BT-Drucksache 14/6848

Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Wohnungsleerstand Ost sachgerecht modifizieren und umsetzen

Vom 30. August 2001


Deutscher Bundestag

Drucksache

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14. Wahlperiode

30. 08. 2001

Antrag

der Abgeordneten Christine Ostrowski, Maritta Böttcher, Dr. Ruth Fuchs, Dr. Klaus
Grehn, Gerhard Jüttemann, Dr. Barbara Höll, Rolf Kutzmutz, Dr. Christa Luft,
Kersten Naumann, Rosel Neuhäuser, Dr. Uwe-Jens Rössel, Roland Claus und der
Fraktion der PDS

Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Wohnungsleerstand Ost sach-
gerecht modifizieren und umsetzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest :
Die Bundesregierung kündigte am 15. August 2001 ein bis 2009 verlängertes
und auf 2,2 Mrd. DM aufgestocktes Programm für den Umbau der Städte im
Osten an. Das Programm „Stadtumbau Ost“ soll darauf abzielen, dem drohen-
den physischen Verfall und der sozialen Erosion in den Städten entgegenzuwir-
ken, ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu stärken.
Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen soll die städtebauliche Entwicklung, der
notwendige Rückbau des Wohnungsüberhangs, Instandsetzungs- und Moderni-
sierungsinvestitionen sowie die Wohneigentumsbildung in der Stadt gefördert
werden.
Mit dem Kabinettbeschluss sind aber die Empfehlungen der von der Bundes-
regierung beauftragten Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Wohnungsleerstand
Ost, die ihren Bericht und ihre diesbezüglichen Vorschläge am 14. Juni 2001
vorgelegt hatte, nur unzureichend umgesetzt.
– 300 Mio. DM, ab 2006 nur noch 200 Mio. DM Bundesfinanzhilfen im Jahr

sind nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.
– Um in den Genuss von einer Mark aus dem Programm des Bundes zu kom-

men, müssen die Länder eine weitere Mark hinzulegen. Der Leerstand ist
aber besonders katastrophal in den strukturschwachen Gebieten. Dort haben
Länder und Kommunen in der Regel Schwierigkeiten, ihren Eigenanteil zu
leisten.

– Abrisskosten sollen vorwiegend über zinsverbilligte Kredite gefördert wer-
den. Nur wenn das nicht möglich ist, sollen dafür max. 100 DM/qm Zu-
schüsse gewährt werden. Die Wohnungsunternehmen sind aber häufig be-
reits so überschuldet, dass auch neue zinsverbilligte Kredite und damit
zusätzliche Kapitalkosten sie weiter in den Ruin treiben.

– Zwar wird die Investitionszulage für Sanierungen in den Innenstädten er-
höht. Durch den erhöhten Selbstbehalt, den die Wohnungsunternehmen zu
tragen haben, werden aber weniger aufwendige Modernisierungsmaßnah-
men außerhalb der Innenstädte nicht mehr begünstigt. Das betrifft vor allem
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die Plattenbausiedlungen. Hier wird die Situation, was den Erhalt und die
Sanierung noch immer preisgünstiger Wohnungen betrifft, verschlechtert.

– Das Geld fließt zunächst nur sehr spärlich. Nur 15 Mio. DM sollen 2002 tat-
sächlich ausgezahlt werden, der Rest gilt als Verpflichtungsermächtigung
für die Folgejahre.

Ein Teil der Mittel wird zudem von der Wirtschafts- und Städtebauförderung,
die Arbeitsplätze erhalten und schaffen – und damit die Ansiedlung junger
Menschen ermöglichen sollen – umgeschichtet und nicht zusätzlich zur Verfü-
gung gestellt.
Allein die Tatsache, dass die Wohnungsunternehmen im Osten durch abgewie-
sene Restitutionsanträge rund 150 000 oftmals leer stehende, stark sanierungs-
bedürftige Altbauwohnungen übernehmen mussten und selbst dafür noch Alt-
schulden in Höhe von mehr als 1 Mrd. DM an den Erblastentilgungsfonds
abführen müssen, lässt das Sonderprogramm deutlich unzureichend erscheinen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Wohnungsleerstand
Ost vom 14. Juni 2001 unter folgenden Prämissen sachgerecht zu modifizie-
ren und umzusetzen:

