BT-Drucksache 14/6889

Neoliberale Globalisierung - kein Sachzwang

Vom 11. September 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/6889
14. Wahlperiode 11. 09. 2001

Antrag
der Abgeordneten Ursula Lötzer, Petra Pau, Ulla Jelpke, Heidi Lippmann,
Carsten Hübner, Dr. Barbara Höll, Roland Claus und der Fraktion der PDS

Neoliberale Globalisierung – kein Sachzwang

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Ergebnisse und der Verlauf des G8-Gipfels vom 21. bis 22. Juli 2001 in
Genua fordern in mehrfacher Hinsicht zu einem politischen Kurswechsel in
Richtung sozialer Gerechtigkeit, Demokratie und ökologischer Nachhaltigkeit
heraus. Denn die Dokumente des G8-Gipfels lesen sich genauso wie die ein-
schlägigen Dokumente der EU-Kommission, wie ein Drehbuch für die weitere
Forcierung neoliberaler Politik.
Der G8-Gipfel ist ein undemokratisches Gremium. Die Regierungen der acht in
der Welt einflussreichsten Staaten legen bei ihren Gipfeltreffen die Leitlinien
der internationalen Politik fest, nicht ein vermeintlich unsteuerbarer „Sach-
zwang Globalisierung“. Weder die Entwicklungs- und Schwellenländer, noch
die Parlamente der G8 oder das europäische Parlament, geschweige denn die
Organisationen der Zivilgesellschaft sind beteiligt.
Im Abschlusskommuniqué von Genua wird von „innovativen Lösungen auf der
Basis einer breiten Partnerschaft mit der Zivilgesellschaft“ und der Legitimität
von Demonstrationen gesprochen. Doch in ihren Beschlüssen entziehen sich
die Regierungen der öffentlichen Auseinandersetzung durch Verlegung ihrer
Gipfel in die Rocky Mountains oder nach Katar. Gleichzeitig treffen sie Maß-
nahmen zur Verschärfung der Repression, zur Kriminalisierung der globalisie-
rungskritischen Bewegung und zu Einschränkungen von Demonstrationsrecht
und Freizügigkeit.
Der Gipfel selbst stellt einen erneuten Höhepunkt staatlicher Repression gegen
Kritikerinnen und Kritiker der Globalisierung dar. Der Tod eines Demonstran-
ten, schwere polizeiliche Übergriffe und umfangreiche Festnahmen gehen auf
das Konto der italienischen Rechtsregierung. Festgenommene wurden miss-
handelt, erhielten keinen ausreichenden juristischen und ärztlichen Beistand
sowie keine Übersetzungshilfe. Viele später Freigelassene wurden abgescho-
ben und erhielten Einreiseverbote. Mehrere aus Deutschland eingereiste Perso-
nen sind noch immer in Haft. Nach wie vor werden sie auf Grund fragwürdiger
Indizien und konstruierter Vorwürfe festgehalten und ohne konkrete Hinweise
auf Straftaten mit langjährigen Haftstrafen bedroht. Trotz diplomatischer Be-
mühungen hat die Bundesregierung bislang die Freilassung nicht erreicht. In-
haftierte, die Eltern und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGO) und
Parteien sprechen von konstruierten Vorwürfen, mit denen die soziale Bewe-
gung gegen die negativen sozialen Folgen kriminalisiert und abgeschreckt wer-

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den soll. Sie verlangen eine vollständige Aufklärung dieser Vorwürfe durch
eine unabhängige internationale Untersuchungskommission.
Im Abschlusskommuniqué von Genua festgelegte Ziele wie die „Entschlossen-
heit dafür zu sorgen, dass die Globalisierung allen Bürgern und insbesondere
den Armen der Erde zu gute kommt“ und „die Suche nach verbesserter Koope-
ration und Solidarität mit den Entwicklungsländern, die auf einer gegenseitigen
Verantwortung für den Kampf gegen die Armut und die Förderung nachhaltiger
Entwicklung beruht“, bleiben so lange bloße Ankündigungspolitik, wie die
G8-Staaten an ihrer neoliberalen strategischen Grundorientierung festhalten:
l Trotz Einnahmekrisen in den öffentlichen Haushalten vieler Länder und zu-

