BT-Drucksache 14/8826

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP -14/8778, 14/8824- Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderugn des Parteiengesetzes

Vom 18. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8826
14. Wahlperiode 18. 04. 2002

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Ulla Jelpke, Petra Pau, Roland Claus und
der Fraktion der PDS

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD, CDU/CSU,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP
– Drucksachen 14/8778, 14/8824, 14/8825 –

Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Nach dem CDU-Spendenskandal, der in seiner Bedeutung und in seinen Aus-
wirkungen alle bisherigen politischen Affären der Bundesrepublik Deutschland
überstieg, haben wir es bei der jüngst bekannt gewordenen Spendenaffäre der
Kölner SPD in dieser Wahlperiode bereits mit der zweiten großen Parteienaf-
färe zu tun. Um das dadurch verspielte Vertrauen in die Politik und die drastisch
gesunkene Glaubwürdigkeit von Politikern wiederzugewinnen, ist es dringend
geboten, den zunehmenden Einfluss der Parteien in weiten Bereichen von Staat
und Gesellschaft zu begrenzen. Dazu sind ein wesentlich größeres Maß an
Transparenz sowie deutliche Einschnitte im Bereich der Parteienfinanzierung
als ernsthafte Konsequenzen aus den Parteienaffären unverzichtbar.
Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN und FDP zur Änderung des Parteiengesetzes enthält eine
Reihe von Regelungen, die auf eine größere Transparenz der Einnahme- und
Vermögenssituation der Parteien abzielen, die Kontrollmöglichkeiten des Bun-
destagspräsidenten im Hinblick auf die Rechenschaftslegung erweitern und
darüber hinaus die Sanktionen bei Verstößen gegen das Gesetz verschärfen, ins-
besondere erstmalig einen Straftatbestand bei falscher Rechnungslegung ein-
führen und auch die Stückelung von Spenden zum Zwecke des Verschleierns
unter Strafe stellen. Diese Vorschläge zielen zwar in die richtige Richtung, sind
jedoch bei weitem nicht ausreichend, um vor allem den aufgetretenen schweren
Verstößen bei der Annahme rechtswidriger Spenden wirksam zu begegnen und
diese nachhaltig zu sanktionieren. Das betrifft vorrangig die Spendenannahme
von juristischen Personen sowie die Begrenzung von Großspenden insgesamt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
den Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes
(Bundestagsdrucksache 14/7778) zurückzuziehen und

Drucksache 14/8826 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

einen überarbeiteten Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Partei-
engesetzes vorzulegen, in den folgende Regelungen eingearbeitet wurden:
a) Spenden von juristischen Personen sind generell verboten;
b) Nichterhöhung des jährlichen Gesamtvolumens staatlicher Mittel, das allen

Parteien höchstens ausgezahlt werden darf;
c) die Annahme von Spenden wird pro Person auf 50 000 Euro jährlich be-

grenzt;
d) die Annahme von Barspenden wird auf 500 Euro begrenzt;
e) die Publizitätsgrenze für Spenden wird auf 3 000 Euro abgesenkt;
f) der Präsident des Deutschen Bundestages kann sich bei der Überprüfung der

Rechenschaftsberichte der Parteien der Hilfe des Bundesrechnungshofes be-
dienen;

g) bei schweren strafrechtlich sanktionierten Verstößen gegen das Parteien-
gesetz kann die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und das passive
Wahlrecht zeitlich befristet aberkannt werden.

