BT-Drucksache 14/8936

Zur Lage mittelständischer Finanzdienstleister

Vom 23. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8936
14. Wahlperiode 23. 04. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ernst Hinsken, Peter Rauen, Gerda Hasselfeldt, Dr. Hansjürgen
Doss, Heinz Seiffert, Norbert Barthle, Otto Bernhardt, Leo Dautzenberg, Jochen-
Konrad Fromme, Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach), Hans Michelbach, Hans-
Peter Repnik, Norbert Schindler, Diethard Schütze (Berlin), Wolfgang Schulhoff,
Gerhard Schulz, Klaus-Peter Willsch, Elke Wülfing und der Fraktion der CDU/CSU

Zur Lage mittelständischer Finanzdienstleister

Die Vermittlung von Finanzinstrumenten ist nur Finanzdienstleistungsinstituten
und unter deren Haftung arbeitenden Vermittlern möglich. Diese Vermittler
sind fast ausschließlich kleine und mittelständische Unternehmer, denen die
Eintragung und Unterhaltung eines Finanzdienstleistungsinstitutes aus finanzi-
ellen, personellen und logistischen Gründen nicht möglich ist.
Eine Vielzahl von Aktivitäten der Finanzdienstleistungsbranche wie Kon-
gresse, Petitionen, Briefe und Presseberichte sowie das Zusammenwirken der
Finanzdienstleisterverbände mit einem gemeinsamen Sprecher haben auf eine
gravierende Unruhe in dieser typischen klein- und mittelständischen Branche
und zugleich den hohen Grad an Übereinstimmung in diesem Berufsstand in
der Einschätzung der Situation aufmerksam gemacht. Die Interessenvertretun-
gen der unabhängigen Finanzdienstleistungsvermittler konstatieren einen steti-
gen Rückgang an Existenzgründungen und zugleich eine wachsende Zahl von
Geschäftsaufgaben.
Die mittelständischen Finanzdienstleister fühlen sich von der Bundesregierung
allein gelassen. Ohne eigenen erkennbaren Einsatz und ohne Konsultation der
Verbände der unabhängigen Finanzdienstleister wartet die Bundesregierung die
EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie ab. Davon sind insgesamt etwa 100 000
Finanzdienstleister betroffen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um die Bearbei-

tungszeit von Anträgen auf Erlaubnis der Zulassung als Finanzdienstleis-
tungsinstitut zu verkürzen?
Wie lange ist derzeit die Bearbeitungszeit für Neuanträge?
Wie viele Anträge werden derzeit bearbeitet?

2. Wie steht die Bundesregierung zum Vorschlag der Finanzdienstleisterberufs-
verbände für ein Gesetz zur Erleichterung und Regelung des Zugangs zum
Finanzdienstleisterberuf, für ein Berufsbild bzw. ein einheitliches Register?

Drucksache 14/8936 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Welche Schritte plant die Bundesregierung, um das Vorhaben der Verbände
der unabhängigen Finanzdienstleister, durch einen von ihnen getragenen
Wohlverhaltenskodex die Eigenkontrolle im klein- und mittelständischen
Finanzdienstleistungssektor im Sinne des Verbraucherschutzes und der
Entwicklung eines erleichterten qualifizierten Berufszugangs zu gewähr-
leisten, gesetzlich zu ermöglichen oder anderweitig zu unterstützen?

4. Welche Antwort hat die Bundesregierung auf den „Offenen Brief“ der
Finanzdienstleisterverbände an den Bundeskanzler, Gerhard Schröder, vom
7. April 2001 gegeben?

5. Welche Maßnahmen ergriff und ergreift die Bundesregierung zur Be-
einflussung der Gestaltung der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie im
Sinne der spezifischen nationalen deutschen Bedingungen?

6. Trifft es zu, dass bei Anhörungen der EU zur Finanzmarktgesetzgebung die
Bundesrepublik Deutschland aus personellen Gründen nicht teilnahm?

7. Wie soll die Umsetzung der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie in
deutsches Recht erfolgen?

8. Wie sollen die unstrittig in der Richtlinie geforderte Registrierung und
Qualifikation geregelt werden?

9. In welcher Form wird die Interessenvertretung der unabhängigen klein-
und mittelständischen Finanzdienstleister in die Vorbereitung der EU-Ver-
sicherungsvermittler-Richtlinie einbezogen?

