BT-Drucksache 14/8131

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates -14/2096- Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten (Kinderrechteverbesserungsgesetz - KindRVerbG)

Vom 30. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8131
14. Wahlperiode 30. 01. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates
– Drucksache 14/2096 –

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten
(Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG)

A. Problem
Das Kindschaftsrechtsreformgesetz soll mit dem Ziel einer grundliegenden Re-
form fortentwickelt werden. Dazu sollen Rechte und Rechtsstellung der Kinder
gestärkt und der zivilrechtliche Schutz der Kinder vor Gewalt vervollständigt
werden.

B. Lösung
Der Entwurf schlägt dazu Folgendes vor:
– DieMutter und deren Ehemann sind zur Anfechtung der Vaterschaft nicht be-

rechtigt, wenn das Kind mit ihrer Einwilligung durch künstliche Befruchtung
mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden ist. Das auf diese Weise
gezeugte Kind soll dadurch eine rechtlich gesicherte Position erhalten.

– Die Einbenennung eines Kindes durch einen leiblichen Elternteil und einen
Stiefelternteil wird auch bei gemeinsamer Sorge der leiblichen Eltern zuge-
lassen.

– Schutz der Kinder vor Gewalt; Wegweisung eines Elternteils oder eines Drit-
ten aus der Wohnung.

– Beistandschaft in Unterhaltsangelegenheiten bei gemeinsamer elterlicher
Sorge.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 14/8131 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksache 14/2096 – in der aus der nachstehenden
Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 30. Januar 2002

Der Rechtsausschuss
Dr. Rupert Scholz
Vorsitzender

Margot von Renesse
Berichterstatterin

Ronald Pofalla
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Rainer Funke
Berichterstatter

Sabine Jünger
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8131

En twu r f


Be s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s


Zusammenstellung
des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten
(Kinderrechteverbesserungsgesetz – KindRVerbG)
– Drucksache 14/2096 –
mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren
Verbesserung von Kinderrechten

(Kinderrechteverbesserungsgesetz –
KindRVerbG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 400-2, veröffentlichten berei-
nigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird wie folgt
geändert:
1. In § 1596 Abs. 1 Satz 4 wird die Angabe „1 und 2“

durch die Angabe „1 bis 3“ ersetzt.
2. § 1600 wird wie folgt geändert:

a) u n v e r ä n d e r t
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt:

„(2) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes
und der Mutter durch künstliche Befruchtung
mittels Samenspende einesDritten gezeugtworden,
so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den
Mann oder die Mutter ausgeschlossen.“

3. § 1618 wird wie folgt gefasst:

㤠1618
Einbenennung

Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein un-
verheiratetesKind allein oder gemeinsammit dem an-
deren Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht
Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in
ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben,
durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten ih-
ren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen
auch dem von dem Kind zurzeit der Erklärung ge-
führten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits
zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefüg-
ter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung
oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung
des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge
gemeinsammit dem den Namen erteilenden Elternteil
zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn
das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch
der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht

Entwurf eines Gesetzes zur weiteren
Verbesserung von Kinderrechten

(Kinderrechteverbesserungsgesetz –
KindRVerbG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 400-2, veröffentlichten berei-
nigten Fassung, zuletzt geändert durch …, wird wie folgt
geändert:

1. § 1600 wird wie folgt geändert:
a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.
b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt:

„(2) Eine Anfechtung der Vaterschaft durch den
Mann oder die Mutter ist ausgeschlossen, wenn beide
in die Zeugung durch künstliche Befruchtung mittels
Samenspende eines Dritten eingewilligt haben.“

2. In § 1618 Satz 1 werden nach dem Wort „allein“ die
Wörter „oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil“
eingefügt.

Drucksache 14/8131 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
kann die Einwilligung des anderen Elternteils erset-
zen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfü-
gung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich
ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt
werden. § 1617c gilt entsprechend.“
en t f ä l l t

e n t f ä l l t

4. § 1666a wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:

㤠1666a
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit;

Vorrang öffentlicher Hilfen“
b) Dem Absatz 1 werden folgende Sätze angefügt:

„Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorüber-
gehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der
Familienwohnung untersagt werden soll. Wird ei-
nem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der
vom Kind mitbewohnten oder einer anderenWoh-
nung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer
der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob die-
semdasEigentum, das Erbbaurecht oder derNieß-
brauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich
die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für
dasWohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das
dinglicheWohnrecht oderwenn der Elternteil oder
Dritte Mieter der Wohnung ist.“

5. In § 1713 Abs. 1 wird nach Satz 1 folgender Satz ein-
gefügt:
„Steht die elterliche Sorge für das Kind den Eltern

gemeinsamzu, kannderAntrag vondemElternteil ge-
stellt werden, in dessenObhut sich dasKindbefindet.“

6. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 1666a
wie folgt gefasst:
„§ 1666a Grundsatz der Verhältnismäßigkeit; Vor-
rang öffentlicher Hilfen“

en t f ä l l t

3. § 1631 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Kinder sind gewaltfrei zu erziehen. Körperstrafen,

seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maß-
nahmen sind unzulässig.“

4. Nach § 1687a wird folgender § 1687b eingefügt:
㤠1687b

Ist der sorgeberechtigte Elternteil wieder verheiratet,
hat sein Ehegatte im Einvernehmen mit dem sorgeberech-
tigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in An-
gelegenheiten der tatsächlichen Betreuung des Kindes.“

Artikel 2
Änderung des Gesetzes über die rechtliche Stellung

der nichtehelichen Kinder
Artikel 12 § 10 des Gesetzes über die rechtliche Stellung

der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (BGBl. I S.
1243) das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:
1. Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen.
2. Absatz 2 wird aufgehoben.

