BT-Drucksache 14/6966

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der BReg - 14/6204, 14/6466 - Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung offener Fragen des Rechts an Grundstücken in den neuen Ländern (Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz - GrundRBerG)

Vom 25. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6966
14. Wahlperiode 25. 09. 2001

Änderungsantrag
der Abgeordneten Dr. Evelyn Kenzler, Heidemarie Lüth, Ulla Jelpke,
Sabine Jünger, Roland Claus und der Fraktion der PDS

zu der zweiten Beratung der Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/6204, 14/6466, 14/6964 –

Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung offener Fragen des Rechts
an Grundstücken in den neuen Ländern
(Grundstücksrechtsbereinigungsgesetz – GrundRBerG)

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 3 „Änderung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes“ wird wie folgt
gefasst:
1. Nach § 1 Abs. 1 Buchstabe d wird folgender Buchstabe e angefügt:

„e) die auf Grund eines Überlassungsvertrages im Sinne des Artikels 232
§ 1a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Wohn-
zwecken genutzt wurden.“

2. In § 5 Abs. 1 wird Buchstabe c gestrichen.
3. § 12 Abs. 2 wird gestrichen.

Berlin, den 25. September 2001
Dr. Evelyn Kenzler
Heidemarie Lüth
Ulla Jelpke
Sabine Jünger
Roland Claus und Fraktion

Begründung
Die von der Bundesregierung in Artikel 3 des Entwurfs des Grundstücksrechts-
bereinigungsgesetzes vorgeschlagenen Änderungen der bisherigen Bestimmun-
gen über die so genannten Überlassungsverträge bleiben Stückwerk. Die einzig
gerechte und dem Rechtsfrieden dienende Lösung ist die vollständige Einbezie-
hung der Wohnzwecken dienenden Überlassungsverträge in die Sachenrechts-
bereinigung.

Drucksache 14/6966 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
Diese Überlassungsverträge zu Wohnzwecken sind ein Spezifikum der DDR.
Durch den Abschluss solcher Verträge entstanden Rechtsverhältnisse sui ge-
neris. Den Nutzern wurden bebaute oder unbebaute Grundstücke zu Wohnzwe-
cken oder zur sonstigen persönlichen Nutzung überlassen. Die Nutzer hatten
Pflichten wie Eigentümer zu übernehmen, ohne dass sie juristisch wirklich
Eigentümer wurden. Sie hatten alle öffentlichen Lasten zu tragen, das Grund-
stück einschließlich vorhandener Gebäude und Anlagen instand zu halten und
instand zu setzen sowie den Kaufpreis für das Grundstück zu hinterlegen. Sie
durften – bei Vorliegen der öffentlich-rechtlichen Genehmigungen – auf dem
Grundstück neue Gebäude und Anlagen errichten. Ansprüche gegenüber dem
überlassenden Organ bestanden nicht. Die Nutzer wurden auf die mögliche spä-
tere Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber den Grundstückseigentümern
verwiesen. Die Nutzer betrachteten sich faktisch als Eigentümer der Grund-
stücke, zumindest der von ihnen errichteten oder renovierten Baulichkeiten. Sie
hatten sich bis zur Vereinigung 15 bis 20 Jahre lang wie Eigentümer um ihre
Grundstücke und die Baulichkeiten gekümmert, in fast allen Fällen Schäden
beseitigt oder abgewendet und den Wert der Grundstücke erhalten und nicht
selten deutlich erhöht.
Die Spezifik dieser Rechtsverhältnisse, die entstandenen eigentümerähnlichen
Beziehungen der Nutzer zu den Grundstücken, die aufgewandten, unter den
Verhältnissen in der DDR nicht mit Geld zu messenden Mühen zur Instand-
setzung und Instandhaltung der Grundstücke und zur Errichtung von Baulich-
keiten sowie das Vertrauen darauf, dass sich diese eigentümerähnlichen Ver-
hältnisse nicht ändern würden, rechtfertigen und gebieten, die Überlassungs-
verträge generell und nicht nur bei Vorliegen bestimmter, qualifizierender
Merkmale in die Sachenrechtsbereinigung einzubeziehen, die Nutzer also juris-
tisch wie Eigentümer zu behandeln. Den „Alteigentümern“ und ihren Erben ist
die Einsicht zuzumuten, dass die Nutzer den Grundstücken näher stehen als sie
selbst. Die Argumente, die das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesver-
fassungsgericht in Bezug auf realistische Rückgewinnerwartungen der Eigen-
tümer in der Zeit vor 1989, die Bindung der Nutzer an „ihre“ Grundstücke und
den sozial verträglichen Ausgleich zwischen Alteigentümern und Erwerbern
von Grundstücken vorgebracht haben, treffen in besonderem Maße auf die
Überlassungsvertragsnehmer zu.
Artikel 3 des Regierungsentwurfs schafft zwar Klarheit in verschiedenen Punk-
ten, so bei der Definition der baulichen Maßnahmen, die „massive Nebenge-
bäude“ einschließt. Die Regelungen sind etwas übersichtlicher. Es bleibt jedoch
eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe in dem geänderten § 12 Abs. 2 und
in der herangezogenen Wertermittlungsverordnung, die unterschiedlicher Aus-
legung zugänglich und damit äußerst streitträchtig sind. Es wird schwierig sein,
die Maßstäbe der Wertermittlungsverordnung rückwirkend auf die Bedingun-
gen der DDR anzuwenden, z. B. zu klären, was unter den wirtschaftlichen Be-
dingungen der DDR als „gewöhnliche Herstellungskosten“ und „üblicherweise
entstehende Baunebenkosten“ im Sinne des § 22 WertV zu erfassen ist. Versu-
che einer noch so ausgefeilten Differenzierung können der Tatsache nicht ge-
recht werden, dass die Nutzer aufgrund von Überlassungsverträgen praktisch
wie Eigentümer gehandelt haben und deshalb auch juristisch wie Eigentümer,
zumindest wie Gebäudeeinrichter nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz
behandelt werden müssen.

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.