BT-Drucksache 14/7080

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Abg. Alfred Hartenbach, Hermann Bachmaier, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), weiterer Abg. und der SPD sowie der Abg. Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, Irmingard Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - 14/6040, 14/7052 - Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts

Vom 10. Oktober 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7080
14. Wahlperiode 10. 10. 2001

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Christine Ostrowski, Roland Claus und
der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Abgeordneten Alfred
Hartenbach, Hermann Bachmaier, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), weiterer
Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Grietje Bettin, Irmingard
Schewe-Gerigk und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksachen 14/6040, 14/7052 –

Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs) wird wie folgt geändert:
1. Nach Nummer 3 werden die folgenden Nummern 3a und 3b eingefügt:

3a) § 232 wird wie folgt gefasst:
㤠232
Arten

Wer Sicherheit zu leisten hat, kann dies insbesondere bewirken
durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren,
durch Verpfändung von Forderungen, die in das Reichsschuldbuch
oder in das Staatsschuldbuch eines Bundesstaates eingetragen sind,
durch Verpfändung beweglicher Sachen,
durch Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffs-
bauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbau-
register eingetragen sind,
durch Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
durch Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an
einem inländischen Grundstücke besteht, oder durch Verpfändung
von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grund-
stücken,
durch Stellung eines tauglichen Bürgen,
durch Einzahlung auf ein Sperrkonto über das beide Parteien nur ge-
meinsam verfügen können.“

3b) § 239 Abs. 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Ein Bürge ist tauglich, wenn er ein der Höhe der zu leistenden

Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt und seinen Sitz in der Euro-
päischen Gemeinschaft hat.“

Drucksache 14/7080 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

2. In Nummer 9 § 288 wird folgender Absatz 5 angefügt:
„(5) Dem Schuldner steht die Möglichkeit offen, einen geringeren Zins-

schaden nachzuweisen.“
3. Nummer 12 § 308 Nr. 5 wird wie folgt geändert:

Der Satzteil „dies gilt nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsord-
nung für Bauleistungen insgesamt einbezogen ist;“ wird gestrichen.

4. Nummer 12 § 309 Nr. 8 Buchstabe b Doppelbuchstabe ff wird wie folgt ge-
ändert:
Der Satzteil „dies gilt nicht für Verträge, in die Teil B der Verdingungsord-
nung für Bauleistungen insgesamt einbezogen ist;“ wird gestrichen.

5. Nummer 38 § 637 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
Nach dem Wort „selbst“ werden die Wörter „oder durch einen Dritten“ ein-
gefügt.

6. In Nummer 38 wird nach § 638 folgender § 638a angefügt:
㤠638a

Sonderbestimmungen für Verbraucher
In Verträgen mit Verbrauchern über Bauleistungen zur Errichtung

von Wohngebäuden gilt:
1. Ein Anspruch des Unternehmers auf Abschlagszahlungen besteht

nur, wenn dem Besteller zur Sicherung aller Ansprüche aus dem
Vertrag eine Sicherheit in Höhe von 10 vom Hundert des vertrag-
lichen Vergütungsanspruches gestellt wird. Mit Abnahme ist die
Sicherheit auf 5 vom Hundert der Gesamtvergütung zurückzufüh-
ren. Die Sicherheit ist nach Eintritt der Verjährung gemäß § 634a
zurückzugeben.

2. Wer als Unternehmer neben der Erbringung von Bauleistungen
auch deren Planung anbietet, hat jedem Verbraucher, der Interesse
bekundet, einen Prospekt auszuhändigen. Darin ist die zu erbrin-
gende Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben. Die
§§ 482 bis 487 gelten sinngemäß.

3. § 434 Abs. 1 Satz 3, § 434 Abs. 2 sowie die §§ 476 und 477 finden
Anwendung.