Drucksache 14/8131 – 5 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

En twu r f B e s c h l ü s s e d e s 6 . Au s s c h u s s e s
en t f ä l l t

e n t f ä l l t

Artikel 2
Änderung des Personenstandsgesetzes

In § 31a Abs. 1 Nr. 6 des Personenstandsgesetzes in
der Fassung vom 8. August 1957 (BGBl. I S. 1125), zu-
letzt geändert durch … werden nach dem Wort „allein“
die Wörter „oder gemeinsam mit dem anderen Eltern-
teil“ eingefügt.

Artikel 3
Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch

– Kinder- und Jugendhilfe –
§ 59 Abs. 1 Satz 1 des Achten Buches Sozialgesetz-

buch – Kinder- und Jugendhilfe – (Artikel 1 des Geset-
zes vom 26. Juni 1990 – BGBl. I S. 1163) in der Fassung
der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I
S. 3546), das zuletzt durch … geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:
1. In Nummer 1 werden nach den Wörtern „durch die

die Vaterschaft anerkannt“ die Wörter „oder die An-
erkennung widerrufen“ eingefügt.

2. In Nummer 8 werden nach der Angabe „(§ 1626a
Abs. 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)“ die
Wörter „sowie die etwa erforderliche Zustimmung
des gesetzlichen Vertreters eines beschränkt ge-
schäftsfähigen Elternteils (§ 1626c Abs. 2 des Bürger-
lichen Gesetzbuchs)“ eingefügt.

Artikel 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft.

Artikel 3
Änderung des Einführungsgesetzes zum

Bürgerlichen Gesetzbuche
Artikel 235 § 1 des Einführungsgesetzes zum Bürger-

lichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung
vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494, 1997 I S. 1061),
das zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt ge-
ändert:
1. Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen.
2. Absatz 2 wird aufgehoben.

Artikel 4
Änderung des Kindesunterhaltsgesetzes

In Artikel 5 § 3 Abs. 2 des Kindesunterhaltsgesetzes vom 6.
April 1998 (BGBl. I S. 666), das zuletzt durch … geändert
worden ist, wird die Angabe „die §§ 642 und 645 Abs. 1“
durch die Angabe „§ 642“ ersetzt.

Artikel 5
Inkrafttreten

Die Artikel 1 und 4 treten am Tage nach der Verkündung in
Kraft. Die Artikel 2 und 3 treten am ersten Tag des vierten
auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.

Drucksache 14/8131 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Margot von Renesse, Ronald Pofalla, Volker Beck
(Köln), Rainer Funke und Sabine Jünger

I. Zum Beratungsverfahren
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf der
Drucksache 14/2096 in seiner 152. Sitzung am 16. Februar
2001 in erster Lesung beraten und zur federführenden Bera-
tung dem Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe über-
wiesen.

II. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Ju-
gend hat die Vorlage in seiner 82. Sitzung am 30. Januar
2002 beraten und einstimmig bei Abwesenheit der Fraktion
der PDS beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf in
der Fassung der vorstehenden Zusammenstellung anzuneh-
men.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat die Vorlage in seiner 59. Sitzung am 4. April 2001
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen SPD, CDU/
CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP bei Abwesen-
heit der Fraktion der PDS beschlossen zu empfehlen, den
Gesetzentwurf abzulehnen.

III. Beratung im federführenden Rechtsausschuss
Der Rechtsausschuss hat die Vorlage in seiner 114. Sitzung
am 30. Januar 2002 abschließend beraten und einstimmig
empfohlen, den Gesetzentwurf in der Fassung der vorste-
henden Zusammenstellung anzunehmen.
Die Fraktion der SPD dankte für die Kooperation in den
Berichterstattergesprächen und betonte, dass es einver-
nehmlich gelungen sei, Gewalt gegen Kinder zurückzudrän-
gen und die Rechte der Kinder zu stärken. Für den Fall der
einverständlichen Zeugung des Kindes durch künstliche Be-
fruchtung mittels Samenspende sei eine familienrechtliche
Regelung geschaffen worden, bei der die Anfechtung der
Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen
sei. Wer die Entstehung eines Kindes verantworte, müsse
dafür auch lebenslang die Verantwortung übernehmen. Ein
ungelöstes Problem bleibe die Durchsetzung von Heraus-
gabe- und Besuchsrechtansprüchen. Die Berechtigten hätten
oft einen Titel, seien aber nicht in der Lage diesen durchzu-
setzen. Dies werde im Rahmen der FGG-Reform zu verän-
dern sein.
Die Fraktion der CDU/CSU bedankte sich ebenfalls für
die konstruktive Form der Berichterstattergespräche. Auf
der Grundlage des damaligen Entwurfs habe sie am
11. Dezember 2001 den Antrag auf Streichung der Artikel 2
und 3 gestellt, die sich auf die erbrechtliche Gleichstellung
nichtehelicher Kinder beziehen. Nach intensiven Beratun-
gen sei man einvernehmlich zu der Auffassung gekommen,
dass diese beiden Artikel aus dem Gesetzentwurf zu strei-
chen seien. Der ursprüngliche Antrag vom 11. Dezember
2001 habe sich daher erledigt. Hierbei habe es sich um ei-