nehmender Umverteilung nach oben, trotz neuer Finanzkrisen in Argenti-
nien und der Türkei und der Verschuldungssituation der Entwicklungs- und
Schwellenländer, enthalten die G8-Beschlüsse zu einer „Neuen Finanz-
architektur“ keine Maßnahmen gegen die Instabilität auf den Finanzmärkten
sowie zur demokratischen Kontrolle der Finanzmarktakteure. Es gibt keine
Vereinbarung zu wirksamer währungspolitischer Kooperation zwischen den
Industrieländern zur Einführung der Tobin-Steuer oder für Schritte gegen
Steuerflucht und Steuerdumping.

l Trotz weltweiter Proteste und Vorbehalte der Entwicklungs- und Schwellen-
länder haben sich die G8 darauf geeinigt, eine umfassende neue Welthan-
delsrunde im Rahmen der WTO (Welthandelsorganisation) voranzutreiben.
Dabei gilt das neoliberale Glaubensbekenntnis, „freier Handel und Investi-
tionen“ trieben „weltweites Wachstum und Reduzierung der Armut voran“.
Bereiche wie Wettbewerb und Investitionen sowie das öffentliche Beschaf-
fungswesen sollen in die Kompetenz der WTO überführt werden. Entschei-
dender Bestandteil sind auch die GATS-Verhandlungen (Verhandlungen
über das Allgemeine Übereinkommen über den Dienstleistungshandel) zur
Forcierung der Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Daseins-
vorsorge unter Einbeziehung der Bereiche Gesundheit und Bildung.

l Maßnahmen zur dringend notwendigen Demokratisierung der internationa-
len Organisationen, wie IWF (Internationaler Währungsfonds), Weltbank
oder WTO wurden auf dem jüngsten Weltwirtschaftsgipfel nicht diskutiert,
die Demokratisierungsfrage auf Maßnahmen zur Unterstützung demokrati-
scher Strukturen in den Entwicklungsländern reduziert.

l Hinsichtlich der Verschuldungsproblematik wurde lediglich die bestehende
HIPC-Initiative (HIPC: Highly Indebted Poor Countries) zur Entschuldung
der ärmsten Entwicklungsländer fortgeschrieben, obwohl selbst der Welt-
bank klar ist, dass der Schuldendienst zahlreicher HIPC-Länder in Kürze
steigt.

l Mit ihren Strukturanpassungsprogrammen untergraben die internationalen
Organisationen die nationale Souveränität der Menschen in den Entwick-
lungs- und Schwellenländern, demokratisch über ihre Politik zu entschei-
den. Mit der primären Orientierung ihrer Politik an Währungsstabilität, ver-
bunden mit zahlreichen Zwangsauflagen zur Deregulierung, dem Abbau
sozialer Leistungen und der Privatisierung und Liberalisierung der öffentli-
chen Daseinsvorsorge, haben sie darüber hinaus entscheidend zu Armut und
Elend in den Entwicklungs- und Schwellenländern und zur weiteren Polari-
sierung und Verschuldung beigetragen.

l Angesichts eines von der UN festgestellten Finanzbedarfs von 7 bis 10 Mrd.
Dollar für den Gesundheitsfonds zur Aids-Bekämpfung ist die Zusage der
reichsten Länder der Welt, einmalig 1,3 Mrd. Dollar zur Verfügung zu stel-
len, völlig unzureichend.

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l Die G8-Regierungen halten ungebrochen am internationalen Patentschutz-
abkommen TRIPS (Trade Related Intellectual Property Rights) fest und ha-
ben weitere Maßnahmen zur Durchsetzung in Genua festgeschrieben. Damit
setzen sie den Schutz der weltweiten Interessen der Pharma- und Agrarkon-
zerne weiter über das Recht der Menschen in den Entwicklungsländern auf
erschwinglichen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten sowie auf Nah-
rung und Saatgut. Der Erhalt biologischer Vielfalt, der Schutz menschlichen
Lebens vor Patentierung, die Auswirkungen der Monopolstellung der
Pharma- und Saatgutkonzerne auf die sozialen Sicherungssysteme und die
Landwirtschaft in den Industrieländern werden nicht thematisiert.

