BT-Drucksache 14/8967

zu dem Antrag der Abgeordneten Maritta Böttcher, Wolfgang Gehrcke, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS -14/8083- 30 Jahre Berufsverbote - Bereinigung von Verstößen gegen Artikel 10 und Artikel 11 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)

Vom 6. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8967
14. Wahlperiode 06. 05. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Maritta Böttcher, Wolfgang Gehrcke,
Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der PDS
– Drucksache 14/8083 –

30 Jahre Berufsverbote – Bereinigung von Verstößen gegen Artikel 10 und
Artikel 11 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte
und Grundfreiheiten (EMRK)

A. Problem
Mit dem Antrag wird eine Bereinigung der Folgen des Regierungsbeschlusses
vom 28. Januar 1972 gefordert. Dieser sah vor, dass Beschäftigte des öffent-
lichen Dienstes auf ihre Verfassungstreue hin überprüft werden sollten. Die
Bundesregierung und fast alle Landesregierungen erließen daraufhin Ver-
fahrensregelungen. Die 35 000 erstellten Dossiers sollen bis 1990 zu 11 000
Berufsverboteverfahren, 2 200 Disziplinarverfahren, 1 250 endgültigen Ableh-
nungen von Bewerberinnen und Bewerbern und zu 265 Entlassungen aus dem
öffentlichen Dienst geführt haben.
1995 habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in dem Fall einer
Lehrerin entschieden, dass ein verhängtes Berufsverbot gegen Artikel 10 und
Artikel 11 EMRK verstoßen habe.
Aus politischen und moralischen Gründen scheine es angezeigt, aus diesem
Urteil gesetzgeberische Konsequenzen zu ziehen und die Betroffenen zu reha-
bilitieren.
Insbesondere solle die Bundesregierung dazu aufgefordert werden, ein Gesetz
vorzulegen, das
– die Entscheidungen der Verwaltungsbehörden von Amts wegen aufhebt und

von Gerichten auf Antrag ermöglicht
– den Betroffenen Schadensersatz und Ausgleichsleistungen gewährt
– die Entfernung angelegter Dossiers in Verfassungsschutz- und Personalakten

regelt
– etwaige noch bestehende Verfahrensregeln aufhebt.

Drucksache 14/8967 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion der PDS bei Stimmenthaltung eines Mitglieds der Fraktion
der SPD

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8967

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 14/8083 abzulehnen.

Berlin, den 17. April 2002

Der Innenausschuss
Ute Vogt (Pforzheim)
Vorsitzende

Hans-Peter Kemper
Berichterstatter

Wolfgang Zeitlmann
Berichterstatter

Cem Özdemir
Berichterstatter

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Drucksache 14/8967 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Hans-Peter Kemper, Wolfgang Zeitlmann,
Cem Özdemir, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig und Ulla Jelpke

I. Verfahren
Die Vorlage wurde in der 215. Sitzung des Deutschen Bun-
destages am 31. Januar 2002 an den Innenausschuss feder-
führend sowie an den Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe und den Rechtsausschuss zur Mitberatung
überwiesen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat in seiner 82. Sitzung am 27. Februar 2002 mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und CDU/CSU gegen die Stimmen der Fraktion
der PDS und bei Abwesenheit der Fraktion der FDP emp-
fohlen, den Antrag abzulehnen.
Der Rechtsausschuss hat in seiner 122. Sitzung am
17. April 2002 mit den Stimmen der Fraktionen SPD,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion der PDS empfohlen, den Antrag
abzulehnen.
Der Innenausschuss hat den Antrag in seiner 91. Sit-
zung am 20. März 2002 abschließend beraten und ihn mit
den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion der PDS bei Stimmenthaltung eines Mitglieds der
Fraktion der SPD abgelehnt.

II. Begründung
Die Fraktion der PDS hat ihren Antrag auf Drucksache
14/8083 ausführlich begründet. Sie betont, dass es darum
gehe, das Thema parlamentarisch zu behandeln. Die Ent-
scheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschen-
rechte und die Forderungen der Internationalen Arbeitsorga-
nisation in Genf, des Europäischen Parlaments und der
UNO-Menschenrechtskommission zeigten, dass die Praxis
der Berufsverbote gegen Grund- und Menschenrechte ver-
stoße. Es bedürfe eines Bereinigungsgesetzes, das die Be-
rufsverbotsbeschlüsse revidiere, den Betroffenen Schadens-
ersatz zuspreche und dazu führe, dass die Dossiers bei den
Verfassungsschutzämtern gelöscht werden.
Die übrigen Fraktionen lehnen den Antrag ab. Bei der Ent-
scheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschen-
rechte handele es sich um eine Einzelfallentscheidung, die
keine gesetzlichen Konsequenzen nach sich ziehe. Die
Regelanfrage sei sehr schnell aufgehoben und durch anlass-
bezogene Nachfragen ersetzt worden. Abgesehen davon,
dass 80 v. H. der Berufsverboteverfahren entschieden seien,
wäre es auch nicht sachdienlich, sämtliche Entscheidungen
aufzuheben.
Die Bundesregierung unterstreicht, dass bei den Überprü-
fungen im Rahmen der Anfragen an die Verfassungsschutz-
behörden keine Dossiers angelegt worden seien.

Berlin, den 17. April 2002
Hans-Peter Kemper
Berichterstatter

Wolfgang Zeitlmann
Berichterstatter

Cem Özdemir
Berichterstatter

Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

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