nen wesentlichen Punkt gehandelt, da dieses Problem schon
mehrfach im Deutschen Bundestag behandelt worden und
dadurch Vertrauensschutz geschaffen worden sei. In der
Sache seien eine Reihe kleinerer Gesetzeslücken u. a. auf
dem Gebiet des Kindesunterhalts und des Gewaltschutzes
geschlossen worden, die für die Betroffenen in der Praxis
fatale Auswirkungen gehabt hätten. Im Sinne der Kinder-
rechte sei es somit zu nicht unwesentlichen Verbesserungen
gekommen.
Die Fraktion der FDP stimmte den Vorrednern zu und
stellte heraus, dass die erbrechtliche Frage offen diskutiert
worden sei. Die gefundene Regelung bringe für Betroffene
keinen rechtlichen Nachteil. Auch sei es nicht notwendig,
alle Probleme erbrechtlich zu lösen. Hierfür biete sich viel-
mehr eine privatrechtliche Lösung durch Testamente und
Erbverträge an.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führte aus, das
sie den Gesetzentwurf ebenfalls unterstütze. Entscheidend
sei, dass das Familienrecht stärker die verschieden Famili-
enformen berücksichtige, in denen Kinder aufwachsen. Die-
ser Prozess sei mit dem vorliegenden Gesetzentwurf noch
nicht abgeschlossen, aber der Gesetzgeber habe in den letz-
ten vier bis sechs Jahren viel in diese Richtung unternom-
men. Es sei sehr gut, dass im Familienrecht zunehmend die
Lebensrealität Einzug halte und dass man sich von ideologi-
schen Vorprägungen zugunsten des Wohls der Kinder ver-
abschiede.
Die Fraktion der PDS erklärte ihr Einverständnis mit der
vorliegenden Regelung. Hinsichtlich des vereinfachten Ver-
fahrens sei später zu überprüfen, ob sich die mit den Geset-
zesänderungen verbundenen Hoffnungen auch erfüllt hätten.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

1. Allgemeines
Im Folgenden werden lediglich die vom Rechsausschuss
beschlossenen Änderungen gegenüber der ursprünglichen
Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Aus-
schuss die Vorschläge des Bundesrates übernommen hat,
wird ergänzend auf die jeweilige Begründung des Entwurfs
in der Drucksache 14/2096, S. 6 ff., verwiesen.
Der Ausschuss empfiehlt zum einen, auf die vom Bundesrat
vorgeschlagene erbrechtliche Gleichstellung der vor dem
1. Juli 1949 geborenen nichtehelichen Kinder zu verzichten.
Zum anderen sind einige im Bundesratsentwurf vorgese-
hene Änderungen des BGB bereits in anderen Gesetzge-
bungsvorhaben umgesetzt worden und können daher entfal-
len.
Zur gewaltfreien Erziehung (Artikel 1 Nr. 3)
Das Gebot gewaltfreier Erziehung ist durch die Neufassung
des § 1631 Abs. 2 BGB im Gesetz zur Ächtung der Gewalt
in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhalts-
rechts vom 2. November 2000 (BGBl. I S. 1479) geregelt.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/8131

Zum Sorgerecht für Ehegatten eines Elternteils
(Artikel 1 Nr. 4)
Mit dem Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung
gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vom 16. Feb-
ruar 2001 (BGBl. I S. 266) ist ein neuer § 1687b in das
BGB eingefügt worden, der eine Regelung des Mitentschei-
dungsrechts für Stiefeltern vorsieht, die inhaltlich dem in
dem Gesetzentwurf des Bundesrates enthaltenen Vorschlag
entspricht.
Zum Erbrecht nichtehelicher Kinder (Artikel 2 und 3)
Nichteheliche Kinder sind nach ihren Vätern kraft Gesetzes
erbberechtigt und somit ehelichen Kindern erbrechtlich
gleichgestellt. Eine Ausnahme gilt gemäß Artikel 12 § 10
Abs. 2 NichtehelichenG für die vor dem 1. Juli 1949 gebo-
renen nichtehelichen „Kinder“, soweit diese „Kinder“ nicht
bereits nach dem Recht der DDR ehelichen Kindern gleich-
gestellt sind und Artikel 235 § 1 Abs. 2 EBGB ihnen diese
Rechtstellung erhalten hat. Voraussetzung dafür ist der ge-
wöhnliche Aufenthalt des Erblassers (nichtehelicher Vater)
am 2. Oktober 1990 in der DDR.
Bei Abwägung aller Umstände erscheint eine erbrechtliche
Gleichstellung der vor dem 1. Juli 1949 geborenen Kinder
nicht gerechtfertigt. Die derzeitige Regelung ist nach dem
Beschluss des BVerfG vom 8. Dezember 1976 (BVerfGE
44, 1 ff.) und dem Nichtannahmebeschluss vom 3. Juli 1996
(1 BvR 563/96) verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber hat
sich bei der Wiedervereinigung und zuletzt 1997 im Rah-
men des Gesetzgebungsverfahrens zum Erbrechtgleichstel-
lungsgesetz gegen die Aufhebung der Stichtagsregelung
entschieden. Damit wurde ein Vertrauenstatbestand ge-
schaffen. Eine abweichende Entscheidung dieser Frage
würde Erbberechtigungen für heute 52 Jahre und ältere
„Kinder“ schaffen. Diese Ansprüche wären in erster Linie
von den (künftig) hinterbleibenden Ehefrauen der Väter der
nichtehelichen Kinder zu erfüllen, die aufgrund der wieder-
holten Entscheidungen des Gesetzgebers auf die Beibehal-
tung der geltenden Regelung vertrauen durften und somit
keine Veranlassung hatten, rechtzeitig finanzielle Vorsorge
zu treffen.
Eine Aufhebung der Stichtagsregelung würde im Ergebnis
auch nicht zu einem Mehr an materieller Gerechtigkeit füh-
ren. Zum einen wären die nichtehelichen „Kinder“ benachtei-
ligt, derer Vater bereits vor In-Kraft-Treten der Neuregelung
verstorben ist. Eine Rückabwicklung dieser Erbfälle wäre
schon aus unmittelbar einleuchtenden praktischen Gründen
ausgeschlossen. Zum anderen erhielten auch die betroffenen
„Kinder“, die wegen der seinerzeit unzureichenden Mög-
lichkeiten der Abstammungsfeststellung die Zahlvaterschaft
nicht erstreiten konnten, kein Erbrecht.
Zum Vereinfachten Verfahren in Unterhaltssachen
(Artikel 4)
Die vorgeschlagene Änderung des Artikels 5 § 3 Abs. 2
KindUG wurde im Gesetz zur Einführung des Euro in
Rechtspflegegesetzen und in Gesetzen des Straf- und Ord-
nungswidrigkeitenrechts, zur Änderung der Mahnvordruck-
verordnungen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom
13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574) berücksichtigt.

2. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetz-

buchs)
Zu Nummer 1
Die Änderung bezweckt, eine Begründung der Vaterschaft
für ein Kind durch Anerkennung auch dann zu ermöglichen,
wenn die Mutter des Kindes geschäftsunfähig ist.
Nach der derzeitigen Rechtslage erfolgt die Anerkennung
der Vaterschaft für ein Kind durch eine Erklärung des Man-
nes, die der Zustimmung der Mutter und, wenn der Mutter
insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht, auch der Zustim-
mung des Kindes bedarf (§ 1595 Abs.1 und 2 BGB). Ist der
Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, kann er die An-
erkennungserklärung nur selbst abgeben (§ 1596 Abs. 1
Satz 1 BGB). Die Anerkennungserklärung bedarf der Zu-
stimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 1596 Abs. 1 Satz 2
BGB). Wenn der Mann geschäftsunfähig ist, so kann die Er-
klärung über die Anerkennung der Vaterschaft durch den
gesetzlichen Vertreter des Mannes abgegeben werden, der
hierzu der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts be-
darf (§ 1596 Abs. 1 Satz 3 BGB).
Die Vaterschaftsanerkennung bedarf der Zustimmung der
Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB). Ist die Mutter in der Ge-
schäftsfähigkeit beschränkt, so verweist § 1596 Abs. 1 Satz 4
in der geltenden Fassung auf die Sätze 1 und 2 der Vor-
schrift. Die in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Mutter
kann also die Zustimmungserklärung nur selbst abgeben
und bedarf hierzu der Zustimmung ihres gesetzlichen Ver-
treters.
§ 1596 Abs. 1 Satz 4 verweist jedoch derzeit nicht auf Satz
3 der Vorschrift. Der gesetzliche Vertreter einer geschäfts-
unfähigen Mutter kann die Zustimmung zur Vaterschafts-
anerkennung daher nicht für die Mutter erklären. Bei
Geschäftsunfähigkeit der Mutter kann die väterliche Ab-
stammung folglich nicht durch Vaterschaftsanerkennung,
sondern lediglich durch ein gerichtliches Vaterschaftsfest-
stellungsverfahren begründet werden.
Die Voraussetzungen, unter denen eine geschäftsunfähige
Mutter an der Begründung der Vaterschaft für ein Kind
durch Anerkennung mitwirken kann, sollten den Bedingun-
gen angeglichen werden, unter denen ein geschäftsunfähi-
ger Vater die Vaterschaft anerkennen kann. Daher verweist
§ 1596 Abs. 1 Satz 4 BGB-E auch auf Satz 3 der Vorschrift.
Danach kann für eine geschäftsunfähige Mutter ihr gesetzli-
cher Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsge-
richts der Vaterschaftsanerkennung zustimmen.
Zu Nummer 2
In der vom Bundesrat vorgeschlagenen Fassung des § 1600
Abs. 2 BGB-E ist nicht eindeutig erkennbar, dass die An-
fechtung durch den Mann oder die Mutter mit der Begrün-
dung möglich bleibt, das Kind stamme in Wahrheit nicht
aus der künstlichen Befruchtung (vgl. Stellungnahme der
Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 14/2096 S. 10). Die
nunmehr vorgeschlagene Formulierung des § 1600 Abs. 2
BGB-E verdeutlicht, dass die Anfechtung durch den Mann
oder die Mutter nur dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind
tatsächlich durch künstliche Befruchtung mittels Samen-

