früheren bewähr-
ten Praxis bedeutet, dass das kulturelle Engagement für die deutsch-tschechi-
sche Nachbarschaft, das in Tschechien wie in Deutschland sehr anerkannt ist,
jetzt auf Äußerste gefährdet ist.
Gemäß § 96 BVFG ist es die Aufgabe von Bund und Ländern, „das Kulturgut
der Vertreibungsgebiete in dem Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge,
des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten […] sowie Ein-
richtungen des Kunstschaffens und der Ausbildung sicherzustellen und zu för-
dern.“
Gerade vor dem Hintergrund der Osterweiterung der Europäischen Union und
dem damit verbundenen Zusammenwachsen der Völker in Europa kommt die-
sem Wesensgehalt des § 96 BVFG eine besonders große Bedeutung zu. Organi-
sationen wie die Ackermann-Gemeinde sind Träger dieser Kulturarbeit, die die
Dialogfähigkeit innerhalb Deutschlands und im besonderen Maße mit unseren
tschechischen Nachbarn sicherstellen und fördern sollen. Der Wesensgehalt des
§ 96 BVFG weist somit in die Zukunft. Eine Förderung von Kulturreferenten
lediglich für museale Aufgaben widerspricht diesem Ansatz.
Die Petition ist auch deshalb begründet, weil die Kulturarbeit der Petentin dar-
auf abzielt, den Menschen des einen Volkes die Menschen des anderen Volkes
als Partner nahe zu bringen. Diese dynamisch-kreative Auffassung von Kultur-
arbeit entspricht den politischen Vorgaben, die in Artikel 22 ff. des deutsch-
tschechoslowakischen Nachbarschaftsvertrages vom 27. Februar 1992 und Zif-
fer 8 Absatz 2 der deutsch-tschechischen Erklärung vom 21. Januar 1997 Aus-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1110

druck gefunden haben. Gerade im Zusammenhang mit dem bevorstehenden
Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union besteht ein erheb-
liches Interesse des Bundes an der Erfüllung dieser grenzüberschreitenden Kul-
turarbeit. Diese völkerverständigende Arbeit kann jedoch ohne Beständigkeit
bei der Organisation wie bei der Finanzierung nicht sichergestellt werden. Die
Petentin ist als allseits anerkannte Gemeinschaft ein besonders bewährter Part-
ner, dessen Aktivitäten weiterhin größtmögliche Unterstützung verdienen.
Der Deutsche Bundestag beschließt die Überweisung an die Bundesregierung
zur Berücksichtigung, weil das Anliegen der Petenten berechtigt und Abhilfe
geboten ist.

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