1. Mittelbereitstellung
a) Die Bundesregierung stellt für das Stadtumbauprogramm Ost ab dem

Jahr 2002 bis 2005 jährlich 300 Mio. DM aus allgemeinen Haushaltsmit-
teln des Bundes zur Verfügung. Der Finanzierungsanteil der Länder be-
ziffert sich gleichfalls auf 300 Mio. DM jährlich.
Es wird angestrebt, dass sich die Kommunen mit 150 Mio. DM jährlich
beteiligen, wobei in konkreten, begründeten Einzelfällen der kommunale
Anteil reduziert werden bzw. gänzlich unterbleiben kann. In diesen Fäl-
len wird der reduzierte bzw. unterbliebene kommunale Eigenanteil vom
Bund übernommen.
Im Grundsatz ist zu gewährleisten, dass eine Mindestsumme von
750 Mio. DM jährlich für das Stadtumbauprogramm nicht unterschritten
wird. Es ist zu sichern, dass die jährlichen Mittel in den jeweiligen Jahren
vollständig als Barmittel zur Verfügung stehen.

b) Darüber hinaus sind alle anderen vorhandenen Förderprogramme, ein-
schließlich des reformierten sozialen Wohnungsbaus, für den Stadtumbau
Ost zu öffnen.

c) Über die Mittelbereitstellung und die Höhe der Mittel für den Stadt-
umbau Ost ab dem Jahr 2006 wird nach Analyse der Ergebnisse und der
Situation zum gegebenen Zeitpunkt neu entschieden.

2. Zuschussprogramm
a) Die Mittel aus dem Stadtumbauprogramm Ost werden den Gemeinden in

Anlehnung an die Regelungen bei der Städtebauförderung zur Verfügung
gestellt. Dabei ist grundsätzlich zu sichern, dass von den Regeln – wie
beispielsweise dem Eigenanteil der Kommunen – abgewichen werden
kann, wenn es die finanzielle Situation der Kommune erforderlich macht.

b) Förderfähige Maßnahmen sind insbesondere
– die Erarbeitung von Stadtentwicklungskonzepten unter der Beteili-

gung der Wohnungswirtschaft sowie von Mietervertretungen, was von
den Gemeinden zu garantieren ist,
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– der Rückbau von Wohngebäuden,
– die Anpassung der städtischen Infrastruktur,
– die Wiedernutzung der freigewordenen Flächen wie ihre Revitalisie-

rung zur Verbesserung des Wohnumfeldes.
c) Es sind geeignete Regelungen zu treffen, die den Wohnungsunternehmen

den Anspruch auf die erforderlichen Zuschussmittel für Rückbaumaß-
nahmen durch die Gemeinden garantieren.
Der Anteil der den Wohnungsunternehmen zu garantierenden Zuschuss-
mittel für Rückbaumaßnahmen bestimmt sich nach der für die Gemeinde
erforderlichen Bestandsanpassung der Wohnungsanzahl an den tatsächli-
chen, langfristig prognostizierten Bedarf.

d) Die Zuschussmittel für Abriss und Rückbau werden als pauschale Zu-
schüsse an die Wohnungsunternehmen ausgereicht. Die Höhe der Pau-
schale liegt bei mindestens 150 DM/qm. Von dieser Höhe ist nach oben
abzuweichen, wenn es die Lage des Wohnungsunternehmens und die
konkreten Abrissmaßnahmen (Planung, Entkernung, Abriss) sowie die
damit verbundenen weiteren Maßnahmen und Kosten (Organisation Frei-
zug, Übernahme Umzugskosten, Herrichten von Ersatzwohnungen etc.)
erforderlich machen.

e) Die Höhe der Pauschale ist so zu bemessen, dass damit die Finanzierung
der Rückbaumaßnahmen gewährleistet wird und keine zusätzliche Kre-
ditaufnahme durch das Wohnungsunternehmen erfolgen muss.

3. Erhöhung der Investitionszulage für Mietwohnungen des innerstädtischen
Altbaus und denkmalgeschützte Bauten
Das Investitionszulagengesetz 1999 ist folgendermaßen zu ändern:
a) Die Investitionszulage für Instandsetzung und Modernisierung von

Wohngebäuden in
Sanierungs-, Erhaltungs- und Kerngebieten und denkmalgeschützten
Bauten der 50er Jahre wird deutlich erhöht. Der Fördersatz wird von 15
auf 22 Prozent angehoben, die förderfähigen Kosten von 1 200 DM/qm
auf max. 2 400 DM/qm angehoben, abzüglich eines nicht förderfähigen
Selbstbehalts von 100 DM/qm.
Bei den anderen Gebäuden und außerhalb dieser Gebiete besteht die För-
derung laut Investitionszulagengesetz 1999 unverändert fort.

b) Die Investitionszulage für Neubau ist zu streichen.