Drucksache 14/8131 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

spende eines Dritten gezeugt wurde und sowohl die Mutter
als auch der Mann in diese Art der Zeugung eingewilligt ha-
ben. In diesem Fall ist nur das Kind zur Vaterschaftsanfech-
tung berechtigt; solange es minderjährig ist, darf sein ge-
setzlicher Vertreter die Vaterschaft nur anfechten, wenn dies
dem Wohl des Kindes dient (§ 1600a Abs. 4 BGB).
Zu Nummer 3
Die Einfügung „oder gemeinsam mit dem anderen Eltern-
teil“ in § 1618 Satz 1 BGB entspricht dem Vorschlag des
Bundesrates.
Durch die Einfügung „das sie in ihren gemeinsamen Haus-
halt aufgenommen haben“ wird die gleichfalls in der Stel-
lungnahme angesprochene Problematik der Einbenennung
eines Kindes ohne Einbeziehung in die einbenennende Fa-
milie gelöst. Eine solche „Einbenennung“ ist nicht möglich.
Mit der dritten vorgeschlagenen Änderung sollen die Rechte
des nicht einbenennenden Elternteils deutlich geregelt wer-
den. Zwar wäre eine Zustimmung des mit sorgeberechtigten
Elternteil schon nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB notwendig,
da es sich bei der Namensänderung um eine Angelegenheit
von erheblicher Bedeutung für das Kind handeln dürfte.
Durch das Zustimmungserfordernis in § 1618 – neu – wird
aber der in diesen Fällen angemessene Konfliktlösungsme-
chanismus des § 1618 Satz 4 BGB eingeführt: Bei Streitig-
keiten kann das Familiengericht die Einwilligung ersetzen,
wenn die Namensänderung zum Wohl des Kindes erforder-
lich ist.
Eine Regelung der in der Stellungnahme der Bundesregierung
zum Entwurf des Bundesrates gleichfalls angesprochenen
Rückbenennung wird nicht vorgeschlagen; sie widerspräche
dem das Namensrecht prägenden Grundsatz der Namenskon-
tinuität. Eine Angleichung der öffentlich-rechtlichen Namens-
änderung (§ 3 Namensänderungsgesetz) wird durch Anpas-
sung der Ausführungsvorschriften (NamÄndVwV) erfolgen.
Zu Nummer 4
Die vorgeschlagene Ergänzung des § 1666a Abs. 1 BGB
konkretisiert den zivilrechtlichen Kinderschutz. Es wird
klargestellt, dass auch auf der Grundlage der §§ 1666,
1666a BGB eine Wohnungszuweisung zum Schutz des Kin-
des vor Gewalt möglich ist; die Nutzung der Wohnung kann
sowohl einem Elternteil als auch einem Dritten (§ 1666
Abs. 4 BGB) untersagt werden. Die Vorschrift des § 1666a
BGB baut auf § 1666 BGB auf und konkretisiert die Gren-
zen, die bei den nach § 1666 BGB getroffenen Maßnahmen
zu beachten sind.
Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen zum Gesetz
zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Ge-
walttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der
Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 11. De-
zember 2001 (BGBl. I S. 3513) und dem in seinem Artikel 1
vorgesehenen Gewaltschutzgesetz (GewSchG) wurde auch
die Frage erörtert, ob der zivilrechtliche Schutz von Kindern
vor elterlicher Gewalt oder Gewaltanwendung durch Dritte,
z. B. einem neuen Partner eines Elternteils, ausreichend ist.
Diskutiert wurde etwa der Fall, dass gemeinsam sorgebe-
rechtigte Eltern mit einem Kind zusammenleben und der
Vater das Kind, nicht aber die Mutter schwer misshandelt.
Für diese Fälle sieht das Gewaltschutzgesetz keinen Schutz

vor. Insbesondere ist eine Zuweisung der gemeinsam ge-
nutzten Wohnung an den nicht gewalttätigen Elternteil auf
der Grundlage von § 2 GewSchG nicht möglich, da dieser
nicht selbst verletzt wurde und für Verletzungen des Kindes
durch den sorgeberechtigten Elternteil das Gewaltschutzge-
setz nicht gilt (§ 3 Abs. 1 GewSchG). In Betracht gezogen
wurde auch der Fall, dass die sorgeberechtigte Mutter mit
einem Partner zusammenlebt, der nicht der Vater des Kindes
ist, und dieser das Kind misshandelt. Auch hier gilt jeden-
falls § 2 GewSchG in der Regel nicht, da das Kind zumeist
mit dem Dritten keinen gemeinsamen Haushalt führt.
Einschlägig sind insoweit die spezifischen Schutzvorschrif-
ten des Kindschaftsrechts, insbesondere die §§ 1666, 1666a
BGB. Nach demWortlaut des § 1666 BGB, wonach das Ge-
richt die zur Abwendung einer Kindeswohlgefährdung „er-
forderlichen Maßnahmen“ zu treffen hat, ist eine Wegwei-
sung des gewalttätigen Elternteils an sich bereits nach
geltendem Recht möglich. In der Kommentarliteratur und in
der veröffentlichten Rechtsprechung zu den §§ 1666, 1666a
BGB wird die Anordnung eines Wohnungswechsels jedoch
nur als Maßnahme gegenüber Dritten genannt (vgl. Palandt/
Diederichsen, BGB, 60. Aufl., Rn. 55; OLG Zweibrücken
FamRZ 1994, 976; OLG Köln KindPrax 1999, 95; LG Kob-
lenz Streit 1993, 153; AG Osnabrück Streit 1993, 113; „Go-
order“), nicht jedoch als Maßnahme gegenüber einem sor-
geberechtigten Elternteil.
Ist zum Schutz des Kindes eine Trennung von seinen Eltern
bzw. einem Elternteil erforderlich, so wird diese Trennung
in der Praxis offensichtlich in der Regel durch eine Fremd-
unterbringung des Kindes realisiert (Heim, Pflegeeltern).
Das Kind in der vertrauten Umgebung zu belassen und den
gewalttätigen Elternteil aus der Wohnung zu weisen, wird
dagegen nur selten als mögliche Maßnahme in Betracht ge-
zogen. Vor diesem Hintergrund wurde in der öffentlichen
Anhörung vor den beteiligten Ausschüssen des Deutschen
Bundestages vorgeschlagen, entweder den Schutz von Kin-
dern vor elterlicher Gewalt in § 2 GewSchG einzubeziehen
oder bei § 1666 BGB einen Zusatz dahingehend zu formu-
lieren, dass das Gericht auch eine Wegweisung anordnen
kann.
Mit der vorgeschlagenen Ergänzung von § 1666a BGB wird
letztere Variante aufgegriffen. Die §§ 1666 ff. BGB bleiben
in dieser Variante Spezialvorschriften für das Eltern-Kind-
Verhältnis gegenüber dem allgemeinen zivilrechtlichen
Rechtsschutz, einschließlich des Gewaltschutzgesetzes. Die
Anwendbarkeit der §§ 1666 ff. BGB anstelle von § 2
GewSchG hat den Vorteil, dass von Eltern ausgehende Ge-
walt nicht „automatisch“ einen Anspruch des verletzten
Kindes auf Wohnungsüberlassung auslöst. Es bleibt viel-
mehr Raum für Erwägungen des Kindeswohls. Im Interesse
des Eltern-Kind-Verhältnisses und entsprechend dem Grund-
satz der Verhältnismäßigkeit ist gerade in Fällen elterlicher
Gewalt zunächst zu versuchen, das Gewaltproblem durch
familienunterstützende Maßnahmen zu lösen.
Zudem ist der Schutz des Kindes nach den §§ 1666 ff. BGB
insoweit effektiver, als Maßnahmen auf dieser Grundlage
unabhängig von einem Antrag von Amts wegen getroffen
werden (sog. Amtsverfahren). Eine Wegweisung des ge-
walttätigen Elternteils (aber auch eines Dritten) zum Schutz
des Kindes ist danach auch dann möglich, wenn der nicht
gewalttätige Elternteil keinen entsprechenden Antrag stellt,

