BT-Drucksache 14/7648

zu desm Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/7063, 14/7646- Entwurf eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpacktes, zur Neuordnung des bundesstaatlichen Fianzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds "Deutsche Einheit" (Solidarpaktfortführungsgesetz-SFG)

Vom 28. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7648
14. Wahlperiode 28. 11. 2001

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Uwe-Jens Rössel, Dr. Barbara Höll, Dr. Christa Luft,
Heidemarie Ehlert, Dr. Dietmar Bartsch, Roland Claus und der Fraktion der PDS

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 14/7063, 14/7646 –

Entwurf eines Gesetzes zur Fortführung des Solidarpaktes, zur Neuordnung
des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und zur Abwicklung des Fonds
„Deutsche Einheit“ (Solidarpaktfortführungsgesetz – SFG)

Der Bundestag wolle beschließen:

In Artikel 7 – Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes – ist § 51a wie folgt
zu fassen:

㤠51a
Einhaltung der Haushaltsdisziplin im Rahmen der Europäischen Wirtschafts-

und Währungsunion
(1)Bund undLänder kommen ihrerVerantwortung zur Einhaltung derBestim-

mungen in Artikel 104 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemein-
schaft (EGV) und des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes nach.
(2) Der Finanzplanungsrat erörtert die Vereinbarkeit der Entwicklung des

öffentlichen Gesamthaushalts mit den Bestimmungen in Artikel 104 EGV und
des Europäischen Stabilitäts- undWachstumspaktes. Der Finanzplanungsrat gibt
unter Berücksichtigung der volks- und finanzwirtschaftlichen Faktoren im Rah-
men seiner Empfehlungen nach § 51 Abs. 2 auch Empfehlungen zu einer ge-
meinsamen Ausgabenlinie im Sinne des § 4 Abs. 3 des Maßstäbegesetzes.“

Berlin, den 28. November 2001
Dr. Uwe-Jens Rössel
Dr. Barbara Höll
Dr. Christa Luft
Heidemarie Ehlert
Dr. Dietmar Bartsch
Roland Claus und Fraktion

Drucksache 14/7648 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Begründung
Der Artikel 7 des Entwurfs des Solidarpaktfortführungsgesetzes soll die euro-
parechtlichen Vorgaben für die Einhaltung der so genannten Defizitkriterien der
öffentlichen Haushalte umsetzen. Das in § 51a Abs. 1 Haushaltsgrundsätze-
gesetz (HGrG) festgeschriebene Ziel, wonach die öffentlichen Haushalte bis zu
einem bestimmten Zeitpunkt auszugleichen sind, leitet sich aus der Vorgabe des
europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes ab. Demzufolge haben sich die
Mitgliedstaaten verpflichtet, mittelfristig einen nahezu ausgeglichenen oder
einen Überschuss aufweisenden Haushalt (positiver Finanzierungssaldo) vor-
zulegen. Durch Einfügung des § 51a Abs. 2 HGrG sollen die Empfehlungen des
Finanzplanungsrates für eine gemeinsam anerkannte Ausgabenlinie als der
maßgebende Orientierungsmaßstab für die Haushalte von Bund und Ländern
(einschließlich Gemeinden) festgeschrieben werden. In der Bemessung der
Ausgabenlinie soll die Vereinbarkeit der Haushaltsentwicklung mit den Vor-
gaben des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes ihren Niederschlag
finden.
Die formale Umsetzung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts
birgt eine Reihe von Problemen für die Städte und Gemeinden in sich. Der so
genannte Finanzierungssaldo hat auf der kommunalen Ebene, anders als auf der
Ebene des Bundes und der Länder nur eine vergleichsweise geringe Aussage-
kraft zur Beurteilung der jeweiligen Haushaltsituation. Daher sind Vergleiche
von Finanzierungssalden zwischen den staatlichen Ebenen (Bund und Länder)
einerseits und der kommunalen Ebene nicht geeignet, ein zutreffendes Bild der
kommunalen Finanzlage zu zeichnen. Ein solcher Vergleich ignoriert die Be-
sonderheiten des kommunalen Haushaltsrechts im Vergleich zur Bundeshaushalt-
ordnung bzw. zu den Haushaltordnungen der Länder. Das betrifft in erster Linie
auch das Problem der so genannten Verschuldungsgrenzen. Die Verpflichtung
der Kommunen, den gesamten Schuldendienst aus den laufenden Einnahmen
des Verwaltungshaushalts zu decken bewirkt, dass diese weit stärker als Bund
und Länder gezwungen sind, namentlich durch Leistungseinschränkungen,
Abbau des Personalbestandes und Rückführung der Investitionen ihre Ausgaben
und damit das kommunale Finanzierungsdefizit zu reduzieren. Als dramatisch
bewerten wir die Tatsache, dass die kommunalen Investitionen jetzt – inflations-
bereinigt – um nahezu 40 % unter dem Niveau des Jahres 1994 liegen.
Selbst im Jahr 1998, das für die Haushalte der Kommunen mit einem insgesamt
recht positiven Ergebnis abschloss, summierten sich die Defizite der Verwal-
tungshaushalte allein für die unmittelbaren Mitgliedsstädte des Deutschen
Städtetages auf fast 6,5 Mrd. DM. Trotz ihres über viele Jahre gefahrenen Kon-
solidierungskurses sind die Kommunen schon jetzt gezwungen, laufende Aus-
gaben dauerhaft mit Kassenkrediten zu finanzieren. Zudem musste schon in
den vergangenen Jahren – auch wegen der zunehmenden Aushöhlung der Ge-
werbesteuer – massiv auf Einnahmen aus dem Verkauf von Vermögen zurück-
gegriffen werden, um Defizite in den Verwaltungshaushalten zu reduzieren
bzw. Schulden abzubauen.
Bei der Beurteilung kommunaler Finanzierungssalden darf auch nicht die spe-
zifische Ausgabenstruktur kommunaler Haushalte aus dem Blickfeld verloren
werden. Rund 60 % aller Investitionen der Gebietskörperschaften werden von
den Kommunen getätigt. Dies prägt natürlich die Haushaltspolitik der Städte
und Gemeinden.
Das alles zeigt, dass eine formale Übertragung EG-rechtlicher Vorgaben zur
Haushaltsdisziplin auf die Kommunen auf Grund der Besonderheiten des kom-
munalen Haushaltsrechts und der spezifischen Struktur kommunaler Ausgaben
abzulehnen ist.

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