10. Warum ist keine Vertretung der Finanzdienstleistungsinstitute beim Ver-
waltungsrat (§ 7 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes) und dem
Fachbeirat (§ 8 des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes) der geplanten
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vorgesehen?

11. Werden Finanzdienstleistungsinstitute von der künftigen Bundesanstalt
beaufsichtigt und müssen diese als Beaufsichtigte deren Kosten tragen?

12. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Abschaffung der Bei-
träge der Finanzdienstleister (ohne Zugriff auf Kundenvermögen) an die
Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW), für
deren Kunden eine Entschädigung von der EdW ausgeschlossen ist?

13. Wie sieht die Bundesregierung die Konkurrenz von der Bundesversiche-
rungsanstalt für Angestellte (BfA) und den Landesversicherungsanstalten
zu den klein- und mittelständischen Finanzdienstleistern in der Beratung
über die private Altersvorsorge?

14. Kann die verstärkte Kontrolle der Finanzinstrumente und -produkte durch
das im Entwurf vorliegende Vierte Finanzmarktförderungsgesetz und das
Gesetz über das Kreditwesen zu einer Lockerung der Beaufsichtigung bzw.
zu einer Entlastung der unabhängigen Finanzdienstleister genutzt werden?

15. Welche Regelungen sind vorgesehen, damit die Haftungsübernahme für
unabhängige Finanzdienstleister nicht als Scheinselbständigkeit interpre-
tiert, die Haftungsübernehmer und die Vermittler weiter finanziell belastet
und die Anzahl unabhängiger Finanzdienstleister weiter reduziert werden?

16. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung, um die Interessen der
deutschen freien Finanzdienstleister – zu denen auch Versicherungsmehr-
fachagenten und -makler zählen – im Prozess der Ausarbeitung der EU-
Versicherungsvermittler-Richtlinie wahrzunehmen?

17. Wer ist in den Bundesministerien der Finanzen, für Verbraucherschutz, Er-
nährung und Landwirtschaft, Wirtschaft und Technologie der zuständige
Ansprechpartner für die Interessenvertretung der unabhängigen Finanz-
dienstleister?

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18. Wie steht die Bundesregierung zum Vorschlag der Verbände über Regist-
rierung, Qualifikation, Vermögensschadenhaftpflichtversicherung etc., um
messbare Anreize für das Ergreifen des Finanzdienstleisterberufs zu schaf-
fen und um dem Rückgang der Zahl der Unternehmen Einhalt zu gebieten?

19. Wie hat sich die Anzahl der Finanzdienstleistungsinstitute nach § 32 und
§ 64 des Gesetzes über das Kreditwesen von 2000 bis heute entwickelt?

20. Wie steht die Bundesregierung zu der Behauptung bedeutender Markt-
teilnehmer, wonach nichtlizenzierte Finanzdienstleister zukünftig ihre
Existenz verlieren?

21. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zum Ausbau des Verbrau-
cherschutzes bei Finanzdienstleistungen und zur Einbeziehung der Finanz-
dienstleistervertretungen dabei?

22. Sieht es die Bundesregierung als Wettbewerbsverzerrung bzw. -dämpfung
an, dass klein- und mittelständische unabhängige Finanzdienstleister die
finanziellen und personellen Anforderungen des Gesetzes über das Kredit-
wesen nur schwer erfüllen können und damit die großen Finanzdienstleis-
tungs- oder Kreditinstitute Wettbewerbsvorteile erringen?

23. Welche Maßnahmen werden getroffen, um die Kostenbelastung der regu-
lierten Finanzdienstleister, 10 % der Bruttoprovisionserlöse für direkte und
indirekte Aufsichtskosten, zu senken, da diese hohe Kostenbelastung letzt-
lich auch die Dienstleistung für den Verbraucher verteuert?

Berlin, den 23. April 2002
Ernst Hinsken
Peter Rauen
Gerda Hasselfeldt
Dr. Hansjürgen Doss
Heinz Seiffert
Norbert Barthle
Otto Bernhardt
Leo Dautzenberg
Jochen-Konrad Fromme
Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)
Hans Michelbach
Hans-Peter Repnik
Norbert Schindler
Diethard Schütze (Berlin)
Wolfgang Schulhoff
Gerhard Schulz
Klaus-Peter Willsch
Elke Wülfing
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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