Berlin, den 18. März 2002
Dr. Evelyn Kenzler
Ulla Jelpke
Petra Pau
Roland Claus und Fraktion

Begründung
Als Konsequenz aus den beiden Spendenskandalen von CDU und SPD sind
grundlegende Kurskorrekturen im Parteiengesetz, insbesondere hinsichtlich der
Parteienfinanzierung, notwendig. Ohne eine deutlich transparentere Rech-
nungslegung, geschärfte Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten sowie auch fi-
nanzielle Begrenzungen bei den Parteispenden geraten alle Parteien immer stär-
ker in den Geruch der wirtschaftlichen Bestechlichkeit und Vorteilnahme.
Damit wird letztlich die Legitimation und Glaubwürdigkeit des gesamten poli-
tischen Systems in Frage gestellt.
Der vorliegende Entwurf der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und FDP ist nur begrenzt geeignet, der eigentlichen Ursache der
Spendenskandale zu begegnen, die im Bereich der wirtschaftlichen Großspen-
den liegt. Diese werden offensichtlich z. T. mit dem Ziel geleistet, auf konkrete
politische Entscheidungen Einfluss zu nehmen, z. B. öffentliche Auftragsver-
gaben zu befördern. Um Spenden in diesem Dunstkreis unverdächtig zu
machen und in die offizielle Buchführung einstellen zu können, kommt es dann
zu erheblichen Rechtsverstößen, um deren Herkunft zu verschleiern. Es ist des-
halb notwendig, sowohl die zulässige Höhe von Parteispenden zu begrenzen als
auch Spenden von juristischen Personen generell zu verbieten. Weiterhin sind
schwere Verstöße gegen das Parteiengesetz bis zum Verlust der Fähigkeit
öffentliche Ämter zu bekleiden und die befristete Aberkennung des passiven
Wahlrechts zu ahnden. Barspenden dürfen kleinere Beträge nicht mehr über-
schreiten.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8826

Eine Erhöhung des jährlichen Gesamtvolumens staatlicher Mittel, das allen
Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, ist gerade in der gegenwärtigen
Situation politisch nicht angesagt.

Einzelbegründung zu den vorgeschlagenen Änderungen
a) Spenden von juristischen Personen erweisen sich, wie die jüngsten Ereig-

nisse zeigen, als problematisch. Regelmäßig kommt der Verdacht der Käuf-
lichkeit von politischen Entscheidungen auf. Spenden juristischer Personen
führen potentiell zu Abhängigkeiten zwischen Parteien und ihren Vertretern
auf der einen und Wirtschaftsunternehmen und ihren Vertretern auf der an-
deren Seite. Durch ein generelles Spendenverbot juristischer Personen, wel-
ches nicht nur auf Unternehmen beschränkt ist, die sich mit mehr als 25 % in
öffentlicher Hand befinden, wird die Gefahr der unmittelbaren finanziellen
Einflussnahme der Wirtschaft auf die Politik erheblich verringert. Unterneh-
men, Banken und Versicherungen hätten es dadurch schwerer, mit hohen
Spenden politische Entscheidungen zu beeinflussen.

b) Es gibt keine guten Gründe dafür, das jährliche Gesamtvolumen staatlicher
Mittel, das allen Parteien höchstens ausgezahlt werden darf, von 125 auf
133 Mio. Euro zu erhöhen auch wenn dies unterhalb der Empfehlungen der
vom Bundespräsidenten berufenen Kommission Sachverständiger liegt. Im-
merhin müssen dadurch Bund und Länder zusätzliche Haushaltsmittel von
jährlich maximal 7,74 Mio. Euro bereitstellen. Wenn die Gesetzesinitiatoren
meinen, dass diese Erhöhung Rückgänge beim Spendenaufkommen durch
das verschärfte Parteiengesetz kompensieren soll, dann kann dies nicht ak-
zeptiert werden. Die Parteien sind anstelle einer höheren staatlichen Finan-
zierung eher gehalten, durch Mitgliedsbeiträge und das Einwerben von
(Klein-)Spenden natürlicher Personen ihren Finanzbedarf zu decken. Da-
durch würde auch der permanenten Wahrung der Volksnähe der Parteien
besser entsprochen.