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/8131

etwa weil er seine Beziehung zu dem gewalttätigen Eltern-
teil oder dem Partner nicht gefährden will oder sich sogar
mit diesem „solidarisiert“.
Die Neuregelung wurde dem § 1666a BGB zugeordnet, da
§ 1666 BGB bisher keine konkreten Maßnahmen oder Bei-
spiele für konkrete Maßnahmen nennt und die Wegweisung
eines Elternteils aus der Familienwohnung eine ähnlich ein-
schneidende Wirkung auf das Eltern-Kind-Verhältnis hat
wie die in § 1666a BGB bereits genannten Maßnahmen. Die
Wegweisung aus der Familienwohnung führt zu einer Tren-
nung des Kindes von einem Elternteil, so dass dem in
§ 1666a BGB ausdrücklich festgeschriebenen Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit auch hier besondere Bedeutung zu-
kommt. Eine Wegweisung soll nur erfolgen, wenn der Ge-
fahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche
Hilfen, begegnet werden kann. Zu denken ist insoweit ins-
besondere an familienunterstützende Maßnahmen der Kin-
der- und Jugendhilfe, die als mildere Mittel vor einer Weg-
weisung aus der Familienwohnung in Betracht zu ziehen
sind.
Einem gewalttätigen Elternteil kann die Nutzung der Fami-
lienwohnung nach § 1666a Abs. 1 Satz 2 BGB-E „vorüber-
gehend“ oder „auf unbestimmte Zeit“ untersagt werden. An
eine (nur) vorübergehende Wegweisung ist nach dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit etwa zu denken, wenn
dem gewalttätigen Elternteil durch die Maßnahme vor Au-
gen geführt werden soll, dass er mit seinem Verhalten sein
Familienleben gefährdet, aber nach den Umständen noch
Aussicht auf eine Normalisierung der Verhältnisse besteht.
In der Neufassung des § 1666a BGB berücksichtigt wird
nicht nur der Fall, dass Gewalttätigkeiten von einem Eltern-
teil ausgehen, sondern auch der Fall der Gewaltanwendung
durch Dritte. Die Vorschrift nennt sowohl das Verbot der
Nutzung der „vom Kind mitbewohnten Wohnung“ als auch
„einer anderen Wohnung“ (§ 1666a Abs. 1 Satz 3 BGB-E).
Es wird damit klargestellt, dass ein mit dem Kind zusam-
menlebender Dritter, also etwa ein Partner der Mutter, aber
auch ein in der Nachbarschaft lebender Dritter, der das
Wohl des Kindes gefährdet, weggewiesen werden kann.
Sowohl bei der Wegweisung eines Elternteils als auch eines
Dritten ist ein weiterer, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
zuzuordnender Gesichtspunkt zu berücksichtigen, den der
neue Satz 3 zum Ausdruck bringt. Bei der Bemessung der
Dauer der Wegweisung ist zu berücksichtigen, ob der ge-
walttätige Elternteil oder der Dritte etwa als Eigentümer, als
Mieter oder sonst an der Wohnung berechtigt ist. Insbeson-
dere gegenüber dem Eigentümer und anderen an der Woh-
nung dinglich Berechtigten wird grundsätzlich nur eine vor-
übergehende Wegweisung verhältnismäßig sein. Die Zeit
der Wegweisung kann dann entweder dazu genutzt werden,
durch beratende oder therapeutische Maßnahmen zu versu-
chen, eine Rückkehr des gewalttätigen Elternteils oder auch
des Dritten in die Familie zu ermöglichen oder eine geeig-
nete anderweitige Unterbringung für das Kind zu finden.
Wird die Wegweisung „auf unbestimmte Zeit“ ausgespro-
chen, hat das Gericht sie in angemessenen Zeitabständen zu
überprüfen. Die Maßnahme ist aufzuheben, wenn eine Ge-
fahr für das Wohl des Kindes nicht mehr besteht (§ 1696
Abs. 2, 3 BGB).