4. Eigenheimzulage
Die Grundförderung der Eigenheimzulage für Erwerb und Sanierung im Be-
stand wird auf das Niveau der jetzt gültigen Zulage für Neubau angehoben
(von 2 500 DM pro Jahr auf 5 000 DM pro Förderjahr). Die Grundförderung
der Eigenheimzulage für Neubau wird auf das Niveau der jetzigen Bestands-
förderung (von 5 000 DM auf 2 500 DM pro Förderjahr) abgesenkt, außer
für den Erwerb von Wohneigentum und Lückenbebauung innerhalb der in-
nerstädtischen Bereiche.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, unverzüglich alle Voraussetzungen zu
treffen, die o. g. modifizierten Vorschläge zügig umzusetzen.

Berlin, den 29. August 2001

Roland Claus und Fraktion
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Begründung

Die Vorschläge der Bundesregierung vom 15. August 2001 und der Bund-Län-
der-Arbeitsgruppe vom 14. Juni 2001 sind in ihren Hauptbestandteilen nicht
ausreichend, die Krise der ostdeutschen Wohnungswirtschaft zu beheben und
gleichzeitig den notwendigen Stadtumbau zu gewährleisten.
Insbesondere sind die Zuschüsse in Höhe von 100 DM/qm für Rückbaumaß-
nahmen deutlich zu gering bemessen. Bekanntlich betragen allein die Altschul-
den bereits 150 DM/qm. Die Zuschüsse sind deshalb mindestens in Höhe von
150 DM/qm zu gewähren.
Zudem ist die Absicht völlig unangemessen, diese Zuschüsse nur auszureichen,
wenn die Wohnungsunternehmen gleichzeitig auf Kredite eines Darlehenspro-
gramms der Kreditanstalt für Wiederaufbau zurückgreifen. Bekanntlich wirken
die auf den leer stehenden Wohnungen liegenden Verbindlichkeiten nach Auf-
fassung der Expertenkommission noch schwerwiegender, als die auf diesen
Wohnungen liegenden unmittelbaren finanziellen Belastungen.
Die Zuschüsse müssen in ihrem Umfang und in ihrer Höhe so bemessen sein,
dass damit die Finanzierung von Abriss- und Rückbaumaßnahmen ohne wei-
tere Kreditaufnahme möglich ist. Momentan ist auch nicht gesichert, dass die
Wohnungsunternehmen die erforderlichen Kredite für Rückbau überhaupt er-
halten, deshalb ist ihr Anspruch auf die Zuschüsse zu garantieren.
Die Pläne zur Umgestaltung der Investitionszulage, insbesondere zu einem
Selbstbehalt von 100 DM/qm, der bei den Zulagen herausgerechnet wird, sind
zwar für die Revitalisierung der Innenstädte geeignet, gefährden aber die
Instandhaltung und Aufwertung der Bestände außerhalb dieser Quartiere – vor
allem dort, wo die Mehrzahl der Wohnungsbestände aus Plattenbausiedlungen
der 60er bis 80er Jahre bestehen. Die damit verbundenen hohen Investitions-
verluste wirken sich nicht nur äußerst nachteilig auf die Wohnungsunterneh-
men, deren Bestände sowie die Wohnqualität der Mieterinnen und Mieter, son-
dern auch auf die ortsansässige Bauwirtschaft aus.
Die beabsichtigte Umkehrung der Höhe der Grundförderung bei der Eigen-
heimzulage soll die Umlenkung des Wohneigentumserwerbs auf die zu erhal-
tenden Bestände bewirken. Bleibt es bei dem bisherigen Vorschlag der Bundes-
regierung, wird die modifizierte Zulage erst bei hohen Investitionskosten
lukrativ, was einkommensstarke Erwerber und Erwerberinnen bevorzugt, ein-
kommensschwache dagegen benachteiligt und die beabsichtigte Umlenkung
des Erwerbs von Wohneigentum vom Neubau auf den Bestand in Frage stellt.
Deshalb ist die Eigenheimzulage für Erwerb und Sanierung im Bestand auf das
Neubauniveau zu heben. Die Neubauzulage sollte dafür, mit Ausnahme der in-
nerstädischenWohngebiete, für eine gewisse Zeit, evtl. bis 2009, um die Hälfte
gesenkt werden.

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