BT-Drucksache 14/8006

Entwicklungspolitisches Jugendprogramm "Solidarisches Lernen"

Vom 17. Januar 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8006
14. Wahlperiode 17. 01. 2002

Antrag
der Abgeordneten Reinhold Hemker, Ingrid Becker-Inglau, Adelheid Tröscher,
Brigitte Adler, Rudolf Bindig, Hans-Günter Bruckmann, Detlef Dzembritzki,
Gernot Erler, Gabriele Fograscher, Anke Hartnagel, Frank Hempel, Ingrid
Holzhüter, Barbara Imhof, Ulrich Kelber, Karin Kortmann, Konrad Kunick, Tobias
Marhold, Lothar Mark, Ulrike Mehl, Albrecht Papenroth, Dr. Hermann Scheer,
Dagmar Schmidt (Meschede), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Dr. Emil Schnell,
Joachim Tappe, Engelbert Wistuba, Hanna Wolf (München), Dr. Peter Struck und
der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Dr. Angelika Köster-Loßack, Hans-Christian Ströbele,
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwicklungspolitisches Jugendprogramm „Solidarisches Lernen“

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
In der Bundesrepublik Deutschland engagieren sich Tausende junger Menschen
in der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern.
Unter dem Dach von Kirchengemeinden, Nichtregierungsorganisationen, Par-
teien, Schulen, Hochschulen, im privaten Kreis arbeiten sie in Gruppen und
Initiativen für Projekte, Spendenaktionen oder intensive entwicklungspolitische
Aufklärungsarbeit. Diese Jugendlichen und jungen Erwachsenen leisten ihre
Arbeit zum größten Teil ehrenamtlich und mit geringen finanziellen Mitteln.
In der Bundesrepublik Deutschland fehlt eine umfassende konzeptionelle und
finanzielle Förderung der entwicklungspolitisch orientierten Jugendarbeit, die
auch den Aufenthalt und Austausch mit Entwicklungsländern ermöglicht.
Die große Bedeutung von Kontakten zwischen Jugendlichen und jungen Er-
wachsenen aus Deutschland mit Menschen in den Partnerländern haben die
Erfahrungen der staatlich geförderten Maßnahmen mit Frankreich und Polen
– z. B. aus den Jugendwerken – sowie mit Israel und auch den USA oder den
Neuen Unabhängigen Staaten (NUS) gezeigt.
Ein Aufenthalt in Entwicklungsländern würde nicht nur die partnerschaftliche
Seite dieser entwicklungspolitischen Arbeit begünstigen, sondern auch den Pro-
zess der Bewusstseinsbildung und der Erkenntnis der Interdependenzen in der
Welt stärken. Zugleich würden diese jungen Menschen mit den gewonnenen Er-
fahrungen nach ihrer Rückkehr multiplikatorisch wirken, gerade auch im Blick
auf die rechtsradikalen Tendenzen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.
Die Erfahrungen aus Programmen der Bundesländer, die jungen Menschen
Kontakte mit den Menschen in Entwicklungsländern ermöglichen, bestätigen
das.

Drucksache 14/8006 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Für einen solchen Aufenthalt bei Partnern in Entwicklungsländern fehlt den
Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufgrund ihres Alters und ihrer persön-
lichen Situation – Schule, Berufsausbildung, Studienbeginn – in der Regel das
Geld. Die Teilnahme an vorhandenen entwicklungspolitischen Programmen,
die einen Aufenthalt in Entwicklungsländern ermöglichen und fördern, ist oft
an Voraussetzungen (z. B. Dauer des Aufenthalts oder abgeschlossene Berufs-
ausbildung) gebunden, die diese jungen Menschen nicht erfüllen können.

II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf, einen
Entwurf für ein entwicklungspolitisches Jugendprogramm „Solidarisches
Lernen“ vorzulegen, in dem Folgendes berücksichtigt wird:

1. Zielgruppe dieses Programms sind Jugendliche und junge Erwachsene, die
sich in der Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern
engagieren. Dabei ist die Durchführung als Austauschprogramm notwendig.

2. Ziel des Programms ist es, solidarisches Lernen von solchen jungen Men-
schen durch eine Begegnung mit ihren Partnern zu fördern. Insbesondere
soll ihnen die Gelegenheit eröffnet werden, Kulturen und Lebensverhältnisse
in Entwicklungsländern kennen zu lernen, sich an Projektarbeit zu beteili-
gen, konkrete Wirkungen weltweit unterschiedlicher Entwicklung zu erken-
nen und nach der Rückkehr die gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen
weiterzugeben. Es wird sichergestellt, dass Jugendliche die sich am Pro-
gramm beteiligen weder in Konflikt mit der Vollzeitschulpflicht noch mit
dem Versicherungsträgern der Sozialversicherung geraten.

3. Die Förderung des Programms „Solidarisches Lernen“ geschieht durch feste
Zuschüsse zu den Fahrtkosten für Reisen, die nachweislich dem Ziel des
Programms entsprechen, und zu der konkreten Vor- und Nachbereitung die-
ser Reisen unter Einbeziehung der Partner in den Entwicklungsländern.

4. Die Finanzierung des Aufenthalts im Entwicklungsland und in Deutschland
wird über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und die jeweiligen Partner-
organisationen in Deutschland und in Entwicklungsländern nachgewiesen.

5. Die Zahl der zu fördernden Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollte in der
Aufbauphase auf bis zu 1 000 pro Jahr festgelegt sein und später nach Be-
darf erhöht werden.

6. Das Programm wird durch den Bundesminister für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung verantwortlich betreut; die Durchführung – vor
allem Antragsprüfung und Auswahl – kann an eine oder mehrere zu benen-
nende, im entwicklungspolitisch orientierten Jugendaustausch erfahrene Or-
ganisationen delegiert werden.

Berlin, den 17. Januar 2002
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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