Auch in der EU treiben die europäischen Regierungen und die EU-Kommis-
sion die neoliberale Strategie der Globalisierung weiter voran:
l Die EU-Kommission hat dem Europäischen Rat, den Wirtschafts- und Sozi-

alausschüssen und dem Europäischen Parlament am 18. Juli 2001 eine Mit-
teilung zur „Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und sozialeren
Ausrichtung der Politik im Kontext der Globalisierung“ vorgelegt. Zu Recht
wird betont, dass das gegenwärtige Governance-Modell den Fragen eines
gerechten Wirtschaftssystems, das soziale Entwicklung und Grundrechte
fördern soll, nicht angemessen Rechnung trägt.

l Aber auch die EU hält in diesem Papier an einer umfassenden Welthandels-
runde fest und verweist auf das „globale Forum für soziale Entwicklung“.
Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die soziale Dimension in einem sol-
chen Forum endlich in die Entwicklung einbezogen wird. Allerdings setzt
dies zumindest die Aussetzung der Welthandelsrunde voraus, sonst wird
über soziale Fragen diskutiert, während gleichzeitig der Wettbewerb zu Las-
ten der sozialen Standards und Kernarbeitsnormen vorangetrieben und auf
bisher noch ausgenommene Bereiche ausgedehnt wird.

l Der Deutsche Bundestag begrüßt Maßnahmen zur Stärkung der ILO (Inter-
nationalen Arbeitsorganisation) und die Bereitschaft zur Verbesserung ihrer
finanziellen Ausstattung. Obwohl das Dokument darauf hinweist, dass der
wachsende informelle Sektor erheblich zur Erosion sozialer Standards und
Schutzrechte beiträgt, schlägt die Kommission keinerlei Maßnahmen vor.
Die explosionsartige Zunahme von Sonderwirtschaftszonen, in denen
Arbeitsschutzgesetze nicht gelten, findet nicht einmal Erwähnung.

l Völlig unkritisch geht die EU-Kommission mit den transnationalen Konzer-
nen und ihrer Rolle um. Diese haben die völlige Freizügigkeit in den letzten
Jahren genutzt, alle Länder, insbesondere auch die Entwicklungs- und
Schwellenländer, zur Deregulierung, zum Sozialdumping und zur Auswei-
tung der Sonderwirtschaftszonen zu bewegen. Trotz vielfacher Kampagnen
gegen die Nichteinhaltung freiwilliger Verhaltenskodizes durch die trans-
nationalen Konzerne, lehnt die Kommission jegliche Maßnahmen ab, trans-
nationale Konzerne mit verbindlichen Durchsetzungs- und Monitoring-
systemen in die soziale Verantwortung einzubeziehen.

l Die Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge ist
zentraler Bestandteil neoliberaler Globalisierungspolitik. Auf der Tagesord-
nung des ECOFIN-Rates (Rat der EU-Finanz- und Wirtschaftsminister), des
Treffens der Wirtschafts- und Finanzminister der EU vom 21. bis
23. September 2001 steht die Liberalisierung der Vergabe öffentlicher Auf-
träge. Die Kommunen sollen zur Ausschreibung verpflichtet werden, ver-
bindliche soziale und Qualitätsstandards sind nicht vorgesehen. So würde
insbesondere im öffentlichen Personennahverkehr das Sozialdumping vor-
angetrieben, kommunale Demokratie untergraben.

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II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. sich bei der Tagung der Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen

Union am 22./23. September 2001 in Lüttich sowie bei den Herbsttagungen
von IWF und Weltbank für folgende Ziele einzusetzen:
a) Die Einführung der Tobin-Steuer in Anknüpfung an die Initiativen der

belgischen EU-Präsidentschaft und des französischen Ministerpräsiden-
ten Lionel Jospin. Wenn ein Abkommen hierüber beim IWF oder G7/G8
nicht erreicht werden kann, soll die Bundesregierung sich dafür einset-
zen, dass die EU sie im europäischen Alleingang einführt und damit ei-
nen pionierhaften Beitrag zur Stabilisierung der Devisenmärkte, zur
Steuergerechtigkeit und zur Unterstützung der Entwicklungsfinanzierung
leistet;