4. Auf eine vor Mitteilung des Mangels an den Unternehmer getrof-
fene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den
§§ 633 bis 639 abweicht, kann sich der Unternehmer nicht beru-
fen.“

7. Nach Nummer 41 wird folgende Nummer 41a eingefügt:
41a) Nach § 643 wird folgender § 649a eingefügt:

㤠649a
Außerordentliches Kündigungsrecht

(1) Beide Parteien können den Vertrag aus wichtigem Grunde kündi-
gen, wenn das Verhalten der Gegenseite die Fortsetzung des Vertrages
unzumutbar gemacht hat.
(2) Der Besteller kann den Vertrag insbesondere kündigen, wenn der

Unternehmer seine Zahlungen einstellt oder das Insolvenzverfahren
oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder ein solches Verfahren
eröffnet oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/7080

(3) Dem Unternehmer steht ein Nacherfüllungsanspruch nicht mehr
zu, wenn der Besteller aus wichtigem Grunde gekündigt hat.“

Berlin, den 10. Oktober 2001
Dr. Evelyn Kenzler
Christine Ostrowski
Roland Claus und Fraktion

Begründung

A. Allgemeines
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen hatte sich zum Ziel gesetzt, das
Schuldrecht zu modernisieren, verbraucherfreundliche Regelung nach dem
Standard der europäischen Rechtsentwicklung in das BGB einzuführen und
ungerechtfertigte Unterschiede zwischen Kauf- und Werkvertragsrecht zu
beseitigen.
Im Hinblick auf die werkvertraglichen Regelungen bleibt der Entwurf aller-
dings hinter diesem Versprechen zurück. Zugunsten der Verbraucher und zur
Vermeidung nicht gewollter Wertungswidersprüche sind daher die Aufnahme
der vorgeschlagenen Neuregelungen sowie einschlägige Ergänzungen bzw.
Streichungen erforderlich.

B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Nummer 1
Zu § 232 (Arten von Sicherheiten)
Die Aufzählung der Sicherheiten in § 232 BGB entspricht dem Stand des
19. Jahrhunderts. Es sollte daher klargestellt werden, dass die Aufzählung nicht
abschließend ist, damit weitere bereits praktizierte Formen der Sicherheits-
leistung – z. B. die Hinterlegung auf einem Rechtsanwalts- oder Notarander-
konto – nicht vom gesetzlichen Leitbild abweichen. Aufgrund der wirtschaft-
lichen Entwicklung ist es nicht gerechtfertigt, die Stellung eines Bürgen als
Ausnahmefall zu regeln. Die Aufnahme des Sperrkontos bewirkt, dass § 17
Nr. 6 VOB/B nicht von der gesetzlichen Regelung abweicht.
Zu § 239 (Bürge)
Die Regelung des inländischen Gerichtsstandes widerspricht dem Gemein-
schaftsrecht. Für den Bürgen muss der Sitz in der Europäischen Gemeinschaft
maßgeblich sein.
Zu Nummer 2
Zu § 288 (Verzugszinsen)
Die Verzugszinsen sind für den Verbraucher schon erheblich. Sie liegen weit
über den derzeit mit Festgeldanlagen erzielbaren Satz, so dass ihnen fast schon
eine Straffunktion zukommt. Es ist daher sachgerecht, den Nachweis eines ge-
ringeren Schadenseintritts zuzulassen.