Die Vorschrift des § 1666a BGB baut als unselbständige
Norm auf § 1666 BGB auf und konkretisiert für die dort ge-
nannten Maßnahmen, welche Grenzen bei ihrer Anordnung
zu beachten sind. Wenn nunmehr die Wegweisung aus der
vom Kind bewohnten Wohnung in § 1666a BGB ausdrück-
lich genannt wird, bedeutet dies nicht, dass das Gericht bei
Gewaltanwendung gegenüber Kindern auf diese Maßnahme
beschränkt wäre. Es kann vielmehr auf der Grundlage des
§ 1666 BGB auch andere Maßnahmen anordnen, die eine
Wegweisung begleiten oder ersetzen können. Hierzu gehö-
ren, ähnlich wie in § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG vorgesehen,
z. B. die Verbote,
– sich der Familienwohnung bis auf einen festzusetzenden

Umkreis zu nähern,
– bestimmte Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind re-

gelmäßig aufhält (z. B. Kindergarten oder Schule),
– Kontakt zum Kind, auch unter Verwendung von Telefon,

E-Mails, SMS etc., aufzunehmen oder
– Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen.
Im Rahmen der Beratungen dieses Gesetzes und auch des
Gewaltschutzgesetzes war außerdem die Frage angespro-
chen worden, inwieweit Gewalttätigkeiten eines Elternteils
gegenüber dem anderen Elternteil oder dem Kind Auswir-
kungen auf das Umgangsrecht haben sollten, wenn der ge-
walttätige Elternteil aus der Wohnung gewiesen wird
(s. auch Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur
Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalt-
taten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Ehe-
wohnung bei Trennung – Bundestagsdrucksache 14/5429
S. 24). Es wurde erwogen, ob in diesen Fällen zum Schutz
der Kinder der Umgang gesetzlich für eine bestimmte Zeit
ausgeschlossen werden sollte.
Das geltende Recht bietet jedoch in diesen Fällen ausrei-
chende Reaktionsmöglichkeiten. Zum einen kann – je nach
Lage des Einzelfalls – das Umgangsrecht des Elternteils be-
schränkt oder ausgeschlossen oder ein begleiteter Umgang
angeordnet werden. Wenn anderenfalls das Wohl des Kin-
des gefährdet wäre, kann das Familiengericht den Umgang
auch für längere Zeit oder auf Dauer ausschließen (§ 1684
Abs. 4 BGB). Über das Umgangsrecht wird im Verfahren
der freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden, in dem das
Amtsermittlungsprinzip gilt. Erhält ein Familiengericht –
etwa in einem Verfahren nach § 2 GewSchG – Anhalts-
punkte für Probleme beim Umgangsrecht, kann es hierauf
angemessen reagieren. Zum anderen wäre es unter Kindes-
wohlgesichtspunkten unverhältnismäßig, für diese Fälle
eine schematische Regelung mit einem „automatischen“
Ausschluss des Umgangsrechts im Gesetz vorzusehen. Vor-
zuziehen ist die geltende, flexible Regelung, die es dem Fa-
miliengericht ermöglicht, auf die Umstände des Einzelfalles
einzugehen und angemessen zu reagieren. Daher hat der
Ausschuss keine Änderung des für den Umgang des Kindes
mit seinen Eltern geltenden Rechts vorgeschlagen.
Zu Nummer 5
Die vorgeschlagene Neufassung des § 1713 BGB wird eine
Beistandschaft des Jugendamtes in Unterhaltssachen auch
dann ermöglichen, wenn die elterliche Sorge für ein Kind
beiden Elternteilen gemeinsam zusteht.

Drucksache 14/8131 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Nach geltendem Recht kann der Antrag auf Beistandschaft
des Jugendamtes von dem Elternteil gestellt werden, dem
für den Aufgabenkreis der beantragten Beistandschaft die
alleinige elterliche Sorge zusteht (§ 1713 Abs. 1 Satz 1
BGB). Die überwiegende Praxis der Jugendämter geht da-
von aus, dass damit eine Beistandschaft des Jugendamtes in
Unterhaltssachen nicht möglich ist, wenn die Eltern die
elterliche Sorge für ihr Kind gemeinsam ausüben. Diese
Ansicht wird auch in der Begründung des Regierungsent-
wurfs des Beistandschaftsgesetzes vertreten (Bundestags-
drucksache 13/892 S. 37 f.). Begründet wird dies mit dem
Bedürfnis nach Rechtssicherheit: Es sei schwierig festzu-
stellen, wer das Kind tatsächlich betreue.
Sowohl in der Rechtsprechung und zum Teil im Schrifttum
als auch bei einigen Jugendämtern wird unter Berufung auf
§ 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB dagegen die Auffassung vertre-
ten, einen Antrag auf Beistandschaft könne auch bei ge-
meinsamer Sorge der Elternteil stellen, in dessen Obhut sich
das Kind befindet. § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt,
dass dieser Elternteil berechtigt ist, Unterhaltsansprüche des
Kindes gegen den anderen Elternteil geltend zu machen.
Daraus wird gefolgert, diesem Elternteil stehe insoweit die
elterliche Sorge allein zu (AG Hamm, DAVorm 1999, 158).
Im Ergebnis sollten Kinder, deren Eltern nach einer Tren-
nung die gemeinsame Sorge beibehalten, in Unterhaltsange-
legenheiten nicht schlechter gestellt sein als Kinder, bei de-
nen ein Elternteil insoweit die elterliche Sorge allein ausübt.
Auch bei beibehaltener gemeinsamer Sorge kann eine Bei-
standschaft des Jugendamtes sinnvoll oder sogar notwendig
sein. Die Neuregelung erspart es dem betreuenden Elternteil
in diesem Fall, einen Antrag auf Übertragung der alleinigen
elterlichen Sorge für den Aufgabenkreis Unterhalt allein zu
dem Zweck zu beantragen, eine Beistandschaft des Jugend-
amtes für das Kind zu erreichen.
Die Bestimmung des Antragsberechtigten nimmt Bezug auf
die Regelung des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB. Antragsbe-
rechtigt soll also der Elternteil sein, in dessen Obhut das
Kind lebt. Die Anknüpfung ist wegen des Zusammenhangs
mit der Berechtigung zur Geltendmachung von Unterhalts-
ansprüchen gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB sinnvoll.
Für die Auslegung der Bestimmung kann auf die Rechtspre-
chung und Literatur zu § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB zurück-
gegriffen werden. Darüber hinaus wird sich in den meisten
Fällen feststellen lassen, in wessen Obhut sich das Kind
befindet, insbesondere wenn die Eltern räumlich getrennt
leben.
Die Neuregelung wird voraussichtlich zu Mehrbelastungen
bei den Jugendämtern führen, die bisher eine Beistandschaft
bei gemeinsamer elterlicher Sorge ablehnen. Die dadurch
entstehenden zusätzlichen Kosten lassen sich nicht genau
beziffern. Dem stehen Einsparungen in ebenfalls nicht be-
zifferbarer Höhe gegenüber, da Anträge auf Übertragung
der Alleinsorge für den Bereich Unterhalt, die allein zu dem
Zweck gestellt werden, eine Beistandschaft des Jugendam-
tes zu erreichen, durch die Neuregelung vermieden werden.