c) Spenden sollen in Zukunft auf 50 000 Euro pro Kalenderjahr und Person be-
grenzt werden. Bei Spenden aus dem Privatvermögen erscheint diese Be-
grenzung als angemessen. Spendenhöhen bis zu 50 000 Euro vermindern
schließlich die Gefahr, dass mit ihnen Erwartungen an konkrete politische
Entscheidungen im Interesse des Spenders verbunden sind. Es sollte sich
auch bei Spenden die Volksnähe einer Partei dadurch beweisen, dass sie an-
stelle einzelner Großspenden viele kleine Spenden einwirbt. Im Übrigen
empfiehlt auch die Parteienfinanzierungs-Kommission beim Bundespräsi-
denten den Parteien, ihre Eigenfinanzierung eher durch Mitgliedsbeiträge zu
erhöhen.
Die Begrenzung auf 50 000 Euro jährlich trägt zum einen der unterschied-
lichen Einnahmesituation aller Parteien ausreichend Rechnung und unter-
bindet zum anderen die so genannten Großspenden, die ab einer bestimmten
Höhe potentiell dazu geeignet sind, politisches Handeln im Interesse des
Spenders unzulässig zu beeinflussen.

d) Barspenden sollen künftig nur in Höhe von 500 Euro erlaubt sein. Sie haben
ihren Ursprung im „Tellersammeln“ und zielen auf die spontane Bereit-
schaft, eine Partei finanziell durch einen alltagsüblich verfügbaren Betrag zu
unterstützen. Daher ist eine Begrenzung auf 500 Euro wirklichkeitsnah und
angemessen. Als Erfahrung aus den Spendenskandalen der letzten Zeit ist
deutlich geworden, dass gerade die unzulässigen Spenden zum Zwecke der
Verschleierung ihrer Herkunft in bar geleistet und angenommen wurden.
Hier ist deshalb zukünftig eine deutliche Einschränkung notwendig. Und
nicht zuletzt schützt eine solche Begrenzung auch eine Partei vor übermäßig
großem Schaden im Falle eines Verlustes.

Drucksache 14/8826 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
e) Die Absenkung der Publizitätsgrenze auf 3 000 Euro unter Angabe des
Namens und des Wohnortes des Spenders dient der Erhöhung der Transpa-
renz und der Verhinderung von Möglichkeiten zur Verschleierung von Spen-
deneinnahmen.

f) Der Präsident des Deutschen Bundestages prüft, ob der Rechenschafts-
bericht der Partei den Vorschriften des Parteiengesetzes über die Rechen-
schaftslegung entspricht. Um die erforderliche Sorgfalt und Genauigkeit die-
ser Prüfung zu erhöhen, soll dem Präsidenten die gesetzliche Möglichkeit
eingeräumt werden, sich der Hilfe des Bundesrechnungshofes zu bedienen.

g) Bei Rechtsverstößen von Politikern im Allgemeinen und bei Verstößen von
Politikern gegen das Parteiengesetz im Besonderen steht die Glaubwürdig-
keit von Politik und ihren Repräsentanten auf dem Spiel. So wie auch die
Bürgerinnen und Bürger bei Rechtsverstößen individuell zur Verantwortung
gezogen werden, ist die individuelle Verantwortlichkeit von Vorstandsmit-
gliedern, Beauftragten bzw. Finanzverantwortlichen bei Verstößen gegen
das Parteiengesetz geboten. Bei erheblichen Verstößen gegen das Parteien-
gesetz müssen künftig auch empfindliche Strafen möglich sein. Soweit es
sich um schwere Rechtsverstöße handelt, sollen betroffene Politiker für ei-
nen Zeitraum von maximal 5 Jahren nicht geeignet sein, öffentliche Ämter
zu bekleiden und Wahlfunktionen wahrzunehmen, da diese Personen das an
solche Funktionen gebundene besondere Vertrauen der Öffentlichkeit miss-
braucht haben. Auch angesichts des jüngst bekannt gewordenen Spen-
denskandals der SPD zeigt sich, dass in Einzelfällen bei massiven Verstößen
solch gravierende Einschnitte notwendig sind, da von ihnen auch eine nicht
zu unterschätzende präventive Wirkung ausgeht.

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