Drucksache 14/7080 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Zu Nummer 3
Zu § 308 (Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit)
Die Privilegierung der VOB/B ist nicht gerechtfertigt, verstößt gegen europäi-
sche Richtlinien (Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über
missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. EG Nr. L 95 vom
21. April 1993) und ist aus Sicht der Verbraucher nicht hinnehmbar.
Bereits die Aufnahme der Rechtsfigur der „VOB als Ganzes“ in das BGB ist
problematisch. Diese Rechtsfigur wurde von der Rechtsprechung entwickelt,
um die VOB, gemeint ist die VOB/B, der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Ge-
setz über den Wortlaut des § 23 AGB-Gesetz hinaus zu entziehen. Eine nach-
vollziehbare Begründung hierfür hat der Bundesgerichtshof nicht geliefert; es
galt als anerkannt, dass es sich um ein einigermaßen ausgewogenes Vertrags-
werk handeln soll, dass die Interessen der Beteiligten wahrt. Die Regelungen
der VOB/B werden auch in ca. 75 % der Verträge von „Häuslebauern“ verwen-
det. Weder eine Verkürzung der Verjährung noch eine sonstige Freistellung von
der Inhaltskontrolle darf es geben, wenn auf Auftraggeberseite ein Verbraucher
beteiligt ist.
Die jetzige Fassung von § 309 Nr. 8 Buchstabe b Doppelbuchstabe ff sieht vor,
die Regelungen der VOB zum rechtsfreien Raum zu erklären. Das würde einen
Verlust an Rechtssicherheit bedeuten. Zweifelhaft ist auch die Verweisungs-
technik des Gesetzes, da nicht klar ist, ob es sich um eine dynamische oder eine
statische Verweisung handelt und welche Folgen sich bei einer späteren Ände-
rung der VOB, nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes, ergeben.
Der Verdingungsausschuss selbst ist der Meinung, dass die Bestimmungen der
VOB nach Verabschiedung dieses Gesetzes den Wertungen der Schuldrechts-
modernisierung anzupassen sind. Dieses Gesetz soll also eine Allgemeine
Geschäftsbedingung quasi im Vorfeld von einer Überprüfung befreien, von der
die Schöpfer derzeit selbst die Nichtübereinstimmung mit dem ab 2. Januar
2002 geltenden Recht annehmen.
Zu Nummer 4
Zu § 309 (Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeiten)
Siehe die Begründung zu Nummer 3.
Zu Nummer 5
Zu § 637 (Selbstvornahme)
Es handelt sich nur um die Klarstellung, dass eine Ersatzvornahme durch Ein-
schaltung eines Dritten nicht ausgeschlossen sein sollte und die Erstattungs-
pflicht nach Absatz 3 auch gilt, wenn der Besteller nicht selbst nachgebessert
hat, sondern einen dritten Unternehmer beauftragt, was die Regel sein dürfte.
Zu Nummer 6
Zu § 638a (Sonderbestimmungen für Verbraucher)
Die Anpassung des Verbraucherschutzes im Werkvertragsrecht an den Standard
der Richtlinie und die neuen Regelungen des Verbrauchsgüterkaufes bzw. des
Teilzeit-Wohnrechtes ist unabdingbar.
Mit der Nummer 1 wird dem Verbraucher ein Recht auf Sicherheitsleistung
eingeräumt.
Eine Verpflichtung zur Beschreibung der Leistung ist für den untergeordneten
Bereich der Teilzeit-Wohnrechte ausführlich geregelt. Im Bereich des privaten
Wohnungsbaus werden jedoch wesentlich höhere und schutzwürdigere Investi-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/7080

tionen von den Verbrauchern getroffen, die oft auch der Alterssicherung dienen
sollen. Hier sind Klarheit und Transparenz in besonderem Maße erforderlich.
Letztlich wirkt die Regelung erzieherisch auf die Unternehmer und vermeidet
spätere gerichtliche Auseinandersetzungen um das geschuldete Bau-Soll und
die Berechtigung von Nachträgen. Über die Verweisung des § 485 wird auch
ein Widerrufsrecht gemäß den §§ 355 ff. eingeführt. Damit werden Verbraucher
vor übereilten Vertragsabschlüssen geschützt, die zum wirtschaftlichen Ruin
führen würden.
Die Gleichschaltung der Verbraucherrechte beim Werkvertrag mit den durch
die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorgegebenen Rechten ist notwendig, damit
die unerwünschten Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Werkvertrag und
Kaufvertrag, die von § 651 und der VO über Abschlagszahlungen bei Bauträ-
gerverträgen nicht beseitigt sind (vgl. Schmidt-Räntsch, NZBau 2001, 356 ff.),
vermieden werden.
Die Regelung von Absatz 4 entspricht § 475.
Zu Nummer 7
Zu § 649a (Außerordentliches Kündigungsrecht)
Beiden Vertragsparteien soll ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zuge-
standen werden, wenn der jeweiligen Vertragspartei ein Festhalten am Vertrag
nicht mehr zugemutet werden kann. Durch die Regelung des § 314 für Dauer-
schuldverhältnisse wird der Werkvertrag nicht erfasst; eine Analogie verbietet
sich nunmehr.
Die Vorschrift sollte dem Besteller ferner ein klares und unmissverständliches
Recht zur Lösung vom Vertrag verleihen, wenn der Unternehmer in Vermö-
gensverfall gerät. Es wird damit zugleich klargestellt, dass die Kündigungs-
möglichkeit dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InSO vorgeht.
Es ist für den Besteller in der Regel nicht zumutbar, weitere Nachbesserung des
Unternehmers entgegenzunehmen, wenn sich der Unternehmer bereits als un-
zuverlässig erwiesen hat.

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