b) Währungszielzonen für die drei großen Währungen (Dollar, Euro und
Yen) zu vereinbaren, regionale Währungskooperationen sowie wirksame
Maßnahmen gegen Steuerflucht und Steuerkonkurrenz zu unterstützen.
Dies umfasst wirksame Maßnahmen gegen die Offshore-Zentren. Die
Bundesregierung wird aufgefordert Maßnahmen gegen Banken und Kon-
zerne zu treffen, die mit ihnen zusammenarbeiten;

c) Initiativen zur Demokratisierung der Weltwirtschaft zu ergreifen. Dazu
gehören Vorschläge für die gleichberechtigte Partizipation der Entwick-
lungs- und Schwellenländer, die Einbindung der Parlamente, der NGOs
und Gewerkschaften in die Vorbereitungen und Entscheidungen interna-
tionaler Regierungskonferenzen und Organisationen;

d) Eingriffe in die Wirtschafts- und Sozialpolitik der kreditnehmenden Län-
der durch die orthodoxen Strukturanpassungsprogramme zu beenden;

e) Die umfassende Entschuldung der Entwicklungsländer einzuleiten, sowie
ein internationales Insolvenzrecht zu implementieren. Die Bundesregie-
rung wird aufgefordert, ein Konzept vorzulegen, wie in den kommenden
zehn Jahren der international vereinbarte Anteil von 0,7 % am Bruttoso-
zialprodukt für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit erreicht werden
kann;

2. sich in der europäischen Vergabeverordnung für öffentliche Aufträge dafür
einzusetzen, dass
a) soziales und ökologisches Dumping durch einen wirksamen europäi-

schen Rechtsrahmen ausgeschlossen wird, der die Sicherung tariflicher,
sozialer, ökologischer und qualitativer Standards bei der Vergabe öffent-
licher Aufträge verbindlich festschreibt;

b) qualitativ hochwertige öffentliche Daseinsvorsorge als Grundbestandteil
einer an sozialen und ökologischen Leitlinien orientierten Politik behan-
delt wird. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für den Erhalt der
Autonomie der Kommunen bei der Organisation der öffentlichen Da-
seinsvorsorge einzusetzen, deshalb die verpflichtende Ausschreibung
abzulehnen.

3. sich bezüglich der Welthandelsrunde und der Förderung sozialer und ökolo-
gischer Standards dafür einzusetzen, dass
a) die Auswirkungen der bisherigen Liberalisierung des Welthandels auf so-

ziale Standards, Umweltentwicklung und Demokratie in den Industrie-,
Entwicklungs- und Schwellenländern im „globalen Forum für soziale
Entwicklung“ evaluiert werden. Dabei sollen insbesondere die Aspekte
der Entwicklung der Menschen- und Arbeitnehmerinnenrechte, der Lage
von Frauen und Kindern, der Beschäftigungsentwicklung und der Ein-
kommens- und Vermögensverteilung sowie die Entwicklungsperspektive

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der Länder des Südens bewertet und Konsequenzen für eine an sozialer
Gerechtigkeit, Demokratie und ökologischer Nachhaltigkeit orientierten
Entwicklung gezogen werden. Bundesregierung und EU-Kommission
sollen ihre Haltung zum Start einer neuen Welthandelsrunde revidieren
und die WTO- und GATS-Runde zugunsten dieser Evaluierung zurück-
stellen. Parlamente und Vertreterinnen und Vertreter von NGOs und Ge-
werkschaften sind dabei einzubeziehen. Es müssen Maßnahmen zur Un-
terstützung der Entwicklungsländer festgelegt werden, die ihnen eine
gleichberechtigte Partizipation ermöglichen

b) die Zollschranken für Agrarimporte aus Entwicklungsländern vollständig
abgebaut werden und Industrieerzeugnisse in den Abbau der Importbarri-
eren einbezogen werden. Neben der Öffnung der Märkte der Industrie-
länder für Importe sollen insbesondere Projekte zur Stärkung binnen-
marktorientierter Landwirtschaft und Industrialisierung und regionale
Wirtschaftskooperation zwischen den Entwicklungs- und Schwellenlän-
dern unterstützt werden. Das setzt auch die Akzeptanz von Zöllen und
anderen Barrieren in den Entwicklungs- und Schwellenländern zum
Schutz vor Importen in internationalen, regionalen und bilateralen Han-
delsverträgen voraus