Zu Nummer 6
Die Neufassung der Überschrift des § 1666a BGB-E ist
auch in der Inhaltsübersicht des BGB zu berücksichtigen.

Zu Artikel 2 (Änderung des Personenstandsgeset-
zes)

Es handelt sich um eine Folgeregelung zur Änderung des
§ 1618 BGB-E.
Zu Artikel 3 (Änderung des Achten Buchs Sozial-

gesetzbuch – Kinder- und Jugend-
hilfe)

Zu Nummer 1
Nach geltendem Recht kann das Jugendamt die folgenden
Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft beur-
kunden: die Anerkennung der Vaterschaft, die Zustim-
mungserklärung der Mutter, die etwa erforderliche Zustim-
mung des Mannes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der
Mutter verheiratet ist, des Kindes oder eines gesetzlichen
Vertreters zu einer solchen Erklärung (§ 59 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1 SGB VIII). Der Widerruf der Anerkennung der Vater-
schaft durch den Mann gemäß § 1597 Abs. 3 BGB, der
ebenfalls der öffentlichen Beurkundung bedarf (§ 1597
Abs. 3 Satz 2 und Abs. 1 BGB), ist in diesem Katalog nicht
enthalten. Wegen des engen Sachzusammenhangs zu den
übrigen Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft
sollte jedoch auch der Widerruf der Anerkennung durch das
Jugendamt beurkundet werden können. Das Jugendamt
kann durch diese Neuregelung Erklärungen über die Aner-
kennung der Vaterschaft und ihren Widerruf im selben Um-
fang beurkunden wie der Standesbeamte nach § 29a Abs. 1
Personenstandsgesetz.
Zu Nummer 2
Eltern, die bei Geburt ihres Kindes nicht miteinander ver-
heiratet sind, können die gemeinsame Sorge für ihr Kind da-
durch begründen, dass sie übereinstimmende Sorgeerklä-
rungen gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgeben. Ist ein
Elternteil in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf
die Sorgeerklärung der Zustimmung seines gesetzlichen
Vertreters (§ 1626c Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Sorgeerklä-
rung selbst bedarf ebenso wie die etwa notwendige Zustim-
mung des gesetzlichen Vertreters der öffentlichen Beurkun-
dung (§ 1626d Abs. 1 BGB).
Nach geltendem Recht kann das Jugendamt die Sorgeerklä-
rungen gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 1 BGB beurkunden (§ 59
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Umstritten ist, ob es berech-
tigt ist, auch die unter Umständen erforderliche Zustim-
mung des gesetzlichen Vertreters zur Sorgeerklärung
(§ 1626c Abs. 2 Satz 1 BGB) zu beurkunden. Während im
Schrifttum z. T. vertreten wird, diese Regelungslücke durch
eine entsprechende Anwendung des § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8
SGB VIII zu schließen, lehnen die Jugendämter in der Pra-
xis die Beurkundung ab und verweisen die Eltern aus Grün-
den der Rechtssicherheit an Notare. Es gibt jedoch keinen
sachlichen Grund, die Beurkundung der Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters zur Sorgeerklärung anderen Vor-
schriften zu unterwerfen als die Sorgeerklärung selbst.
Das Jugendamt soll daher in Zukunft auch eine etwa erfor-
derliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zu der
Sorgeerklärung beurkunden können. Der gesetzliche Vertre-
ter braucht dann nicht mehr auf die gebührenpflichtige Be-
urkundung vor einem Notar verwiesen zu werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 11 – Drucksache 14/8131

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
Ebenso wie die Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs
und des Personenstandsgesetzes können die Änderungen
des SGB VIII am Tage nach der Verkündung des Gesetzes
in Kraft treten.

Berlin, den 30. Januar 2002
Margot von Renesse
Berichterstatterin

Ronald Pofalla
Berichterstatter

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Rainer Funke
Berichterstatter

Sabine Jünger
Berichterstatterin

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