c) die Durchsetzungsfähigkeit der ILO gestärkt wird. Der Vorschlag des
internationalen Gewerkschaftsbundes für die Durchsetzung von
Kernarbeitsnormen in Handelsabkommen und die Verbindung der
Überwachungs- und Beschwerdeverfahren der ILO mit den Streitschlich-
tungsverfahren der WTO soll umgesetzt werden. Zusätzlich sind Maß-
nahmen zur Einbeziehung des informellen Sektors und der
Nichtbeschäftigen in die ILO zu entwickeln

d) ein internationales Abkommen über Sonderwirtschaftszonen mit dem
Ziel abgeschlossen wird, dass soziale und ökologische Standards, die im
Land bzw. durch regionale und internationale Abkommen anerkannt
sind, in vollem Umfang zu wahren sind. Auch die Vorzugsbehandlung
der transnationalen Konzerne in Bezug auf Steuern sollte ausgeschlossen
werden

e) verbindliche und wirksame Mechanismen zur Durchsetzung und Über-
wachung sozialer und ökologischer Normen gegenüber transnationalen
Konzernen, insbesondere in Bezug auf Verhaltenskodizes und Gütesiegel
ergriffen werden. Die Partizipation der Zivilgesellschaft ist dabei zu
gewährleisten.

f) das TRIPS-Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums mit dem Ziel
neu verhandelt wird, die Patentierbarkeit von Mikroorganismen, Pflan-
zen, Tieren, Genen und Gensequenzen generell auszuschließen und statt-
dessen einen Maßnahmekatalog für den freien Zugang zu lebensretten-
den Medikamenten, den Erhalt biologischer Vielfalt und zur Sicher-
stellung des Rechts auf Nahrungssicherheit zu entwickeln

g) die Richtlinien für die Vergabe von Hermes-Ausfuhrbürgschaften so zu
reformieren, dass die Vergabe verbindlich an Kriterien der Umwelt- und
Sozialverträglichkeit und den Menschenrechten ausgerichtet wird und
Transparenz, parlamentarische Kontrolle und die Einbeziehung von
NGOs und Gewerkschaften gewährleistet werden.

III. Der Deutsche Bundestag verurteilt die Politik der Kriminalisierung und der
Repression gegen Kritikerinnen und Kritiker der Globalisierung und das unver-
hältnismäßige Vorgehen der italienischen Sicherheitskräfte während des G8-
Gipfels von Genua. Er ist sehr besorgt darüber, dass beim Einsatz italienischer
Sicherheitskräfte gegen Globalisierungskritikerinnen und -kritiker gegen
elementare Grundrechte verstoßen und internationale Menschenrechtsverein-

Drucksache 14/6889 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

barungen verletzt wurden, so die Europäische Menschenrechtskonvention, die
EU-Grundrechtecharta sowie UN-Menschenrechtskonventionen, darunter auch
die Anti-Folter-Konvention. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Forderung
nach Einrichtung einer internationalen unabhängigen Untersuchungskommis-
sion, die alle im Zusammenhang mit Genua gegen die Sicherheitskräfte erhobe-
nen Vorwürfe überprüft. Dazu gehört auch eine Überprüfung der polizeilichen
Zusammenarbeit und des Datenaustausches in der EU. Grundrechte zu schüt-
zen und auszubauen ist oberstes Gebot rechtsstaatlicher Politik. Die Aufklä-
rung der Vorwürfe ist keine inneritalienische Angelegenheit.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, für eine rechtsstaat-
liche Behandlung aller im Zusammenhang mit dem Gipfel in Genua verhafte-
ten Personen aus der Bundesrepublik Deutschland und für ihre rasche Freilas-
sung Sorge zu tragen. Durch polizeiliche Misshandlung Verletzte und zu
Unrecht Verhaftete haben Anspruch auf Entschädigung. Die von italienischen
Behörden erteilten Einreiseverbote nach Italien müssen vollständig aufgehoben
werden.

Berlin, den 28. August 2001
Ursula Lötzer
Petra Pau
Ulla Jelpke
Heidi Lippmann
Carsten Hübner
Dr. Barbara Höll
Roland Claus und Fraktion

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